Spruch:
Die Urteile des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 18. Juli 1986, GZ 13 U 1400/85-8, und des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 12. Februar 1987, AZ 4 Bl 31/87, verletzen das Gesetz in der Bestimmung des § 114 Abs. 1 StGB.
Diese Urteile und alle darauf beruhenden Beschlüsse und Verfügungen werden aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Gründe:
Marianne T*** brachte am 11. September 1985 beim
Bezirksgericht Klagenfurt (AZ 13 U 1400/85) eine Privatanklage gegen Paul G*** und Cäcilia G*** wegen übler Nachrede ein, weil die Genannten in ihrer gegen sie erhobenen Besitzstörungs- und Unterlassungsklage (AZ 7 C 390/85 des Bezirksgerichtes Klagenfurt) behauptet hatten, die Privatanklägerin übe in ihrer Eigenschaft als Hausbesorgerin ein Terrorregime gegenüber den Kindern der Wohnungseigentümergemeinschaft Fischlstraße 15 in Klagenfurt aus. In der erwähnten Besitzstörungsklage war dazu vorgebracht worden, daß Kinder von Marianne T*** angeschrien, verjagt und bedroht würden, und die Beklagte am 5. April 1985 dem Sohn der Kläger einen Ball weggenommen und sodann dessen Rückgabe verweigert habe. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 18. Juli 1986, GZ 13 U 1400/85-8, wurden Paul G*** und Cäcilia G*** schuldig erkannt, im April 1985 Marianne T*** durch die (im Besitzstörungsverfahren aufgestellte) Behauptung der Ausübung eines Terrorregimes gegenüber Kindern der Wohnungseigentümerschaft in einer für Dritte wahrnehmbaren Weise einer verächtlichen Eigenschaft und Gesinnung geziehen und hiedurch das Vergehen der üblen Nachrede nach § 111 Abs. 1 StGB begangen zu haben.
Die dagegen von Paul G*** und Cäcilia G*** erhobene Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe blieb erfolglos (Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 12. Februar 1987, AZ 4 Bl 31/87, ON 13 in 13 U 1400/85 des Bezirksgerichtes Klagenfurt).
Rechtliche Beurteilung
Die bezeichneten Urteile des Bezirksgerichtes Klagenfurt und des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht verletzen, wie der Generalprokurator zutreffend in der gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde aufzeigt, das Gesetz in der Bestimmung des § 114 Abs. 1 StGB.
Wird durch eine nach § 111 StGB tatbestandsmäßige Handlung ein Recht ausgeübt, so ist die Tat gemäß § 114 Abs. 1 StGB ohne Rücksicht auf den Wahrheitsgehalt der betreffenden Äußerung gerechtfertigt, es sei denn, daß die Angaben bewußt wahrheitswidrig gemacht wurden. Deshalb trifft den in Rechtsausübung (oder Rechtspflichterfüllung) handelnden Täter - um diesbezüglich Straflosigkeit zu erlangen - nicht die Verpflichtung, den Wahrheitsbeweis oder den Beweis des guten Glaubens zu erbringen. Vielmehr obliegt es dem Ankläger, dem Beschuldigten ein Handeln wider besseres Wissen nachzuweisen (Leukauf-Steininger, StGB2 RN 4; Foregger im Wiener Kommentar Rz 6 jeweils zu § 114 StGB; SSt 48/97 = EvBl. 1978/126 = RZ 1978/35 = ÖJZ-LSK 1978/118, 119; SSt 51/12). Für die Beurteilung des inkriminierten Tatverhaltens nach § 111 Abs. 1 StGB ist im vorliegenden Fall daher entscheidend, ob die von den Verurteilten in ihrer gegen die Privatanklägerin erhobenen (Besitzstörungs- und Unterlassungs-)Klage zur Begründung ihres Begehrens vorgebrachte (ehrverletzende) Behauptung bewußt wahrheitswidrig erhoben wurde, weil ihnen andernfalls der (von amtswegen zu prüfende) Rechtfertigungsgrund des § 114 Abs. 1 StGB zuzubilligen wäre. Hiezu fehlen jedoch Feststellungen, sodaß eine abschließende rechtliche Beurteilung nicht möglich ist. Das Urteil erster Instanz ist somit zum Nachteil der Verurteilten mit Feststellungsmängeln im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b (§ 468 Abs. 1 Z 4) StPO behaftet, die das Berufungsgericht gemäß § 477 Abs. 1 StPO von amtswegen hätte wahrnehmen müssen.
Verjährung ist nicht eingetreten, weil ab Rechtskraft eines über die Tat gefällten verurteilenden Erkenntnisses für die Dauer von dessen Bestand eine Aufhebung der Strafbarkeit durch Verjährung ausgeschlossen ist (nochmals SSt 51/12; ebenso RZ 1980/67). Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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