Normen
AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §42 Abs2 idF 1998/I/158;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §13 Abs2;
BauG Stmk 1995 §13;
BauG Stmk 1995 §22;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z2;
BauG Stmk 1995 §29;
BauG Stmk 1995 §4 Z27;
BauG Stmk 1995 §4 Z28;
BauRallg;
AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §42 Abs2 idF 1998/I/158;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §13 Abs2;
BauG Stmk 1995 §13;
BauG Stmk 1995 §22;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z2;
BauG Stmk 1995 §29;
BauG Stmk 1995 §4 Z27;
BauG Stmk 1995 §4 Z28;
BauRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 17. November 1999 wurde dem Mitbeteiligten die baurechtliche Bewilligung zur plan- und beschreibungsgemäßen Errichtung von vier überdachten Stellplätzen auf dessen näher bezeichnetem Grundstück erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin betreffend Abstandsverletzung und betreffend Oberflächenwässer wurden als unbegründet abgewiesen.
Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Dieser Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Mitbeteiligte die anfallenden "Meteorwässer" gemäß einer erteilten Auflage in die bestehende Sickergrube einzuleiten habe, welche ohne Überlauf mit dichten Wänden herzustellen sei. Die Beschwerdeführerin lege nicht dar, warum dadurch eine gesicherte Beseitigung der anfallenden Regenwässer nicht gegeben sei. Auch wenn der Mitbeteiligte bisher die bestehende Sickergrube möglicherweise nicht mit dichten Wänden und ohne Überlauf hergestellt habe, so gewährleiste nun die von der Behörde erster Instanz erteilte Auflage, dass dem behaupteten Überstand erfolgreich abgeholfen werde.
Hinsichtlich des von der Beschwerdeführerin als verletzt erachteten Rechtes auf den baugesetzmäßigen Abstand sei von der belangten Behörde auf Grund des Berufungsvorbringens eine gutachterliche Stellungnahme eines Amtssachverständigen des Baupolizeiamtes zum Beweisthema eingeholt worden, in welchem Ausmaß die verfahrensgegenständliche bauliche Anlage an ihren Seitenflächen geschlossen sei. Der beigezogene Amtssachverständige habe zu dem von ihm zu untersuchenden Beweisthema Folgendes ausgeführt:
"Befund:
Gegenstand: Stellplatzüberdachung
......
Gutachten:
Das Bauwerk weist einen rechteckigen Grundriss von
10,60 m x 5,60 m auf.
Nordseite: | Länge 10,60 m, davon 1,90+1,80=3,70 m geschlossen |
3,70/10,60=34,9% | |
Westseite: | Länge 5,60 m, davon 1,10 m geschlossen |
1,10/5,60=19,6% | |
Südseite: | vollständig geschlossen |
Ostseite: | Länge 5,60 m, davon 1,20 m geschlossen |
1,20/5,60=21,4% |
Gesamtsumme der Seitenflächen: | 2 x (10,60+5,60)=34,2 m |
Gesamtsumme der Seitenwände: | 3,70+1,10+10,60+1,20=16,60 m |
16,60/34,2=48,5% <50% auch die Gesamtsumme der
Seitenflächen ist somit nicht überwiegend geschlossen.
Selbst bei Einbeziehung der Länge der seitlich offenen Stiege in die Gesamtsumme der Seitenflächen verändert sich der Prozentsatz nur unwesentlich.
(16,60+3,00)/(34,20+6,00)=48,8%.
Dem Wesen nach wäre die Zugangsstiege, nachdem sie seitlich offen ist, jedoch eher überhaupt aus der Rechnung herauszunehmen, da sie auch als Zusatzelement zum 'Flugdach' betrachtet werden könnte.
Damit würde sich der Prozentsatz auf (16,6-0,80)/34,20=46,2% verringern."
Unter Zugrundelegung dieses Gutachtens führte die belangte Behörde in dem angefochtenen Bescheid weiter aus: § 4 Z. 28 erster Satz Stmk. BauG bestimme, dass unter einem Gebäude eine bauliche Anlage zu verstehen sei, die mindestens einen oberirdischen überdeckten Raum bilde, der an den Seitenflächen allseits oder überwiegend geschlossen sei. Nach dem dargestellten Beweisergebnis sei die von der Behörde erster Instanz genehmigte bauliche Anlage weder allseits noch überwiegend an den Seitenflächen geschlossen, sodass sie kein Gebäude im Sinne der zitierten Norm darstelle. Diese Feststellung sei deshalb bedeutsam, weil - wie sich aus § 13 leg. cit. ergebe - nur Gebäude (von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen) einen Gebäudeabstand bzw. einen Grenzabstand einzuhalten hätten. Das geltend gemachte subjektivöffentliche Nachbarrecht auf Einhaltung des gesetzlichen Abstandes könne daher nicht verletzt sein.
