VwGH 2001/07/0034

VwGH2001/07/003417.5.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des WP in K, vertreten durch B & A, Rechtsanwälte in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft vom 20. Dezember 2000, Zl. 410.696/01-I6/99, betreffend die Abänderung eines Berufungsbescheides nach § 68 Abs. 2 AVG in einer Wasserrechtsangelegenheit, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §105 Abs1 litb;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §105 Abs1 litb;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;

 

Spruch:

Insoweit mit dem angefochtenen Bescheid der Berufung gegen Teil I des Bescheides des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 4. Mai 1982 (Versagung der wasserrechtlichen Bewilligung) keine Folge gegeben wird, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ersuchte mit Antrag vom 17. Februar 1978 um die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung eines im Hochwasserabflussgebiet der Donau situierten Wochenendhauses in der K Au. Anlässlich der über diesen Antrag durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 16. April 1982 wurde das Objekt als nicht aufgeständert beschrieben, es enthalte eine komplette Unterkellerung und sitze direkt am Boden auf.

Der Landeshauptmann von Niederösterreich wies mit Bescheid vom 4. Mai 1982 dieses Ansuchen des Beschwerdeführers "um Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für den kompletten Verbau zwischen den Pfeilern des Wochenendhauses" als unzulässig ab (I. Teil); gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 wurde dem Beschwerdeführer unter einem aufgetragen, bis spätestens 31. Dezember 1982 "das konsenslos errichtete Objekt" auf der näher bezeichneten Parzelle zu entfernen (II. Teil).

Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft änderte daraufhin mit Bescheid vom 20. Juni 1986 den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 4. Mai 1982 gemäß den §§ 66 und 59 Abs. 2 AVG dahingehend ab, dass die darin enthaltene Frist "für die Entfernung des Verbaues zwischen den Pfeilern des Wochenendhauses" bis 31. Dezember 1986 erstreckt werde. Im Übrigen wurde der Berufung gemäß § 66 AVG keine Folge gegeben.

Die Bezirkshauptmannschaft W begann in der Folge mit Vollstreckungsmaßnahmen. Mit Schreiben vom 14. Juni 1993 wandte sich die Bezirkshauptmannschaft W an den Landeshauptmann von Niederösterreich und wies darauf hin, das Vollstreckungsverfahren habe zur Einstellung gebracht werden müssen, weil die zu vollstreckenden Bescheide zu unbestimmt seien. Im Bescheid vom 4. Mai 1982 sei dem Beschwerdeführer aufgetragen worden, das konsenslos errichtete Objekt zu entfernen, im Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 20. Juni 1986 sei in Abänderung des Bescheides des Landeshauptmannes die Entfernung des Verbaues zwischen den Pfeilern des Wochenendhauses bis 31. Dezember 1986 erstreckt worden. Eine Entfernung des '"Verbaues zwischen den Pfeilern" sei jedoch tatsächlich undurchführbar, weil das gegenständliche Objekt direkt am Boden aufsitze und gar keine Pfeiler aufweise. Darüber hinaus würde sich laut Gutachten eines Amtssachverständigen in der Verhandlungsschrift vom 26. Juni 1991 nach Entfernung des gegenständlichen Objektes keine Verbesserung der Hochwasserabflusssituation ergeben.

Der Landeshauptmann von Niederösterreich brachte nach Einholung einer Stellungnahme der wasserbautechnischen Fachabteilung vom 11. März 1994 die gegenständliche Problematik im Vollstreckungsverfahren der belangten Behörde zur Kenntnis und regte eine Abänderung des Berufungsbescheides an, ansonsten sei eine Vollstreckung des wasserpolizeilichen Auftrages nicht möglich.

