Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 336,82 EUR (darin 56,14 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Gegenstand des Rechtsstreits ist der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Urlaubsbeihilfe für das Jahr 2012 nach dem auf das Arbeitsverhältnis unstrittig anzuwendenden Kollektivvertrag für Angestellte und Lehrlinge in Handelsbetrieben (KV). Abschnitt C der Gehaltsordnung des KV lautet auszugsweise:
„ C. URLAUBSBEIHILFE
a) Mit Ausnahme der Platzvertreter mit Provision und der Reisenden mit Provision erhalten alle Angestellten und Lehrlinge im Kalenderjahr beim Antritt ihres gesetzlichen Urlaubes, falls dieser in Teilen gewährt wird, bei Antritt des längeren, bei gleich großen Urlaubsteilen bei Antritt des ersten Urlaubsteiles, spätestens aber am 30. Juni eine Urlaubsbeihilfe. Diese beträgt 100 Prozent des im Zeitpunkt des Urlaubsantrittes bzw am 30. Juni zustehenden Bruttomonatsgehaltes bzw der monatlichen Lehrlingsentschädigung. Steht bei Urlaubsantritt die Beendigung des Arbeits‑ oder Lehrverhältnisses bereits fest, gebührt der aliquote Teil der Urlaubsbeihilfe.
b) Den während eines Kalenderjahres eintretenden Angestellten und Lehrlingen gebührt für dasselbe lediglich der aliquote Teil der Urlaubsbeihilfe. Erfolgt der Eintritt nach dem 30. Juni, ist diese aliquote Urlaubsbeihilfe am 31. Dezember des laufenden Kalenderjahres, berechnet nach der Höhe des Dezembergehaltes bzw der Dezemberlehrlingsentschädigung auszubezahlen.
c) Den während des Kalenderjahres austretenden Angestellten und Lehrlingen gebührt für dasselbe ebenfalls der aliquote Teil der Urlaubsbeihilfe, und zwar berechnet nach dem letzten Bruttomonatsgehalt bzw nach der letzten Lehrlingsentschädigung.
d) […]
e) Wenn ein Angestellter oder Lehrling nach Erhalt der für das laufende Kalenderjahr gebührenden Urlaubsbeihilfe sein Arbeitsverhältnis selbst aufkündigt, aus seinem Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt oder infolge Vorliegens eines wichtigen Grundes vorzeitig entlassen wird, muss er sich die im laufenden Kalenderjahr anteilsmäßig zu viel bezogene Urlaubsbeihilfe auf seine ihm aus dem Arbeitsverhältnis zustehenden Ansprüche (insbesondere Restgehalt und Weihnachtsremuneration) in Anrechnung bringen lassen. […]
f) […]“
Die Klägerin war vom 14. 4. 2009 bis zum 15. 8. 2012 als Angestellte bei der Beklagten beschäftigt. Sie konsumierte im Lauf des ersten Halbjahrs 2012 insgesamt sieben, großteils vereinzelte Urlaubstage. Das Arbeitsverhältnis endete durch Arbeitgeberkündigung, die die Beklagte mit Schreiben vom 12. 6. 2012 zum 15. 8. 2012 aussprach. Im zweiten Halbjahr 2012 konsumierte die Klägerin keinen Urlaub. Sie erhielt 1.962,30 EUR an aliquoter Urlaubsbeihilfe für den Zeitraum 1. 1. 2012 bis 15. 8. 2012.
Die Klägerin begehrt, gestützt auf den Kollektivvertrag, die Zahlung des der Höhe nach nicht strittigen Differenzbetrags an restlicher Urlaubsbeihilfe in der Höhe von 1.187,70 EUR sA für das gesamte Jahr 2012.
