Normen
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
EMRK Art6 Abs1 / civil rights
EMRK Art6 Abs1 / Verletzung
EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
GSVG §116a Abs7
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
EMRK Art6 Abs1 / civil rights
EMRK Art6 Abs1 / Verletzung
EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
GSVG §116a Abs7
Spruch:
§116a Abs7 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 560/1978, in der Fassung des Bundesgesetzes, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (20. Novelle zum GSVG), BGBl. Nr. 21/1994, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Oktober 2003 in Kraft.
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Oberste Gerichtshof als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen stellt aus Anlaß eines bei ihm anhängigen Verfahrens gem. Art89 Abs2 iVm Art140 Abs1 erster Satz B-VG den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge die Bestimmung des §116a Abs7 GSVG wegen Verstoßes gegen Art6 Abs1 EMRK als verfassungswidrig aufheben.
2. Wie den vorgelegten Akten entnommen werden kann, liegt dem Ausgangsrechtsstreit der folgende Sachverhalt zugrunde:
2.1. Der am 2. August 1941 geborene Kläger des Ausgangsrechtsstreits hatte am 24. August 1962 Heidrun A geheiratet. Dieser Ehe entstammt der am 5. März 1963 geborene Sohn Michael. Bis September 1964 hatte ein gemeinsamer Haushalt des Klägers mit seiner Ehegattin bestanden, das Kind wurde während dieser Zeit von beiden Elternteilen gemeinsam erzogen. Am 11. Dezember 1964 wurde die Ehe geschieden. Nach dem Vorbringen des antragstellenden Gerichtshofes verblieb der eheliche Sohn, Michael, sodann mit Ausnahme des Zeitraumes Juni 1965 bis Dezember 1965 beim Kläger in Pflege und wurde ausschließlich von ihm erzogen.
Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten vom 18. Februar 1997 wurde der geschiedenen Gattin des Klägers mit Wirkung vom 1. Jänner 1997 die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer zuerkannt. Bei Ermittlung der Höhe der Pensionsleistung wurden für die Pflege und Erziehung des Kindes Michael Ersatzzeiten für Kindererziehung von April 1963 bis März 1966 berücksichtigt.
Wie sich aus dem vom antragstellenden Gerichtshof vorgelegten Versicherungsakt der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten ergibt, hatte die geschiedene Ehegattin des Klägers dieser Pensionsversicherungsanstalt am 28. September 1995 einen "Fragebogen Kindererziehungszeiten" übermittelt und darin erklärt, das gemeinsame Kind Michael durchgehend bis Februar 1966 erzogen zu haben.
Nach dem Vorbringen des antragstellenden Gerichtshofs hatte der Kläger vom Pensionsantrag und -bezug seiner geschiedenen Gattin weder Kenntnis noch Gelegenheit, sich hiezu zu äußern.
2.2. Mit - auf Antrag des Klägers ergangenem - Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (künftig: Sozialversicherungsanstalt) vom 3. Mai 2000 wurden die Versicherungszeiten des Klägers festgestellt. Jene Zeiten, in denen der Kläger sich der Pflege und Erziehung seines Kindes Michael gewidmet hatte, wurden darin nicht als Versicherungszeiten festgestellt.
Dagegen erhob der Kläger Klage an das Landesgericht Graz als Arbeits- und Sozialgericht, in der die Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten als Ersatzzeiten begehrt wurde.
Mit Urteil des Landesgerichtes Graz vom 30. Oktober 2000 wurde der Klage zum Teil Folge gegeben und gegenüber der Sozialversicherungsanstalt (als beklagter Partei) festgestellt, daß die Zeiten vom April 1966 bis März 1967, somit zwölf Monate, als Ersatzzeiten des Klägers für Kindererziehung gelten; im übrigen - soweit die Feststellung (auch) der Zeiträume Oktober 1964 bis Mai 1965, Jänner 1966 bis März 1966 sowie April 1967 bis Mai 1967 (dreizehn Monate) als Ersatzzeiten für Kindererziehung begehrt worden war - wurde die Klage abgewiesen.
Mit Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6. März 2001 wurde die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil abgewiesen.
