VfGH G573/2015 ua

VfGHG573/2015 ua14.12.2016

Zurückweisung eines Parteiantrags auf Aufhebung von Kündigungsbestimmungen des MietrechtsG betreffend eintrittsberechtigte Personen wegen unzureichender Abgrenzung des Anfechtungsumfanges

Normen

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
MietrechtsG §30 Abs2, §46
VfGG §62a Abs1 Z5
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
MietrechtsG §30 Abs2, §46
VfGG §62a Abs1 Z5

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Antrag

1. Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG gestützten Antrag begehrt die antragstellende Gesellschaft, der Verfassungsgerichtshof möge "§62a Abs1 Z5 VfGG 1953 […]", in eventu "in §62a Abs1 Z5 VfGG 1953 […], die Wortfolge 'über die Kündigung von Mietverträgen' " als verfassungswidrig aufheben.

2. Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG gestützten Antrag begehrt die antragstellende Gesellschaft zudem, der Verfassungsgerichtshof möge "in §30 Abs2 Z4 MRG BGBl Nr 520/1981 zuletzt geändert durch BGBl I Nr 161/2001 die Wortfolgen 'oder die eintrittsberechtigten Personen (§14 Abs3) und 'oder der eintrittsberechtigten Personen' […];" sowie "in §30 Abs2 Z6 MRG BGBl Nr 520/1981 zuletzt geändert durch BGBl I Nr 161/2001 die Wortfolge 'oder der eintrittsberechtigten Personen (§14 Abs3)' " als verfassungswidrig aufheben.

II. Rechtslage

1. Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

2. §30 des Bundesgesetzes vom 12. November 1981 über das Mietrecht (Mietrechtsgesetz – MRG), BGBl 520/1981 idF BGBl I 161/2001, lautet (die angefochtenen Gesetzesbestimmungen sind hervorgehoben):

"Kündigungsbeschränkungen

§30. (1) Der Vermieter kann nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen.

(2) Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn

1. […]

4. der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen (§14 Abs3) dringend benötigt oder, wenngleich auch nur teilweise, durch Überlassung an einen Dritten gegen eine im Vergleich zu dem von ihm zu entrichtenden Mietzins und etwaigen eigenen Leistungen an den Dritten unverhältnismäßig hohe Gegenleistung verwertet. Die teilweise Weitergabe einer Wohnung kommt einer gänzlichen Weitergabe gleich, wenn die nicht weitergegebenen Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet werden;

[…]

6. die vermietete Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen (§14 Abs3) regelmäßig verwendet wird, es sei denn, daß der Mieter zu Kur- oder Unterrichtszwecken oder aus beruflichen Gründen abwesend ist;

[…]

(3) Eine Vereinbarung, wonach dem Vermieter das Kündigungsrecht unbeschränkt oder in einem weiteren als dem vorstehend bestimmten Maß zustehen soll, ist rechtsunwirksam. Überdies kann der Vermieter, der das Miethaus durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat, aus dem Grund des Abs2 Z8 nur kündigen, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Erwerbung und dem Kündigungstermin mindestens zehn Jahre liegen. Ein Miteigentümer kann die Kündigungsgründe des Abs2 Z8 bis 11 überdies nur geltend machen, wenn er wenigstens Eigentümer zur Hälfte ist."

3. §46 MRG idF BGBl II 62/2014 lautet:

"Hauptmietzins bei Eintritt in einen bestehenden Mietvertrag über

eine Wohnung

§46. (1) Treten in einen am 1. März 1994 bestehenden Hauptmietvertrag über eine Wohnung der Ehegatte, der Lebensgefährte oder minderjährige Kinder (§42 ABGB) des bisherigen Hauptmieters allein oder gemeinsam mit anderen Angehörigen ein (§12 Abs1 und 2, §14), so darf der Vermieter vom (von den) in das Hauptmietrecht Eintretenden weiterhin nur den Hauptmietzins begehren, den er ohne den Eintritt begehren dürfte. Das gleiche gilt für den Eintritt auf Grund einer gerichtlichen Anordnung nach §87 Abs2 des Ehegesetzes.