Die Beklagte wandte dagegen im Wesentlichen ein, dass die Urlaubsbeihilfe nach den Bestimmungen des Kollektivvertrags zu aliquotieren sei, weil die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ende des Kalenderjahres infolge der am 12. 6. 2012 ausgesprochenen Kündigung bereits zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Urlaubsbeihilfe bekannt gewesen sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Urlaubsbeihilfe sei entsprechend den Bestimmungen des KV jeweils bei Antritt des „Haupturlaubs“, spätestens aber am 30. 6. fällig. Ausgehend davon, dass die Klägerin nur sieben Tage Urlaub im ersten Halbjahr 2012 konsumiert habe, stehe fest, dass der längere Urlaubsteil nach dem 30. 6. 2012 liege. Da zu diesem Zeitpunkt aber infolge der schon davor ausgesprochenen Kündigung festgestanden sei, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin beendet werde, sei der Anspruch zu aliquotieren.
Das Berufungsgericht gab der von der Klägerin gegen dieses Urteil erhobenen Berufung nicht Folge. Aus Abschnitt C Abs b) und c) der Gehaltsordnung des KV sei der Grundsatz zu entnehmen, dass die Urlaubsbeihilfe den Angestellten und Lehrlingen, die nicht während des gesamten Kalenderjahres beschäftigt seien, nur aliquot gebühre. Dieser Grundsatz werde nur in jenen Fällen durchbrochen, in denen die volle Urlaubsbeihilfe aufgrund eines angetretenen und die Fälligkeit auslösenden Urlaubs bereits bezahlt worden sei. Durch die Einführung des Sondertatbestands in Abschnitt C Abs a) letzter Satz der Gehaltsordnung des KV sollte das unbefriedigende Ergebnis vermieden werden, dass die Aliquotierungsregel nur auf jene Fälle anzuwenden sei, in denen das Arbeitsverhältnis vor Verbrauch des Urlaubs bzw vor Eintritt der Fälligkeit ende. Ungeachtet der Textierung „bei Urlaubsantritt“ müsse die Aliquotierungsregel in dem Sinn verstanden werden, dass bei jeder Fälligkeit der Urlaubsbeihilfe zu einem Zeitpunkt, in dem die Beendigung feststehe, nicht mehr die volle Urlaubsbeihilfe auszuzahlen sei. Diese Auslegung sei geboten, weil den Kollektivvertragsparteien nicht unterstellt werden könne, dass Arbeitnehmer, die während der Kündigungsfrist ihren Resturlaub verbrauchen und daher lediglich Anspruch auf aliquote Urlaubsbeihilfe haben, schlechter gestellt seien, als Arbeitnehmer, deren Anspruch auf Urlaubsbeihilfe mangels Urlaubsantritts während der Kündigungsfrist mit 30. Juni fällig werde. Dass Arbeitnehmer, die ihren „Haupturlaub“ bereits konsumiert haben, die Urlaubsbeihilfe bei „Dienstnehmerkündigung“ (gemeint aber unzweifelhaft: Arbeitgeberkündigung) im vollen Umfang behalten dürften, sei Folge einer bewusst normierten Ausnahmeregelung für bestimmte Fallkonstellationen. Darin liege aber keine Gleichheitswidrigkeit, weil der Gedanke der Schutzwürdigkeit einer (gutgläubigen) Disposition über die bereits ausbezahlte Urlaubsbeihilfe nicht verallgemeinerungsfähig sei, aber eine Ungleichbehandlung dieser Fallkonstellation rechtfertige.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil der Auslegung von Kollektivverträgen regelmäßig erhebliche Bedeutung zukomme und höchstgerichtliche Rechtsprechung zur hier vorliegenden Auslegungsfrage nicht vorliege.
Gegen dieses Urteil richtet sich die von der Beklagten beantwortete Revision der Klägerin.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.
1. Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend dargestellt hat, ist der normative Teil von Kollektivverträgen gemäß den für die Auslegung von Gesetzen maßgeblichen Bestimmungen der §§ 6, 7 ABGB auszulegen, sodass vor allem dem Wortlaut der jeweiligen Bestimmungen für die Auslegung maßgeblich ist (RIS‑Justiz RS0010088 uva). Den
Kollektivvertragsparteien darf dabei grundsätzlich unterstellt werden, dass sie eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen sowie einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen wollten, sodass bei mehreren an sich in Betracht kommenden
Auslegungsmöglichkeiten, wenn alle anderen
Auslegungsgrundsätze versagen, jener der Vorzug zu geben ist, die diesen Anforderungen am meisten entspricht (RIS‑Justiz RS0008828; RS0008897). Wird ein Anspruch auf Remuneration durch eine kollektivvertragliche Bestimmung wie hier geschaffen, so ist für ihre Auslegung im Anwendungsbereich des Angestelltengesetzes auch zu beachten, dass § 16 AngG mit einseitig zwingender Wirkung (§ 40 AngG) zur Anwendung gelangt ( Preiss in ZellKomm² § 16 Rz 7; RIS‑Justiz RS0030313, zu dieser Bestimmung vgl jüngst 9 ObA 82/13v).
