VfGH G251/2019 ua

VfGHG251/2019 ua17.6.2021

Zurückweisung von Gerichtsanträgen auf Aufhebung von Wortfolgen des WirtschaftstreuhandberufsG 2017 betreffend die Zuständigkeit des Präsidenten der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer; Anfechtungsumfang mangels Mitanfechtung der den Weisungs- und Organisationszusammenhang normierenden maßgeblichen Bestimmung des WirtschaftstreuhandberufsG zu eng gewählt

Normen

B-VG Art42a, Art102, Art120b, Art140 Abs1 Z1 lita
WirtschaftstreuhandberufsG 2017 §112, §152, §154
VfGG §7 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2021:G251.2019

 

Spruch:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Antrag

1. Mit den vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG gestützten Anträgen zu G251/2019 und G246/2020 begehren das Verwaltungsgericht Wien und das Landesverwaltungsgericht Steiermark, in §152 Abs3 Z7 des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes 2017 (WTBG 2017), BGBl I 137/2017, die Wortfolge "Widerrufs- und", in eventu in §152 Abs3 Z7 leg. cit. die Wortfolge 'Widerrufs- und' sowie §154 Abs2 Z1 leg. cit., in eventu in §111 Abs1 leg. cit. die Wortfolge "1. eine der allgemeinen Voraussetzungen für die öffentliche Bestellung nicht mehr gegeben ist oder 2.", in §152 Abs3 Z7 leg. cit. die Wortfolge "Widerrufs- und" sowie §154 Abs2 Z1 leg. cit. als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG gestützten Antrag zu G17/2021 begehrt das Landesverwaltungsgericht Steiermark, in §152 Abs3 Z7 WTBG 2017 die Wortfolge "Widerrufs- und", in "§154 Abs1 Z1 WTBG 2017" die Wortfolge "die Besorgung der laufenden Geschäfte, insbesondere jene Aufgaben, die in den übertragenen Wirkungsbereich der Kammer der Wirtschaftstreuhänder gemäß §152 Abs3 fallen" (offenbar gemeint: §154 Abs2 Z1 WTBG 2017 zur Gänze) sowie §112 Abs1 leg. cit. als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Wirtschaftstreuhandberufe (Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 – WTBG 2017), BGBl I 137/2017, lauten wie folgt (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Öffentliche Bestellung – Anerkennung

 

§5. (1) Wirtschaftstreuhandberufe dürfen selbständig durch Berufsberechtigte, das sind entweder

natürliche Personen oder Gesellschaften, ausgeübt werden.

(2) Eine natürliche Person ist berufsberechtigt und somit zur selbständigen Ausübung eines

Wirtschaftstreuhandberufes berechtigt, nachdem sie durch die Kammer der Wirtschaftstreuhänder

öffentlich bestellt wurde.

(3) Eine Gesellschaft ist berufsberechtigt und somit zur selbständigen Ausübung eines

Wirtschaftstreuhandberufes berechtigt, nachdem sie durch die Kammer der Wirtschaftstreuhänder

anerkannt wurde.

 

[…]

 

Widerruf der öffentlichen Bestellung

 

§111. (1) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat eine durch öffentliche Bestellung erteilte Berechtigung zur selbständigen Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufes zu widerrufen, wenn

1. eine der allgemeinen Voraussetzungen für die öffentliche Bestellung nicht mehr gegeben ist oder

2. die Einholung der Genehmigung gemäß §82 Abs4 unterlassen wurde.

(2) Über den Widerruf der Bestellung ist ein schriftlicher Bescheid zu erlassen. In dem Bescheid, mit dem die öffentliche Bestellung widerrufen wird, ist gleichzeitig die Ausübung der Berufsbefugnis vorläufig gemäß §106 zu untersagen. Einer Beschwerde gegen die vorläufige Untersagung der Ausübung der Berufsbefugnis kommt abweichend von §13 Abs1 VwGVG keine aufschiebende Wirkung zu.

(3) Vom Widerruf der öffentlichen Bestellung ist in den Fällen des §9 Z1 litd abzusehen, wenn eine ordnungsgemäße Berufsausübung nicht gefährdet ist und die Folgen des Vergehens unbedeutend sind.

 

Widerruf der Anerkennung

 

§112. (1) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat eine durch Anerkennung erteilte Berechtigung zur Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufes zu widerrufen, wenn eine der Anerkennungsvoraussetzungen nicht mehr gegeben ist.

(2) Vor Widerruf einer Anerkennung hat die Kammer der Wirtschaftstreuhänder die Gesellschaft aufzufordern, einen den Widerruf begründenden Umstand innerhalb folgender Fristen zu beseitigen:

1. in den Fällen des §51 Abs1 Z6 und des §59 Abs1 Z6 unverzüglich,

2. in den Fällen des §51 Z3 und Z8 und des §59 Abs1 Z4 und Abs2 Z1 litb, Z2 litb und Z3 litb innerhalb einer Frist von einem Monat und

3. in allen anderen Fällen innerhalb einer Frist von 6 Monaten.

(3) Über den Widerruf ist ein schriftlicher Bescheid zu erlassen. In dem Bescheid, mit dem die Anerkennung widerrufen wird, ist gleichzeitig die Ausübung der Berufsbefugnis vorläufig zu untersagen. Einer Beschwerde gegen die vorläufige Untersagung der Ausübung der Berufsbefugnis kommt abweichend von §13 Abs1 VwGVG keine aufschiebende Wirkung zu.

 

[...]

 

Zweck

 

§151. (1) Zur Vertretung der gemeinsamen Interessen ihrer Mitglieder ist die Kammer der Wirtschaftstreuhänder errichtet.

(2) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und hat ihren Sitz in Wien.

(3) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist berechtigt, das Bundeswappen zu führen.

(4) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist berechtigt, die Bezeichnung 'Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (KSW)' zu führen.

 

Aufgaben

 

§152. (1) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat ihre Aufgaben entweder im eigenen oder im übertragenen Wirkungsbereich zu besorgen.

(2) In den eigenen Wirkungsbereich der Kammer der Wirtschaftstreuhänder fallen insbesondere folgende Aufgaben:

1. die Vertretung und Förderung von Interessen, Rechten und Angelegenheiten der Gesamtheit ihrer Mitglieder, dazu zählen auch die Vertretung im Rahmen von Verhandlungen von Kollektivverträgen und deren Abschluss auf Arbeitgeberseite,

2. die Förderung der beruflichen Weiterbildung ihrer Mitglieder und der entsprechenden Heranbildung des beruflichen Nachwuchses, wobei die Kammer der Wirtschaftstreuhänder zur Gründung und zum Betrieb von diesem Zweck gewidmeten Einrichtungen und Unternehmungen berechtigt ist,

3. die Führung der Listen ihrer Mitglieder,

4. die Aufsicht über ihre Mitglieder betreffend die Einhaltung berufsrechtlicher Vorschriften,

5. die Errichtung, der Betrieb und die Förderung gemeinsamer wirtschaftlicher Einrichtungen, die der Wohlfahrt, der Unterstützung und der Altersvorsorge der Mitglieder und deren Hinterbliebenen dienen,

6. die Anregung rechtlicher Maßnahmen und die Erstattung von Gutachten zu Gesetzes- und Verordnungsentwürfen, sofern Interessen berührt werden, deren Vertretung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zukommt,

7. die Einbringung von Verbesserungsvorschlägen betreffend jene Bereiche der Vollziehung, mit denen ihre Mitglieder verkehren, sofern Interessen berührt werden, deren Vertretung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zukommt,

8. die Erstattung von Berichten, Gutachten und Anträgen, die Erteilung von Auskünften und die Ausstellung von Bescheinigungen, sofern Interessen berührt werden, deren Vertretung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zukommt,

9. die Entsendung von Vertretern in andere Körperschaften und Einrichtungen und die Erstattung von Besetzungsvorschlägen, sofern dies besondere Gesetze oder Vorschriften vorsehen,

10. die Bestellung von Wirtschaftstreuhändern als Verfahrenshelfer in gerichtlichen Abgabenverfahren vor den Verwaltungsgerichten sowie die Bestellung von Wirtschaftstreuhändern als Verteidiger vor der Finanzstrafbehörde und

11. der Abschluss und die Aufrechterhaltung einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung zugunsten der Mitglieder für Schäden, deren Höhe die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung gemäß §11 Abs3 übersteigt (Excedentenversicherung), sofern dies im Interesse der Gesamtheit ihrer Mitglieder sinnvoll erscheint.

(3) In den übertragenen Wirkungsbereich der Kammer der Wirtschaftstreuhänder fallen insbesondere folgende Aufgaben:

1. die öffentliche Bestellung und Anerkennung,

2. die Durchführung von Zulassungsverfahren zu Fachprüfungen,

3. die Durchführung von Fachprüfungen und Eignungstests,

4. die Durchführung von Verfahren zur Feststellung der Eigenschaft als Berufsanwärter,

5. die Durchführung von Verfahren, mit denen die Ausübung anderer selbständiger oder unselbständiger Tätigkeiten untersagt wird,

6. die Durchführung von Suspendierungsverfahren,

7. die Durchführung von Widerrufs- und Entziehungsverfahren und

8. die Durchführung von Verfahren zur Genehmigung der Fortführung einer Kanzlei.

(4) Der Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist bei der Besorgung von Aufgaben, die in den übertragenen Wirkungsbereich der Kammer der Wirtschaftstreuhänder gemäß Abs3 fallen, an die Weisungen des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft gebunden.

 

[...]

 

Präsident

 

§154. (1) Der Präsident ist der gesetzliche Vertreter der Kammer der Wirtschaftstreuhänder.

