VwGH 2001/06/0140

VwGH2001/06/01408.5.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des JL in St, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8/I, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 20. August 2001, Zl. 03- 12.10 P 104 - 01/51, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. AM in G, 2. JSch in G,

3. JS in B, 4. FH in S, 5. KK und 6. MK, beide in M, 7. GR und 8. SR, beide in Sch, 9. MT in St, 10. JR in N und 11. Gemeinde St), zu Recht erkannt:

Normen

31985L0337 UVP-RL idF 31997L0011;
AVG §13a;
AVG §42 idF 1998/I/158;
AVG §59 Abs1;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §13 Abs12;
BauG Stmk 1995 §22;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1;
BauG Stmk 1995 §29;
BauG Stmk 1995 §5 Abs1;
BauG Stmk 1995 §65 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
EURallg;
ROG Stmk 1974 §25 Abs2;
ROG Stmk 1974 §25 Abs3 Z1 litb idF 1995/001;
ROG Stmk 1974 §25 Abs3 Z1 litb;
UVPG 2000 Anh1 Z17 litc;
UVPG 2000 Anh1 Z43;
UVPG 2000 Anh2;
VwGG §34 Abs1;
31985L0337 UVP-RL idF 31997L0011;
AVG §13a;
AVG §42 idF 1998/I/158;
AVG §59 Abs1;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §13 Abs12;
BauG Stmk 1995 §22;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1;
BauG Stmk 1995 §29;
BauG Stmk 1995 §5 Abs1;
BauG Stmk 1995 §65 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
EURallg;
ROG Stmk 1974 §25 Abs2;
ROG Stmk 1974 §25 Abs3 Z1 litb idF 1995/001;
ROG Stmk 1974 §25 Abs3 Z1 litb;
UVPG 2000 Anh1 Z17 litc;
UVPG 2000 Anh1 Z43;
UVPG 2000 Anh2;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem für den Bürgermeister vom Vizebürgermeister gefertigten Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 19. Januar 2001 wurde der erstmitbeteiligten Personengemeinschaft die Baubewilligung für die Errichtung eines Zuchtsauenstalles auf dem (12.276 m2 großen) Grundstück Nr. 2483 KG P unter Vorschreibung von Auflagen erteilt und es wurden die vom Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen teils zurück-, teils abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der an das Baugrundstück angrenzenden Liegenschaft Grundstück Nr. 2484 KG P. Beide Liegenschaften befinden sich nach dem gültigen Flächenwidmungsplan 3.00 der zweitmitbeteiligten Gemeinde in als "Freiland " gewidmetem Gebiet.

Die gegen den Baubewilligungsbescheid vom 19. Januar 2001 vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates vom 26. Juni 2001 als unbegründet abgewiesen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Vorstellung keine Folge.

Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage führte die belangte Behörde begründend aus, wer der Konsenswerber und wer der Betreiber für dieses Bauprojekt sei, sei im gegenständlichen Vorstellungsverfahren für den Nachbarn nicht von Relevanz, zumal im Vorstellungsverfahren zu prüfen sei, ob dieser in seinen in § 26 Abs. 1 BauG aufgezählten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt worden sei. Es sei hierbei unbeachtlich, wer den Zuchtsauenstall betreibe. Wesentlich sei lediglich der Umstand, dass ein Antrag um Baubewilligung vorliege, der von der Baubehörde behandelt worden sei. Bei einer Baubewilligung handle es sich um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt, der ohne Vorliegen eines solchen Antrages nicht erteilt werden dürfe. Das heiße, nur das gegenständliche eingereichte Projekt könne einer Prüfung unterzogen werden, es sei nicht möglich, etwaige künftige Betreiber im Baubewilligungsverfahren einzubeziehen. Unbeachtlich sei auch der Umstand, wo die Mitglieder der Bauwerbergemeinschaft ihren Wohnsitz hätten. Die Auswirkungen für den Nachbarn seien nämlich ungeachtet der Herkunft der Mitglieder der Bauwerbergemeinschaft gleich. Es sei ohne weiteres möglich, dass überhaupt nur eine Person als Antragsteller auftrete; die Baubewilligung wäre dann, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt seien, ebenfalls zu erteilen. Ob später andere Personen noch hinzukämen, die den Betrieb gemeinschaftlich betrieben, sei für den Nachbarn nicht maßgebend. In der Frage, ob es sich beim gegenständlichen Betrieb um einen gewerblichen Betrieb und nicht um einen land- und forstwirtschaftlichen handle, stehe dem Nachbarn kein Mitspracherecht zu. Im Übrigen sei die Gewerbeordnung auf das Halten von Nutztieren zur Zuchtmästung oder Gewinnung tierischer Erzeugnisse nicht anzuwenden (§ 2 Abs. 1 Ziff. 1 i.V.m. Abs. 3 Ziff. 2 Gewerbeordnung 1994 i.d.g.F.), der gegenständliche Betrieb daher keinesfalls ein gewerblicher Betrieb.