Begründend wird dazu im wesentlichen ausgeführt:
"Der Gesetzgeber hat durch die unmissverständliche Bestimmung des §116a Abs7 GSVG als spätestmöglichen Zeitpunkt für die Widerlegung der Zuordnungsvermutung der Absätze 5 und 6 die bescheidmäßige Erledigung des Pensionsantrages eines der beiden Elternteile normiert. Zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung durch die beklagte Partei war der Pensionsantrag der geschiedenen Gattin des Beklagten bereits erledigt, weshalb eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung nicht mehr zulässig war. Für eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Anrechnung der Kindererziehungszeiten als Ersatzzeiten für die geschiedene Gattin des Klägers besteht keine gesetzliche Grundlage."
Dieses Urteil wird vom Kläger mit Revision an den Obersten Gerichtshof (als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen) bekämpft.
II. 1. Die dem Ausgangsrechtsstreit zugrunde liegende Bestimmung des §116a GSVG, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 103/2001, lautet samt Überschrift wie folgt (die in Anfechtung gezogene Bestimmung ist hervorgehoben):
"Ersatzzeiten für Zeiten der Kindererziehung nach dem 31. Dezember
1955
§116a. (1) Als Ersatzzeiten aus der Zeit nach dem 31. Dezember 1955 gelten unter der Voraussetzung, daß eine Beitragszeit nach diesem Bundesgesetz vorangeht oder nachfolgt, überdies bei einer (einem) Versicherten, die (der) ihr (sein) Kind (Abs2) tatsächlich und überwiegend erzogen hat, die Zeit dieser Erziehung im Inland im Ausmaß von höchstens 48 Kalendermonaten, gezählt ab der Geburt des Kindes.
(2) Als Kind im Sinne des Abs1 gelten:
1. die ehelichen und die legitimierten Kinder des (der) Versicherten;
2. die unehelichen Kinder einer weiblichen Versicherten;
3. die unehelichen Kinder eines männlichen Versicherten, wenn seine Vaterschaft durch Urteil oder durch Anerkenntnis festgestellt ist (§163b ABGB);
4. die Stiefkinder;
5. die Wahlkinder;
6. die Pflegekinder, sofern die Übernahme der unentgeltlichen Pflege nach dem 31. Dezember 1987 erfolgte.
(3) Liegt die Geburt (Annahme an Kindes Statt, Übernahme der unentgeltlichen Pflege des Kindes) eines weiteren Kindes vor dem Ablauf der 48-Kalendermonate-Frist, so erstreckt sich diese nur bis zu dieser neuerlichen Geburt (Annahme an Kindes Statt, Übernahme der unentgeltlichen Pflege des Kindes); endet die Erziehung des weiteren Kindes (Abs1) vor Ablauf dieser 48-Kalendermonate-Frist, sind die folgenden Kalendermonate bis zum Ablauf wieder zu zählen. Der Erziehung des Kindes im Inland steht eine solche in einem Mitgliedstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gleich, wenn für dieses Kind Anspruch auf eine Geldleistung aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz bzw. auf Betriebshilfe nach dem Betriebshilfegesetz besteht bzw. bestanden hat und die Zeit der Kindererziehung nach dem Inkrafttreten dieses Abkommens liegt.
(4) Anspruch für ein und dasselbe Kind besteht in den jeweiligen Zeiträumen nur für die Person, die das Kind tatsächlich und überwiegend erzogen hat. Für die Zuordnung zum jeweiligen Elternteil gelten die Abs5, 6 und 7.
(5) Für den Elternteil,
1. der im maßgeblichen Zeitraum Kinderbetreuungsgeld, Karenzgeld, Sondernotstandshilfe oder eine Leistung nach dem Betriebshilfegesetz bezogen hat, oder
2. der im maßgeblichen Zeitraum nicht der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterlag, während der andere Elternteil in der Pensionsversicherung pflichtversichert war,
besteht die Vermutung, daß er das Kind tatsächlich und überwiegend erzogen hat. Hinsichtlich der in Z2 genannten Personen kann der Elternteil, der im maßgeblichen Zeitraum der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterlegen ist, diese Vermutung widerlegen.
(6) Waren beide Elternteile in der Pensionsversicherung pflichtversichert oder lag bei keinem der Elternteile eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung bzw. ein Kinderbetreuungsgeldbezug oder Karenzgeldbezug vor oder bezogen beide Elternteile Karenzgeld (Karenzgeld bei Teilzeitbeschäftigung) besteht die Vermutung, daß die weibliche Versicherte das Kind tatsächlich und überwiegend erzogen hat. Der männliche Versicherte kann diese Vermutung widerlegen.
(7) Im Falle der Abs5 und 6 ist die Widerlegung der Vermutung bis spätestens zu dem Zeitpunkt zulässig, zu dem der Pensionsantrag eines der beiden Elternteile bescheidmäßig erledigt ist.