§ 4 Z 28 zweiter Satz des Steiermärkischen Baugesetzes bestimme weiters, dass als Gebäude auch offene Garagen anzusehen seien. Würde also die verfahrensgegenständliche bauliche Anlage ungeachtet ihrer mangelnden Gebäudeeigenschaft nach § 4 Z. 28 erster Satz Stmk. BauG dem § 4 Z. 28 zweiter Satz leg. cit. unterfallen, könnten die Abstandsbestimmungen des Steiermärkischen Baugesetzes zum Tragen kommen. Gemäß § 4 Z. 27 7. Unterbegriff Stmk. BauG sei unter offenen Garagen Folgendes zu verstehen:
"oberirdische Garagen oder Garagenabschnitte, die unmittelbar ins Freie führende und so verteilte unverschließbare Öffnungen in einer Größe von insgesamt mindestens einem Drittel der Gesamtfläche der Umfassungswände haben, dass die ständige und natürliche Durchlüftung gewährleistet ist. Durch Wetterschutzvorrichtungen u.dgl. darf die Mindestöffnung nicht verringert werden. Abstellflächen mit Schutzdächern gelten als offene Garagen, wenn sie dem Abstellen von mehr als sechs Kraftfahrzeugen oder mehr als 10 Krafträdern dienen."
Nachdem die geplante bauliche Anlage lediglich dem Abstellen von vier Kraftfahrzeugen diene, könne sie dem zweiten Subbegriff der Definition nicht unterfallen. Zu prüfen sei freilich, ob sie dem ersten Subbegriff unterfalle. In Koepf, Bildwörterbuch der Architektur, Stuttgart 1968, würden Umfassungsmauern bzw. Umfassungswände als "die ein Bauwerk umschließenden Außenmauern (- wände), im Gegensatz zu den Innenwänden (Trennwänden)" definiert. Im Deutschen Universalwörterbuch, 1983, werde Umfassungsmauer als "Mauer, die etwas umgibt" definiert. "Umfassen" werde im genannten Werk als "von allen Seiten einschließen" definiert, was einen Hinweis darauf liefere, dass von Umfassungsmauern nur dann gesprochen werden könne, wenn diese Mauern etwas (ein Gebäude, ein Bauwerk, eine bauliche Anlage) allseits umschließen. Die vorliegende bauliche Anlage sei aber nicht allseits von Seitenwänden ("Umfassungswänden") umgeben, sondern nur zu (maximal) 48,8 %. Sie weise daher keine "Umfassungswände" auf, wie sie in Subbegriff 1 als Voraussetzung für das Vorliegen einer offenen Garage gefordert würden. (Im Folgenden enthält der Bescheid noch Ausführungen zu dem Verhältnis von § 4 Z. 27 7. Unterbegriff und § 4 Z. 28 Stmk. BauG).
Die belangte Behörde kommt letztlich zu dem Schluss, dass mangels Gebäudeeigenschaft der verfahrensgegenständlichen Baulichkeit die Beschwerdeführerin nicht in ihrem geltend gemachten Abstandsrecht habe verletzt werden können.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 4 Z 27 7. Unterbegriff Stmk. Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 (Stmk. BauG), sind offene Garagen oberirdische Garagen oder Garagenabschnitte, die unmittelbar ins Freie führende und so verteilte unverschließbare Öffnungen in einer Größe von insgesamt mindestens einem Drittel der Gesamtfläche der Umfassungswände haben, dass die ständige natürliche Durchlüftung gewährleistet ist. Durch Wetterschutzvorrichtungen u.dgl. darf die Mindestöffnung nicht verringert werden. Abstellflächen mit Schutzdächern gelten als offene Garagen, wenn sie dem Abstellen von mehr als sechs Kraftfahrzeugen oder mehr als zehn Krafträdern dienen;
Gemäß § 4 Z 28 leg. cit. ist ein Gebäude eine bauliche Anlage, die mindestens einen oberirdischen überdeckten Raum bildet, der an den Seitenflächen allseits oder überwiegend geschlossen ist. Als Gebäude gelten jedoch auch offene Garagen.