(2) Der Präsident hat insbesondere folgende Aufgaben wahrzunehmen:

1. die Besorgung der laufenden Geschäfte, insbesondere jene Aufgaben, die in den übertragenen Wirkungsbereich der Kammer der Wirtschaftstreuhänder gemäß §152 Abs3 fallen,

2. die Leitung und Überwachung der gesamten Geschäftsführung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder,

3. die Einberufung zu den Sitzungen der Kammerorgane und deren Vorsitzführung und

4. die Entscheidung in besonders dringlichen Fällen, in denen das Präsidium keinen Beschluss fassen kann.

(3) Entscheidungen gemäß Abs2 Z4 sind dem Präsidium nachträglich zur Kenntnis zu bringen.

(4) Der Präsident hat bei Amtsantritt im Vorhinein festzulegen, in welcher Reihenfolge ihn die einzelnen Vizepräsidenten für den Fall seiner Verhinderung zu vertreten haben."

 

2. Art42a des Bundes-Verfassungsgesetzes (B‑VG), BGBl 1/1930, idF BGBl I 51/2012 und Art120b B‑VG idF BGBl I 2/2008 lauten wie folgt:

"Artikel 42a. Insoweit ein Gesetzesbeschluss des Nationalrates der Zustimmung der Länder bedarf, ist er unmittelbar nach Beendigung des Verfahrens gemäß Art42 vom Bundeskanzler den Ämtern der Landesregierungen der beteiligten Länder bekanntzugeben. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn der Landeshauptmann nicht innerhalb von acht Wochen nach dem Tag, an dem der Gesetzesbeschluss beim Amt der Landesregierung eingelangt ist, dem Bundeskanzler mitgeteilt hat, dass die Zustimmung verweigert wird. Vor Ablauf dieser Frist darf die Kundmachung des Gesetzesbeschlusses nur erfolgen, wenn die Landeshauptmänner der beteiligten Länder die ausdrückliche Zustimmung des Landes mitgeteilt haben.

 

[…]

 

Artikel 120b. (1) Die Selbstverwaltungskörper haben das Recht, ihre Aufgaben in eigener Verantwortung frei von Weisungen zu besorgen und im Rahmen der Gesetze Satzungen zu erlassen. Dem Bund oder dem Land kommt ihnen gegenüber nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsführung ein Aufsichtsrecht zu. Darüber hinaus kann sich das Aufsichtsrecht auch auf die Zweckmäßigkeit der Verwaltungsführung erstrecken, wenn dies auf Grund der Aufgaben des Selbstverwaltungskörpers erforderlich ist.

(2) Den Selbstverwaltungskörpern können Aufgaben staatlicher Verwaltung übertragen werden. Die Gesetze haben derartige Angelegenheiten ausdrücklich als solche des übertragenen Wirkungsbereiches zu bezeichnen und eine Weisungsbindung gegenüber dem zuständigen obersten Verwaltungsorgan vorzusehen.

(3) Durch Gesetz können Formen der Mitwirkung der Selbstverwaltungskörper an der staatlichen Vollziehung vorgesehen werden."

 

3. Art102 B‑VG, BGBl 1/1930, idF BGBl I 62/2016 lautete wie folgt:

"Artikel 102. (1) Im Bereich der Länder üben die Vollziehung des Bundes, soweit nicht eigene Bundesbehörden bestehen (unmittelbare Bundesverwaltung), der Landeshauptmann und die ihm unterstellten Landesbehörden aus (mittelbare Bundesverwaltung). Soweit in Angelegenheiten, die in mittelbarer Bundesverwaltung besorgt werden, Bundesbehörden mit der Vollziehung betraut sind, unterstehen diese Bundesbehörden in den betreffenden Angelegenheiten dem Landeshauptmann und sind an dessen Weisungen (Art20 Abs1) gebunden; ob und inwieweit solche Bundesbehörden mit Akten der Vollziehung betraut werden, bestimmen die Bundesgesetze; sie dürfen, soweit es sich nicht um die Betrauung mit der Vollziehung von im Abs2 angeführten Angelegenheiten handelt, nur mit Zustimmung der beteiligten Länder kundgemacht werden.

(2) Folgende Angelegenheiten können im Rahmen des verfassungsmäßig festgestellten Wirkungsbereiches unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden:

Grenzvermarkung; Waren- und Viehverkehr mit dem Ausland; Zollwesen; Regelung und Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm; Aufenthaltsrecht aus berücksichtigungswürdigen Gründen; Passwesen; Aufenthaltsverbot, Ausweisung und Abschiebung; Asyl; Auslieferung; Bundesfinanzen; Monopolwesen; Geld-, Kredit-, Börse- und Bankwesen; Maß- und Gewichts-, Normen- und Punzierungswesen; Justizwesen; Pressewesen; Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit einschließlich der ersten allgemeinen Hilfeleistung, jedoch mit Ausnahme der örtlichen Sicherheitspolizei; Vereins- und Versammlungsrecht; Fremdenpolizei und Meldewesen; Waffen-, Munitions- und Sprengmittelwesen, Schießwesen; Kartellrecht; Patentwesen sowie Schutz von Mustern, Marken und anderen Warenbezeichnungen; Verkehrswesen; Strom- und Schifffahrtspolizei; Post- und Fernmeldewesen; Bergwesen; Regulierung und Instandhaltung der Donau; Wildbachverbauung; Bau und Instandhaltung von Wasserstraßen; Vermessungswesen; Arbeitsrecht; Sozial- und Vertragsversicherungswesen; Pflegegeldwesen; Sozialentschädigungsrecht; geschäftlicher Verkehr mit Saat- und Pflanzgut, Futter-, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln sowie mit Pflanzenschutzgeräten, einschließlich der Zulassung und bei Saat- und Pflanzgut auch der Anerkennung; Denkmalschutz; Organisation und Führung der Bundespolizei; militärische Angelegenheiten; Angelegenheiten des Zivildienstes; Bevölkerungspolitik, soweit sie die Gewährung von Kinderbeihilfen und die Schaffung eines Lastenausgleiches im Interesse der Familie zum Gegenstand hat; Schulwesen sowie Erziehungswesen in den Angelegenheiten der Schüler- und Studentenheime, ausgenommen das land- und forstwirtschaftliche Schulwesen und das land- und forstwirtschaftliche Erziehungswesen in den Angelegenheiten der Schülerheime; Ausbildungspflicht für Jugendliche; öffentliches Auftragswesen.

(3) Dem Bund bleibt es vorbehalten, auch in den im Abs2 aufgezählten Angelegenheiten den Landeshauptmann mit der Vollziehung des Bundes zu beauftragen.

(4) Die Errichtung von eigenen Bundesbehörden für andere als die im Abs2 bezeichneten Angelegenheiten kann nur mit Zustimmung der beteiligten Länder erfolgen.

(5) Wenn in einem Land in Angelegenheiten der unmittelbaren Bundesverwaltung die sofortige Erlassung von Maßnahmen zur Abwehr eines offenkundigen, nicht wieder gutzumachenden Schadens für die Allgemeinheit zu einer Zeit notwendig wird, zu der die obersten Organe der Verwaltung des Bundes wegen höherer Gewalt dazu nicht in der Lage sind, hat der Landeshauptmann an deren Stelle die Maßnahmen zu treffen."

 

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Den Anträgen liegen folgende Sachverhalte zugrunde:

1.1. Dem zu G251/2019 protokollierten Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Bescheid vom 28. März 2018 widerrief der Präsident der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (vormals: "Kammer der Wirtschaftstreuhänder"; vgl §151 Abs4 WTBG 2017) die durch öffentliche Bestellung erteilten Berechtigungen des Beschwerdeführers vor dem Verwaltungsgericht Wien zur selbständigen Ausübung der Wirtschaftstreuhandberufe Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien. Bei diesem entstanden aus Anlass der Erledigung der Beschwerde Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der die Zuständigkeit des Präsidenten der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer regelnden Bestimmungen des WTBG 2017.

1.2. Dem zu G246/2020 protokollierten Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Bescheid vom 11. Februar 2020 widerrief der Präsident der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer die durch öffentliche Bestellung erteilten Berechtigungen des Beschwerdeführers vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark zur selbständigen Ausübung der Wirtschaftstreuhandberufe Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und untersagte diesem vorläufig deren Ausübung. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark. Bei diesem entstanden aus Anlass der Erledigung der Beschwerde Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der die Zuständigkeit des Präsidenten der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer regelnden Bestimmungen des WTBG 2017.

1.3. Dem zu G17/2021 protokollierten Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Bescheid vom 29. Oktober 2020 widerrief der Präsident der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer die durch Anerkennung erteilte Berechtigung des Beschwerdeführers vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark zur selbständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes Steuerberater und untersagte dieser vorläufig dessen Ausübung. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark. Bei diesem entstanden aus Anlass der Erledigung der Beschwerde Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der die Zuständigkeit des Präsidenten der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer regelnden Bestimmungen des WTBG 2017.

2. Das Verwaltungsgericht Wien legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof zu G251/2019 bestimmt haben (die Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark zu G246/2020 sind im Wesentlichen gleichlautend), wie folgt dar (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"III. Zur Präjudizialität:

Das Verwaltungsgericht Wien geht aus folgenden Erwägungen davon aus, dass es aus Anlass der Behandlung der Beschwerde die angefochtenen Teile des WTBG 2017 anzuwenden hat:

Das Verwaltungsgericht Wien darf über die Beschwerde nur entscheiden, wenn es zur Behandlung der Beschwerde zuständig ist.

Art131 B‑VG sieht eine Aufteilung der (sachlichen) Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte in Form von Generalklauseln zugunsten der Landesverwaltungsgerichte (Abs1 und Abs6 const. cit.) iVm. einer taxativen Aufzählung jener Angelegenheiten vor, über die die Verwaltungsgerichte des Bundes entscheiden (Abs2 und 3 const. cit.). Gemäß Art131 Abs2 erster Satz B‑VG ist das BVwG zuständig 'in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden'. Die Zuständigkeit des BVwG knüpft also, wie die Wortwahl zeigt, daran an, dass eine Angelegenheit in unmittelbarer Bundesverwaltung iSd. Art102 Abs2 B‑VG erledigt wird. Umgekehrt sind die Landesverwaltungsgerichte dann zuständig, wenn es sich um Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung (und freilich der Landesverwaltung) handelt.