(8) Für jeden Ersatzmonat auf Grund der Erziehung eines Wahl- oder Pflegekindes (Abs2 Z5 und 6) ist aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen ein Beitrag in der Höhe von 22,8 % der Beitragsgrundlage zu entrichten. Als Beitragsgrundlage gilt die im §227a Abs8 zweiter Satz des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes genannte."
Die soeben wiedergegebene Fassung des §116a GSVG geht im wesentlichen auf das Bundesgesetz BGBl. Nr. 21/1994 (20. Novelle zum GSVG) zurück. Den zugehörigen Gesetzesmaterialien (EB 1379 BlgNR XVIII. GP, 20) ist hiezu ua. folgendes zu entnehmen:
"In der Sache selbst soll nunmehr in den Vordergrund gestellt werden, so wie es auch schon bisher beabsichtigt war, daß darauf abzustellen ist, wer das Kind tatsächlich und überwiegend erzogen hat. Dies wird nach der geltenden Rechtslage eindeutig nur im §228 Abs1 Z10 ASVG zum Ausdruck gebracht (... Die Versicherte kann zugunsten des Mannes, der dieses Kind erzogen hat, auf die Ersatzzeit verzichten ...).
Zur praktischen Durchführung enthält die Regelung widerlegbare Zuordnungsvermutungen, die sich darauf gründen, daß in der Praxis die weibliche Versicherte in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle die Erziehung des Kindes übernommen hat. Die Möglichkeit der Widerlegung dieser Vermutung scheint im Hinblick auf das sich wechselnde Rollenverhalten der Geschlechter und auf das verfassungsrechtlich gebotene Gleichheitsgebot notwendig."
2. Der antragstellende Gerichtshof hegt gegen §116a Abs7 GSVG ausschließlich Bedenken aus dem Blickwinkel des aus Art6 Abs1 EMRK erfließenden, verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein faires Verfahren.
Begründend wird dazu ua. folgendes ausgeführt:
"Erstreckt sich die Wirkung einer gerichtlichen Entscheidung auf die Rechtssphäre von Personen, die an ihr nicht in einer gesicherten Verfahrensposition zur Wahrung des rechtlichen Gehörs mitwirken konnten, kann Art6 EMRK verletzt sein. Dies kann vor allem im Zusammenhang mit der Bindungswirkung von Urteilen oder der Rechtskrafterstreckung auf Dritte problematisch sein (Berka, Die Grundrechte (1999), Rz 842). In diesem Sinn hat der VfGH in seinem Erkenntnis vom 12. 10. 1990, G73/89, die seinerzeit durch §268 ZPO angeordnete Bindung des Richters im Zivilprozess an ein rechtskräftiges verurteilendes Erkenntnis eines Strafgerichts als verfassungswidrig aufgehoben: Der Anspruch auf Gehör wird nach diesem Erkenntnis verletzt, wenn der Betroffene den Beweis und die Zurechnung einer für die Entscheidung über seine Ansprüche und Verpflichtungen wesentlichen Handlung im Zivilverfahren nicht mehr in Frage stellen kann, weil das Gericht an die Entscheidung im strafgerichtlichen Verfahren gebunden ist, zu welchem er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen keinen Zugang hatte (VfSlg 12.504).
Unter Zugrundelegung dieser Judikatur bestehen tatsächlich Bedenken auch gegen die Verfassungskonformität des §116a Abs7 GSVG. Bei der zu entscheidenden Frage, in welchem Ausmaß dem Kläger Kindererziehungszeiten als Ersatzzeiten in der Pensionsversicherung anzurechnen sind, werden wegen ihres Einflusses auf die Pensionshöhe 'civil rights' im Sinne des Art6 Abs1 EMRK tangiert. Der Kläger hatte nach der Gesetzeslage keine Gelegenheit, seine Sach- und Rechtsargumente im - rechtskräftig abgeschlossenen - Verfahren auf Zuerkennung einer vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer an seine geschiedene Gattin einzubringen, sodass dieser Kindererziehungszeiten zugerechnet wurden, ohne dass der Kläger nunmehr - aufgrund der Bestimmung des §116a Abs7 GSVG - noch die Möglichkeit hätte, eine Änderung dieser Zurechnung zu erreichen.