(2) Treten in einen am 1. März 1994 bestehenden Hauptmietvertrag über eine Wohnung ausschließlich Personen ein, die in Abs1 nicht genannt sind, so darf der Vermieter vom (von den) in das Hauptmietrecht Eintretenden ab dem auf den Eintritt folgenden Zinstermin eine Erhöhung des bisherigen Hauptmietzinses bis zu dem für die Wohnung nach §16 Abs2 bis 6 im Zeitpunkt des Eintritts zulässigen Betrag, höchstens aber 3,43 Euro je Quadratmeter der Nutzfläche und Monat, verlangen, sofern der bisherige Hauptmietzins niedriger ist. Dieser Höchstbetrag von 3,43 Euro valorisiert sich entsprechend der Regelung des §16 Abs6. In den Fällen des Abs1 darf der Vermieter diese Erhöhung des bisherigen Hauptmietzinses ab dem Zinstermin begehren, zu dem alle in Abs1 genannten Eintretenden auf Dauer die Wohnung verlassen haben oder volljährig geworden sind. Gleiches gilt, wenn Personen, die in Abs1 in dessen bis 28. Februar 1994 in Geltung gestandener Fassung genannt waren, nach dem 31. Dezember 1981 und vor dem 1. März 1994 in den Hauptmietvertrag eingetreten sind, aber erst nach dem 28. Februar 1994 die Wohnung auf Dauer verlassen haben oder volljährig geworden sind. Die Anhebung des Hauptmietzinses ist aber solange nicht zulässig, als dem Hauptmieter ‑ unter der Annahme einer sofortigen Beendigung des Mietverhältnisses ‑ für vor dem 1. März 1994 getätigte Aufwendungen noch Ersatzansprüche nach §10 zustünden, die der Mieter geltend macht und der Vermieter zu befriedigen nicht bereit ist. Eine sich aus der Anhebung ergebende Unwirksamkeit des Hauptmietzinses ist innerhalb der in §16 Abs8 genannten Fristen ab dem Anhebungsbegehren gerichtlich (bei der Gemeinde, §39) geltend zu machen."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Die antragstellende Gesellschaft stellt den vorliegenden Antrag aus Anlass einer Entscheidung des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 25. September 2015, Z 9 C 690/14x-40. Mit der Entscheidung des Erstgerichtes wurde die auf §30 Abs2 Z4, 6 und 13 MRG gestützte gerichtliche Kündigung der antragstellenden Gesellschaft vom 11. Juli 2014 aufgehoben und deren Klagebegehren auf Übergabe des verfahrensgegenständlichen Mietobjektes abgewiesen.

2. Aus den Feststellungen des Bezirksgerichtes Fünfhaus ergibt sich, dass der Hauptmieter als beklagte Partei des Ausgangsverfahrens bis zu dessen Pensionierung die verfahrensgegenständliche Wohnung gemeinsam mit seiner Ehefrau, seinem Sohn, seiner Schwiegertochter sowie seinem Enkelsohn bewohnt hatte. Seit dem Jahr 2007 halte sich der Beklagte jedoch überwiegend in Serbien auf und nütze die Wohnung nicht mehr regelmäßig. Der Sohn und die Schwiegertochter des Beklagten, welche über keine andere Wohnmöglichkeit verfügen, seien jedoch in der Wohnung verblieben.

3. Rechtlich gelangte das Bezirksgericht Fünfhaus im Ausgangsverfahren zu dem Ergebnis, dass der Kündigungsgrund des §30 Abs2 Z4 erster Fall MRG voraussetze, dass weder der Mieter noch eine eintrittsberechtigte Person den Mietgegenstand in naher Zukunft benötigen. Da der Sohn des Beklagten gemäß §14 Abs3 MRG zum Kreis der eintrittsberechtigten Personen gehöre, liege der geltend gemachte Kündigungsgrund nach §30 Abs2 Z4 MRG nicht vor. Im Übrigen gehe der Kündigungsgrund des §30 Abs2 Z4 MRG jenem nach §30 Abs2 Z6 MRG vor und seien die Tatbestandsvoraussetzungen des Kündigungsgrundes des §30 Abs2 Z13 MRG nicht hinreichend behauptet.