Die Besonderheit des Beschwerdefalles liegt darin, dass der belangte Präsident keine Bundesbehörde im organisatorischen Sinn ist. Er ist ein Organ eines im Vollziehungsbereich des Bundes nach Art10 Abs1 Z8 B‑VG ('Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie') eingerichteten Selbstverwaltungskörpers, dem der Bundesgesetzgeber, gestützt (nunmehr:) auf Art120b Abs2 B‑VG, Aufgaben staatlicher Verwaltung übertragen hat, vorliegendenfalls die Entscheidung gemäß §154 Abs1 Z1 WTBG 2017 über den Widerruf der Berufsberechtigung. Eine solche Entscheidung hat der belangte Präsident mit dem durch Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien bekämpften Bescheid vom 28.03.2018 getroffen.

Entscheidend ist daher, ob die Besorgung der in Rede stehenden Angelegenheit — Widerruf der Berufsberechtigung — durch den belangten Präsidenten als solche unmittelbar durch eine Bundesbehörde iSd. Art131 Abs2 B‑VG zu qualifizieren ist und gegebenenfalls unmittelbare Bundesverwaltung vorliegt.

Um beurteilen zu können, ob der Bundesgesetzgeber in der dem Beschwerdefall zugrunde liegenden Angelegenheit (Widerruf einer Berufsberechtigung) eine Besorgung in unmittelbarer Bundesverwaltung vorgesehen hat, woraus sich nach Art131 Abs2 B‑VG die Zuständigkeit des BVwG (und damit die Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts Wien) ergäbe, hat das Verwaltungsgericht Wien die angefochtenen Teile der §§111 Abs1 und 152 Abs3 sowie §154 Abs1 WTBG 2017 anzuwenden.

IV. Auslegung der einfachgesetzlichen Rechtslage:

Weder §152 Abs3 noch eine andere Bestimmung des WTBG 2017 deuten darauf hin, dass der Bundesgesetzgeber mit der Zuweisung der in Rede stehenden Aufgabe an die Kammer der Wirtschaftstreuhänder (Durchführung von Widerrufsverfahren) in deren übertragenen Wirkungsbereich anderes als eine unmittelbare Unterordnung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder unter den Bundesminister verwirklichen wollte. Der Landeshauptmann wird im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Aufgaben der Kammer der Wirtschaftstreuhänder nicht erwähnt. Bei Besorgung von Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereichs ist gemäß §152 Abs4 WTBG 2017 eine ausdrückliche Weisungsbindung nur gegenüber dem Bundesminister angeordnet.

Auf der Grundlage dieses einfachgesetzlichen Auslegungsergebnisses ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Wien davon auszugehen, dass eine Besorgung unmittelbar durch Bundesbehörden iSd. Art131 Abs2 B‑VG vorgesehen ist und folglich eine Zuständigkeit des BVwG zur Entscheidung über die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des belangten Präsidenten besteht.

V. Verfassungsrechtliche Bedenken:

Trifft dieses Auslegungsergebnis zu, so begegnen §111 Abs1 und §152 Abs4 im Zusammenhalt mit §152 Abs3 Z7 WTBG 2017 nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Wien folgenden verfassungsrechtlichen Bedenken:

1. Trotz des Umstands, dass der Bundesgesetzgeber nach Maßgabe des Art120b Abs2 B‑VG Organe eines nichtgemeindlichen Selbstverwaltungskörpers in dessen übertragenem Wirkungsbereich zur Vollziehung von Bundesgesetzen berufen darf, hat er dabei nach dem Erkenntnis des VfGH vom 13.3.2019, G242/2018-16, auch die durch Art102 B‑VG gezogenen Grenzen zu beachten.

2. Für den Beschwerdefall ergibt sich daraus Folgendes:

Das WTBG 2017 stützt sich, jedenfalls soweit es das in Rede stehenden Widerrufsverfahren betrifft, auf den Kompetenztatbestand 'Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie' in Art10 Abs1 Z8 B‑VG (vgl RV-Vorblatt 1669 BIgNR 25. GP, 2).

'Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie' sind in Art102 Abs2 B‑VG nicht angeführt. Diese sind — da auch keine sonstige verfassungsgesetzliche Ermächtigung vorliegt — somit nicht in unmittelbarer Bundesverwaltung zu besorgen, sondern in mittelbarer.

§152 Abs4 WTBG 2017 ordnet - in Umsetzung der Vorgaben des Art120b Abs2 B‑VG - an, dass der Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder bei der Besorgung von Aufgaben, die in den übertragenen Wirkungsbereich der Kammer der Wirtschaftstreuhänder gemäß Abs3 fallen, an die Weisungen des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (jetzt: Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort) gebunden ist.

Diese (alleinige) Weisungsbefugnis des Bundesministers ist einer verfassungskonformen Interpretation — im Sinne einer unausgesprochenen Weisungsbefugnis des zuständigen Landeshauptmanns — nicht zugänglich: Ein mit hoheitlichen Aufgaben betrauter Selbstverwaltungskörper ist iSd Art120b Abs2 B‑VG ausdrücklich an Weisungen des zuständigen obersten Organs der Vollziehung zu binden. Da §152 Abs4 WTBG 2017 eine Weisungsbefugnis des (zuständigen) Landeshauptmanns nicht ausdrücklich anordnet, sie vielmehr ausdrücklich (nur) dem Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (jetzt: Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort) zuweist, kann eine unausgesprochene Zuständigkeit des Landeshauptmanns, die im Ergebnis eine Besorgung von Aufgaben der Bundesvollziehung in Unterordnung unter diesen und damit in mittelbarer Bundesverwaltung bewirken würde, nicht angenommen werden.

Da das WTBG 2017 normiert, dass der Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder den Widerruf einer durch öffentliche Bestellung erteilten Berechtigung zur Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufs — als Angelegenheit des Gewerbes und der Industrie — nur unter Bindung an Weisungen des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (jetzt: Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort) vollzieht, umgeht es somit den in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung zentralen Landeshauptmann schlechthin. Dies wäre nur mit Zustimmung der beteiligten Länder gemäß Art102 Abs4 B‑VG zulässig, denn diese Bestimmung kommt dann zur Anwendung, wenn eine Bundesbehörde — wie hier — an die Stelle des Landeshauptmanns tritt (vgl nur Bußjäger, Art102 B‑VG, in: Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, 14. Lfg., 2014, Rz 16).

Diese Zustimmung scheint aber nicht erteilt worden zu sein: Art42a B‑VG sieht zwar eine Zustimmungsfiktion bei Verstreichen der achtwöchigen Frist vor, innerhalb derer der Landeshauptmann dem Bundeskanzler mitteilen kann, dass die Zustimmung verweigert wird, auch ist nach herrschender Auffassung in der Kundmachung von Gesetzesbeschlüssen auf die Tatsache dieser Zustimmung nicht hinzuweisen (vgl Bußjäger, Art42a B‑VG, in: Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, 11. Lfg., 2013, Rz 13); den Materialien dieser Verfassungsbestimmung (RV 1618 BIgNR 24. GP, 8) zufolge, ist aber auf eine allenfalls erforderliche Zustimmung der Länder im Vorblatt zu den Erläuterungen unter den 'Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens' hinzuweisen. Bezüglich des WTBG 2017 findet sich dort (RV-Vorblatt 1669 BIgNR 25. GP, 2) der Hinweis auf das Zustimmungserfordernis 'der Länder zur Kundmachung gemäß Art102 Abs1 letzter Halbsatz B‑VG'. Diese Verfassungsnorm betrifft allerdings Fälle, in denen Bundesbehörden in Unterordnung unter dem Landeshauptmann mit der Vollziehung betraut werden, was hier gerade nicht zutrifft. Es ist daher davon auszugehen, dass die Länder eine Zustimmung nach Art102 Abs4 B‑VG mangels diesbezüglicher Anfrage auch nicht erteilt haben.

3. Diese vom Gesetzgeber gewählte Konstruktion erweist sich somit als Eingriff in das System der mittelbaren Bundesverwaltung gemäß Art102 B‑VG (vgl nochmals VfGH 13.3.2019, G242/2018).

VI. Zum Umfang der Anfechtung:

Zur Herstellung eines Rechtszustandes, gegen den das angeführte Bedenken nicht besteht, ist es nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Wien erforderlich, dem Präsidenten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder die Zuständigkeit zur Durchführung des Widerrufsverfahrens zu entziehen. Dies kann nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Wien am gelindesten durch Beseitigung der Durchführung von Widerrufsverfahren bei der Aufzählung jene[r] Aufgaben erreicht werden, die in den übertragenen Wirkungsbereich der Kammer der Wirtschaftstreuhänder fallen. Das Hauptbegehren richtet sich daher auf die Aufhebung der diesbezüglichen Wortfolge in §152 Abs3 Z7 WTBG 2017.

Sollte jedoch damit die Zuständigkeit des Präsidenten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zum Widerruf der Berufsberechtigungen noch nicht beseitigt sein, weil sie ihm (auch) im Wege der in §154 Abs2 Z1 WTBG 2017 genannten 'Besorgung der laufenden Geschäfte' zufällt, dann hat die Aufhebung neben der in §152 Abs3 Z7 genannten Wortfolge auch die Ziffer 1 des §154 Abs2 WTBG 2017 zu umfassen; darauf ist der 1. Eventualantrag gerichtet.