Im vorliegenden Fall ist es daher nicht offenkundig unrichtig oder denkunmöglich, die Bestimmung des §116a Abs7 GSVG idF der 20. GSVG-Novelle zur Prüfung der vom Kläger begehrten Feststellung heranzuziehen. Die vom Verfassungsgerichtshof geforderte Präjudizialität ist somit nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs gegeben.
Im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut und den daraus hervorleuchtenden Zweck der Vorschrift kann §116a Abs7 GSVG auch nicht im Wege verfassungskonformer Auslegung materiell beseitigt werden."
3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung zum Gegenstand erstattet, worin die Verfassungsmäßigkeit des §116a Abs7 GSVG wie folgt verteidigt wird:
"... Mit der 51. Novelle zum ASVG (BGBl. Nr. 335/1993), der 19. Novelle zum GSVG (BGBl. Nr. 336/1993) und der 18. Novelle zum BSVG (BGBl. Nr. 337/1993) wurde eine Neuregelung der Anrechnung von Zeiten der Kindererziehung für das Ausmaß des Steigerungsbetrages in der Pensionsversicherung ab 1. Juli 1993 eingeführt. Die Regelung stellte primär auf den Erwerb von Ersatzzeiten ab, wobei für Ersatzzeiten nach dem 31. Dezember 1955 eine Anrechnung unter der Voraussetzung erfolgte, dass eine Beitragszeit nach dem GSVG (ASVG, BSVG) vorangeht oder nachfolgt, sowie auf die tatsächliche und überwiegende Erziehung im Inland ankommen sollte.
... Da bei der Vollziehung dieser Regelungen große Probleme aufgetreten waren, wurde eine Novelle der einschlägigen Bestimmungen erforderlich. Dies erfolgte mit der 52. Novelle zum ASVG (BGBl. Nr. 20/1994), der 20. Novelle zum GSVG (BGBl. Nr. 21/1994) und der 19. Novelle zum BSVG (BGBl. Nr. 22/1994). In den Erläuterungen zur 20. GSVG-Novelle wird hiezu ausgeführt, dass die Absicht des Gesetzgebers nach wie vor von einer tatsächlichen und überwiegenden Erziehung des Kindes ausgeht (BlgNR RV 1379, 18. GP). Zur Normierung der gesetzlichen Vermutung wird folgendes ausgeführt:
'Zur praktischen Durchführung enthält die Regelung widerlegbare Zuordnungsvermutungen, die sich darauf gründen, dass in der Praxis die weibliche Versicherte in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle die Erziehung des Kindes übernommen hat. Die Möglichkeit der Widerlegung dieser Vermutung scheint im Hinblick auf das sich wechselnde Rollenverhalten der Geschlechter und auf das verfassungsrechtlich gebotene Gleichheitsgebot notwendig.'
... Aus Gründen der Rechtssicherheit und einer effektiven Vollziehung, die sowohl vom damaligen Bundesministerium für Arbeit und Soziales als auch von allen Pensionsversicherungsträgern angestrebt wurde, ist damals eine zeitlich sehr weitreichende Vermutung für die überwiegende und tatsächliche Kindererziehung in das Gesetz aufgenommen worden (vgl. §116a Abs4 bis Abs6 GSVG); nach §116[a] Abs5 und 6 kann diese Vermutung in bestimmten Fällen vom anderen Elternteil widerlegt werden. Nach Auffassung der Bundesregierung bestehen gegen die gesetzliche Verankerung einer Vermutung grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Gesetzgeber verwendet dieses Rechtsinstitut häufig, um durch Beweiserleichterung das Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen.
... Weiters ist darauf hinzuweisen, dass jeder Versicherte das Recht hat, bei entsprechender Legitimation mit seiner Versicherungsnummer einen Versicherungsdatenausdruck bei jedem Sozialversicherungsträger anzufordern. Sodann hat er die Möglichkeit, jederzeit mit seinem Pensionsversicherungsträger in Verbindung zu treten, um etwaige Versicherungslücken aufzuklären. Maximal zwei Jahre vor dem Anfallsalter für die vorzeitige Alterspension kann vom zuständigen Pensionsversicherungsträger weiters ein Feststellungsbescheid über die erworbenen Versicherungszeiten verlangt werden, der auch vor dem Arbeits- und Sozialgericht bekämpft werden kann (vgl. §117a GSVG).