Gemäß § 13 Abs. 1 leg. cit. sind Gebäude entweder unmittelbar aneinander zu bauen oder müssen voneinander einen ausreichenden Abstand haben. Werden zwei Gebäude nicht unmittelbar aneinander gebaut, muss ihr Abstand mindestens so viele Meter betragen, wie die Summe der beiderseitigen Geschoßanzahl, vermehrt um 4, ergibt (Gebäudeabstand).
Gemäß § 13 Abs. 2 leg. cit. muss jede Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrenze errichtet wird, von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein wie die Anzahl der Geschoße vermehrt um zwei, ergibt (Grenzabstand).
Gemäß § 26 Abs. 1 leg. cit. kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind u. a. Bestimmungen über
- "2. die Abstände (§ 13); ...
- 5. die Vermeidung ..., einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (..., § 65 Abs. 1); ..."
Die Beschwerdeführerin wendet zunächst ein, durch das vermehrte Anfallen von Oberflächenwässern durch eine zusätzliche Versiegelung des Grundstücks des Mitbeteiligten bestehe die Gefahr einer zusätzlichen Vernässung bzw. Versumpfung ihres Grundstücks. Daran könne auch die von der Behörde erteilte Auflage nichts ändern, dass der Mitbeteiligte anfallende Meteorwässer in die bestehende Sickergrube einzuleiten habe, welche ohne Überlauf mit dichten Wänden herzustellen sei. Der Mitbeteiligte habe nämlich bisher bei der bestehenden Sickergrube offenbar nicht dafür gesorgt, dass diese ohne Überlauf mit dichten Wänden hergestellt worden sei, weshalb es bereits in der Vergangenheit mehrfach zu Wasseraustritten auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin gekommen sei. Die Behörde hätte auf die diesbezüglichen Einwendungen der Beschwerdeführerin eingehen und dem Verfahren geeignete Amtssachverständige beiziehen müssen. Es genüge nicht, dem Mitbeteiligten Auflagen zu erteilen, weil sein Verhalten bereits in der Vergangenheit deutlich gezeigt habe, dass er nicht gewillt sei, sich an behördliche Auflagen zu halten. Weiters habe der Mitbeteiligte im Bereich des geplanten Bauvorhabens 4 m hohe Anschüttungen zum Grundstück der Beschwerdeführerin hin aufgebracht und diese niemals beseitigt.
Diesen Einwendungen der Beschwerdeführerin ist entgegenzuhalten, dass ein Baubewilligungsverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren ist, sodass Gegenstand des Verfahrens das in den Einreichplänen (und sonstigen Unterlagen) dargestellte Projekt ist, nicht aber ein von diesem abweichender Baubestand (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 1992, Zl. 92/05/0053). Auch die Einhaltung einer vorgesehenen Auflage kann im Verfahren zur Erteilung einer Baubewilligung nicht überprüft werden. Sollte die sodann tatsächlich errichtete bauliche Anlage nicht mit dem bewilligten Plan übereinstimmen bzw. werden erteilte Auflagen nicht eingehalten, hat die Behörde mit baupolizeilichen Aufträgen vorzugehen. Da das vorliegende Projekt überdies Aufschüttungen zum Grundstück der Beschwerdeführerin hier nicht vorsieht, ist daher auf dieses Vorbringen nicht weiter einzugehen.
Des Weiteren wendet die Beschwerdeführerin ein, auf Grund des Niveauunterschieds zwischen ihrem Grundstück und dem Baugrundstück und der Begehbarkeit des Daches des geplanten Bauwerks sei von diesem ein freier Einblick auf ihr Grundstück gegeben.
Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass die Beschwerdeführerin damit kein Nachbarrecht gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG geltend macht.
Die Beschwerdeführerin meint auch, dass die belangte Behörde zu prüfen gehabt hätte, ob das geplante Projekt nicht zum Abstellen von mehr als zehn Krafträdern geeignet sei. Dem ist wiederum zu entgegnen, dass der allein maßgebliche Gegenstand des vorliegenden Bauverfahrens ein Ansuchen um Erteilung der baurechtlichen Bewilligung für "vier überdachte Stellplätze" ist.