Für den Fall, dass auch bei Wahrnehmung der Zuständigkeit des Widerrufsverfahrens durch jedes andere Organ der Kammer der Wirtschaftstreuhänder das dargestellte Bedenken — obwohl die Bindung an die Weisungen des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (jetzt: Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort) nach §152 Abs4 WTBG 2017 allein den Präsidenten (be)trifft — nicht beseitigt sein sollte, ist zur Herstellung eines diesbezüglich unbedenklichen Rechtszustandes auch die im 3. Eventualantrag angegebene den §111 Abs1 WTBG 2017 betreffende Wortfolge mit anzufechten, damit der Weg zur Durchführung der Widerrufsverfahren durch die dann nach §§2 und 3 AVG zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden, denen jeweils der Landeshauptmann übergeordnet ist, frei ist."

3. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof zu G17/2021 bestimmt haben, wie folgt dar (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"IV. Präjudizialität:

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark ist gehalten, über die in Rede stehende Beschwerde lediglich dann inhaltlich zu entscheiden, wenn es zur Beschwerdebehandlung zuständig ist und es hat bereits aus Anlass der damit in Zusammenhang stehenden Beschwerdebehandlung die angefochtenen Teile des WTBG 2017, auch bei Verneinung der sachlichen Zuständigkeit, anzuwenden.

Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes ist in Art131 B‑VG derart geregelt, dass diese Bestimmung eine Aufteilung der sachlichen Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte insoferne vornimmt, als die Angelegenheiten, über welche die Verwaltungsgerichte des Bundes zu entscheiden haben (Art131 Abs2 und Abs3 B‑VG) erschöpfend genannt werden und hinsichtlich der Zuständigkeiten der Landesverwaltungsgerichte eine 'Generalklausel' besteht (Art131 Abs1 und Abs6 B‑VG).

Demnach ist das Bundesverwaltungsgericht gemäß Art131 Abs2 erster Satz B‑VG zuständig 'in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden'. Die sachliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes knüpft dem Gesetzeswortlaut folgend daran an, dass die Erledigung einer Angelegenheit in unmittelbarer Bundesverwaltung im Sinne von Art102 Abs2 B‑VG erfolgte. Hingegen besteht für die Verwaltungsgerichte der Länder im Rahmen der Bundesverwaltung im Besonderen dann eine Zuständigkeit, wenn die Erledigung einer Verwaltungssache in mittelbarer Bundesverwaltung erfolgte.

Ungeachtet des Umstandes, dass die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde keine Bundesbehörde im organisatorischen Sinne darzustellt [sic!], ist der Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder als Organ eines im Vollziehungsbereich des Bundes nach Art10 Abs1 Z8 B‑VG (Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie) eingerichteten Selbstverwaltungskörpers, dem der Bundesgesetzgeber, nunmehr gestützt auf Art120b Abs2 B‑VG, Aufgaben staatlicher Verwaltung übertragen hat, tätig geworden. Der Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat gemäß §154 Abs2 Z1 WTBG 2017 über den Widerruf der durch öffentliche Bestellung erteilten Berechtigung zur selbstständigen Ausübung der Wirtschaftstreuhandberufe Steuerberater und Wirtschaftsprüfer und die vorläufige Untersagung der Ausübung dieser Wirtschaftstreuhandberufe mit Bescheid vom 29.10.2020 entschieden.

Es kommt daher für die Beurteilung der verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit darauf an, ob die Besorgung der gegenständlichen Angelegenheit des Widerrufes der Berufsberechtigungen durch den Präsidenten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder als eine solche durch eine Bundesbehörde im Sinne des Art131 Abs2 B‑VG anzusehen und vom Vorliegen unmittelbarer Bundesverwaltung auszugehen ist oder nicht.

Bereits bei der Beurteilung, ob vom Bundesgesetzgeber in de[n] dem Beschwerdefall zugrundeliegenden Angelegenheiten eine Besorgung in unmittelbarer Bundesverwaltung vorgenommen wurde, was nach Art131 Abs2 B‑VG die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Unzuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark nach sich ziehen würde, hat das Landesverwaltungsgericht Steiermark die angefochtenen Teile der §112 Abs1 und §152 Abs3 und §154 Abs1 WTBG 2017 anzuwenden.

V. Einfachgesetzliche Rechtslage:

In §152 Abs3 Z7 WTBG 2017 wird ua die Aufgabe der Durchführung von Widerrufsverfahren dem übertragenen Wirkungsbereich der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zugewiesen. Wird die Anerkennung der erteilten Berechtigung bescheidmäßig widerrufen, stellt die vorläufige Untersagung der Berufsbefugnis eine anzuordnende Rechtsfolge dar (§112 Abs3 WTBG 2017 iVm §52 leg cit). Gemäß §152 Abs4 WTBG 2017 ist der Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder bei der Besorgung von Aufgaben, die in den übertragenen Wirkungsbereich der Kammer der Wirtschaftstreuhänder gemäß §152 Abs3 WTBG 2017 fallen, an die Weisungen des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (nunmehr: Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort) gebunden. Das WTBG 2017 liefert auch keinerlei Hinweise, wonach der Gesetzgeber mit dieser Aufgabenzuweisung in den übertragenen Wirkungsbereich etwas anderes als die unmittelbare Unterordnung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder unter den Bundesminister beabsichtigt hat, zumal Aufgaben des Landeshauptmannes als Träger der mittelbaren Bundesverwaltung in diesem Zusammenhang auch nicht festgelegt wurden.

Daher liegt nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark in diesem Zusammenhang eine Besorgung der Aufgaben unmittelbar durch Bundesbehörden im Sinne der Regelung des Art102 B‑VG vor. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark ist zur Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde nicht zuständig, sondern es besteht eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes über die dem Landesverwaltungsgericht Steiermark vorgelegte Beschwerde der […] und […].

Vl. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit:

Unter Zugrundelegung dieses Ergebnisses ergeben sich auch für das Landesverwaltungsgericht Steiermark in Bezug auf die Regelungen der §§112 Abs1, 152 Abs4 iVm 152 Abs3 Z7 WTBG 2017 nachstehende verfassungsrechtliche Bedenken:

1. Der Bundesgesetzgeber ist auf Grundlage Art120b Abs2 B‑VG berechtigt, Organe eines Selbstverwaltungskörpers in dessen übertragenem Wirkungsbereich zur Vollziehung von Bundesgesetzen zu berufen. Er hat dabei jedoch weitere verfassungsrechtliche Vorgaben zu beachten, welche der Verfassungsgerichtshof in seinem die Standesvertretung der Ärzte betreffenden Erkenntnis vom 13.03.2019, G242/2018-16, darlegte.

Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen lässt sich für den gegenständlichen Fall Nachstehendes ableiten:

Das WTBG 2017 fußt, soweit es die beschwerdegegenständlichen Angelegenheiten betrifft, auf dem Kompetenztatbestand 'Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie' in Art10 Abs1 Z8 B‑VG. Diese Angelegenheiten finden sich in Art102 Abs2 B‑VG nicht. Sie sind in Ermangelung des Vorliegens einer sonstigen verfassungsgesetzlichen Ermächtigung somit in mittelbarer und nicht in unmittelbarer Bundesverwaltung zu besorgen.

Allerdings ist in §152 Abs4 WTBG 2017 — offenbar in Entsprechung der verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art120b Abs2 B‑VG — verankert worden, dass der Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder bei der Besorgung von Aufgaben die, wie die gegenständlichen, in den übertragenen Wirkungsbereich der Kammer gemäß §152 Abs3 leg cit fallen, an die Weisungen des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (nunmehr: Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort) gebunden ist. Ein Weisungsrecht des Landeshauptmannes ist den Regelungen des WTBG 2017 nicht zu entnehmen.

Unter Zugrundelegung der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 13.03.2019, G242/2018-16, vermag, in Ermangelung der ausdrücklichen Anordnung einer Weisungsbefugnis des (zuständigen) Landeshauptmannes und der ausdrücklich (nur) dem Bundesminister zugewiesenen Weisungsbefugnis, eine nicht ausgesprochene Zuständigkeit des Landeshauptmannes, welche im Ergebnis eine Besorgung von Aufgaben der Bundesvollziehung in Unterordnung unter diesen und damit in mittelbarer Bundesverwaltung nach sich ziehen würde, nicht angenommen werden.

Zumal das WTBG 2017 regelt, dass der Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder den Widerruf der durch öffentliche Bestellung erteilten Berechtigung zur Ausübung der genannten Wirtschaftstreuhandberufe — als Angelegenheit des Gewerbes und der Industrie — ausschließlich unter Bindung an Weisungen des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (nunmehr: Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort) vollzieht, umgeht es den in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung zentralen Landeshauptmann (VfGH 13.03.2019, G242/2018-16, unter Hinweis auf VfSlg 11.403/1987). Dies wäre nach den im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13.03.2019, G242/2018-16, aufgezeigten Grenzen nur dann zulässig, wenn die beteiligten Länder gemäß Art102 Abs4 B‑VG zugestimmt hätten. Diese Zustimmung ist dann erforderlich, wenn — wie gegenständlich — eine Bundesbehörde an die Stelle des Landeshauptmannes tritt (VfGH 13.03.2019, G242/2018-16, unter Hinweis auf VfSlg 8466/1978, 19.123/2010 und 19.721/2012).

Im gegenständlichen Fall sind jedoch keinerlei Indizien ersichtlich, wonach diese Zustimmung der Länder erteilt wurde. Insbesondere ergeben sich aus den Materialien keinerlei Hinweise auf eine diesbezügliche Zustimmung. Lediglich im Vorblatt der Erläuterungen (EBRV 1669 BIgNR 25.GP, 2) wird im Rahmen der 'Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens' auf das Erfordernis der Zustimmung 'der Länder zur Kundmachung gemäß Art102 Abs1 letzter Halbsatz B‑VG' hingewiesen. Dieser Hinweis auf das Zustimmungserfordernis der Länder zur Kundmachung im Vorblatt steht damit nicht in Zusammenhang, betrifft diese Regelung doch den Fall, in dem Bundesbehörden in Unterordnung unter den Landeshauptmann mit der Vollziehung betraut werden, was gegenständlich nicht zutrifft. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Länder eine Zustimmung nach Art102 Abs4 B‑VG in Ermangelung einer darauf abzielenden Anfrage nicht erteilt haben.

