Spruch:
Der Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 15. Jänner 1980, GZ. 24 d Vr 380/80-3, auf Anordnung der Hausdurchsuchung in den Räumlichkeiten des D
und des B und Beschlagnahme des Buches 'Rechtsextremismus in Österreich nach 1945' sowie der Beschluß der Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 25. Jänner 1980, GZ. 24 d Vr 380/
80-9, letzterer insoweit, als der Beschwerde des Dr. Peter A und des Vereines D gegen den Beschlagnahmebeschluß keine Folge gegeben wurde, verletzen das Gesetz in den Bestimmungen des Art. 17 Abs. 1 StGG, des § 114 Abs. 1 StGB und des § 38 PresseG.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.
Text
Gründe:
Im Jahre 1980 erschien im B in Wien das vom D herausgegebene Buch 'Rechtsextremismus in Österreich nach 1945', welches laut Vorwort des Herausgebers dazu beitragen soll, die nach 1945 in Österreich neuformierten rechtsextremen Gruppierungen und deren Ideologien rechtzeitig zu erkennen, ihre Zielrichtungen aufzudecken und ihre Wirkungsmöglichkeiten einzuschränken sowie die Gegenkräfte zu mobilisieren, um den faschistischen Geist zu bekämpfen und ein demokratisches Österreichbewußtsein zu stärken.
In dem unter Pkt. II, 3 enthaltenen Beitrag 'Neuformierung und Entwicklung des Rechtsextremismus nach 1945' von Hermann K ist (auf Seite 126) folgende Textstelle enthalten:
' Rechtskonservative auf dem Weg zum Rechtsextremismus Schließlich dürfen jene reaktionären Strömungen nicht übersehen werden, die sich - wiewohl sie nicht aus deutschnationalen Quellen gespeist werden - in den letzten Jahren zum Rechtsextremismus hin entwickeln. Zwei Persönlichkeiten, Karl L und Hans M, sind vor allem hier zu nennen. 1977 gründete Karl L die Gemeinschaft freier Selbständiger (N), nach eigenen Aussagen ein 'politisches Maschinengewehr' zum Schutz des Mittelstandes 'gegen die gesetzlich erlaubte Ausplünderung'. Hauptgegner sind 'rote Bonzen', auch als 'machthungrige Funktionärskapitalisten' charakterisiert. Schlachtruf der N ist der Hitler-Spruch: 'Von nun an wird zurückgeschossen'. Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung scheinen diesen Falken bei der Vertretung der Unternehmerinteressen zu zahm. 'Die N braucht nicht auf Bremser im bürgerlichen Lager zu achten, die beim geringsten politischen Schußwechsel bereits das Herz hörbar in die Hose fallen lassen und sich am liebsten bereits ergeben, noch bevor der Gegner die Kapitulation überhaupt verlangt' (31). Im Sommer 1978 organisierte L die LKW-Blockade und konnte damit in bestimmten bürgerlichen Kreisen einen deutlichen Sympathiezuwachs erzielen (32). In starker Anlehnung an NS-Terminologie formuliert die N ihr Ziel folgendermaßen:
'Es ist das oberste Ziel der N, Arbeitnehmer und Unternehmer so weit zu bringen, daß sie sich nicht mehr länger gegeneinander aufhetzen lassen. Beide müssen eine gemeinsame Front bilden gegen ihre wahren Klassenfeinde, gegen die Bonzen und Bürokraten, die allein das Volk um die Früchte seiner Arbeit bringen und die größten Sozialpharisäer unseres Landes sind' (33).
Ähnlich argumentiert Hans M, der Herausgeber der 'Politischen Briefe', eines 'konservativ-liberalen Monatsmagazins'. Nach ihm strebe der Österreichische Gewerkschaftsbund (O) die 'Errichtung einer Betriebsrätediktatur' an und die P orientiere sich an einer kommunistischen Volksdemokratie' (34).' In dem vom Kurt Q stammenden Beitrag ('III. Organisationen; 1. Das Organisationsspektrum') wird nach einem kurzen Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des rechtsextremistischen Lagers im Österreich der Zwischenkriegszeit - das sich nach Ansicht des Verfassers in zwei Hauptströmungen, nämlich in die austrofaschistische (Heimwehrbewegung) und die deutschnationale (Nationalsozialisten) gliedert - mit Bezug auf die Entwicklung des rechtsextremen Lagers von heute u.a. angeführt, daß nach 1945 im wesentlichen nur mehr die deutschnational-faschistische Richtung in Erscheinung getreten sei. Es bestehe aber das rechtsextreme Lager in Österreich heute aus einer Vielzahl von Organisationen und Gruppen, die zwar gewisse gemeinsame Merkmale, wie deutschnationale Traditionspflege, Rassismus, Militarismus und Gegnerschaft zur Arbeiterbewegung haben, sich aber andererseits durch die Aufgabenverteilung und durch die Militanz, mit der die Organisationen ihre Ziele verfolgen, unterscheiden. Wegen der oft engen personellen Verflechtungen sei es jedoch schwer, die einzelnen Gruppen mit ihren Zielrichtungen auseinanderzuhalten. Infolge fehlender empirischer Untersuchungen könnten verläßliche Angaben über die soziale Struktur rechtsextremer Organisationen nicht gemacht werden. Lediglich die Erfassung führender Funktionäre und anderer öffentlich in Erscheinung tretender Rechtsextremisten lasse gewisse Rückschlüsse zu. Im wesentlichen dürfte die Sozialstruktur der heutigen rechtsextremen Gruppen der sozialen Basis faschistischer Bewegungen überhaupt entsprechen (siehe dazu S 128 des Buches).