Die Beurteilung, ob die Errichtung des gegenständlichen Betriebes im Freiland möglich und erlaubt sei, sei im gegenständlichen Bauverfahren nicht vorzunehmen, sondern sei in einem eventuell einzuleitenden Nichtigkeitsverfahren nach dem Raumordnungsgesetz zu beurteilen.

Keine Rechtswidrigkeit könne auch im Umstand erblickt werden, dass seitens des Landeshygienikers das umwelthygienische Gutachten vom 8. Oktober 2000 als nachvollziehbar und richtig bewertet worden sei. Eine diesbezügliche Rechtsverletzung durch die Einholung des weiteren Gutachtens des Umwelthygienikers könne keinesfalls erkannt werden. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens in Bezug auf die lärmtechnische Beurteilung werde festgehalten, dass das vom Sachverständigen T erstattete Gutachten schlüssig und nachvollziehbar sei und mit den Denkgesetzen nicht im Widerspruch stehe, sodass dieses sehr wohl der Beurteilung der Berufungsbehörde habe zu Grunde gelegt werden können. Aus diesem Gutachten gehe hervor, dass durch den geplanten Zuchtsauenstall in lärmmäßiger Hinsicht keine Veränderung der Ist-Situation eintreten werde. Bezüglich der Einwendungen zum lärmtechnischen Gutachten werde ausgeführt, dass diese nur sehr allgemein gehalten seien und das schlüssige Sachverständigengutachten in seiner Beweiskraft nicht zu erschüttern vermöchten. Ein von einem tauglichen Sachverständigen erstelltes, mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht im Widerspruch stehendes Gutachten könne in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten bekämpft werden.

Dass dem Beschwerdeführer das lärmtechnische Gutachten niemals in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht worden sei, entspreche den Tatsachen, doch sei in der Verletzung des Parteiengehörs keine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gelegen, der zur Behebung des angefochtenen Bescheides führe, wenn die belangte Behörde auch bei Wahrung des Parteiengehörs zu keinem anderen Bescheidergebnis gelangt wäre. Dass dies der Fall sei, ergebe sich aus dem eingeholten lärmtechnischen Gutachten, das schlüssig und nachvollziehbar sei und gegen das keine Einwendungen geltend gemacht worden seien, die an der Schlüssigkeit des Gutachtens hätten Zweifel aufkommen lassen.