... Mit diesen Möglichkeiten wird der Versicherte in die Lage versetzt, Informationen über die mögliche Anrechnung von Versicherungszeiten zu erhalten. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass als Anteil der Kindererziehungsersatzzeiten an Versicherungszeiten bei Invaliditätspensionen lediglich 0,1 Monate auf Männer entfallen, während dies bei den Alterspensionen noch weniger Zeiten sind (...). Auch bei der durchschnittlichen Bruttopension des Jahres 2000 mit ausgewiesenen Ersatzzeitenanteilen besteht bei Männern und Frauen bezüglich der Ersatzzeiten für Kindererziehung ein Verhältnis von 0,5 zu 955,3, was hochgerechnet ein Verhältnis von 1:2000 darstellen würde (...).
... Hat der im Anlassfall betroffene Pensionswerber die Vermutung einer unrichtigen Geltendmachung von Kindererziehungszeiten des anderen Elternteils, kann er schließlich unter bestimmten Voraussetzungen eine amtswegige Wiederaufnahme des Pensionsverfahrens anregen. Im Zuge eines derartigen Verfahrens können die Kindererziehungszeiten dem anderen Elternteil aberkannt werden und vom Versicherungsträger eine Rückforderung wegen zu Unrecht erbrachter teilweiser Pensionszahlungen geltend gemacht werden (§76 GSVG).
... Die vorstehenden Überlegungen sind nach Auffassung der
Bundesregierung geeignet, die behaupteten verfassungsrechtlichen Bedenken des Obersten Gerichtshofes zu zerstreuen.
... Sollte der Verfassungsgerichtshof der Auffassung der
Bundesregierung nicht beitreten können, so ist die behauptete Norm einer verfassungskonformen Interpretation zugänglich:
... Danach wäre nach den im vorliegenden Fall anzuwendenden
verfahrensrechtlichen Bestimmungen der Kläger des Ausgangsverfahrens als jener Elternteil, über dessen Pensionsanspruch nicht als erster abgesprochen wurde, im Verfahren der Zuerkennung einer Pension an seine geschiedene Ehefrau als Partei jedenfalls beizuziehen gewesen. Die vom Obersten Gerichtshof aufgeworfene Frage ist eine solche des Verfahrensrechts, die nach den maßgeblichen verfahrensrechtlichen Bestimmungen, die das ASVG bzw. das AVG zur Verfügung stellen, gelöst werden kann.
... Gemäß §194 GSVG gelten hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung dieses Bundesgesetzes grundsätzlich die Bestimmungen des Siebenten Teiles des ASVG. Nach der im Verfahren nach dem GSVG anzuwendenden Bestimmung des §357 Abs1 ASVG gilt für das Verfahren vor den Versicherungsträgern in Leistungssachen §8 AVG entsprechend.
§8 AVG knüpft die Parteistellung daran, dass jemand an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt ist, wobei unter Sache im Sinne dieser Bestimmung der Prozessgegenstand des Verwaltungsverfahrens zu verstehen ist. Die Beantwortung der Frage, ob jemand in einem konkreten Verwaltungsverfahren Parteistellung hat, erfordert somit die Prüfung, ob der Betreffende einen Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse hat. Ob einer Person ein Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse zusteht, ist also jeweils den materiellen, von der Behörde in der jeweiligen Verwaltungssache anzuwendenden Rechtsvorschriften zu entnehmen (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7. Auflage, Rz. 118).
... Aus dem Vorbringen des antragstellenden Gerichts ist ersichtlich, dass im Verfahren der Zuerkennung einer vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer an die geschiedene Ehefrau des Klägers die Behörde die Bestimmung des §116a Abs6 GSVG anzuwenden hatte. Damit traf die Behörde die Verpflichtung, die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Klägers im Verfahren der Zuerkennung einer Pension an dessen geschiedene Ehefrau zu ermöglichen. Die rechtlichen Interessen des Klägers ergeben sich daraus, dass er - zur Durchsetzung seiner eigenen Ansprüche in der Pensionsversicherung - in die Lage versetzt wird, die in §116a Abs6 GSVG normierte gesetzliche Vermutung zu widerlegen. In diesem Zusammenhang ist überdies zu beachten, dass unter Berücksichtigung des im B-VG verankerten rechtstaatlichen Prinzips im Zweifel anzunehmen ist, dass eine Norm des objektiven Rechts auch ein subjektives Recht gewährt (VwSlg. 10.129A, VwGH 93/10/0173).
Steht somit fest, dass jener Elternteil, dessen Pensionsantrag nicht als erster erledigt wird, dem Verfahren über die Zuerkennung einer Pension an den anderen Elternteil als Partei jedenfalls beizuziehen ist, so kommt dem erstgenannten Elternteil auch umfassender Rechtsschutz gegen die Entscheidung des Versicherungsträgers zu.