Die zuständige Fachabteilung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, Verfassungsdienst, teilte am 15.05.2020 mit, dass de[r] Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes mit Schreiben vom 23.08.2017 davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass die Steiermärkische Landesregierung in ihrer Sitzung vom 10.08.2017 beschlossen habe, gemäß Art102 Abs1 B‑VG die Zustimmung zur Kundmachung des Gesetzesbeschlusses vom 29.06.2017 über das Bundesgesetz über die Wirtschaftstreuhandberufe (Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 — WTBG 2017) zu erteilen. Aus diesem Schreiben ergibt sich, dass sich die Anfrage vom 10.07.2017 ausdrücklich nur auf die Regelung des Art102 Abs1 B‑VG bezog.

Insofern erweist sich die vom Gesetzgeber gewählte Konstruktion nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark als Eingriff in das System der mittelbaren Bundesverwaltung nach Art102 B‑VG (VfGH 13.03.2019, G242/2018‑16, unter Hinweis auf VfSlg 11.403/1987), weshalb das Landesverwaltungsgericht Steiermark verfassungsrechtliche Bedenken hegt.

VII. Anfechtungsumfang:

Zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes ist es nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark notwendig, die Zuständigkeit des Präsidenten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zur Durchführung des in Rede stehenden Widerrufsverfahrens zu beseitigen. Das gelindeste Mittel erscheint hierbei die Beseitigung der gesetzlichen Zuständigkeitszuweisung zur Durchführung von Widerrufsverfahren bei der Aufzählung jener Aufgaben, welche in den übertragenen Wirkungsbereich der Kammer fallen. Insofern richtet sich das Begehren primär darauf, die diesbezügliche Wortfolge in §152 Abs3 Z7 WTBG 2017 aufzuheben.

Falls damit jedoch noch keine Beseitigung der Zuständigkeit des Präsidenten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zum Widerruf der Berufsberechtigungen abschließend erfolgt, zumal sie ihm diesfalls auch im Rahmen der in §154 Abs2 Z1 WTBG 2017 angeführten 'Besorgung der laufenden Geschäfte' zukommen würde, ist neben der in §152 Abs3 Z7 WTBG 2017 genannten Wortfolge auch die Z1 des §154 Abs2 WTBG 2017 aufzuheben.

Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch auch ausgesprochen, dass bei der Entscheidung über das Erlöschen einer Berufsberechtigung öffentliche Interessen verfolgt werden, sodass diese Angelegenheiten nicht im eigenen Wirkungsbereich besorgt werden können (vgl in Bezug auf den Präsidenten der Ärztekammer, VfGH 23.06.2014, G99/2013).

Sollten daher auch bei Wahrnehmung der Zuständigkeit des Widerrufsverfahrens durch ein anderes Organ der Kammer der Wirtschaftstreuhänder näher beschriebene Bedenken, trotz Bindung an die Weisung des genannten Bundesministers nach §152 Abs4 WTBG 2017, welche nur den Präsidenten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder betrifft, nicht zu beseitigen vermögen [sic!], wird zur Herstellung eines nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark unbedenklichen Rechtszustandes die Anfechtung der angeführten Wortfolge des §112 Abs1 WTBG 2017 umfasst."

4. Die Bundesregierung erstattete zu G251/2019 eine Äußerung, in der sie beantragt, den Antrag zurück- bzw abzuweisen. Hiezu führt sie wie folgt aus (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"II. Zur Zulässigkeit:

5. Der Hauptantrag richtet sich auf die Aufhebung der Wortfolge 'Widerrufs- und' in §152 Abs3 Z7 WTBG 2017, die (ua) den Widerruf der Berufsberechtigung gemäß §111 Abs1 Z1 WTBG 2017 dem übertragenen Wirkungsbereich der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zuordnet. Nach Auffassung des antragstellenden Gerichts kann die behauptete Verfassungswidrigkeit am gelindesten durch die Aufhebung dieser Zuordnung beseitigt werden.

6.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (siehe zuletzt etwa VfGH 10.3.2020, G163/2019 ua, mwN) dient ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes eingeleitetes Gesetzesprüfungsverfahren der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994). Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind dabei so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden (vgl etwa VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003).

6.2. Der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm darf daher bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; VfGH 14.3.2017, G311/2016). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für das anfechtende Gericht präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

6.3. Unzulässig ist der Antrag demnach etwa dann, wenn der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).

7.1. Diesen Anforderungen genügt der Hauptantrag nach Auffassung der Bundesregierung nicht: Die Aufhebung der Wortfolge 'Widerrufs- und' des §152 Abs3 Z7 WTBG 2017 hätte einzig zur Folge, dass die – aufgrund des Art120b Abs2 B‑VG gebotene – ausdrückliche Zuordnung der Widerrufsverfahren gemäß §111 WTBG 2017 zum übertragenen Wirkungsbereich der Kammer der Wirtschaftstreuhänder entfallen würde. Da der Widerruf der Berechtigung zur selbständigen Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufes gemäß §111 Abs1 WTBG 2017 ausdrücklich in die Zuständigkeit der Kammer der Wirtschaftstreuhänder fällt, würde dies zur Zuordnung des Widerrufs von Berufsberechtigungen zum eigenen Wirkungsbereich der Kammer der Wirtschaftstreuhänder führen (siehe dazu Stolzlechner, Art120b B‑VG, in Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar zum Bundesverfassungsrecht, 6. Lfg [2010], Rz. 34, 36). Damit würde diese Regelung aus dem Vollzugsbereich des Bundes ausscheiden.

7.2. Die Zuordnung des Widerrufsverfahrens zum eigenen Wirkungsbereich hätte zwar zur Folge, dass die behauptete Verfassungswidrigkeit – ein Verstoß gegen Art102 Abs4 B‑VG – beseitigt würde, weil die Besorgung von Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich nicht in den Anwendungsbereich des Art102 B‑VG fällt. Eine solche Aufhebung würde jedoch zu einer Regelung völlig veränderten Inhalts führen. Dies beträfe nicht nur den Widerruf gemäß §111 Abs1 Z1 WTBG 2017, sondern auch – mangels Differenzierung des §152 Abs3 Z7 WTBG 2017 zwischen den verschiedenen Widerrufstatbeständen des §111 Abs1 WTBG 2017 – den in §111 Abs1 Z2 WTBG 2017 vorgesehenen Widerruf der Berufsberechtigung im Fall einer Unterlassung des Einholens der Genehmigung gemäß §82 Abs4 WTBG 2017. Ein solches Ergebnis käme geradezu einem Akt positiver Normsetzung gleich, zu dem der Verfassungsgerichtshof nicht befugt ist (vgl VfSlg 12.465/1990; 13.915/1994; 19.755/2013; VfGH 18.2.2016, G434/2015 jeweils mwN).

7.3. Überdies vermag die mit dem Hauptantrag begehrte Aufhebung nicht zur Schaffung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren zu führen. Stattdessen wäre auf das Anlassverfahren eine Regelung anwendbar, die der Kammer der Wirtschaftstreuhänder eine Aufgabe zur Vollziehung im eigenen Wirkungsbereich zuweisen würde, die ihr gemäß Art120a B‑VG nicht zukommt: Die Durchführung eines Widerrufsverfahrens aufgrund des Wegfalls allgemeiner Voraussetzungen für die Berufsausübung ist keine Aufgabe, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der zum Selbstverwaltungskörper zusammengefassten Personen liegt. Mit dieser Regelung sollen vielmehr auch Interessen von Personen geschützt werden, die nicht dem Selbstverwaltungskörper angehören, insbesondere jene, die die Dienstleistungen der Wirtschaftstreuhänder in Anspruch nehmen.

8. Diese Erwägungen treffen ebenso auf den Anfechtungsumfang zu, den das antragstellende Gericht im ersten Eventualantrag gewählt hat. Die mit diesem Antrag begehrte Aufhebung sowohl der Wortfolge 'Widerrufs- und' in §152 Abs3 Z7 WTBG 2017 als auch des §154 Abs2 Z1 WTBG 2017 würde zu denselben Rechtsfolgen führen, wie sie im Hinblick auf den Hauptantrag aufgezeigt wurden. Das Widerrufsverfahren gemäß §111 WTBG 2017 wäre demnach im eigenen Wirkungsbereich der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zu vollziehen; im Falle der Aufhebung des §154 Abs2 Z1 WTBG 2017 wäre der Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zwar nicht mehr auf Grundlage dieser Bestimmung zur Vollziehung des §111 WTBG 2017 zuständig, dies würde jedoch (entgegen den Ausführungen des antragstellenden Gerichts) nichts daran ändern, dass er §111 WTBG 2017 gemäß §154 Abs1 WTBG 2017 als gesetzlicher Vertreter der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zu vollziehen hätte.

9. Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass sowohl der Hauptantrag als auch der erste Eventualantrag den Anfechtungsumfang vor dem Hintergrund der behaupteten Verfassungswidrigkeit unrichtig abgrenzen. Wie die vorstehenden Ausführungen gezeigt haben, kann sich der Sitz der behaupteten Verfassungswidrigkeit weder in der Wortfolge 'Widerrufs- und' in §152 Abs3 Z7 WTBG 2017, noch in dieser Wortfolge und §154 Abs2 Z1 WTBG 2017 befinden. Der Versuch, die behauptete Verfassungswidrigkeit durch die im Hauptantrag oder im ersten Eventualantrag begehrte Aufhebung zu beseitigen, würde lediglich zu einem völlig veränderten Inhalt des (gesamten) §111 WTBG 2017, nicht aber dazu führen, dass eine verfassungsrechtlich einwandfreie Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren geschaffen würde. Folglich erweisen sich sowohl der Haupt- als auch der erste Eventualantrag als unzulässig.