Der Beschwerdeführer sei mit seinen Einwendungen hinsichtlich der Immissionsbelastung überhaupt präkludiert:

§ 26 Abs. 1 Ziff. 1 Stmk. BauG normiere, dass der Nachbar hinsichtlich der Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden sei, ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht besitze. Dieser Immissionsschutz sei aber im Freiland nicht gegeben. Einen allgemeinen Immissionsschutz sehe lediglich § 13 Abs. 12 Stmk. BauG vor, der normiere, dass dann, wenn der Verwendungszweck von baulichen Anlagen eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gesundheitsgefährdung der Nachbarschaft erwarten lasse oder dies zum Schutz des Ortsbildes erforderlich sei, die Behörde größere Abstände vorzuschreiben habe. Einen derartigen Einwand, wonach größere Abstände vorzuschreiben gewesen wären, sei nicht erhoben worden. In Entsprechung der zur Vorgängerbestimmung des § 4 Abs. 3 Stmk. BauO 1968 ergangenen Judikatur sei der Beschwerdeführer jedenfalls präkludiert, es könnten die weiteren Einwendungen hinsichtlich des Immissionsgutachtens und der umwelthygienischen Beurteilung keiner weiteren Auseinandersetzung zugeführt werden. Die Unterlassung des "Parteiengehörs" bezüglich der eingeholten Gutachten könne sohin keinesfalls zu einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führen, da Präklusion eingetreten sei. Die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde sei im Falle einer beschränkten Parteistellung des Berufungswerbers, wie sie für Nachbarn im Baubewilligungsverfahren typisch sei, auf jenen Themenkreis eingeschränkt, in dem diese Partei mitzuwirken berechtigt sei. Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG sei ausschließlich jener Bereich, in welchem dem Beschwerdeführer ein Mitspracherecht zustehe. Daher sei es auch der Vorstellungsbehörde verwehrt, über diese Einwendungen abzusprechen.

Der Beschwerdeführer habe weiters gerügt, dass der Bürgermeister als befangenes Organ bei der Entscheidung durch den Vizebürgermeister wesentlichen Einfluss genommen habe. Der erstinstanzliche Baubewilligungsbescheid sei aber vom Vizebürgermeister unterfertigt. Selbst die Mitwirkung eines befangenen Organs bei der Entscheidung der I. Instanz werde im Übrigen durch eine unbefangene Berufungsentscheidung gegenstandslos. Aus dem Gemeinderatssitzungsprotokoll gehe hervor, dass der Bürgermeister und der Vizebürgermeister bei Beschlussfassung über die Berufung des Beschwerdeführers den Sitzungssaal wegen Befangenheit verlassen hätten. Eine Befangenheit des Gemeinderates sei aus dem Gemeindeakt nicht ersichtlich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete, von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG mit Beschluss vom 24. September 2001, B 1271/01-3, an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene und über dessen Aufforderung entsprechend ergänzte Beschwerde in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen - wie schon im Verwaltungsverfahren - zusammengefasst geltend, unklar sei, wer Konsenswerber sei, das Bauvorhaben könne keinem landwirtschaftlichen Betrieb zugeordnet werden, es widerspreche dem Flächenwidmungsplan. Sein Parteiengehör sei verletzt worden, weil ihm das lärmtechnische Gutachten nicht zur Kenntnis gebracht worden sei, die vorgelegten Gutachten seien keine von einem Amtssachverständigen erstellten; er sei mit seinen Einwendungen nicht präkludiert, da ihm keine Manuduktion zuteil geworden sei; Abstandsvorschriften würden verletzt, die Bauplatzeignung sei ebenso wie die Abwasserentsorgung ungeprüft geblieben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte. Der Beschwerdeführer erstattete hierzu unaufgefordert eine Gegenäußerung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Mitspracherecht des Nachbarn im Bauverfahren ist in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt auch für den Nachbarn, der i.S. des § 42 AVG i. d.F. BGBl. I Nr. 158/1998 die Parteistellung behalten hat.

Eine Rechtsverletzung im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann der Nachbar vor dem Verwaltungsgerichtshof nur hinsichtlich jener Vorschriften des Stmk. BauG mit Erfolg geltend machen, die ihm ein subjektiv-öffentliches Recht einräumen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 3. Juli 1986, Zlen. 85/06/0224 und 86/06/0029, und vom 11. September 1986, Zl. 85/06/0013, sowie vom 25. März 1999, Zl. 97/06/0219). Auch die den Parteien eingeräumten Verfahrensrechte reichen nicht weiter als die ihnen eingeräumten materiellen subjektiven Rechte (vgl. den hg. Beschluss vom 24. November 1992, Zl. 92/04/0199, und das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1994, Zl. 93/06/0115, jeweils ergangen zur Stmk. BauO 1968).