Die belangte Behörde holte eine Stellungnahme ihres Amtssachverständigen vom 14. Juli 1994 ein, aus der im Wesentlichen hervorgeht, dass für eine Einschränkung des Vorlandabflussquerschnittes durch Bauten im Hochwasserabflussgebiet nur große Wasserführungen, die zu einer Ausuferung und im weiteren zu einer Beaufschlagung des jeweiligen Objektes führten, relevant seien. Der Überflutungsbeginn des gegenständlichen Grundstückes liege etwas unter HQ10-Abfluss und lasse sich mit ca. 6.500 m3/s abschätzen. Eine Änderung der Hochwasserabflussverhältnisse durch das Kraftwerk F finde im gegenständlichen Bereich nicht statt. Bereits in diversen wasserbautechnischen Stellungnahmen sei ausgeführt worden, dass die Änderung des Hochwasserabflusses bzw. des Wasserspiegels durch das einzelne Objekt unmerklich gering bzw. unerheblich sei, aber der Kumulationseffekt - viele gleichartige Bauten in diesem Gebiet könnten den Hochwasserabfluss merklich behindern - zu beachten sei. Diese Beurteilung werde geteilt. Die großräumige Geringfügigkeit der Hochwasserbeeinflussung ergebe sich aus der geringen Verbaubreite von ca. 8 m bei einem Vorlandquerschnitt von mehr als 1000 m Breite, wobei durch die Lage in der bestehenden Gartensiedlung der Strömungsschatten durch die benachbarten Objekte die Auswirkungen noch zusätzlich reduziere. Der Vorlandabfluss erfolge mit geringer Geschwindigkeit (Größenordnung unter 0,5 m pro Sekunde), sodass die Schäden vorwiegend aus Verschlammungen resultierten. Gefahren für Gesundheit oder Leben von Menschen bestünden durch diese Überflutungen unabhängig von den Verbauten nicht. Eine merkliche Verbesserung des Hochwasserabflusses bei Abtrag dieses Objektes sei nicht zu erwarten. Wegen der sehr geringen Auswirkungen auf den Hochwasserabfluss und den sehr großen Nachteilen für den Beschwerdeführer bei Abbruch des Objektes - einziger Wohnort, kein Zweitwohnsitz - und der praktisch kaum durchführbaren Finanzierung der Ersatzvornahme des Abbruches werde die ausnahmsweise Belassung des Objektes aus fachlicher Sicht positiv beurteilt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 20. Dezember 2000 änderte die belangte Behörde ihren Bescheid vom 20. Juni 1986 gemäß § 68 Abs. 2 AVG dahingehend ab, dass sein Spruch zu lauten habe:

"I. Der Berufung (des Beschwerdeführers) gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 4. Mai 1982, Zl. ..., wird gemäß § 66 AVG keine Folge gegeben.

II. Das auf der Parzelle Nr. ..., KG ..., konsenslos errichtete Objekt ist gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 bis 30. Juni 2001 zu entfernen."

Der angefochtene Bescheid wurde folgendermaßen begründet:

"Das gegenständliche Wochenendhaus liegt, wie aus den eingeholten Gutachten klar und unmissverständlich hervorgeht, im Hochwasserabflussbereich der Donau und bedarf somit einer wasserrechtlichen Bewilligung.

Voraussetzung für die Erteilung einer Bewilligung gemäß § 38 WRG ist, dass durch die Anlage öffentliche Interessen (§ 105 WRG) nicht beeinträchtigt werden.

Wie sich aus den Stellungnahmen der Amtssachverständigen schlüssig und nachvollziehbar ergibt, ist es zweckmäßig und notwendig, die für die Bauten im Hochwasserabflussbereich der Donau ausgearbeiteten Richtlinien einzuhalten und sie vor allem einheitlich anzuwenden.

Feststeht aber auch, dass einzelne Bauten für sich betrachtet keine erhebliche Beeinträchtigung des Hochwasserabflusses darstellen. Allgemein betrachtet ergibt sich durch die Bauten jedoch ein Kumulierungseffekt, der sehr wohl nachteilige Folgen für die Spiegellagen hat und sich dadurch nachteilig auf den Hochwasserabfluss auswirkt.

Im gegenständlichen Fall ist die Behörde zunächst davon ausgegangen, dass es sich bei dem Objekt (Wochenendhaus) um einen Verbau zwischen Pfeilern handelt. Wie sich später herausstellte, sitzt das Haus jedoch direkt am Boden auf und besitzt gar keine Pfeiler. Da somit der ho. Bescheid vom 20.6.1986, Zl. ..., von falschen Annahmen ausging und somit nicht vollstreckbar war, war er entsprechend dem neuen Sachverhalt abzuändern. Die für den Abbruch des nicht bewilligungsfähigen Hauses vorgesehene Frist war entsprechend zu verlängern."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Verfahrensrechtliche Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist die Bestimmung des § 68 Abs. 2 AVG. Danach können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