10.1. Es bleibt zu prüfen, ob der zweite Eventualantrag zulässig ist. Mit diesem Antrag begehrt das antragstellende Gericht zusätzlich zu den mit dem ersten Eventualantrag angefochtenen Bestimmungen die Aufhebung des §111 Abs1 Z1 WTBG 2017. Es führt dazu aus, dass es für den Fall, dass die behauptete Verfassungswidrigkeit – trotz einer expliziten Weisungsbindung nur des Präsidenten – auch bei der Wahrnehmung der Zuständigkeit für das Widerrufsverfahren durch jedes andere Organ der Kammer der Wirtschaftstreuhänder bestehen sollte, auch die Aufhebung des §111 Abs1 Z1 WTBG 2017 für notwendig erachtet. Das antragstellende Gericht vertritt dazu weiter die Ansicht, dass mit der Aufhebung dieser Bestimmung der Weg zur Durchführung der Widerrufsverfahren durch die dann nach den §§2 und 3 AVG zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden frei werde, denen der Landeshauptmann übergeordnet sei.

10.2. Betreffend diese Ausführungen möchte die Bundesregierung zunächst darauf hinweisen, dass die darin getroffenen Annahmen des antragstellenden Gerichts unzutreffend sind: Wie bereits ausgeführt, wird die Kammer der Wirtschaftstreuhänder gemäß §154 Abs1 WTBG 2017 durch ihren Präsidenten nach außen vertreten. Ein anderes Organ kann mangels einer Ermächtigung zur Vertretung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder nach außen nicht zur Vollziehung des §111 WTBG 2017 berufen sein. Überdies hätte die Aufhebung des §111 Abs1 Z1 WTBG 2017 nicht (nur) zur Folge, dass die Befugnis der Kammer zur Durchführung des Widerrufsverfahrens nach dieser Bestimmung entfällt, sondern vielmehr, dass der in §111 Abs1 Z1 WTBG 2017 normierte Widerrufsgrund insgesamt entfallen würde. Die Bezirksverwaltungsbehörden wären daher – mangels einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage – nicht zur Durchführung des Widerrufs aufgrund des §111 Abs1 Z1 WTBG 2017 berufen; vielmehr könnte der Widerruf der Berufsberechtigung infolge des Wegfalls der allgemeinen Voraussetzungen für die Berufsausübung von keiner Behörde mehr ausgesprochen werden.

11.1. Ungeachtet dessen wird betreffend den Anfechtungsumfang des zweiten Eventualantrags auf Folgendes hingewiesen: Sollte der Verfassungsgerichtshof entgegen den vorstehenden Ausführungen der Meinung sein, die Aufhebung der Wortfolge 'Widerrufs- und' in §152 Abs3 Z7 WTBG 2017 wäre zur Beseitigung der behaupteten Verfassungswidrigkeit notwendig, wäre der Anfechtungsumfang des zweiten Eventualantrags zu eng gewählt. Da §152 Abs3 Z7 WTBG 2017 das (gesamte) Widerrufsverfahren des §111 WTBG 2017 dem übertragenen Wirkungsbereich zuordnet, hätte diesfalls auch der gesamte §111 WTBG 2017 angefochten werden müssen. Andernfalls würde, wie bereits unter Punkt 7.2. ausgeführt, aufgrund der Aufhebung der Wortfolge 'Widerrufs- und' in §152 Abs3 Z7 WTBG 2017 die Zuordnung des gesamten Widerrufsverfahrens des §111 WTBG 2017 zum übertragenen Wirkungsbereich entfallen. Dies würde zu einem völlig veränderten Inhalt des verbleibenden §111 WTBG 2017 führen und käme einem Akt positiver Normsetzung gleich.

11.2. Unbeschadet der vorstehenden Überlegungen stellt sich schließlich – insbesondere vor dem Hintergrund der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Beschluss vom 27. Juni 2018, G177/2017 ua, – die Frage, ob das antragstellende Gericht nicht auch §152 Abs4 WTBG 2017 anzufechten gehabt hätte und der Antrag daher insgesamt zu eng gefasst ist. In dieser Entscheidung wies der Verfassungsgerichtshof mehrere Anträge zur Aufhebung näher bezeichneter Bestimmungen des ÄrzteG 1998 als unzulässig zurück. Diesen Anträgen lagen im Wesentlichen dieselben Bedenken zugrunde wie dem gegenständlichen Fall. Der Verfassungsgerichtshof führte im zitierten Beschluss zum Anfechtungsumfang aus, es sei ausgeschlossen, dass die behauptete Verfassungswidrigkeit ohne Einbeziehung der den Weisungs- und Organisationszusammenhang normierenden Bestimmung des §195f Abs1 ÄrzteG 1998 abschließend beurteilt werden könne. Daher hätte diese Bestimmung im betreffenden Fall mitangefochten werden müssen, um den Verfassungsgerichthof im Fall des Zutreffens der geltend gemachten Bedenken in die Lage zu versetzen, darüber zu befinden, auf welche Weise die Verfassungswidrigkeit beseitigt werden könne.

11.3. In seinem Erkenntnis vom 13. März 2019, G242/2018, dem ein Gerichtsantrag mit einem um diese Bestimmung erweiterten Anfechtungsumfang zugrunde lag, erachtete der Verfassungsgerichtshof nach Prüfung der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit die Aufhebung des §195f Abs1 ÄrzteG 1998 für die Beseitigung der festgestellten Verfassungswidrigkeit allerdings als nicht erforderlich. Er führte dazu aus, dass bereits durch die Aufhebung der in diesem Verfahren angefochtenen Zuständigkeitszuweisung zur Eintragung in die und Streichung aus der Ärzteliste ein verfassungskonformer Zustand hergestellt werde.

11.4. Diese beiden Entscheidungen werfen die Frage auf, ob §152 Abs4 WTBG 2017 mitangefochten werden hätte müssen, obwohl der Verfassungsgerichtshof betreffend die dem Erkenntnis vom 13. März 2019, G242/2018, zugrundeliegende Rechtslage den Sitz der behaupteten Verfassungswidrigkeit nicht in der den Weisungs- und Organisationszusammenhang normierenden Bestimmung lokalisiert hat.

11.5. Nach ständiger Rechtsprechung ist es Sache des Verfassungsgerichtshofes, im Gesetzesprüfungsverfahren zu entscheiden, wie der Aufhebungsumfang im konkreten Fall abzugrenzen ist. Das antragstellende Gericht muss daher all jene Bestimmungen mitanfechten, die in diese Abwägung bei der Abgrenzung des Aufhebungsumfanges miteinzubeziehen sind, und darf nicht durch Anfechtung nur eines Teils dieser Bestimmungen das Ergebnis der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vorwegnehmen (siehe VfGH 10.3.2015, G201/2014; 7.10.2015, G315/2015 ua; 10.12.2015, G639/2015; 25.11.2016, G252/2016).

11.6. Es ist unklar, wie diese Ausführungen im Hinblick darauf zu verstehen sind, dass der Verfassungsgerichtshof in einem früheren Erkenntnis, das eine ähnliche Rechtslage zum Gegenstand hatte wie der gegenständliche Fall, nach der ausschließlich ihm obliegenden Prüfung des Aufhebungsumfangs die Aufhebung einer ähnlichen Bestimmung nicht für erforderlich erachtet hat.

11.7. Nach Ansicht der Bundesregierung könnten die unterschiedlichen Zwecke des Anfechtungs- und des Aufhebungsumfangs dafür sprechen, dass trotz des Aufhebungsumfangs, den der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 13. März 2019, G242/2018, gewählt hat, die Anfechtung des §152 Abs4 WTBG 2017 im vorliegenden Fall erforderlich sein könnte. Andernfalls könnte die Gefahr bestehen, dass das antragstellende Gericht an Stelle des Verfassungsgerichtshofes die Vergleichbarkeit der gegenständlichen Rechtslage mit jener, die dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. März 2019, G242/2018, zugrunde lag, sowie die Übertragbarkeit der Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes aus diesem Erkenntnis auf das nunmehr anhängige Verfahren abschließend beurteilt. Dem Verfassungsgerichtshof könnte es dadurch verwehrt bleiben, den Aufhebungsumfang in diesem Verfahren – etwa aufgrund festgestellter Unterschiede zum vorangegangenen Verfahren – anders abzugrenzen.

11.8. Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen könnte sich der zweite Eventualantrag ebenfalls als zu eng und damit als unzulässig erweisen.

12. Aus diesen Gründen ist die Bundesregierung der Auffassung, dass der Hauptantrag, der erste Eventualantrag sowie der zweite Eventualantrag, soweit er auf die Aufhebung der Wortfolge 'Widerrufs- und' in §152 Abs3 Z7 WTBG 2017 und des §154 Abs2 Z1 WTBG 2017 gerichtet ist, unzulässig sind. Darüber hinaus wird vor dem Hintergrund des Beschlusses vom 27. Juni 2018, G177/2017 ua, und des Erkenntnisses vom 13. März 2019, G242/2018, die Zulässigkeit des gesamten zweiten Eventualantrages in Frage gestellt. Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof den Antrag als zulässig erachten sollte, nimmt die Bundesregierung in der Sache dazu wie folgt Stellung:

III. In der Sache:

13. Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl zB VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken betreffend einen Verstoß der angefochtenen Bestimmungen gegen Art102 Abs4 B‑VG.