§ 26 Abs. 1 Stmk. BauG bestimmt, dass der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung (nur) Einwendungen erheben kann, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

  1. 2. die Abstände (§13);
  2. 3. den Schallschutz (§43 Abs.2 Z.5);
  3. 4. die Brandwände an der Grundgrenze (§51 Abs.1);
  4. 5. die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§61 Abs.1, §63 Abs.1 und §65 Abs.1);

    6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."

    Die Aufzählung des § 26 Abs. 1 Stmk. BauG ist eine taxative und somit abschließende (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. April 1997, Zl. 97/06/0019, und vom 11. September 1997, Zl. 97/06/0109); er ermöglicht keine die Nachbarrechte erweiternde Auslegung.

    Der Beschwerdeführer wendet zunächst ein, es sei unklar, wer Konsenswerber sei. In diesem Zusammenhang ist aber für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar, aus welchem Grunde eine Mehrheit physischer, existenter und individualisierter Personen nicht Konsenswerber sein können. Die im Verwaltungsverfahren ergangenen Bescheide führen die Konsenswerber an, welche sich als "Bauwerbergemeinschaft P" bezeichnet haben. Wenn also in den ergangenen Bescheiden - so auch dem angefochtenen - von der "Bauwerbergemeinschaft P" die Rede ist, sind darunter die dahinter stehenden namentlich angeführten Personen zu verstehen, die im vorliegenden Verfahren Konsenswerber sind und denen die beantragte Baubewilligung auch erteilt wurde.

    Betreffend die Frage, ob von den Konsenswerbern entsprechend der Freilandwidmung des Baugrundstücks das Bauvorhaben land- und forstwirtschaftlich genutzt wird, steht dem Nachbarn kein Mitspracherecht zu. Auch die vom Beschwerdeführer ferner aufgeworfene Frage, wer Betreiber des bewilligten Zuchtbetriebes sei, ist im Bauverfahren nicht zu klären.

    Auch insoweit der Beschwerdeführer geltend macht, bei dem geplanten Projekt handle es sich nicht um einen landwirtschaftlichen, sondern um einen gewerblichen Betrieb, dessen Errichtung im Freiland dem § 25 Abs. 3 Z. 1 lit. b Stmk. ROG widerspreche, steht ihm kein Nachbarrecht im Sinne des § 26 Abs. 1 Stmk. BauG zu. Die Steiermärkische Bauordnung räumt dem Nachbarn nicht schlechthin ein subjektives Recht auf Einhaltung der Widmung ein. Eine Verletzung subjektiver Rechte der Beschwerdeführer kann daher in diesem Zusammenhang nicht vorliegen. Dennoch ist auf Folgendes zu verweisen:

    Gemäß § 25 Abs. 3 Z. 1 lit. b Stmk. Raumordnungsgesetz 1974, LGBl. Nr. 127/1974 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr.1/1995 (im Folgenden: ROG), dürfen im Freiland Neu- und Zubauten errichtet werden, die für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erforderlich sind.

    Eine Definition des Begriffes "Land- und Forstwirtschaft" enthält das Stmk. ROG nicht. Angesichts der in § 25 Abs. 2 leg. cit. enthaltenen Aufzählung von möglichen Sondernutzungen, unter denen sich keine für eine so genannte "Massentierhaltung" oder "Intensivtierhaltung" findet, kann den Verwaltungsbehörden aber nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertraten, dass eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung unabhängig von der Anzahl der in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehaltenen Tiere vorliegt. Das steiermärkische Raumordnungsrecht sieht keine Grenze nach der Anzahl der gehaltenen Tiere derart vor, dass bei Überschreitung einer solchen Grenze nicht mehr "Landwirtschaft" vorläge (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1996, Zlen. 93/06/0184, 93/06/0185). Ein "Zuchtsauenstall" ist somit schon von seiner Zweckwidmung her - unabhängig von seiner Größe - der Landwirtschaft zuzuordnen.

    Insoweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde geltend macht, er sei in Widerspruch zu § 13a AVG nicht dahingehend manuduziert worden, sein Vorbringen auch auf die Verletzung der Abstandsvorschriften, insbesondere auf § 13 Abs. 12 Stmk. BauG zu stützen, ist ihm zunächst entgegen zu halten, dass gemäß § 13a AVG die Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren hat. Gemäß der hg. Rechtsprechung (vgl. die in Walter - Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze2, 1998, 362, in E 9. angeführte hg. Judikatur zu § 13a AVG) bezieht sich die so genannte Manuduktionspflicht der Behörde nach § 13a AVG auf die zur Vornahme von Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen und auf die Belehrung über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen. Sie bezieht sich aber nicht darauf, ob und welches materielle Vorbringen die Partei zur Wahrung ihrer Rechte zu machen hat. Bei der Frage, ob der Beschwerdeführer Verletzungen von Abstandsbestimmungen im Sinne des § 13 Abs. 12 Stmk. BauG hätte geltend machen sollen, handelt es sich um einen inhaltlichen (also materiellen) Aspekt der Angelegenheit. Die Baubehörden waren in dieser Hinsicht nicht verpflichtet, dem Beschwerdeführer eine entsprechende Rechtsbelehrung zu erteilen. Auch verweist die belangte Behörde bereits zutreffend darauf, dass eine Umdeutung seines Vorbringens nicht zulässig gewesen wäre. Hinsichtlich des Einwandes zu geringer Abstände in Hinblick auf die befürchteten Immissionsbelastungen war der Beschwerdeführer daher präkludiert.

    Zutreffend haben die Behörden des Verwaltungsverfahrens auch bereits darauf hingewiesen, dass zu der Frage der Bauplatzeignung gemäß § 5 Abs. 1 Stmk. BauG und der Sicherstellung der Abwässerentsorgung gemäß § 65 Abs. 1 erster Satz Stmk. BauG kein subjektives öffentliches Nachbarrecht besteht; auf die diesbezüglichen - ohnedies unsubstantiierten - Ausführungen des Beschwerdeführers in der Beschwerde war daher nicht einzugehen.

    Der Beschwerdeführer rügt auch, dass nicht geprüft worden sei, ob das Vorhaben UVP-pflichtig sei. Er beruft sich in diesem Zusammenhang auf Z 43 in Verbindung mit Spalte 3 des Anhanges 1 des UVP-Gesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. 89/2000, wonach als Mindestschwellenwert bei Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Tieren in schutzwürdigen Gebieten der Kategorie C oder in bzw. nahe Siedlungsgebieten mit 450 Sauenplätzen festgelegt sei. Aus den von den Bauwerbern vorgelegten Gutachten ergebe sich, dass 480 Muttersauen gehalten und wöchentlich 180 Ferkel produziert werden sollen.

    Gemäß § 3 Abs. 1 UVP-Gesetz, BGBl Nr. 697/1993 in der Fassung BGBl. I Nr. 89/2000, sind u.a. Vorhaben, die in Anhang 1 angeführt sind, nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen dieses Gesetzes einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. Für Vorhaben, die in Spalte 2 und 3 des Anhanges 1 angeführt sind, ist das vereinfachte Verfahren durchzuführen. Gemäß Anhang 1 Z 43 fallen in die Spalte 2 Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Tieren ab einer Größe von u.a. 700 Sauenplätzen. Gemäß Anhang 1 Z 43 in Spalte 3 fallen u.a. Anlagen zum Halten und zur Aufzucht von Tieren in schutzwürdigen Gebieten oder in oder nahe von Siedlungsgebieten ab einer Größe von 450 Sauenplätzen. Als Nahebereich eines Siedlungsgebietes gilt gemäß FN 6 zum Anhang 1 des UVP-Gesetzes ein Umkreis von 300 m um das Vorhaben, in dem Grundstücke wie folgt festgelegt oder ausgewiesen sind:

    "1. Bauland, in dem Wohnbauten errichtet werden dürfen (ausgenommen Einzelgehöfte oder Einzelbauten),

    2. erweitertes Wohngebiet: das sind Bauhoffnungsgebiete und Flächen für die künftige Errichtung von Wohnhäusern, Appartementhäusern, Ferienhäusern, Wochenendhäusern und Wochenendsiedlungen, Garten- und Kleingartensiedlungen,

    3. Gebiete für Kinderbetreuungseinrichtungen, Kinderspielplätze, Schulen oder ähnliche Einrichtungen, Krankenhäuser, Kuranstalten, Seniorenheime, Friedhöfe, Kirchen und gleichwertige Einrichtungen anerkannter Religionsgemeinschaften, Parkanlagen, Campingplätze und Freibeckenbäder."

    Der Beschwerdeführer legt in diesem Zusammenhang nicht dar und es ist dies auch aus den Akten nicht ersichtlich, dass das Bauvorhaben in einem schutzwürdigen Gebiet der Kategorie C oder in bzw. nahe Siedlungsgebieten in obigem Sinn liegt. Sofern ein Bauvorhaben wie das vorliegende außerhalb dieser besonders geschützten Gebiete liegt, besteht aber die UVP-Pflicht gemäß § 3 Abs. 1 UVP-G erst bei einer Anzahl ab 700 Zuchtsauen. Dass diese Zahl nicht überschritten wird, wurde in einer im Akt einliegenden Stellungnahme der Fachabteilung 1a des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 6. April 2001, auf die die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift verweist, dargelegt.

    Die Regelung in Z 43 des Anhangs 1 zum UVP-G, steht auch mit der EG-UVP-Richtlinie Nr. 85/337 in der Fassung der Richtlinie Nr. 97/11/EG in Einklang, nach der Anlagen mit über 900 Zuchtsauen in Anhang 1 Z 17 lit. c UVP-G fallen und bei den übrigen Anlagen zur Intensivhaltung gemäß Anhang II die Mitgliedstaaten an Hand einer Einzelfalluntersuchung oder an Hand der von den Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerte bzw. Kriterien überprüfen, ob das Projekt einer Prüfung gemäß Art. 5 bis 10 der genannten Richtlinie unterzogen werden muss. Angesichts der im Verfahren erstatteten Gutachten kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei dem vorliegenden Projekt gemäß Art 2 Abs. 1 der EG-Richtlinie Nr. 97/11 auf Grund seiner Art, Größe oder seines Standards mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist.

    Der Beschwerdeführer wiederholt auch in der Beschwerde seine Behauptung, die Gemeindeentscheidungsträger seien nicht unbefangen gewesen. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass der Bürgermeister im erstinstanzlichen Verfahren vom Vizebürgermeister vertreten wurde. Der geltend gemachte Befangenheitsgrund gegen den Bürgermeister bezieht sich jedoch nicht auch auf den in erster Instanz entscheidenden Vizebürgemeister.

    Die Sitzung des Gemeinderates fand bei Beschlussfassung über die Berufung des Beschwerdeführers in nichtöffentlicher Sitzung in Abwesenheit des Bürgermeisters und des Vizebürgemeisters statt. An dieser Entscheidung hat somit nach dem Inhalt des über die Gemeinderatssitzung angefertigten Protokolls kein befangenes Organ mitgewirkt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Entscheidung über das vorliegende Projekt Gegenstand lokalpolitischer Auseinandersetzungen und versuchter Einflussnahmen war.

    Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit insgesamt als nicht berechtigt und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.

    Wien, am 8. Mai 2003

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