Mit dem Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 20. Juni 1986 war die Berufung gegen Teil I des Bescheides der Behörde erster Instanz (Abweisung des Antrages auf wasserrechtliche Bewilligung) abgewiesen, Teil II (wasserpolizeilicher Auftrag) hingegen durch Festsetzung einer neuen Leistungsfrist und einer neuen Umschreibung der vorgeschriebenen Maßnahme abgeändert worden. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde unter Spruchpunkt I. der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes vom 4. Mai 1982 gemäß § 66 AVG keine Folge gegeben. Unter Spruchpunkt II. wurde - neuerlich in Abänderung des II. Teils des erstinstanzlichen Bescheides, allerdings nur hinsichtlich der Fristsetzung - aufgetragen, das auf der Parzelle Nr. 3142/1 konsenslos errichtete Objekt bis 30. Juni 2001 zu entfernen.

Insoweit nun mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Versagung der wasserrechtlichen Bewilligung (Teil I des Bescheides des Landeshauptmannes vom 4. Mai 1982) neuerlich abgewiesen wird, stellt der angefochtene Bescheid keine Abänderung (oder Aufhebung) des ursprünglichen Berufungsbescheides der belangten Behörde vom 20. Juni 1986 dar. Die belangte Behörde wiederholte insoweit lediglich die bereits mit dem Berufungsbescheid vom 20. Juni 1986 (auch) ausgesprochene Abweisung der sich auf Teil I des Bescheides erster Instanz beziehenden Berufung. § 68 Abs. 2 AVG sieht einen zulässigen Eingriff in die Rechtskraft eines Bescheides aber nur für den Fall seiner Aufhebung bzw. Abänderung vor; für die Wiederholung eines mit dem früheren Bescheid identen Bescheides bietet diese Bestimmung jedoch keine Grundlage, weshalb sich dieser Teil des angefochtenen Bescheides als objektiv rechtswidrig erweist. Wiederholt die Behörde durch einen neuerlichen Abspruch in der selben Sache aber bloß die vorangegangene Entscheidung, so wird der Beschwerdeführer durch diese inhaltliche Rechtswidrigkeit nicht in seinen subjektiven Rechten verletzt, zumal eine Verschlechterung der Rechtsposition des Beschwerdeführers dadurch nicht zu erkennen ist (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 15. Februar 1988, Zl. 87/08/0040, und vom 27. Februar 1990, Zl. 89/08/0200).

Soweit sich die Beschwerde gegen den Teil des angefochtenen Bescheides richtet, mit dem der Berufung gegen Teil I der erstinstanzlichen Bescheides keine Folge gegeben wurde, war sie daher als unbegründet abzuweisen.

Hinsichtlich des wasserpolizeilichen Auftrages (Teil II des Bescheides erster Instanz) wurde der Berufungsbescheid vom 20. Juni 1986 insofern abgeändert, als nicht mehr die Entfernung des "Verbaues zwischen den Pfeilern" sondern - wie schon im Bescheid erster Instanz - die Entfernung des (gesamten) "konsenslos errichteten Objektes" aufgetragen wird. Der Beschwerdeführer macht in diesem Zusammenhang geltend, es sei unzulässig, den ursprünglichen Auftrag nach § 68 Abs. 2 AVG abzuändern, weil ihm entgegen der Ansicht der belangten Behörde aus dem Berufungsbescheid vom 20. Juni 1986 ein Recht erwachsen sei. Mit dem damaligen Berufungsbescheid sei nämlich der im erstinstanzlichen Bescheid enthaltene Auftrag zur Entfernung des gesamten Objektes materiell widerrufen und die Entfernungspflicht auf den Verbau zwischen den Pfeilern eingeschränkt worden. Es sei ihm daher in materieller Hinsicht das Recht erwachsen, das von ihm errichtete Objekt bis auf bestimmte Teile (Verbau zwischen den Pfeilern) bestehen zu lassen. In materieller Hinsicht sei mit diesem Bescheid somit die wasserrechtliche Bewilligung für das vom Beschwerdeführer errichtete Objekt, abgesehen vom Verbau zwischen den Pfeilern, erteilt worden.