4. Zur Zulässigkeit bringt die antragstellende Gesellschaft zusammengefasst vor, dass rechtzeitig ein zulässiges Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Bezirksgerichtes Fünfhaus, mit welchem die Rechtssache in erster Instanz entschieden worden sei, erhoben wurde. Der Antrag richte sich gegen im Ausgangsverfahren präjudizielle Bestimmungen. Die antragsgemäße Aufhebung hätte zur Folge, dass das Gericht im weiteren Verfahren zu einem anderen Ergebnis gelange, da die Kündigung der antragstellenden Gesellschaft in dem Fall nicht aufzuheben, sondern wirksam sei. Im Übrigen bringt die antragstellende Gesellschaft vor, dass der Antrag nur zulässig sei, sofern der Verfassungsgerichtshof §62a Abs1 Z5 VfGG als verfassungswidrig aufhebe.

5. Zu den geltend gemachten Normbedenken bringt die antragstellende Gesellschaft zusammengefasst vor, dass die angefochtenen Bestimmungen des §30 Abs2 Z4 und 6 MRG gegen das verfassungsmäßig gewährleistete Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5 StGG) sowie gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art7 B‑VG) verstoßen würden. Im Falle einer Abtretung des Mietrechts an eintrittsberechtigte Dritte stünde dem Vermieter nach §46 Abs2 MRG ein Recht auf Anhebung des Mietzinses zu. Im Falle einer bloßen Überlassung zum Gebrauch ohne Abtretung des Mietgegenstandes wäre der Vermieter indes nicht zur Mietzinsanhebung berechtigt. Im Ergebnis würde damit dem Vermieter trotz des Verlassens der Wohnung durch den Mieter das Recht auf Anhebung des Mietzinses genommen. Überdies sei es unsachlich, dass §30 Abs2 Z4 MRG anders als §46 Abs2 MRG nicht zwischen Verträgen differenziere, welche vor bzw. nach dem 1. März 1994 geschlossen worden sind.

6. Im Rahmen des Vorverfahrens erstattete die Bundregierung eine Äußerung, mit welcher den Bedenken der antragstellenden Gesellschaft entgegengetreten wird. Zur Zulässig des Antrages bringt die Bundesregierung Folgendes vor:

"1. Der auf Aufhebung bestimmter Wortfolgen in §30 Abs2 Z4 und Z6 MRG gerichtete Antrag erweist sich nach Auffassung der Bundesregierung schon deswegen als unzulässig, weil die von der antragstellenden Gesellschaft geltend gemachten Bedenken – würden sie in der Sache zutreffen – durch Aufhebung der bekämpften Bestimmungen nicht beseitigt würden.

1.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes soll ein Gesetzesprüfungsverfahren dazu dienen, die behauptete Verfassungswidrigkeit – wenn sie tatsächlich vorläge – zu beseitigen. Unzulässig ist ein Antrag daher dann, wenn die Aufhebung einer Bestimmung beantragt wird, welche die angenommene Verfassungswidrigkeit gar nicht beseitigen würde (VfSlg 16.191/2001, 18.397/2008, 18.891/2009, 19.178/2010, 19.674/2012; VfGH 26.11.2015, G179/2015; uva.; jeweils mwN).

1.2. Ein solcher Fall liegt hier vor: Die antragstellende Gesellschaft hegt verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, dass die Möglichkeit der Mietzinserhöhung (gemäß §46 Abs2 MRG) auf den Eintritt eines Dritten in den Mietvertrag beschränkt ist, eine solche Mietzinserhöhung jedoch im Fall der (gänzlichen) Weitergabe des Mietgegenstandes an einen Eintrittsberechtigten (gemäß §14 Abs3 MRG), ohne dass dieser in den Vertrag eintritt, nicht möglich ist und darüber hinaus im letztgenannten Fall dem Vermieter auch die Kündigung des Mietvertrages verwehrt ist.