14. Das antragstellende Gericht hegt im Wesentlichen die Bedenken, dass die angefochtenen Bestimmungen gegen Art102 B‑VG verstoßen. Es führt dazu aus, das WTBG 2017 stütze sich auf den Kompetenztatbestand 'Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie' gemäß Art10 Abs1 Z8 B‑VG und sei daher gemäß Art102 B‑VG in mittelbarer Bundesverwaltung zu besorgen. Entgegen diesen Vorgaben unterstelle §152 Abs4 WTBG 2017 den Präsidenten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder bei der Vollziehung der ihm nach diesem Gesetz obliegenden Aufgaben im übertragenen Wirkungsbereich direkt den Weisungen (nunmehr) der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort. Aufgrund des ausdrücklichen Wortlauts könne auch keine unausgesprochene Zuständigkeit des Landeshauptmanns, die eine Besorgung der Aufgaben in mittelbarer Bundesverwaltung bewirken würde, angenommen werden. Eine derartige Umgehung hätte indes gemäß Art102 Abs4 B‑VG einer Zustimmung der Länder bedurft. Zwar wurde ausweislich des Vorblatts zu den Erläuterungen eine Zustimmung der Länder zu diesem Gesetz erteilt, diese sei jedoch auf den vorliegend nicht einschlägigen Art102 Abs1 letzter Halbsatz B‑VG gestützt. Es sei daher davon auszugehen, dass keine Zustimmung gemäß Art102 Abs4 B‑VG vorliege. Das antragstellende Gericht kommt daher zu dem Schluss, dass die angefochtenen Bestimmungen einen Eingriff in das System der mittelbaren Bundesverwaltung gemäß Art102 B‑VG darstellen würden. Es verweist dazu auch auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. März 2019, G242/2018.

Diesen Ausführungen wird seitens der Bundesregierung Folgendes entgegengehalten:

15.1. In den Gesetzesmaterialien zum WTBG 2017 (RV 1669 BlgNR XXV. GP , 2) findet sich im Vorblatt unter dem Punkt 'Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens' ua der Vermerk 'Zustimmung der Länder zur Kundmachung gemäß Art102 Abs1 letzter Halbsatz B‑VG'. Unter Zugrundelegung dieser Information – und daher unter Berufung auf Art102 Abs1 B‑VG – wurde der entsprechende Gesetzesbeschluss mit Schreiben des Bundeskanzleramts vom 10. Juli 2017, GZ BKA-633.779/0002-V/2/a/2017, an die Länder übermittelt.

In weiterer Folge erteilten sechs Länder ausdrücklich ihre Zustimmung zum WTBG 2017, fünf davon unter Bezugnahme auf Art102 Abs1 B‑VG, das Land Salzburg hingegen unter Anführung des Art102 Abs4 B‑VG. Kärnten teilte explizit mit, dass es von der in Art42a B‑VG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch mache, die Frist zur Verweigerung der Zustimmung ungenützt verstreichen zu lassen; von Burgenland und Vorarlberg liegen keine Rückmeldungen vor. In diesen drei Fällen ist somit die Frist zur Verweigerung der Zustimmung gemäß Art42a B‑VG ungenutzt verstrichen.

15.2. Aus Sicht der Bundesregierung besteht kein Zweifel daran, dass die in den Gesetzesmaterialien, im oben angeführten Schreiben des Bundeskanzleramts sowie in den Schreiben von fünf Ländern erfolgte Berufung auf Art102 Abs1 B‑VG unzutreffend ist. Es stellt sich allerdings die Frage, ob dieses Versehen einen Einfluss auf die wirksame Erteilung der Zustimmung – sei es explizit, sei es durch Fristablauf – seitens der Länder hat.

15.2.1. Aus Art102 Abs4 B‑VG ergibt sich, dass Vorschriften, mit denen in Angelegenheiten, die nicht in Art102 Abs2 B‑VG angeführt sind, die Zuständigkeit einer Bundesbehörde an Stelle des Landeshauptmanns begründet wird, nur mit Zustimmung der beteiligten Länder erfolgen dürfen (vgl Raschauer, Art102 B‑VG, in Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 15. Lfg [2019], Rz 40). Seit der Einfügung des Art42a B‑VG im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I Nr 51/2012, besteht nunmehr eine ausdrückliche Verpflichtung des Bundeskanzlers, solche Gesetzesbeschlüsse den Ämtern der Landesregierungen der beteiligten Länder bekanntzugeben.

15.2.2. Dem Wortlaut der genannten Bestimmungen ist zu entnehmen, dass derartige Gesetzesbeschlüsse an die Länder zu übermitteln sind. Ob aus der Verwendung des Wortes 'bekanntzugeben' darüber hinaus abzuleiten ist, dass bei der Übermittlung in irgendeiner Form auf das Erfordernis der Zustimmung der Länder hinzuweisen sei (so Bußjäger, Art42a B‑VG, in Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar zum Bundesverfassungsrecht, 11. Lfg [2013] Rz 6) ist fraglich.

Immerhin jedoch sprechen die Gesetzesmaterialien (RV 1618 BlgNR XXIV. GP , 8) davon, dass '[a]uf eine allenfalls erforderliche Zustimmung der Länder […] im Vorblatt zu den Erläuterungen unter den 'Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens' hinzuweisen' wäre. Dies ist insofern von Bedeutung, als in langjähriger Staatspraxis ein solcher Hinweis in den Gesetzesmaterialien Grundlage für die Formulierung jenes Schreibens ist, mit dem ein Gesetzesbeschluss an die Länder übermittelt wird (so auch im vorliegenden Fall, vgl die Darstellung unter Punkt 15.1.). Bei der Formulierung 'wäre […] hinzuweisen' bleibt unklar, ob einem solchen Hinweis nur klarstellende Funktion oder aber eine rechtliche Bedeutung zukommen soll. Selbst wenn man von Letzterem ausgeht, wäre dieser Vorgabe wohl schon dann entsprochen, wenn im Vorblatt (und in weiterer Folge im Schreiben des Bundeskanzlers) Art42a B‑VG erwähnt wird; im unter Punkt 15.1. erwähnten Schreiben des Bundeskanzleramts vom 10. Juli 2017, GZ BKA-633.779/0002-V/2/a/2017, wurde darüber hinaus auch auf die in dem genannten Artikel normierte Zustimmungsfiktion hingewiesen.

Weder aus dem Gesetzestext noch aus den Erläuterungen ergibt sich hingegen ein Hinweis dahin, dass jene Bestimmung des Bundes-Verfassungsgesetzes, aus der sich das Zustimmungserfordernis ergibt, ausdrücklich anzuführen ist. Ob ein Gesetzesbeschluss dem Art102 Abs4 B‑VG (oder aber einer anderen Bestimmung des Bundes-Verfassungsgesetzes) unterfällt, ergibt sich vielmehr unmittelbar aus dem Gesetzesbeschluss selbst. Entscheidend für die Auslösung der Acht-Wochen-Frist gemäß Art42a B‑VG ist daher nach Auffassung der Bundesregierung ausschließlich die Bekanntgabe des Gesetzesbeschlusses an die beteiligten Länder.

15.2.3. Hingewiesen wird seitens der Bundesregierung im vorliegenden Zusammenhang auch auf Art97 Abs2 und Art98 B‑VG:

15.2.3.1. Bedarf ein Gesetzesbeschluss des Landtages der Zustimmung durch die Bundesregierung, so hat der Landeshauptmann diesen Beschluss dem Bundeskanzleramt bekanntzugeben. Mit dem Einlangen des Gesetzesbeschlusses beim Bundeskanzleramt wird eine Acht-Wochen-Frist in Gang gesetzt, innerhalb derer die Bundesregierung die Möglichkeit hat, die Zustimmung zu verweigern; andernfalls gilt die Zustimmung als erteilt (nunmehr Art98 B‑VG, zum Zeitpunkt der Schaffung des Art42a B‑VG im Wesentlichen in Art97 Abs2 B‑VG geregelt). Insoweit stimmt die Regelung mit jener des Art42a B‑VG völlig überein (vgl in diesem Zusammenhang die Gesetzesmaterialien zu Art42a B‑VG [RV 1618 BlgNR XXIV. GP , 4 und 8], die auf den Vorbildcharakter des Art97 Abs2 B‑VG hinweisen).

15.2.3.2. In einem Punkt unterscheidet sich allerdings das Regelungssystem der Art97 Abs2 in Verbindung mit Art98 B‑VG von dem sich aus Art102 Abs4 in Verbindung mit Art42a B‑VG ergebenden System: In Art97 Abs2 B‑VG ist ausdrücklich davon die Rede, dass 'die Zustimmung der Bundesregierung eingeholt werden [muss]'.

An diesen Wortlaut knüpft offensichtlich Koja (Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer² [1988] 182) an, wenn er zu Art97 Abs2 B‑VG Folgendes ausführt: '[…]; ist die Mitwirkung von Bundesorganen an der Vollziehung des LG vorgesehen, so hat der Landeshauptmann ausdrücklich um die Zustimmung der Bundesregierung zu ersuchen'.

Dieselbe Auffassung vertritt auch Pesendorfer (Art97 B‑VG, in Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar zum Bundesverfassungsrecht, 2. Lfg [2002], Rz 19): 'Aus dem Wortlaut des Art97 Abs2 B‑VG ergibt sich mit den Worten 'muss […] die Zustimmung der Bundesregierung eingeholt werden' doch ausreichend klar, dass die Initiative in diesem Zusammenhang nicht bei der BReg, sondern bei den Ländern liegt.' Er fügt allerdings Folgendes hinzu: 'Freilich handelt es sich hier wohl nur um eine Ordnungsvorschrift: das Verfahren gem Art97 Abs2 B‑VG ist nicht mit einem antragsbedürftigen Verwaltungsverfahren vergleichbar […]; das bedeutet, dass es auf das objektive Vorliegen einer zustimmungspflichtigen Mitwirkung und deshalb der Zustimmung der BReg bzw des Fristablaufes ankommt und nicht darauf, ob ein Ersuchen eines Landes um Zustimmung vorliegt.'

Jabloner (Die Mitwirkung der Bundesregierung an der Landesgesetzgebung [241 f.]) konzediert zwar, dass Art97 Abs2 B‑VG 'nach dem Wortlaut so ausgelegt werden [könnte], daß der Landeshauptmann die Zustimmung der Bundesregierung förmlich, das heißt explizit, zu verlangen hat'. Es könne aber 'die Auslegung nicht von der Hand gewiesen werden, daß mit den Worten 'muß hiezu die Zustimmung der Bundesregierung eingeholt werden' der Verfassungsgesetzgeber nichts anderes zum Ausdruck bringen wollte als: 'ist hiefür die Zustimmung der Bundesregierung erforderlich' und eine ausdrückliche Einholung daher nicht erforderlich ist'.