In dem gleichfalls von Kurt Q verfaßten Beitrag 'Methoden und Aktivitäten' (S 193 ff) wird auf Seite 198 (wörtlich) ausgeführt:
'Die von dem Rechtsextremisten Karl L und seiner Gemeinschaft freier Selbständiger organisierte LKW-Blockade führt an Österreichs Grenzen zu schweren Verkehrsbeeinträchtigungen und zu wirtschaftlichen Schäden in der Höhe von mindestens 500 Millionen Schilling'. Am 11. Jänner 1980 wurde vom Privatankläger Dr. Karl L die Beschlagnahme des Druckwerkes 'Rechtsextremismus in Österreich nach 1945' in den Räumlichkeiten des D und des B beantragt. Dieser Antrag wurde damit begründet, daß der Privatankläger in der oben bezeichneten Textstelle auf Seite 198
des genannten Druckwerkes als Rechtsextremist bezeichnet und damit - tatbildmäßig im Sinne des § 111 StGB - mit einem der schwersten Vorwürfe belegt werde, die für einen im öffentlichen Leben stehenden Menschen überhaupt denkbar seien.
In Stattgebung dieses Antrages wurde vom Untersuchungsrichter für Strafsachen Wien mit Beschluß vom 15. Jänner 1980, GZ 24 d Vr 380/80-3, wegen der auf Seite 198 des Buches 'Rechtsextremismus in Österreich nach 1945' erfolgten Bezeichnung des Privatanklägers als Rechtsextremist (§ 111 Abs. 2 StGB) die Beschlagnahme der noch zur Verbreitung bestimmten Exemplare des Buches 'Rechtsextremismus in Österreich nach 1945' in den Räumlichkeiten des D
und des B angeordnet. In der Begründung des Beschlusses wird ausgeführt, daß die Bezeichnung 'Rechtsextremist' insbesondere im Zusammenhang mit den im gegenständlichen Buch zum Rechtsextremismus gemachten Ausführungen (zum Beispiel im Vorwort des Herausgebers) den Vorwurf einer verächtlichen Gesinnung im Sinne des § 111 Abs. 2 StGB enthalte und somit der Verdacht eines Presseinhaltsdeliktes bestehe.
Gegen den Beschlagnahmebeschluß haben Ministerialrat i. R. Dr. Peter A als durch den Bundesminister für Unterricht und Kunst bestellter Direktor des B und der Verein D am 18. Jänner 1980 Beschwerde erhoben.
Vom Privatankläger Dr. Karl L wurde am 21. Jänner 1980 die Einleitung der Voruntersuchung gegen Dr. Peter A und die Bestrafung des noch auszuforschenden Verfassers oder Herausgebers wegen Vergehens (der üblen Nachrede) nach § 111 StGB bzw. wegen Vergehens nach § 30 PresseG beantragt.
Die Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien hat mit Beschluß vom 25. Jänner 1980, GZ. 24 d Vr 380/80-9, weder den Beschwerden des Dr. Peter A und des Vereins D gegen die Beschlagnahme des Buches noch dem Antrag des Privatanklägers Dr. Karl L auf Einleitung der Voruntersuchung gegen Dr. Peter A Folge gegeben und die 'Weiterleitung des Strafverfahrens' an den für die weitere Amtshandlung bezüglich des Strafantrages gegen den Artikelverfasser und andere Personen zuständigen Einzelrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien verfügt.
In der Begründung des Beschlusses wird die Auffassung vertreten, daß die undifferenzierte Darstellungsweise des Buches den Vorwurf einer nationalsozialistischen Gesinnung an den Rechtsextremismus insgesamt und damit an alle als Rechtsextremisten bezeichneten Personen beinhalte, der insbesondere auch im Hinblick auf die Straftatbestände des Verbotsgesetzes als Vorwurf einer verächtlichen Gesinnung, die geeignet ist, den Betroffenen in den Augen anderer herabzusetzen, zu werten und somit tatbildlich im Sinne des § 111 StGB sei. Die Weiterleitung des Aktes an den Einzelrichter wird damit begründet, daß die Bestimmung des § 30 Abs. 2 PresseG eine subsidiäre Verantwortung des Verlegers für den Fall vorsehe, daß dieser nicht bei seiner ersten Einvernahme einen Verfasser oder Herausgeber zu nennen vermag, der seinen Wohnsitz im Inland hat. Aus dem Buch gehe aber als Verfasser der inkriminierten Textstelle eindeutig Kurt Q hervor, von dem gerichtsbekannt sei, daß er seinen Wohnsitz im Inland hat, weshalb es einer Vernehmung des Verlegers zu dieser Frage nicht mehr bedürfe und der Akt im Hinblick auf den vorliegenden Antrag auf Bestrafung des in der Person des Kurt Q feststehenden Verfassers und anderer Personen an den Einzelrichter abzugeben sei.
