VwGH 2000/07/0026

VwGH2000/07/002624.5.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des F G in B, vertreten durch Dr. Maximilian Ganzert, Dr. Friedrich W. Ganzert und Dr. Helmut Greil, Rechtsanwälte in Wels, Dr. Koss-Straße 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 26. Jänner 2000, Zl. 411.274/03-I6/99, betreffend einen Devolutionsantrag in einer Wasserrechtsangelegenheit, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §73 Abs2;
AVG §8;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs2;
AVG §13 Abs1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §73 Abs2;
AVG §8;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 25. November 1991 wurde M.H. der auf § 138 Abs. 2 des Wasserrechtsgesetzes 1959 in Verbindung mit § 38 leg. cit. gestützte wasserpolizeiliche Auftrag erteilt, bestimmte Anlagen entweder bis zu einem näher bezeichneten Termin zu beseitigen oder nachträglich um die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für diese Anlagen anzusuchen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und beantragte, den wasserpolizeilichen Auftrag in einen solchen nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 umzuwandeln. Er habe bereits vor 1990 sowohl gegenüber M.H. als auch gegenüber der Behörde bekannt gegeben, dass die auf näher bezeichneten Grundstücken errichteten Anlagen im Hochwassergebiet die Wasserabflussmöglichkeit entscheidend beeinträchtigten und dies zu einer Ableitung des Wassers auf Grundstücke des Beschwerdeführers führe. Die von M.H. errichteten Anlagen seien nicht konsensfähig, da im Hochwasserfall die Auswirkungen auf Grundstücke des Beschwerdeführers unvermindert stark blieben und zu Uferschäden führten.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 26. Jänner 2000 gab die belangte Behörde dem infolge Untätigkeit des LH gestellten Antrag des Beschwerdeführers auf Übergang der Entscheidungspflicht keine Folge.

In der Begründung heißt es, in einem wasserpolizeilichen Verfahren nach § 138 Abs. 2 des Wasserrechtsgesetzes 1959 habe der Betroffene keine Parteistellung. Auf den vorliegenden Fall bezogen bedeute dies, dass dem Beschwerdeführer keine Parteistellung bzw. Antragslegitimation zukomme, da auf die Erlassung eines Polizeibefehles niemandem ein Rechtsanspruch zustehe. Dem Devolutionsantrag des Beschwerdeführers sei daher keine Folge zu geben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird.

Der Beschwerdeführer bringt vor, der angefochtene Bescheid sei deswegen rechtswidrig, da er unabhängig davon, ob er tatsächlich berufungslegitimiert gewesen sei, jedenfalls das Recht auf eine Entscheidung über die Berufung gehabt habe. Dieses Recht auf Entscheidung sei vollkommen losgelöst vom dahinter stehenden materiellen Rechtsanspruch. Im Übrigen sei der Beschwerdeführer auch Partei des Verfahrens auf Grund eines materiellrechtlichen Anspruches und es bestehe eine Antragslegitimation.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mit Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, VwSlg. N.F. Nr. 9458/A, ausgesprochen, dass jede Partei des Verwaltungsverfahrens Anspruch auf Erlassung eines Bescheides hat, wenn ein Antrag (oder eine Berufung) offen ist. Dieser Anspruch ist auch dann gegeben, wenn die Voraussetzungen für die Zurückweisung des Antrages vorliegen; auch im Streit um die Parteistellung und Antragsbefugnis besteht, insoweit diese zur Entscheidung stehen, Parteistellung und entsprechende Entscheidungspflicht. In diesem Fall hat die Partei den Anspruch auf Erlassung eines Bescheides betreffend die Zurückweisung ihres Antrages.

Eine Berufung gegen einen Bescheid enthält auch den Anspruch, in diesem Verfahren als Partei behandelt zu werden. Eine Berufung impliziert daher für den Fall, dass die Behörde die Parteistellung des Berufungswerbers als nicht gegeben ansieht, auch einen Streit um die Parteistellung. Ist die zur Entscheidung über die Berufung zuständige Behörde der Meinung, dass dem Berufungswerber keine Parteistellung und damit auch keine Berufungslegitimation zukommt, dann hat sie deshalb die Berufung zurückzuweisen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Oktober 1992, 90/05/0110, u.a.). Eine solche Betrachtungsweise ist vor allem auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit geboten, würde doch ohne eine Entscheidung über die Berufung der Berufungswerber im Unklaren über seine rechtliche Stellung gelassen und er hätte auch keine Möglichkeit, die der Untätigkeit der Behörde zugrundeliegende Annahme der mangelnden Parteistellung zu bekämpfen.

Eine Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers ist durch den LH als Berufungsbehörde nicht erfolgt. Es waren daher die Voraussetzungen für den Übergang der Zuständigkeit auf die belangte Behörde gegeben. Diese hätte daher über die Berufung des Beschwerdeführers entscheiden müssen. War sie der Meinung, dass dem Beschwerdeführer kein Berufungsrecht zustand, dann hatte sie die Berufung als unzulässig zurückzuweisen. Hingegen entspricht die Entscheidung, dem Devolutionsantrag keine Folge zu geben, nicht dem Gesetz.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 25. Mai 2000

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