Die angefochtenen Bestimmungen regeln die Gründe für eine Kündigung des Mietvertrages durch den Vermieter. Sie enthalten keine Regelungen über eine Mietzinserhöhung durch den Vermieter. Die von der antragstellenden Gesellschaft als verfassungswidrig beanstandete Rechtsfolge ergibt sich daher nicht aus den angefochtenen Bestimmungen. Sie folgt vielmehr aus §46 MRG, wonach der Vermieter in bestimmten Fällen des Vertragseintritts das Recht auf Mietzinserhöhung hat[…]. Im Fall der Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen, würden somit zwar die Ausnahmen von den Kündigungsgründen des §30 Abs2 Z4 und Z6 MRG für Fälle des Vorliegens eines dringenden Wohnbedürfnisses von nach §14 Abs3 MRG eintrittsberechtigten Personen wegfallen. Auch wenn der Mietgegenstand an eintrittsberechtigte Personen gemäß §14 Abs3 MRG weitergegeben wird, könnte daher eine Kündigung gemäß §30 Abs2 Z4 oder Z6 MRG ausgesprochen werden. Die Möglichkeit, bei vor 1. März 1994 bestehenden Mietverträgen aufgrund der Weitergabe der Wohnung eine Mietzinsanhebung vorzunehmen, wäre aber gemäß §46 Abs2 MRG weiterhin auf Fälle des gesetzlichen Eintritts in den Mietvertrag beschränkt. Der antragstellenden Gesellschaft wäre eine Erhöhung des Mietzinses aufgrund der Weitergabe der Wohnung an den Sohn des Hauptmieters (und nur darum scheint es ihr zu gehen, s. Antrag Seite 10 Pkt. 5.3., 5.4., 5.6.), ohne dass dies mit einer Abtretung der Mietrechte einhergeht, somit weiterhin verwehrt.

1.3. Durch die Aufhebung der angefochtenen Wortfolgen in §30 Abs2 Z4 und Z6 MRG würde daher nicht eine Rechtslage hergestellt, auf die die von der antragstellenden Gesellschaft vorgebrachten Bedenken nicht mehr zuträfen. Das Ziel des Aufhebungsbegehrens würde somit durch Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen nicht erreicht, weshalb der Antrag schon aus diesem Grund unzulässig ist (vgl. 18.397/2008, 19.178/2010).

2. Daneben weist die Bundesregierung darauf hin, dass der Anfechtungsumfang insofern zu weit abgegrenzt wurde, als nicht alle angefochtenen Bestimmungen präjudiziell zu sein scheinen:

2.1. Gemäß §62 Abs2 VfGG kann ein Parteiantrag auf Normenkontrolle dann gestellt werden, wenn das Gesetz vom Gericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden bzw. wenn die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache ist oder nach Ansicht der Antragsteller wäre. Parteianträge auf Normenkontrolle sind somit dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückzuweisen, wenn die angefochtene generelle Norm keine Voraussetzung der Entscheidung des Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. VfGH 26.11.2015, G191/2015).

2.2. Wie dargelegt, stellt der Kündigungsgrund des §30 Abs2 Z4 MRG betreffend die (gänzliche) Weitergabe einer Wohnung eine lex specialis zum Kündigungsgrund des §30 Abs2 Z6 MRG dar. Auf den Fall jeglicher Weitergabe einer Wohnung ist – wie auch das Gericht im Anlassverfahren ausgeführt hat – nur §30 Abs2 Z4 MRG anzuwenden (s. Seite 4 des Urteils des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 25. September 2015, 9 C 690/14x […]).

Im Anlassverfahren wurde festgestellt, dass der Sohn und die Schwiegertochter des Hauptmieters den Mietgegenstand zu Wohnzwecken nutzen. Gegenstand des Verfahrens war also die Weitergabe des Mietgegenstandes. Der Kündigungsgrund des §30 Abs2 Z6 MRG war insofern von vornherein nicht anzuwenden.

Soweit sich der Antrag auf diese Bestimmung bezieht, wäre er daher auch mangels Präjudizialität zurückzuweisen."

7. Auch die beklagte Partei des Ausgangsverfahrens erstattete als beteiligte Partei eine Äußerung, mit welcher den Bedenken des Antragstellers entgegengetreten und die Zurückweisung bzw. Abweisung des Antrages begehrt wird.

IV. Zulässigkeit

1. Der vorliegende, auf Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG gestützte Antrag, mit welchem die Aufhebung von §62a Abs1 Z5 VfGG begehrt wird, ist unzulässig.

1.1. Der Verfassungsgerichtshof hat über bestimmt umschriebene Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes nur ein einziges Mal zu entscheiden (vgl. in diesem Sinne VfSlg 5872/1968, 6550/1971, 9186/1981, 9216/1981, 9217/1981, 10.311/1984, 10.578/1985, 10.841/1986, 12.661/1991, 13.085/1992, 14.711/1996, 15.223/1998, 15.293/1998 ua.).