Da der Beschlagnahmebeschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 15. Jänner 1980, GZ 24 d Vr 380/80-3, und der Beschluß der Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 25. Jänner 1980, GZ 24 d Vr 380/80-9, - letzterer insoweit, als der Beschwerde des Dr. Peter A und des Vereins D gegen die Anordnung der Beschlagnahme keine Folge gegeben und die Weiterleitung des Aktes an den Einzelrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien verfügt wurde - nach Ansicht der Generalprokuratur mit dem Gesetz nicht in Einklang stehen, hat sie gemäß § 33 Abs. 2 StPO die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes eingebracht und beantragt, nach einem gemäß § 292 StPO durchzuführenden Gerichtstag zu erkennen:
'In der Strafsache gegen Dr. Peter A und Kurt Q wegen Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs. 2 StGB bzw. Vergehens nach § 30 PresseG, AZ 24 d (5 a) Vr 380/80 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, ist durch den Beschluß dieses Gerichtes vom 15. Jänner 1980, GZ. 24 d Vr 380/80-3, mit welchem die Beschlagnahme des Buches 'Rechtsextremismus in Österreich nach 1945' in den Räumlichkeiten des D und des B angeordnet wurde, sowie durch den Beschluß der Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 25. Jänner 1980, GZ 24 d Vr 380/80-9, insoweit, als der Beschwerde des Dr. Peter A und des Vereins D gegen den Beschlagnahmebeschluß vom 15. Jänner 1980 keine Folge gegeben und die Weiterleitung des Aktes an den Einzelrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien verfügt wurde, das Gesetz in den Bestimmungen des Art. 17 Abs. 1
StGG, des § 114 Abs. 1 StGB und des § 38 PresseG verletzt. Der Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 15. Jänner 1980, GZ 24 d Vr 380/80-3, und im vorstehend bezeichneten Umfang auch der Beschluß der Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 25. Jänner 1980, GZ. 24 d Vr 380/80-9, sowie alle auf diesen Beschlußfassungen beruhenden richterlichen Verfügungen werden aufgehoben.
Der Antrag des Privatanklägers Dr. Karl L auf Beschlagnahme des Druckwerkes 'Rechtsextremismus in Österreich nach 1945' wird abgewiesen.
Das Verfahren gegen Kurt Q und andere Personen wegen Vergehens nach § 111 Abs. 2 StGB bzw. Vergehens nach § 30 PresseG wird eingestellt. Gemäß § 390 Abs. 1 StPO wird dem Privatankläger Dr. Karl L der Ersatz aller infolge seines Einschreitens aufgelaufenen Verfahrenskosten aufgetragen.' Im einzelnen hat sie zur Begründung ihres Begehrens (wörtlich) ausgeführt:
'Gemäß § 38 PresseG ist auf Antrag des Anklägers die Beschlagnahme eines Druckwerkes wegen eines als strafbar bezeichneten Inhaltes anzuordnen, wobei das Gericht anzugeben hat, welche Stelle den strafbaren Inhalt ergebe und welche strafbare Handlung sie begründe. Voraussetzung jedes Beschlagnahmebeschlusses bildet, daß zumindest das objektive Tatbild eines Presseinhaltsdeliktes gegeben ist (EvBl. 1969/246).
Des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 (Abs. 1) StGB macht sich schuldig, wer einen anderen .... einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung zeiht oder eines unehrenhaften Verhaltens oder eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen.
Wer die Tat in einem Druckwerk .... begeht, unterliegt nach § 111 Abs. 2 StGB strengerer Bestrafung.
Nicht zu bestrafen ist der Täter (im Fall des Abs. 2), wenn die Behauptung als wahr erwiesen wird (§ 111 Abs. 3 StGB).
Wird durch eine im § 111 StGB genannte Handlung eine Rechtspflicht erfüllt oder ein Recht ausgeübt, so ist die Tat gerechtfertigt (§ 114 Abs. 1 StGB).
Nicht zu bestrafen ist auch, wer durch besondere Umstände genötigt ist, eine dem § 111 StGB entsprechende Behauptung in der Form und auf die Weise vorzubringen, wie es geschieht, es sei denn, daß die Behauptung unrichtig ist und der Täter sich dessen bei Aufwendung der nötigen Sorgfalt hätte bewußt sein können (§ 114 Abs. 2 StGB).