Dieser Argumentation ist entgegenzuhalten, dass das Objekt des Beschwerdeführers nach den - nicht bestrittenen - Feststellungen im angefochtenen Bescheid stets direkt am Boden aufsaß und nie Pfeiler besaß (siehe dazu schon die Verhandlungsschrift vom 16. April 1982). Dementsprechend existierte und existiert auch kein "Verbau zwischen den Pfeilern des Wochenendhauses". Aus einem Auftrag, nicht existierende Gebäudeteile zu entfernen, kann aber niemandem ein Recht erwachsen. Es trifft zwar zu, dass seitens der Behörde von dem Recht nach § 68 Abs. 2 AVG nur dann Gebrauch gemacht werden darf, wenn damit keine Verschlechterung der Rechtsstellung einer Partei verbunden ist, und eine Vorgangsweise, durch die die Rechtslage ungünstiger als durch den ursprünglichen Bescheid gestaltet wird, gesetzwidrig ist (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 2. März 1995, Zl. 94/19/0433). Ein wasserpolizeilicher Auftrag mit einem faktisch nicht erfüllbaren Inhalt vermittelt keine derartige durch die Rechtskraft geschützte Rechtsstellung.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist aus der mit dem Berufungsbescheid vom 20. Juni 1986 gewählten Formulierung auch keinesfalls abzuleiten, das übrige ("außerhalb der Pfeiler bestehende") Objekt des Beschwerdeführers gelte damit als wasserrechtlich bewilligt; zum einen deshalb, weil es wegen des Fehlens von Pfeilern auch keinen Gebäudeteil außerhalb dieser Pfeiler geben kann und zum anderen, weil mit dem damaligen Berufungsbescheid (auch) die Berufung gegen die Versagung der beantragten wasserrechtlichen Bewilligung für das Objekt des Beschwerdeführers abgewiesen wurde.

Dem Beschwerdeführer ist aus dem Berufungsbescheid vom 20. Juni 1986, mit dem zum einen seine Berufung gegen die Versagung der wasserrechtlichen Bewilligung abgewiesen und ihm zum anderen der genannte Entfernungsauftrag erteilt worden war, daher kein Recht erwachsen. Die Heranziehung des § 68 Abs. 2 AVG als Grundlage für die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Abänderung des Berufungsbescheides erweist sich somit nicht als rechtswidrig.

Bescheide, mit denen eine Behörde von der ihr im § 68 Abs. 2 AVG eingeräumten Befugnis Gebrauch macht, weisen sowohl eine verfahrensrechtliche als auch eine materiell-rechtliche Komponente auf. Die verfahrensrechtliche betrifft die (Zulässigkeit der) Beseitigung der rechtskräftigen Sachentscheidung. Die materiell-rechtliche die (Neuregelung der) Sache, d.h. die inhaltliche Gestaltung der zu erlassenden neuen Sachentscheidung. § 68 Abs. 2 AVG bietet Maßstab und Grundlage nur für die verfahrensrechtliche Entscheidung; die materiellrechtliche Komponente muss sich an den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften orientieren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1992, Zl. 91/10/0127). Der hier angefochtene Bescheid muss daher auch den materiell-rechtlichen Voraussetzungen (hier: des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959) Genüge tun.

Nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen. In allen anderen Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung oder unterlassenen Arbeit hat nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 die Wasserrechtsbehörde eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb deren entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist.

Als "eigenmächtige Neuerung" ist die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre, eine solche aber nicht erwirkt wurde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. November 1956, Slg. N.F. 4.211/A; vom 19. März 1959, Slg. N.F. 4.913/A; vom 8. Februar 1974, Slg. N.F. 8.551/A u.a.).

Nach § 38 Abs. 1 WRG 1959 ist zur Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen und von Bauten an Ufern, dann von anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer sowie von Unterführungen unter Wasserläufen nebst der sonst etwa erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 dieses Bundesgesetzes erforderlich ist.

Dass die bauliche Anlage des Beschwerdeführers im Hochwasserabflussbereich der Donau liegt und daher nach § 38 Abs. 1 WRG 1959 einer wasserrechtlichen Bewilligung bedarf, ist unbestritten. Da für diese bauliche Anlage im Hochwasserabflussbereich keine wasserrechtliche Bewilligung vorliegt, stellt sie eine eigenmächtige Neuerung dar.