2.1 In der Entscheidung 4 Ob 53/68 (EvBl 1969/123) nahm der Oberste Gerichtshof zu Abschnitt C der Gehaltsordnung in der ab 1. 1. 1968 gültigen Fassung Stellung. Diese Regelungen stimmen mit den noch geltenden im Wesentlichen überein, dies mit der Ausnahme, dass die Fälligkeit der Urlaubsbeihilfe am 30. 9. lag und dass der letzte Satz des Abs a) noch nicht existierte. Der Oberste Gerichtshof führte aus, dass Abs a) die Höhe und Fälligkeit der Urlaubsbeihilfe derjenigen Angestellten regle, die während des ganzen Kalenderjahres beim zahlungspflichtigen Arbeitgeber beschäftigt sind. Abs b) bestimme Höhe und Fälligkeit der Urlaubsbeihilfe derjenigen Angestellten, die während eines Kalenderjahres eintreten, Abs c) bestimme die Höhe der Urlaubsbeihilfe derjenigen Angestellten, die während des Kalenderjahres austreten. Abs e) regle, in welchen Fällen ein während des Kalenderjahres austretender Angestellter sich die im laufenden Kalenderjahr anteilsmäßig zu viel bezogene Urlaubsbeihilfe auf seine aus dem Arbeitsverhältnis zustehenden Ansprüche anrechnen lassen muss. Diese Bestimmung solle verhindern, dass eine gutgläubig verbrauchte Urlaubsbeihilfe zurückzuzahlen ist (vgl dazu bereits 4 Ob 46/63 = Arb 7748; RIS‑Justiz RS0028125).
In 4 Ob 53/68 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis am 31. 12. 1967 zum 31. 3. 1968 und konsumierte der Kläger seinen gesamten Jahresurlaub für das (am 18. 3. 1968 beginnende) Urlaubsjahr 1968/1969 einvernehmlich in der Zeit vom 4. 3. bis 31. 3. 1968. Der Oberste Gerichtshof lehnte die Ansicht des Klägers, ihm gebühre gemäß Abschnitt C Abs a) der Gehaltsordnung die gesamte Urlaubsbeihilfe für das Jahr 1968 mit der Begründung ab, dass der Kläger nicht das gesamte Kalenderjahr als Arbeitnehmer tätig war, sodass der in den Abs b) und c) normierte Grundsatz der „in allen Fällen geltenden Aliquotierung“ zur Anwendung gelange (RIS‑Justiz RS0059035).
2.2 Ähnlich führte der Oberste Gerichtshof zu den insofern vergleichbaren Bestimmungen des damals geltenden Kollektivvertrags für Angestellte in den genossenschaftlichen Molkereien aus, dass aus der Regelung über die Fälligkeit einer Sonderzahlung nicht abgeleitet werden könne, dass diese zur Gänze zusteht, wenn der Kollektivvertrag grundsätzlich eine Aliquotierung für während des Jahres ein‑ oder austretende Angestellte vorsieht (4 Ob 25/72 = DRdA 1974, 82 mit krit Anm von Jakusch ).