Gemäß Art. 17 Abs. 1 StGG ist die Wissenschaft und ihre Lehre frei. Das Grundrecht des Art. 17 StGG ist ein absolutes und kann durch ein einfaches Gesetz nicht eingeschränkt werden (VfSlg 3565). Die sohin verfassungsgesetzlich gewährleistete Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre bedeutet, daß niemand wegen der Entfaltung wissenschaftlicher Tätigkeit und wegen der Aufstellung eines wissenschaftlichen Lehrsatzes gerichtlich oder sonst behördlich verfolgt werden darf (VfSlg 2823).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes umfaßt die Bestimmung des Art. 17 StGG zwei Tatbestände: die Freiheit der Forschung und die Freiheit der Lehre. Das Recht auf Freiheit der Forschung umfaßt insbesondere die Befugnis, wissenschaftliche Untersuchungen vorzunehmen sowie deren Ergebnisse aufzuzeichnen und zu veröffentlichen.
Anspruch auf das verfassungsgesetzlich garantierte Recht auf Freiheit der Forschung und der Lehre kann allerdings nur eine wahrhaftige, d.h. ehrlichem wissenschaftlichem Streben entspringende, und auch nach objektiven Gesichtspunkten wissenschaftliche Forschungs- und Lehrtätigkeit erheben. Würde ein angeblicher, ein vermeintlicher oder selbst ein an sich gegebener wissenschaftlicher Charakter einer Arbeit bloß als Vorwand für verbotswidrige und durch eine wissenschaftliche Zielsetzung nicht gerechtfertigte Äußerungen dienen, so unterlägen diese den durch die Strafgesetze gezogenen Schranken.
Rechtliche Beurteilung
Daß der Frage der wissenschaftlichen - oder künstlerischen - Natur eines Werkes auch für den strafrechtlichen Bereich Bedeutung zukommt, ist unbestritten. Bei der Rechtfertigung an sich verbotswidriger Darstellungen aus dem Titel der Berücksichtigung von Wissenschaft und Kunst geht es vor allem darum, wissenschaftliche Erkenntnisse oder künstlerische Leistungen nicht zu verlieren (Rittler2 II S 326).
Die Rechtsprechung stellt dabei objektiv auf Inhalt und künstlerischen bzw. wissenschaftlichen Charakter des Werks - wobei ein besonderer künstlerischer oder wissenschaftlicher Rang nicht vorausgesetzt wird -, auf dessen Aufmachung (Ausstattung), auf die näheren Umstände seiner Verbreitung sowie auf den aus dem Werk selbst und seiner Verbreitungsart erkennbaren Zweck (5 Os 1070/54, zitiert bei Mayerhofer/Rieder, Das österreichische Strafrecht III/2 auf S 803 unter Nr. 27), und subjektiv auf die Ehrlichkeit des künstlerischen oder wissenschaftlichen Strebens seiner Urheber ab (EvBl. 1971/132, EvBl. 1972/196, EvBl. 1974/258 = JBl. 1974, S 485, EvBl. 1975/141 und die bei Leukauf-Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze, auf S 415 unter Nr. 16 ff zitierten weiteren Entscheidungen).
Bei dem in Rede stehenden Druckwerk 'Rechtsextremismus in Österreich nach 1945' handelt es sich um ein vom D herausgegebenes, vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung gefördertes und im B erschienenes, vom Bundesminister für Inneres Erwin R mit einem Geleitwort versehenes zeitgeschichtliches Werk, welches nach seinem objektiven Inhalt, seinem Charakter, seiner Bestimmung für einen zeitgeschichtlich und politisch interessierten Leserkreis und seinem Zweck, die Aktivitäten rechtsextremer Gruppen und deren Repräsentanten aufzuzeigen, die, falls sie nicht rechtzeitig erkannt werden und ihnen nicht wirksam entgegengetreten wird, zu einer ernsten Gefährdung der Demokratie führen können, sowie auf Grund des offensichtlichen ehrlichen wissenschaftlichen Strebens und der fachlichen Qualifikation der Verfasser eindeutig der Wissenschaft zuzuordnen ist.
Auch die Methode jeder wissenschaftlichen Arbeitsweise, die darin besteht, das Material zu sammeln, sodann zu ordnen und aus dem derart aufbereiteten Material Gesetzmäßigkeiten zu erkennen und Lehrsätze aufzustellen, ist beim vorliegenden Werk unverkennbar gegeben.
Der wissenschaftliche Charakter des Buches und die dem Aufzeigen der Tätigkeit von unter Anführung bestimmter - ursprünglich vom Privatankläger gar nicht als unrichtig bezeichneter - Tatsachen als rechtsextrem oder rechtsradikal gewerteten Personen zugrundeliegende wissenschaftliche Zielsetzung schließen gemäß Art. 17 Abs. 1 StGG eine gerichtliche Verfolgung wegen der vorliegend in Betracht kommenden - durch einfaches Strafgesetz normierten - Tatbestände aus.
Den Beschuldigten wäre daher auch zuzubilligen, nur ein - sogar
verfassungsgesetzlich gewährleistetes -
Recht ausgeübt zu haben (§ 114 Abs. 1 StGB).