1.2. Wie der Verfassungsgerichtshof zudem bereits mehrmals ausgesprochen hat, entfaltet eine im Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes bereits außer Kraft getretene Norm für die Rechtssphäre des Antragstellers in der Regel nicht mehr eine die Antragstellung rechtfertigende Wirkung. Das Ziel eines Verfahrens nach Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG, die rechtwidrige Norm ohne Verzug mit genereller Wirkung aus dem Rechtsbestand zu entfernen, ist mit ihrem Außerkrafttreten schon erreicht (VfSlg 17.474/2005, 17.653/2005, 18.284/2007, 18.837/2009; VfGH 12.6.2015, G15/2015).

1.3. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 25. Februar 2016, G541/2015, §62a Abs1 Z5 VfGG als verfassungswidrig aufgehoben.

1.4. Da der Verfassungsgerichtshof bereits mit dem genannten Erkenntnis abgesprochen hat, ist der vorliegende Antrag, soweit er sich gegen die aufgehobene und nicht mehr anzuwendende Bestimmung des §62a Abs1 Z5 VfGG richtet, mangels Legitimation schon aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen.

2. Der vorliegende, auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG gestützte Antrag, mit welchem die Aufhebung näher bezeichneter Wortfolgen in §30 Abs2 Z4 und 6 MRG begehrt wird, ist ebenfalls unzulässig.

2.1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels.

Voraussetzung eines Parteiantrages auf Normenkontrolle ist sohin – entsprechend der Formulierung des Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG – die Einbringung eines Rechtsmittels in einer "in erster Instanz entschiedenen Rechtssache", also eines Rechtsmittels gegen eine die Rechtssache erledigende Entscheidung erster Instanz. Außerdem muss der Parteiantrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG "aus Anlass" der Erhebung eines Rechtsmittels gestellt werden.

2.2. Mit der Berufung, aus deren Anlass der Antrag nach Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG erhoben wurde, wendete sich die antragstellende Gesellschaft gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 25. September 2015, mit welchem die gerichtliche Kündigung der antragstellenden Gesellschaft vom 11. Juli 2014 aufgehoben und das Klagebegehren auf Übergabe des verfahrensgegenständlichen Mietobjektes abgewiesen wurde.

2.3. Dem Erfordernis der Einbringung aus Anlass eines Rechtsmittels hat die antragstellende Gesellschaft jedenfalls dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass sie den vorliegenden Parteiantrag und die Berufung gegen das näher bezeichnete Urteil am selben Tag erhoben und eingebracht hat (vgl. VfGH 3.7.2015, G46/2015; 8.10.2015, G264/2015; 26.11.2015, G197/2015).

2.4. Der Verfassungsgerichtshof geht auf Grund einer entsprechenden Mitteilung des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 5. November 2015 davon aus, dass das Rechtsmittel der antragstellenden Gesellschaft rechtzeitig und zulässig ist.

3. Gemäß §62 Abs1 VfGG muss der Antrag begehren, "dass entweder das Gesetz seinem ganzen Inhalt nach oder dass bestimmte Stellen des Gesetzes als verfassungswidrig aufgehoben werden. Der Antrag hat die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen."

3.1. Dieses Erfordernis ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur dann erfüllt, wenn die Gründe der behaupteten Verfassungswidrigkeit – in überprüfbarer Art – präzise ausgebreitet werden, mithin dem Antrag mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, mit welcher Verfassungsbestimmung die bekämpfte Gesetzesstelle in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese Annahme sprechen (vgl. im Allgemeinen zB VfSlg 11.150/1986, 11.888/1988, 13.851/1994, 14.802/1997, 17.651/2005; spezifisch zum Parteiantrag auf Normenkontrolle VfGH 2.7.2015, G16/2015; 2.7.2015, G145/2015).

3.2. Der Verfassungsgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung zu den Prozessvoraussetzungen von Normenkontrollverfahren zudem stets von dem Grundgedanken aus, dass ein solches Verfahren dazu führen soll, die behauptete Verfassungswidrigkeit – wenn sie tatsächlich vorläge – zu beseitigen, dass aber der nach Aufhebung verbleibende Teil der Norm möglichst nicht mehr verändert werden soll, als zur Bereinigung der Rechtslage unbedingt notwendig ist (vgl. zB VfSlg 8461/1979, 11.737/1988, 18.412/2008). Unzulässig ist ein Antrag daher auch dann, wenn der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl. zB VfSlg 13.299/1992, 14.740/1997, 16.191/2001, 19.496/2011, 19.824/2013).