Die Beschwerdeführerin wendet auch ein, dass die zu ihrem Grundstück gewandte Seitenwand der Garage teilweise offen sei, es sei daher mit Lärm-, Geruchs- und Schadstoffemissionen zu rechnen. Auch eine Gesundheitsgefährdung könne nicht ausgeschlossen werden. Zur Überprüfung dieser Umstände hätte die Behörde jedenfalls geeignete Amtssachverständige beiziehen müssen.
Diesem - im Bauverfahren erst in der Berufung erstatteten - Vorbringen ist Folgendes entgegenzuhalten:
Gemäß § 42 Abs. 1 AVG (der § 27 Abs. 1 Stmk. BauG gemäß § 82 Abs. 7 AVG i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 158/1998 derogiert hat; vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2000, Zl. 2000/06/0096) verliert eine Person, wenn eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht wurde, ihre Stellung als Partei, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz dieser Bestimmung bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt. § 42 Abs. 2 AVG i. d. F. der angeführten Novelle des AVG sieht vor, dass sich, wenn eine mündliche Verhandlung nicht gemäß Abs. 1 kundgemacht wurde, die darin bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten erstreckt, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.
Nach der Aktenlage erfolgte die Kundmachung der mündlichen Verhandlung am 13. Oktober 1999 durch Anschlag an der Amtstafel des Rathauses der Landeshauptstadt Graz. Die Beschwerdeführerin wurde überdies persönlich geladen. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob die erfolgte Kundmachung auch eine Kundmachung in geeigneter Form im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG ist, da die Voraussetzungen gemäß § 42 Abs. 2 AVG vorliegen. Die Beschwerdeführerin hat in dieser Verhandlung Einwendungen betreffend Oberflächenwässer und betreffend die Nichteinhaltung des Abstandes erhoben, andere Einwendungen wurden nicht geltend gemacht. § 42 Abs. 1 AVG in der angeführten Fassung bedeutet auch, dass eine Partei, die bei entsprechender ordnungsgemäßer Kundmachung im Sinne dieser Bestimmung rechtzeitig Einwendungen erhoben hat, nicht darüber hinaus nach der Verhandlung rechtens (im Sinne dieser Bestimmung) weitere, neue Einwendungen nachtragen kann, weil sie insofern ihre Parteistellung verloren hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Dezember 2000, Zl. 99/06/0199). Dies muss in gleicher Weise für eine Partei gelten, die gemäß § 42 Abs. 2 AVG persönlich zu der Verhandlung geladen wurde. Die Beschwerdeführerin ist daher im Hinblick auf die ins Treffen geführten Lärm-, Geruch- und Schadstoffimmissionen gemäß § 42 Abs. 1 AVG präkludiert.
Im Übrigen macht die Beschwerdeführerin geltend, dass es sich bei dem gegenständlichen Projekt um ein Gebäude handle. Nach der Legaldefinition des § 4 Z. 28 Stmk. BauG liege ein Gebäude vor, wenn es sich um eine bauliche Anlage handle, die mindestens einen oberirdischen überdeckten Raum bilde, der an den Seitenwänden allseits oder überwiegend geschlossen sei. Im gegenständlichen Fall sei ein Projekt geplant, das südlich und westlich zur Gänze und nördlich, zum Grundstück der Beschwerdeführerin hin, zum größten Teil geschlossen sei. Lediglich nach Osten hin sei das Projekt offen. Im Übrigen sei nach dem Plan eine kompakte Decke geplant, die mit Erdreich überdacht und begehbar gemacht werden solle. Von einem Flugdach könne daher keine Rede sein. Tatsächlich handle es sich um eine Garage für vier Autos und um ein begehbares Dach. Es liege auch kein Nebengebäude vor, zumal vier Abstellplätze für Autos geplant seien. Aus den Plänen sei ersichtlich, dass ein massives Bauwerk mit einer durchgehenden Wand im Süden, zwei Betonwänden im Norden und einer teilweisen Wand im Westen errichtet werden soll. Das Objekt sei zu mehr als 50 % umschlossen und als Bauwerk (gemeint wohl Gebäude) zu qualifizieren. Dem vorliegenden Gutachten könne nicht entnommen werden, auf Grund welcher Grundlagen der Sachverständige die Bemessungen durchgeführt habe und woraus letztlich