... Waren beide Elternteile oder keiner der Elternteile im maßgeblichen Zeitraum pflichtversichert, so besteht die widerlegbare gesetzliche Vermutung der tatsächlichen und überwiegenden Erziehung zugunsten der Mutter (§116a Abs6 GSVG). In den Fällen der widerlegbaren gesetzlichen Vermutung (§116a Abs5 Z2 und Abs6 GSVG) wäre daher im Pensionsfeststellungsverfahren dem jeweils anderen Elternteil die Möglichkeit einzuräumen gewesen, diese Vermutung zu widerlegen.
... Aus den im vorliegenden Fall unter Zugrundelegung der dargestellten Interpretation eingetretenen Verfahrensfehlern, die zu einem für den Kläger nachteiligen Ergebnis führten, kann keine Verfassungswidrigkeit der in Prüfung gezogenen materiellen Regelung abgeleitet werden.
Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass aus Sicht der Bundesregierung eine Verfassungswidrigkeit des §116a Abs7 GSVG idF der 20. GSVG-Novelle, BGBl. Nr. 21/1994 nicht gegeben ist."
III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Zulässigkeit:
Gemäß Art89 Abs2 B-VG hat der Oberste Gerichtshof, falls er gegen die Anwendung eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken hat, beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung dieses Gesetzes zu beantragen (vgl. auch Art140 Abs1 erster Satz B-VG).
Wie der Verfassungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen hat, hält er sich nicht für berechtigt, bei der Prüfung der Frage, ob die Vorschrift, deren Verfassungswidrigkeit behauptet wird, für die Entscheidung des Gerichtes präjudiziell ist, das Gericht an eine bestimmte Auslegung zu binden und damit auf diese Art der gerichtlichen Entscheidung indirekt vorzugreifen. Ein Mangel der Präjudizialität liegt daher nur dann vor, wenn die zur Prüfung beantragte Bestimmung ganz offenbar und schon begrifflich überhaupt nicht - dh. denkunmöglich - als eine Voraussetzung des vom antragstellenden Gericht zu fällenden Urteils in Betracht kommen kann (s. zB VfSlg. 6278/1970, 7999/1977, 8136/1977, 8318/1978, 8871/1980, 9284/1981, 9811/1983, 9911/1983, 10.296/1984, 10.357/1985, 10.640/1985, 11.565/1987, 12.189/1989).
Im vorliegenden Fall hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der zur Aufhebung beantragten Gesetzesstelle zweifeln ließe: Die Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten als Ersatzzeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung wurde dem Kläger - wie in §116a Abs7 GSVG ausdrücklich bestimmt - allein aus dem Grund versagt, weil bereits die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten seiner geschiedenen Ehegattin diese Zeiten bescheidmäßig angerechnet hatte.
Da auch sonst keine Verfahrenshindernisse ersichtlich sind, erweist sich der Antrag insgesamt als zulässig.
2. In der Sache:
2.1. Vorausgeschickt sei, daß der Verfassungsgerichtshof in auf Antrag eines Gerichtes eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Rechtmäßigkeit von Normen an die vom antragstellenden Gericht erhobenen Bedenken gebunden ist; es ist ihm verwehrt, andere als diese Bedenken wahrzunehmen (s. zB VfGH 29. November 2001, G190/01 [Pkt. II.1. mwN]).
2.2.1. Nach Art6 Abs1 EMRK hat jedermann Anspruch darauf, daß seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, uzw. von einem unabhängigen, unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht, das über seine zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen zu entscheiden hat.
Wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ausgesprochen hat, ist Art6 Abs1 EMRK auf Verfahren anwendbar, in denen es ua. um Ansprüche auf Invaliditätspension (EGMR 24. Juni 1993, Nr. 17/1992/362/436 [Schuler-Zgraggen/Schweiz], ÖJZ 1994/10 [Rz 45 f]), auf Behindertenunterstützung (EGMR 26. Februar 1993, Nr. 11/1992/356/430 [Salesi/Italien], ÖJZ 1993/38 [Rz 19]), auf Militärdienstentschädigung (EGMR 19. Juli 1995, Nr. 20/1994/467/458 [Kerojärvi/Finnland], ÖJZ 1996/1 [Rz 32 ff]) oder auf öffentlich-rechtlichen Ruhegenuß (EGMR 26. November 1992, Nr. 76/1991/328/401 [Francesco Lombardo/Italien], ÖJZ 1993/17 [Rz 16 f]) geht. In diesen Urteilen hat der EGMR klargestellt, daß die Verfahrensgarantien des Art6 Abs1 EMRK allgemein im Bereich des Sozialversicherungs- einschließlich des Sozialhilferechts zu beachten seien.