Davon abgesehen würde, wenn im Rahmen einer solchen wissenschaftlichen Dokumentation einzelne Personen auf Grund der gewonnenen Erkenntnisse als rechtsextrem oder rechtsradikal gewertet werden, einer dadurch allenfalls bewirkten Beeinträchtigung der Ehre der Betroffenen weniger Gewicht beizumessen sein, als dem Interesse an einer wissenschaftlichen Untersuchung und Veröffentlichung demokratiegefährdender Vorgänge und Entwicklungen.
Die vorliegende Veröffentlichung erfolgte daher auch in Wahrnehmung allgemein anerkannter schutzwürdiger Interessen (§ 114 Abs. 2 StGB), denen gegenüber der Ehrenschutz des einzelnen zurückzutreten hat (siehe Kienapfel, Grundriß des österreichischen Strafrechtes, Besonderer Teil I S 174
f; Proske, Der strafrechtliche Ehrenschutz im Lichte des Entwurfes eines Mediengesetzes, ÖJZ 1977 S 4 und 5).
Die Beschlagnahme des Buches 'Rechtsextremismus in Österreich nach 1945' und die von der Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien verfügte Fortsetzung des Verfahrens gegen Kurt Q und andere Personen verstoßen somit gegen die Bestimmungen des Art. 17 Abs. 1 StGG, des § 114 Abs. 1 StGB und des § 38 PresseG.
Mangels Vorliegens einer zur Zuständigkeit der Gerichte gehörigen strafbaren Handlung wäre der Antrag des Privatanklägers Dr. Karl L auf Beschlagnahme des Druckwerkes 'Rechtsextremismus in Österreich nach 1945' abzuweisen und von der Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien in sinngemäßer Anwendung der §§ 109 Abs. 2 und 486 Abs. 3 in Verbindung mit § 485 Abs. 1 Z 4 StPO das Verfahren einzustellen gewesen.
Was im besonderen die Anordnung der Beschlagnahme des Buches 'Rechtsextremismus in Österreich nach 1945' anlangt, so wäre diese Maßnahme - vom Mangel eines strafbaren Inhaltes abgesehen - auch deshalb rechtswidrig, weil die Gesetze im Sinne der Grundrechte zu interpretieren sind (Ermacora, Verfassungsrecht und Meinungsäußerung in 'Richter und Journalisten' S 33 ff) und bei behördlichen Eingriffen in verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte stets auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - das Übermaßverbot - als Ermessensrichtlinie heranzuziehen ist.
Dies gilt insbesondere dort, wo die Menschenrechtskonvention - wie im Art. 10 Abs. 2 - auf das Erfordernis des in einer demokratischen Gesellschaft Unentbehrlichen bzw. Notwendigen abstellt (siehe hiezu Berka, die Europäische Menschenrechtskonvention und die österreichische Grundrechtstradition, ÖJZ 1979 S 372 ff), und für den Maßnahmevollzug schlechthin (siehe Hartmann, Die Gerichtsberichterstattung, RZ 1970 S 133 f; Nowakowski, Festschrift für Christian Broda S 203; Jescheck, Lehrbuch des Strafrechts, Allgemeiner Teil S 17).
Überlegungen in dieser Richtung sind bei der Entscheidung über die Zulässigkeit der Beschlagnahme überhaupt nicht angestellt worden. Wird auf den wissenschaftlichen Charakter des Buches 'Rechtsextremismus in Österreich nach 1945' und das aus ihm hervorleuchtende Anliegen der Autoren, einer Gefährdung der demokratischen Gesellschaft entgegenzuwirken, Bedacht genommen, tritt jedoch das Übermaß des durch die Beschlagnahme dieses Werkes bewirkten und zufolge der Bestimmung des § 39 PresseG fortdauernden Eingriffes klar zutage.' Der Beschwerde kommt teilweise Berechtigung zu.
Vorausgeschickt muß werden, daß die Beurteilung eines Menschen als (politisch) rechts- oder linksstehend an sich nur eine - möglicherweise falsche - Einschätzung dessen politischen Standortes ist und in der Regel nicht den Gegenstand einer Beleidigung bildet; dies - nach der Lehre -
sogar wenn der solcherart apostrophierte als Links- oder Rechtsradikaler bezeichnet wird (vgl. dazu Kienapfel I, Delikte gg. Persönlichkeitswerte, RN 985).
Man kann diesbezüglich verschiedener Meinung sein.