3.3. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung erweist sich der vorliegende Antrag – soweit er sich gegen §30 Abs2 Z4 und 6 MRG richtet – als unzulässig.

3.3.1. Zusammengefasst bringt die antragstellende Gesellschaft unter Verweis auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vor, dass die derzeitige Rechtslage in Bezug auf die Mietzinsanhebung bei Eintritt eines Dritten in das Mietverhältnis sowie bei Überlassung des Mietgegenstandes zum Gebrauch an einen eintrittsberechtigten Dritten einen Wertungswiderspruch begründe.

3.3.2. Im Falle des Eintrittes in das Mietverhältnis durch einen berechtigten Dritten wäre es dem Vermieter gemäß §46 MRG möglich, einen höheren Mietzins zu verlangen. Bei bloßer Gebrauchsüberlassung an den Dritten stehe ein solches Recht nach der Rechtsprechung ausdrücklich nicht zu; auch berechtige die Gebrauchsüberlassung an einen eintrittsberechtigten Dritten auf Grund der angefochtenen Bestimmungen des §30 MRG nicht zur Kündigung des Mietvertrages.

3.3.3. Im Rahmen der Darlegung ihrer Bedenken wendet sich die antragstellende Gesellschaft in erster Linie nicht gegen die Einschränkung der Kündigungsmöglichkeit des Vermieters zugunsten von eintrittsberechtigten Dritten in den Fällen des §30 Abs2 Z4 und 6 MRG. Vielmehr erachtet sich die antragstellende Gesellschaft offenkundig dadurch in ihren verfassungsmäßig gewährleisteten Rechten verletzt, dass im Falle der Weitergabe des Mietgegenstandes an eintrittsberechtigte Dritte – ohne Ausübung des Eintrittsrechtes durch diese – eine Mietzinserhöhung auf Grund der Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift des §46 MRG nicht möglich ist.

3.3.4. Der vorliegende Antrag richtet sich somit im Wesentlichen gegen die in §46 MRG geregelten Rechtsfolgen. Damit wäre die behauptete Verfassungswidrigkeit aber – wie auch die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme vorbringt – eine Folge der nicht angefochtenen Mietzinsänderungsvorschrift des §46 MRG.

3.3.5. Die Aufhebung der (Kündigungs-)Bestimmungen des §30 Abs2 MRG im beantragten Umfang hätte nicht zur Folge, dass der Vermieter bei Weiternutzung des Mietgegenstandes durch den eintrittsberechtigten Dritten bei gleichzeitigem Unterbleiben der Ausübung des Eintrittsrechtes einen höheren Mietzins verlangen könnte. Es wäre in den tatbestandlich erfassten Fällen lediglich die Kündigungsbeschränkung zu Lasten eintrittsberechtigter Dritter beseitigt.

3.3.6. Im Gefolge der Aufhebung könnte somit zwar allenfalls der Vertrag gekündigt werden. Der behauptete Wertungswiderspruch, welcher im Antrag darin gesehen wird, dass im Falle der Gebrauchsüberlassung an einen Dritten ohne Ausübung des Eintrittsrechtes keine Mietzinsanpassung bei aufrechtem Vertrag erfolgen könnte, wäre dadurch jedoch nicht behoben. Vielmehr bliebe die Möglichkeit zur Mietzinsanpassung nach Maßgabe des §46 Abs2 MRG weiterhin auf die Fälle des gesetzlichen Eintritts beschränkt.

3.4. Mit der Aufhebung im beantragten Umfang vermag die antragstellende Gesellschaft die Beseitigung der behaupteten Verfassungswidrigkeit sohin nicht zu erreichen. Vor dem Hintergrund der geäußerten Bedenken hat die antragstellende Gesellschaft somit den Sitz der behaupteten Verfassungswidrigkeit nicht zutreffend bezeichnet bzw. den Anfechtungsumfang unzureichend abgegrenzt.

4. Der Antrag ist daher schon aus diesen Gründen zurückzuweisen.

V. Ergebnis

1. Der Antrag wird als unzulässig zurückgewiesen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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