Der Verfassungsgerichtshof ist diesem Standpunkt in seinem Erkenntnis VfSlg. 14.210/1995 insoweit beigetreten, als er darin ausgesprochen hat, daß ein Verfahren, in dem über die von einem Rechtsanwalt beantragte Berufsunfähigkeitspension (entsprechend den Bestimmungen der Satzung der Versorgungseinrichtung der Tiroler Rechtsanwaltskammer) entschieden werde, "zivilrechtliche Ansprüche" iS des Art6 Abs1 EMRK berühre.
Die Feststellung von Versicherungszeiten als wesentliche Grundlage eines künftigen Pensionsanspruchs - es ist dies der Gegenstand des dem Antrag zugrunde liegenden Ausgangsrechtsstreits - betrifft somit "zivilrechtliche Ansprüche" iS des Art6 Abs1 EMRK.
2.2.2. Mit dem vom antragstellenden Gerichtshof bezogenen hg. Erkenntnis VfSlg. 12.504/1990 wurde die Bestimmung des §268 ZPO ("Wenn die Entscheidung von dem Beweise und der Zurechnung einer strafbaren Handlung abhängt, ist der Richter an den Inhalt eines hierüber ergangenen rechtskräftigen verurteilenden Erkenntnisses des Strafgerichtes gebunden.") wegen Verstoßes gegen das aus Art6 Abs1 EMRK erfließende Recht auf rechtliches Gehör als verfassungswidrig aufgehoben. Begründend ist dazu ua. folgendes ausgeführt worden (aaO, S 322):
"Wer den Beweis und die Zurechnung einer für die Entscheidung über seine Ansprüche und Verpflichtungen wesentlichen Handlung im zivilgerichtlichen Verfahren nicht in Frage stellen kann, weil das Gericht an die Entscheidung in einem andern (strafgerichtlichen) Verfahren gebunden ist, zu welchem er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen keinen Zugang hatte, dessen Anspruch auf Gehör durch das seine Sache entscheidende unabhängige und unparteiische Gericht ist nicht erfüllt."
2.2.3. Nach §116a Abs4 GSVG sind die Ersatzzeiten der Kindererziehung - ausschließlich - jenem Elternteil zuzurechnen, der das Kind "tatsächlich und überwiegend" erzogen hat. An bestimmte Sachverhalte knüpft das Gesetz allerdings die Vermutung, daß eben dieser Elternteil das Kind "tatsächlich und überwiegend" erzogen habe (s. im einzelnen §116a Abs5 und 6 GSVG).
Hat etwa während des Zeitraums der Kindererziehung bei beiden Elternteilen eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung bestanden - wie in dem beim antragstellenden Gerichtshof anhängigen Fall -, so ist daran die - vom männlichen Versicherten widerlegbare - gesetzliche Vermutung geknüpft, daß der weibliche Versicherte das Kind tatsächlich und überwiegend erzogen habe (§116a Abs6 GSVG). Diese Vermutung kann - vom männlichen Versicherten - nur bis spätestens zu dem Zeitpunkt widerlegt werden, zu dem der Pensionsantrag eines der beiden Elternteile bescheidmäßig erledigt ist (§116a Abs7 GSVG).
2.3. Nach Ansicht der Bundesregierung bleibe es dem im Anlaßfall betroffenen Anspruchswerber unbenommen, eine amtswegige Wiederaufnahme des Pensionsverfahrens seiner geschiedenen Ehegattin anzuregen. Im Zuge eines derartigen Verfahrens sei es möglich, die zugunsten der geschiedenen Ehegattin berücksichtigten Kindererziehungszeiten abzuerkennen.
Darüber hinaus sei die vom antragstellenden Gerichtshof als verfassungswidrig kritisierte Rechtslage einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich: Der Kläger hätte nämlich dem im Jahr 1997 abgeschlossenen Pensionsverfahren vor der Pensionsversicherungsanstalt (der Angestellten) als Partei (§8 AVG) beigezogen werden müssen, wodurch er in die Lage versetzt worden wäre, die gesetzliche Vermutung des §116a Abs6 GSVG zu widerlegen.