Sicher ist jedenfalls, daß der Vorwurf des 'Rechtsextremismus auf der sozialen Basis faschistischer Bewegungen' ganz anders zu beurteilen ist. Denn es hat sich das befreite Österreich nach dem Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft u.a. durch das im Verfassungsrang stehende Verbotsgesetz (StGBl. 13/1945 in der Fassung der Verfassungsgesetze StGBl. 1945/127 und BGBl. 1946/16, der Bundesverfassungsgesetze BGBl. 1946/177 und BGBl. 1947/25 (Nationalsozialistengesetz) und der Bundesgesetze BGBl. 1955/285 und BGBl. 1968/74) und durch den Staatsvertrag, betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich (BGBl. 152/1955), in letzterem Fall sogar völkerrechtlich verbindlich, vom nationalsozialistischen und faschistischen Gedankengut in derart qualifizierter Weise distanziert, daß die Abstempelung eines anderen als 'Faschist', 'Nationalsozialist' oder 'Rechtsextremist' (in der obigen Bedeutung) auf jeden Fall dazu geeignet ist, den so Benannten einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung zu zeihen.
Auszugehen ist weiters davon, daß das Pressegesetz keine Bestimmungen darüber enthält, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen das Gericht die Beschlagnahme eines Druckwerks anordnen kann. § 37 PresseG handelt lediglich von der vorläufigen Beschlagnahme durch den Staatsanwalt und die Sicherheitsbehörden; § 38 PresseG bestimmt nur, daß im Fall der gerichtlichen Anordnung oder Bestätigung der Beschlagnahme wegen eines als strafbar bezeichneten Inhalts anzugeben ist, welche Stelle des Druckwerks den strafbaren Inhalt ergebe und welche strafbare Handlung sie begründe;
§ 42 PresseG wieder regelt bloß das selbständige Verfahren, das seinem Wesen nach eine sichernde Maßnahme ist, die sich gegen das Werk selbst richtet (SSt 15/79);
deshalb kommt es auch nicht auf eine bestimmte Absicht des Verfassers an, sondern auf den Sinn, den die im Druckwerk enthaltene Erklärung (objektiv betrachtet) nach der Auffassung des Verkehrs und der allgemeinen Lebenserfahrung hat (SSt 41/61 uva). Die Frage, wann das Gericht auf Beschlagnahme zu erkennen hat, ist daher grundsätzlich nach der Strafprozeßordnung zu beurteilen (SSt 7/83), wobei die dem Strafverfahren in Pressesachen immanenten Grundsätze zu beachten sind (§ 34 PresseG).
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (EvBl. 1969, 246 ua) und auch nach der Lehre (Swoboda-Hartmann 130, Leukauf-Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze 506) setzt ein Beschlagnahmebeschluß gemäß § 38
PresseG das Vorliegen des objektiven Tatbildes eines Presseinhaltsdeliktes voraus. Eine Beschlagnahme ist demnach nur zulässig, wenn sich sämtliche objektiven Merkmale einer strafbaren Handlung im Druckwerk dargestellt finden (SSt 16/17). Ergibt die Prüfung eines Druckwerkes, daß dessen Inhalt einem strafgesetzlichen Tatbild entspricht, dann bedarf es in der Regel einer weiteren Untersuchung auf Rechtswidrigkeit nicht; denn es indiziert im allgemeinen ein tatbildmäßiges Verhalten die Rechtswidrigkeit. Das besagt aber nicht, daß dem Gericht vorliegende - etwa aus dem Druckwerk selbst erhellende - (objektive) Unrechtsausschließungsgründe bei der Beurteilung der Zulässigkeit eines Beschlagnahmebeschlusses nicht zu berücksichtigen wären; das Gegenteil ergibt sich aus dem Prinzip der materiellen Wahrheit (§ 3 StPO) und dem Wesen der Rechtfertigungsgründe, die die Rechtswidrigkeit der tatbildmässigen Handlung ausschließen und solcherart die im Druckwerk enthaltene Äußerung (ausnahmsweise) zu einer rechtmäßigen machen (Swoboda-Hartmann 137, Kadecka 109, Leukauf-Steininger2 75).
Daß durch die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit der Wissenschaft (Forschung) und ihrer Lehre - solange sich jene im Rahmen der Menschenrechte bewegt (vgl. dazu Ermacora, Handbuch der Grundfreiheiten und der Menschenrechte
474) - Eingriffe in die Rechte Dritter gerechtfertigt werden, ist unbestritten. Gerechtfertigt aus dem Grundrecht des Art. 17 StGG kann allerdings nur ein Verhalten sein, das dem Begriff der wissenschaftlichen Tätigkeit (Forschung und/oder Lehre) entspricht. Dies hat im allgemeinen sowohl objektiv wissenschaftlichen Charakter der Betätigung, als auch subjektiv wissenschaftliches Streben des Verfassers zur Voraussetzung. Die Frage nach subjektiv wissenschaftlichem Streben kann daher dann nicht ins Spiel kommen, wenn schon nach der Form und Aufmachung der Darbietung (des Werks) sowie nach dem angesprochenen Personenkreis klar erkennbar ist, daß es sich um keine wissenschaftliche Veröffentlichung handelt, das Werk also (bereits) aus diesem Grund von vornherein keinen wissenschaftlichen Anspruch erheben kann (vgl. i.d.S. 13 Os 14/ 80).