abgeleitet werde, dass die Gesamtsumme der Seitenflächen nicht überwiegend geschlossen sei. Wie sich auch aus dem Plan ergebe, sei das Projekt lediglich nach Osten hin offen. Die Beschwerdeführerin habe als Nachbarin daher gemäß § 26 Stmk. BauG ein Recht auf die Einhaltung der gesetzlichen Abstände nach § 13 Stmk. BauG. Des Weiteren könne das gegenständliche Projekt auch deshalb als Gebäude qualifiziert werden, weil es sich um eine offene Garage gemäß § 4 Z. 27 Stmk. BauG handle. Bei richtiger Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen hätte die Behörde feststellen müssen, dass das gegenständliche Projekt ein Gebäude darstelle und daher die Abstandsbestimmungen zur Grenze einzuhalten seien. Die Darstellung der Behörde, dass nur dann Umfassungswände vorlägen, wenn diese Mauern etwas, nämlich ein Gebäude oder ein Bauwerk allseits umschlössen, sei rechtsirrig. Tatsächlich könnten Umfassungswände als Außenwände betrachtet werden. Wenn deshalb kein Gebäude vorliege, weil die Seitenwände nur zu maximal 48,8 % geschlossen seien, müsse man zu dem Schluss gelangen, dass eine offene Garage deshalb vorliege, weil zumindest ein Drittel der Gesamtfläche der Umfassungswände offen sei. Der Legaldefinition sei zu entnehmen, dass mindestens ein Drittel der Umfassungswände geöffnet sein müsse, um einen Abstellplatz als offene Garage zu qualifizieren. Daraus, dass die Seitenwände zu 48,8 % geschlossen seien, ergebe sich, dass 51,2 % der Seitenflächen offen seien und daher zumindest ein Drittel der Umfassungswände Öffnungen aufweise. Somit liege eine offene Garage gemäß § 4 Z. 27 Stmk. BauG vor.
Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Hinblick auf § 4 Z. 28 zweiter Satz Stmk. BauG im Recht: Die Aufassung der belangten Behörde, dass von Umfassungswänden gemäß § 4 Z. 27 Stmk. BauG nur dann gesprochen werden könne, wenn diese Wände ein Bauwerk allseits umschließen, findet im Gesetz keine Deckung. Es würde dann gerade entgegen dem Sinngehalt dieser Bestimmung nicht dazu kommen können, dass zumindest ein Drittel der Gesamtfläche der Umfassungswände einer Garage offen ist und somit eine offene Garage vorliegt. Unter Umfassungswänden sind nach außen abschließende Wände zu verstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. November 1990, Slg. Nr. 13.325 A/1990). Nach § 4 Z. 28 zweiter Satz leg. cit. sind jedenfalls Garagen als Gebäude zu qualifizieren, die die Voraussetzungen gemäß § 4 Z. 28 erster Satz Stmk. BauG nicht erfüllen und somit danach keine Gebäude sind, aber den Voraussetzungen des § 4 Z. 27
7. Unterbegriff Stmk. BauG entsprechen. Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob § 4 Z. 28 zweiter Satz Stmk. BauG auch Garagen erfasst, die auch als Gebäude im Sinne des § 4 Z. 28 erster Satz leg. cit. zu beurteilen wären. Aus dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Amtssachverständigen ergibt sich, dass das verfahrensgegenständliche Bauwerk zu maximal 48,8 % von Seitenflächen bzw. Umfassungswänden umschlossen ist. Die unverschließbaren Öffnungen machen 51,2 % - also mehr als ein Drittel - der Gesamtfläche der Umfassungswände aus. Da für die Qualifikation als offene Garage unverschließbare Öffnungen in der Größe von insgesamt mindestens einem Drittel der Gesamtfläche der Umfassungswände notwendig sind, handelt es sich um eine offene Garage im Sinne des § 4 Z. 27 7. Unterbegriff Stmk. BauG und somit um ein Gebäude im Sinne des § 4 Z. 28 leg. cit.. Im Hinblick auf diese Umfassungswände kann aber auch keine Rede davon sein, es lägen bloße Abstellflächen mit Schutzdächern vor, wie sie in § 4 Z. 27 7. Unterbegriff letzter Satz genannt sind. War die verfahrensgegenständliche bauliche Anlage aber als Gebäude zu qualifizieren, dann kommen die Abstandsregelungen des § 13 Stmk. BauG (insbesondere dessen Abs. 2) für dieses Gebäude zum Tragen.
Da die belangte Behörde dies verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 4. April 2002
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