2.4. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, das Bedenken des antragstellenden Gerichtshofs zu entkräften:
Wie sich aus dem Erkenntnis VfSlg. 12.504/1990 ergibt, ist der Anspruch auf rechtliches Gehör in einer mit Art6 Abs1 EMRK nicht vereinbaren Weise bereits dann beschränkt, wenn der Betroffene an das Ergebnis eines anderen Verfahrens gebunden ist, zu dem er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen keinen Zugang hatte. Zwar dürfte es nicht ausgeschlossen sein, die Sozialversicherungsgesetze (§227a Abs7 ASVG, §116a Abs7 GSVG, §107a Abs7 BSVG) dahin verfassungskonform auszulegen, daß jene Person, die das Ergebnis eines Verfahrens, in dem Kindererziehungszeiten zugunsten einer anderen Person festgestellt werden, gegen sich gelten lassen muß, diesem Verfahren als Auskunftsperson beizuziehen ist. (Dabei bliebe allerdings offen, in welcher Rolle eine solche Person in einem allfällige sozialgerichtlichen Leistungsstreitverfahren aufzutreten hätte). Für die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmung ist daraus aber schon deshalb nichts zu gewinnen, weil der Gesetzgeber es unterlassen hat, in einer dem Rechtsstaatsprinzip entsprechenden Weise vorzukehren, daß Personen, die vom Ergebnis eines anderen Verfahrens in unmittelbarer Weise betroffen sein können, zumindest über die Anhängigkeit eines solchen Verfahrens in Kenntnis gesetzt werden. Dem entspricht es auch, daß nach ständiger - zutreffender - Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs das Recht der Parteien eines Verwaltungsverfahrens, im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gehört zu werden, von der Behörde von Amts wegen wahrgenommen und den Parteien ausdrücklich Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden muß (zB VwGH 18. Oktober 2001, Z2000/07/0003 mwN; weitere Nachweise bei Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts7 [1999] Rz 334).
Die - wie die Bundesregierung ins Treffen geführt hat - jedem Versicherten eröffnete Möglichkeit, "jederzeit" mit dem zuständigen Pensionsversicherungsträger in Verbindung zu treten, um allfällige Versicherungslücken aufzuklären, ist ebensowenig als ausreichend anzusehen wie die von der Bundesregierung behauptete Möglichkeit, eine "amtswegige Wiederaufnahme" des Pensionsverfahrens vor der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten anzuregen. Letzteres ergibt sich zum einen daraus, daß jenem Versicherten, der dem Pensionsverfahren nicht beigezogen wurde, kein entsprechendes subjektives Recht zuerkannt ist. Zum anderen muß diese Argumentation bereits deshalb ins Leere gehen, weil damit gar keine verfassungskonforme Auslegung aufgezeigt wird: Es bliebe nämlich das Faktum, daß einer der Ehegatten in seinen Rechtsdurchsetzungsmöglichkeiten massiv schlechtergestellt wäre, uzw. häufig der jüngere Ehegatte, dessen Pensionsverfahren jenem des älteren regelmäßig zeitlich nachfolgt. Im übrigen würde sich die Frage, welchen Ehegatten die soeben angesprochene Benachteiligung trifft, allein nach dem - dem Einfluß des Versicherten zT entzogenen - Moment entscheiden, wessen Pensionsverfahren als erstes rechtskräftig abgeschlossen wurde. Auch erscheint es unsachlich, einem tatsächlichen Umstand, der im Pensionsverfahren eines Versicherten festgestellt wird, gesetzlich gleichsam eine Bindungswirkung für das Verfahren eines anderen Versicherten beizulegen, die der Beurteilung bloßer Tatbestandselemente (aber auch der Beurteilung von Vorfragen; vgl. §38 AVG) im allgemeinen nicht eignet.
§116a Abs7 GSVG (in der aus dem Spruch ersichtlichen Fassung) war somit als verfassungswidrig aufzuheben.
2.5. Für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesbestimmung war eine einjährige Frist zu bestimmen, um den Gesetzgeber in die Lage zu versetzen, entsprechende legistische Vorkehrungen zu treffen. Dieser Ausspruch gründet sich auf Art140 Abs5 vorletzter und letzter Satz B-VG.
2.6. Der Ausspruch, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz, jener über die dem Bundeskanzler auferlegte Kundmachungspflicht auf Art140 Abs5 erster Satz B-VG sowie §64 Abs2 VfGG.
3. Dies konnte ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden (§19 Abs4 erster Satz VfGG).
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