Schimpfworte und Schmähungen gehören sicherlich nicht zur Wissenschaft (vgl. dazu Ermacora, aaO 469). Sie können auch nicht im Recht der freien Meinungsäußerung (Art 13 StGG) ihre Rechtfertigung finden; denn es darf dieses Recht nur innerhalb der gesetzlichen Schranken ausgeübt werden und es bleibt jedermann für die dabei etwa erfolgten Gesetzesverletzungen verantwortlich. Art. 13 StGG bedeutet also nicht, daß der Herausgeber (Verfasser) eines Druckwerkes strafrechtlich nicht verfolgt werden darf, wenn er sich durch das Druckwerk einer Verletzung der Ehre eines anderen, einer Verletzung der Sittlichkeit oder einer sonstigen strafbaren Handlung schuldig macht (VfSlg 2283 ua).
Anders als die Beschwerde ersichtlich vermeint, besagt die aus der Zusammenschau erfolgte Bewertung eines aus mehreren Beiträgen bestehenden (Gesamt-)Werkes (in toto) als wissenschaftlich durchaus nicht, daß jeder Teil davon allein schon deswegen der Wissenschaft zuzuzählen ist. Es können vielmehr einzelne Teile davon ohneweiters (nur) Gegenstand einer Meinungsäußerung sein, deren Freiheit nach dem Gesagten nach anderen rechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen ist (vgl. dazu Ermacora aaO 469 f).
Ob eine gedankliche Stellungnahme als Wissenschaft oder als Meinungsäußerung anzusehen ist, hängt, wie überhaupt die Frage, ob das, was man betreibt, Wissenschaft ist, von verschiedenen Kriterien, darunter auch vom subjektiven Urteil, vom Streben nach wissenschaftlicher Wahrheit ab (siehe dazu insbes. Ermacora aaO 468). Insoferne reicht die der Rechtsfrage nach der Rechtfertigung eines inkriminierten Verhaltens aus dem Grunde der Freiheit der Wissenschaft und Lehre vorgeschaltete Frage nach einer wissenschaftlichen Zielsetzung und der Eignung des in diese Richtung Unternommenen, dieses Ziel zu erreichen, (schon) in den Bereich des Tatsächlichen, dessen Beurteilung im Rahmen einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes dem Obersten Gerichtshof allerdings entzogen ist.
Die Beschwerde übersieht, daß der von ihr erwähnte Verhältnismäßigkeitsgedanke im Pressegesetz nicht expressis verbis verankert ist. Er kommt daher nur bei der Auslegung des Gesetzes zum Tragen. Eine das berücksichtigende Gesetzesinterpretation kann allerdings niemals dazu führen, daß einem Privatankläger nur unter Berufung auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz die Einleitung des Provisorialverfahrens nach § 38 PresseG (vgl. dazu Swooboda-Hartmann 126, 130) verweigert sind, das ua der Sicherung des Verfalles dient, dessen Anordnung im Falle eines Schuldspruches oder eines Ausspruches gemäß § 42 PresseG - vom Umfang der Verfallserklärung abgesehen (SSt 41/47) -
auch nicht im Ermessen des Gerichtes liegt.
Sinnvoll kann im übrigen die Anwendung des Verhältnisprinzips - wie es die Beschwerde sieht - nur in Bezug auf die Vorbehaltsklausel des Art. 13 StGG sein (vgl. dazu Berka in ÖJZ 1979, S 372). In Ansehung des Grundrechtes der Freiheit der Wissenschaft (und ihrer Lehre) müßte sie (umgekehrt) zu einer Beschränkung dieses Rechtes führen, das seiner historischen Entwicklung nach verschiedentlich als ein subjektiv an die mit der Forschung und Lehre befaßten Personen gebundenes Recht angesehen wird (vgl. dazu Ermacora aaO 470 ff, Stadler-Richter in EuGRZ 76, S 371).
Einzuräumen ist allerdings der Beschwerde, daß der Verhältnismäßigkeitsgedanke (auch) über das materielle Recht im Presseverfahren Eingang findet. Nach § 114 Abs. 1
StGB ist nämlich straffrei, wer (in einem Druckwerk etwas behauptet, was die Ehre eines anderen verletzt, wenn er) in Ausübung einer Rechtspflicht oder in Verfolgung eines Rechtes notwendigerweise und nicht wider besseres Wissen handelt (9 Os 70, 71/76 und 10 Os 177, 178/77 = RZ 1978, 35 = EvBl. 1978, 126). Ein Recht übt ua aus, wer berechtigte Interessen (anderer) wahrnimmt (siehe dazu Roeder 229 ff, Nowakowski in ÖJZ 1974, S 619, Proske in ÖJZ 1977, S 4, 5). Dies tut nach herrschender Lehre (Proske a.a.O, Hoffmann in NJW 1966, S 1200, Uhlitz in NJW 1967, S 129, Schönke-Schröder, 18. Auflage S 1212 ff) jedermann, der sich an der öffentlichen Auseinandersetzung über die Gestaltung von Angelegenheiten der Allgemeinheit in Form der kontroversiellen Diskussion oder der einseitigen Kritik (Stellungnahme) beteiligt. Wirkt er doch solcherart an der politischen Willensbildung und der öffentlichen Kontrolle von Personen und Personengruppen mit, die im politischen Leben stehen und u.U. die Macht haben, das öffentliche Wohl durch ihre Entscheidungen oder Maßnahmen zu beeinflussen. Und gerade diese Mitwirkung des einzelnen Bürgers an der staatlichen Willensbildung ist in einem liberalen und demokratischen Staat unabdingbar, weil sie das Funktionieren der demokratischen Staatsordnung gewährleistet, die diesem allenfalls drohende Gefahren aufzeigt und darüber hinaus insoferne vor der Erstarrung des öffentlichen Lebens schützt, als sich in der Fülle der einzelnen Meinungen ein breites Spektrum an Möglichkeiten für die Lösung von Fragen des öffentlichen Interesses zeigt.
