OGH 9Os70/76 (RS0089487)

OGH9Os70/7624.11.1976

Rechtssatz

Rechtfertigung: Gerechtfertigt ist, wer in Ausübung einer Rechtspflicht oder in Verfolgung eines Rechts (etwa des § 86 Abs 1 StPO nF) notwendigerweise und nicht wider besseres Wissen etwas behauptet, was die Ehre eines anderen verletzt. Die Rechtswidrigkeit der Behauptung hängt von der Feststellung ab, dass sie entweder überflüssig (gemessen am Rahmen der Rechtsausübung: Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung) war oder dass sie dolo principali aufgestellt worden ist.

Normen

RStDG §§101 ff
StGB §3 B2
StGB §114 Abs1
StPO §86

9 Os 70/76OGH24.11.1976
10 Os 177/77OGH21.12.1977

Auch; Veröff: EvBl 1978/126 S 357 = RZ 1978/35 S 64 = SSt 48/97

11 Os 107/80OGH10.09.1980

Auch; nur: Rechtfertigung: Gerechtfertigt ist, wer in Ausübung einer Rechtspflicht oder in Verfolgung eines Rechts (etwa des § 86 Abs 1 StPO nF) notwendigerweise und nicht wider besseres Wissen etwas behauptet, was die Ehre eines anderen verletzt. (T1) Veröff: EvBl 1981/56 S 190 = RZ 1980/67 S 273

9 Os 50/80OGH14.10.1980

nur T1

9 Os 49/80OGH14.10.1980

nur T1; Veröff: EvBl 1981/94 S 296 = SSt 51/47

14 Os 70/89OGH28.06.1989

Vgl auch; nur T1

13 Os 126/93OGH29.09.1993

Vgl auch; nur T1

13 Os 117/94OGH10.08.1994

Vgl auch; Beisatz: Was ein Täter bei der (vom Strafgesetz verpönten) Tat wusste und wollte, ist kein rechtlicher Schluss, sondern eine Tatsache, die anders als bei einem normativen Begriffsmerkmal keiner rechtlichen Korrektur unterliegen kann. (T2)

15 Os 167/00OGH11.01.2001

Auch; nur T1; Beisatz: Gemäß § 114 Abs 1 StGB ist eine nach § 111 StGB tatbildliche Handlung gerechtfertigt, wenn der Täter hiedurch eine Rechtspflicht erfüllt oder ein Recht ausübt. In Ausübung eines Rechts handelt unter anderem der Anzeiger eines Sachverhalts, der seiner Ansicht nach den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte oder der Verwaltungsbehörde fallenden strafbaren Handlung bildet (§ 86 Abs 1 StPO bzw § 13 Abs 1 AVG), sofern er nicht bewusst (also wider besseres Wissen) unwahre Angaben macht und die Schranken des Notwendigen einhält; die Rechtfertigung nach § 114 Abs 1 StGB setzt weder die Wahrheit der ehrenrührigen Behauptung oder Anschuldigung noch den guten Glauben des Anzeigers an die Richtigkeit seiner Angaben voraus; allein eine Anzeige wider besseres Wissen ist nicht gerechtfertigt. (T3)

15 Os 85/07zOGH06.09.2007

Vgl aber; Beis ähnlich wie T1; Beisatz: Diese Rechtsausübung ist nicht auf die „Schranken des Notwendigen" reduziert. Ein Beklagter oder Angeklagter muss vollständige Gelegenheit haben, die wider ihn erhobenen Vorwürfe zu beseitigen und sich zu rechtfertigen; es steht ihm frei, den Sachverhalt seiner Verteidigungslinie entsprechend umfassend zu schildern. Darunter fällt bei grundrechtsbewusstem Verständnis jedes Vorbringen, das - ohne Anlegen eines strengen Maßstabes - aus der Sicht eines verständigen Beobachters in der Rolle der Prozesspartei der Aufklärung der Sache (vgl § 232 Abs 2 StPO) dienlich und zur Durchsetzung des eigenen Rechtsstandpunktes zweckmäßig sein kann, sofern es nicht bewusst wahrheitswidrig erstattet wird. (T4)

Ds 5/10OGH28.06.2010

Vgl auch; Beisatz: Der Rechtfertigungsgrund des § 114 Abs 1 StGB ist der Sache nach auch in einem Disziplinarverfahren beachtlich. (T5)

Dokumentnummer

JJR_19761124_OGH0002_0090OS00070_7600000_001

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