Voraussetzung für die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist u.a., dass die Beseitigung einer Neuerung entweder im öffentlichen Interesse erforderlich ist oder vom Betroffenen verlangt wird. Im gegenständlichen Fall, in dem es keinen Betroffenen im Sinn des § 138 Abs. 6 WRG 1959 gibt, ist somit (u.a.) Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des wasserpolizeilichen Auftrages seine Erforderlichkeit im öffentlichen Interesse.

Eine nachvollziehbare Begründung, in welchem öffentlichen Interesse die Beseitigung des Objektes des Beschwerdeführers erforderlich ist, ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Er bezieht sich - nach Darstellung der Bewilligungspflicht derartiger Bauten gemäß § 38 WRG 1959 - allgemein und nicht näher konkretisiert auf "Stellungnahmen der Amtssachverständigen" zur Einhaltung von Richtlinien für die Bauten im Hochwasserabflussbereich und in ebenso allgemeiner Form auf den Kumulationseffekt. Mit diesen allgemeinen Hinweisen wird aber noch nicht aufgezeigt, dass die Beseitigung des Bauwerks des Beschwerdeführers im öffentlichen Interesse erforderlich ist. So sind die genannten Richtlinien rechtlich nicht verbindlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1995, Zl. 94/07/0136), und fehlen nachvollziehbare Feststellungen im angefochtenen Bescheid dazu, dass der Bau des Beschwerdeführers gemeinsam mit anderen Bauten ein erhebliches Hochwasserhindernis darstellt. Es wird im angefochtenen Bescheid lediglich von "nachteiligen Auswirkungen" gesprochen, eine Bezugnahme auf ein öffentliches Interesse im Sinne des § 105 WRG 1959 ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.

Als ein für die Erforderlichkeit der Beseitigung sprechendes öffentliches Interesse wird im § 105 Abs. 1 lit. b WRG 1959 die "Besorgnis einer erheblichen Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer" genannt. Wie bereits aus einem - nicht im Akt erliegenden, von der Bezirkshauptmannschaft W zitierten - Gutachten vom 26. Juni 1991, aus der Stellungnahme des wasserbautechnischen Amtssachverständigen der Behörde erster Instanz vom 11. März 1994 und aus dem oben dargestellten Inhalt des zuletzt eingeholten Gutachtens der belangten Behörde aber hervorgeht, wurde eine erhebliche Behinderung des Hochwasserabflusses durch des Objekt des Beschwerdeführers ausdrücklich nicht festgestellt. Liegt aber - folgt man den Gutachten - keine erhebliche Beeinträchtigung vor, kann das im § 105 Abs. 1 lit. b WRG 1959 genannte öffentliche Interesse nicht verletzt und die Erforderlichkeit der Beseitigung der Neuerung auch nicht darauf gestützt werden (vgl. zur Notwendigkeit der Erheblichkeit einer solchen Beeinträchtigung auch das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1984, Zl. 83/07/0224, sowie das obzitierte hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1995). Hinweise auf die Verletzung anderer öffentlicher Interessen finden sich nicht.

Im vorliegenden Fall hat der Amtssachverständige der belangten Behörde nicht nur ausdrücklich das Fehlen von Gefahren für Gesundheit und Leben von Menschen konstatiert, sondern auch ausnahmsweise die Belassung des Objektes als positiv beurteilt. Dass die der Behörde zur Verfügung stehenden Gutachten nicht schlüssig wären oder dass ihnen die belangte Behörde aus anderen Gründen nicht gefolgt wäre, geht aus dem angefochtenen Bescheid, der sich mit dem Inhalt dieser Gutachten überhaupt nicht befasst, nicht hervor.

Die belangte Behörde hätte sich aber mit den von ihr eingeholten bzw. ihr zur Verfügung stehenden Gutachten, die im Rahmen des Parteiengehörs auch dem Beschwerdeführers zur Kenntnis zu bringen wären, in nachvollziehbarer Weise auseinandersetzen und nach Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes die Frage, ob und in welchem öffentlichen Interesse die Beseitigung der Neuerung erforderlich ist, beurteilen müssen. Dadurch, dass sie dies unterlassen hat, hat sie ihren Bescheid mit Feststellungs- und Begründungsmängeln belastet, weshalb er, soweit mit ihm über die Berufung gegen den wasserpolizeiliche Auftrag des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 4. Mai 1982 (Teil II) neuerlich entschieden wurde, wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die Umsatzsteuer, die im Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand bereits abgegolten ist.

Wien, am 17. Mai 2001

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