Straffreiheit wegen Wahrung berechtigter Interessen wird in der Regel aber nur dann zuzubilligen sein, wenn sich einerseits der Eingriff in jenen Schranken hält, die ein mit rechtlichen Werten verbundener Mensch von selbst zu wahren pflegt, und wenn andererseits der vom Täter erstrebte (und von der Rechtsordnung gebilligte) Zweck in einer vernünftigen Relation zum Gewicht des Eingriffes steht. Demzufolge dürfen zur Wahrung (fremder oder eigener) Interessen Rechte anderer nur in jenem Maß beeinträchtigt werden, das zur Erzielung des Erfolges unerläßlich ist. Darüber hinausgehende Rechtsbeeinträchtigungen sind nicht gerechtfertigt, sie können jedoch im Falle eines Irrtums über die Eignung zur Interessenswahrung entschuldbar sein (vgl. Schönke-Schröder a.a.O. 1217).
Vorliegend hat nun der Untersuchungsrichter in tatsächlicher Hinsicht angenommen, daß der Beschuldigte gegen den Privatankläger den Vorwurf erhoben hat, Rechtsextremist (im oben aufgezeigten Sinn) zu sein. Darin hat er das objektive Tatbild des § 111 Abs. 2 StGB verwirklicht gesehen. In dieser (rechtlichen) Wertung des festgestellten Sachverhaltes, an den der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Rechtsfrage im Rahmen der vorliegenden Wahrungsbeschwerde gebunden ist, kann an sich ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden. Allerdings hat sich das Erstgericht in der Beschlagnahmeentscheidung und die Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien in der Beschwerdeentscheidung weder in tatsächlicher, noch in rechtlicher Hinsicht mit der hier im Vordergrund stehenden Frage einer (allfälligen) Rechtfertigung aus den bezeichneten Gründen befaßt und demnach keine Feststellungen über eine (wissenschaftliche oder auf Wahrung berechtigter Interessen gerichtete) Zielsetzung der Publikation getroffen, die der Oberste Gerichtshof seiner Entscheidung zugrunde legen könnte. Erörterungen darüber wären erforderlich gewesen, weil sich einerseits die Autoren schon im Vorwort (S 8 und 9) auf wissenschaftliche Ziele und einen Forschungsauftrag berufen und weil andererseits gegebenenfalls nach der Thematik und deren Aufbereitung ein wissenschaftlicher Anspruch nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann.
Durch das Unterbleiben derartiger Erörterungen, die, wie erwähnt, ins Tatsächliche reichen und entscheidungswesentliche Umstände betreffen, wurde das Gesetz in den im Spruche angegebenen Bestimmungen verletzt. Dies müßte an sich zur Aufhebung des im Spruch bezeichneten (Beschlagnahme-)Beschlusses und zur Erneuerung des bezüglichen Verfahrens führen. Da jedoch der betreffende Beschluß bereits vollzogen wurde und der Vollzug ohnedies insoweit erfolglos geblieben ist, als keine zur Weiterverbreitung bestimmten Stücke des Druckwerkes gefunden wurden, auf die sich die Beschlagnahme erstrecken könnte (S 45 d.A), kann es mit der Feststellung der Gesetzwidrigkeit sein Bewenden haben. Ausgehend davon, daß dem Privatankläger in der von ihm in der Privatanklage zitierten Textstelle ausdrücklich vorgeworfen wird, Rechtsextremist (in der oben angeführten Bedeutung) zu sein, und daß weiters zur Entscheidung über die Privatanklage hinsichtlich der Frage einer allfälligen Rechtfertigung dieses Vorwurfes nach dem Gesagten - anders als im Verfahren zur (vorläufigen) Beschlagnahme nach § 38 PresseG - auch Feststellungen zur subjektiven Tatseite erforderlich werden, die das Gericht erst nach Abführung eines Beweisverfahrens treffen kann, ist in der Weiterleitung der Akten an den Einzelrichter kein Gesetzesverstoß zu erblicken. Der Beschwerde war daher insoweit ein Erfolg zu versagen.
Es war daher spruchgemäß zu erkennen.
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