Jabloner/Muzak (Art97/2 B‑VG, in Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 3. Lfg [2000], Rz 19) schließlich vertreten die Auffassung, dass '[d]ie Einholung der Zustimmung […] durch das betroffene Land nicht gesondert beantragt werden' müsse; es sei daher 'grundsätzlich Aufgabe der Bundesregierung zu ermitteln, ob ein Anwendungsfall des Art97 Abs2 B‑VG vorliegt'.

15.2.3.3. Zu Art97 Abs2 B‑VG ergibt sich also Folgendes:

Nach ganz herrschender Lehre ist es nicht erforderlich, dass bei der Übermittlung des Gesetzesbeschlusses eines Landtages jene Bestimmung des Bundes-Verfassungsgesetzes angeführt wird, aus der sich das Erfordernis der Zustimmung durch die Bundesregierung ergibt. Nach Meinung eines Teils der Lehre ist es nicht einmal notwendig, auf dieses Erfordernis überhaupt hinzuweisen.

Von Interesse in diesem Zusammenhang ist auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 8155/1977. Die Bundesregierung hatte gegen einen gemäß Art98 B‑VG, aber ohne Bezugnahme auf Art97 Abs2 B‑VG übermittelten Gesetzesbeschluss eines Landtages nicht nur Einspruch gemäß Art98 Abs2 B‑VG erhoben, sondern darüber hinaus auch die Erteilung der Zustimmung gemäß Art97 Abs2 B‑VG verweigert. Im Erkenntnis heißt es dazu: 'Der Umstand, daß seitens der Vlbg. LReg. [sic!] die Zustimmung der BReg. gar nicht ausdrücklich eingeholt worden ist, kann auf sich beruhen, da die Mitwirkung von Bundesorganen von der BReg. innerhalb der Frist des Art97 Abs2 B‑VG von acht Wochen verweigert worden ist.' Daraus ist jedenfalls abzuleiten, dass nach Auffassung des Gerichtshofes die Zustimmung gemäß Art97 Abs2 B‑VG auch dann wirksam verweigert werden kann, wenn um die Erteilung der Zustimmung gar nicht ersucht wurde.

15.2.3.4. Dem Art97 Abs2 in Verbindung mit Art98 B‑VG kommt (wie schon gesagt) Vorbildcharakter für Art42a B‑VG zu. Wenn es aber nicht erforderlich ist, bei der Bekanntgabe von Gesetzesbeschlüssen der Länder auf Art97 Abs2 B‑VG ausdrücklich Bezug zu nehmen, so muss für die Bekanntgabe von Gesetzesbeschlüssen des Nationalrates Entsprechendes angenommen werden – dies umso mehr, als Art42a B‑VG (anders als Art97 Abs2 B‑VG) ohne die Wortfolge 'muss hiezu die Zustimmung […] eingeholt werden' auskommt.

15.2.4. Aus den Ausführungen unter den Punkten 15.2.1. bis 15.2.3. ergibt sich für den vorliegenden Fall Folgendes:

Die Beantwortung der Frage, ob die Kundmachung des WTBG 2017 im Bundesgesetzblatt zu Recht erfolgt ist, hängt ausschließlich davon ab, ob der diesbezügliche Gesetzesbeschluss den Ländern bekanntgegeben wurde, ob innerhalb einer Frist von acht Wochen ab der Bekanntgabe die Zustimmung seitens eines Landes verweigert wurde und ob die Kundmachung vor oder nach Ablauf der Acht-Wochen-Frist erfolgt ist. Der versehentlichen Berufung auf Art102 Abs1 B‑VG in den Gesetzesmaterialien und in weiterer Folge im Schreiben zur Bekanntgabe des Gesetzesbeschlusses kommt hingegen keine rechtliche Bedeutung zu.

Aus den Zustellnachweisen bei der Versendung des unter Punkt 15.1. zitierten Schreibens BKA-633.779/0002-V/2/a/2017 ergibt sich, dass die Acht-Wochen-Frist gegenüber den Ländern im Zeitraum zwischen dem 10. und dem 12. Juli 2017 zu laufen begonnen hat. Verweigert wurde die Zustimmung – wie unter Punkt 15.1. dargestellt – von keinem Land; die Kundmachung des WTBG 2017 erfolgte am 15. September 2017, somit erst nach Ablauf der Acht-Wochen-Frist. In Hinblick auf dieses Ergebnis kann es dahingestellt bleiben, ob die unter irrtümlicher Berufung auf Art102 Abs1 B‑VG erteilten Zustimmungen von fünf Ländern rechtliche Wirksamkeit entfaltet haben.

Nach Auffassung der Bundesregierung erfolgte die Kundmachung des WTBG 2017 somit im Einklang mit den sich aus Art102 Abs4 in Verbindung mit Art42a B‑VG ergebenden verfassungsrechtlichen Vorgaben.

16. Es wird daher festgehalten, dass die angefochtenen Bestimmungen und Wortfolgen nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind."

5. Hinsichtlich der Anträge zu G246/2020 sowie zu G17/2021 verwies die Bundesregierung auf ihre zu G251/2019 erstattete Äußerung.

6. Die Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer erstattete eine Äußerung, in der sie sich der Stellungnahme der Bundesregierung anschloss.

7. Der Verfassungsgerichtshof lud die Länder ein, eine Äußerung zu erstatten. Das Land Tirol machte von dieser Möglichkeit Gebrauch und schloss sich der Stellungnahme der Bundesregierung an.

8. Die Partei des Verfahrens vor dem antragstellenden Gericht zu G17/2021 erstattete eine Äußerung, in der sie sich den Bedenken des antragstellenden Gerichtes anschloss.

IV. Zulässigkeit

Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Anträge erwogen:

1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B‑VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG nur dann mangels Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes eingeleitetes Gesetzesprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994).

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011, 20.154/2016 uva). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für das anfechtende Gericht präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014 uva).

2. Die Anträge sind unzulässig:

2.1. Die antragstellenden Gerichte behaupten die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Heranziehung des Präsidenten der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer – also eines Organes der Selbstverwaltung im Vollzugsbereich des Bundes – zur Vollziehung der Aufgabe, eine durch öffentliche Bestellung oder Anerkennung erteilte Berechtigung zur Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufes mit Bescheid zu widerrufen, in Unterordnung unter den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (jetzt: Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort) in einer Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung nur mit Zustimmung der Länder gemäß Art102 Abs4 B‑VG hätte erfolgen dürfen, diese aber nicht wirksam erteilt worden sei. §152 Abs4 WTBG 2017 bestimme nämlich, dass die Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer bei der Vollziehung der Angelegenheiten im übertragenen Wirkungsbereich an die Weisungen des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (jetzt: Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort) gebunden sei. Dies schließe eine Weisungsbefugnis des Landeshauptmannes aus. Der Präsident der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer werde somit ausschließlich in Unterordnung unter den Bundesminister tätig, weshalb für eine solche Regelung eine Zustimmung der Länder gemäß Art102 Abs4 B‑VG erforderlich gewesen sei.

2.2. Im Lichte der vorgebrachten Bedenken ist es aber auszuschließen, dass die behauptete Verfassungswidrigkeit der fehlenden Zustimmung der Länder zur Übertragung der Aufgabe an den Präsidenten der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, eine durch öffentliche Bestellung oder Anerkennung erteilte Berechtigung zur Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufes mit Bescheid zu widerrufen (§§111 f. WTBG 2017), ohne Einbeziehung der den Weisungs- und Organisationszusammenhang normierenden und auch für diese Aufgaben maßgeblichen Bestimmung des §152 Abs4 WTBG 2017 abschließend beurteilt werden kann. Die antragstellenden Gerichte hätten daher vor dem Hintergrund ihrer Bedenken, die sich auch und gerade gegen §152 Abs4 WTBG 2017 richten, diese Vorschrift mitanzufechten gehabt, um den Verfassungsgerichtshof – im Falle des Zutreffens der Bedenken – in die Lage zu versetzen, darüber zu befinden, auf welche Weise die Verfassungswidrigkeit beseitigt werden kann (vgl VfGH 10.3.2015, https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&GZ=G201/2014&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True; 27.6.2018, G177/2017). Der Anfechtungswerber hat also im Rahmen seiner Bedenken alle Teile des als bedenklich erachteten Regelungskomplexes kumulativ anzufechten, um den Verfassungsgerichtshof in die Lage zu versetzen, darüber zu befinden, auf welche Weise die Verfassungswidrigkeit beseitigt werden kann (VfGH 10.3.2015, G201/2014).

3. Die Anfechtungsbegehren sind somit zu eng gefasst und daher zurückzuweisen.

4. Inhaltlich sei angemerkt, dass die Bundesregierung zutreffend darauf hinweist, dass der Bundesverfassung – vgl insbesondere Art42a B‑VG – nicht zu entnehmen ist, dass für den Fall, dass ein Gesetzesbeschluss des Nationalrates der Zustimmung der Länder bedarf, ausdrücklich auf jene Bestimmung des B‑VG hinzuweisen wäre, aus der sich das Zustimmungserfordernis ergibt (hier: Art102 Abs4 B‑VG). Der unzutreffende Hinweis auf Art102 Abs1 B‑VG in den Gesetzesmaterialien zum WTBG 2017 sowie in den entsprechenden Schreiben des Bundeskanzlers an die Länder steht der Wirksamkeit einer von den Ländern erteilten Zustimmung oder – im Falle des ungenutzten Verstreichens der dafür normierten Frist dem Eintritt der Zustimmungsfiktion gemäß Art42a zweiter Satz B‑VG nicht entgegen.

V. Ergebnis

1. Die Anträge sind daher zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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