2.3 In der Entscheidung 4 Ob 30/84 (die ebenfalls noch zur bereits dargestellten früheren Fassung des Kollektivvertrags erging) wurde ein Handelsangestellter am 12. 1. 1983 zum 15. 3. 1983 gekündigt und verbrauchte in der Kündigungsfrist fünf Wochen Urlaub, und zwar eine Woche „alten“ und vier Wochen „neuen“ Urlaub. Dem Kläger wurde die ungekürzte Urlaubsbeihilfe zugesprochen. Nach Abs a) sei die Urlaubsbeihilfe bei Urlaubsantritt jedenfalls fällig. Der Umstand, dass der Urlaub erst nach Aufkündigung des Arbeitsverhältnisses angetreten worden sei, ändere nichts daran. Infolge der Arbeitgeberkündigung wäre auch eine Rückverrechnung gemäß Abs e) nicht möglich. Die Bestimmung des Abs c) sei offenbar nur auf jene Fälle anzuwenden, in denen das Arbeitsverhältnis noch vor Verbrauch des Urlaubs ende. Jede andere Auslegung müsse zu dem unbefriedigenden Ergebnis führen, dass ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis einen Tag nach Antritt seines Urlaubs vom Arbeitgeber aufgekündigt werde, die volle bereits erhaltene Urlaubsbeihilfe behalten dürfe, während bei Aufkündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber einen Tag vor Urlaubsantritt nur ein Anspruch auf aliquote Urlaubsbeihilfe bestünde. Sei die Urlaubsbeihilfe zur Gänze bereits bei Urlaubsantritt fällig, könne der Anspruch des Arbeitnehmers nicht dadurch verkürzt werden, dass der Arbeitgeber rechtswidrig die bereits fällige Urlaubsbeihilfe nicht auszahle.
Hemmer (OGH korrigiert Irrmeinung zum Anspruch auf Urlaubsbeihilfe nach dem KV für die Handelsangestellten, DRdA 1984, 368) stimmte der Entscheidung 4 Ob 30/84 zu. Er führt aus, dass mit der Urlaubsbeihilfe die mit dem Verbrauch des Urlaubs üblicherweise einhergehenden erhöhten Ausgaben des Arbeitnehmers abgedeckt werden sollen. Darauf sei in der Entscheidung 4 Ob 53/68 nicht Bedacht genommen worden. Die Frage des gutgläubigen Verbrauchs stelle sich nicht. Kritisch (ebenfalls unter Hinweis auf 4 Ob 53/68), aber im Ergebnis zustimmend führte auch Andexlinger (Kommentar zu 4 Ob 30/84, ZAS 1986, 88) aus, dass zwischen Urlaub und Urlaubsbeihilfe kein echter Zurechnungszusammenhang bestehe, sondern der Anspruch nach einem „letztlich zweckfreien Fälligkeitsmechanismus“ des KV zu ermitteln sei.
2.4 Die Entscheidung 9 ObA 207/94 betraf den Kollektivvertrag für die Angestellten der Wirtschaftstreuhänder (KV Wirtschaftstreuhänder), der in Art XIII eine inhaltlich dem Abschnitt C vergleichbare Regelung des Urlaubszuschusses enthält. In dieser Entscheidung war die Arbeitnehmerin seit 4. 9. 1991 beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde von der Arbeitgeberin am 16. 3. 1992 zum 30. 4. 1992 gekündigt. Die Arbeitnehmerin konsumierte ihren Urlaub ab dem 30. 3. 1992. Sie begehrte den Urlaubszuschuss für das Jahr 1992 mit der Begründung, dass dieser zur Gänze mit dem Urlaubsantritt am 30. 3. 1992 fällig geworden sei. Die Arbeitgeberin hielt dem entgegen, dass der Anspruch gemäß Art XIII Abs 2 des KV Wirtschaftstreuhänder nur aliquot zustehe. Der Oberste Gerichtshof sprach der Klägerin die begehrte Sonderzahlung zu. Die Fälligkeit des Urlaubszuschusses trete mit Urlaubsantritt ein, was damit zu erklären sei, dass diese Sonderzahlung zur Finanzierung des mit dem laufenden Gehalt allenfalls nicht abzudeckenden Mehraufwands während des Urlaubsverbrauchs dienen solle. Die Fälligkeit des Urlaubszuschusses sei hier daher mit Antritt des („Haupt“‑)Urlaubs am 30. 3. 1992 eingetreten. Ein Fall einer Rückverrechnung gemäß Art XIII Abs 3 des KV Wirtschaftstreuhänder liege nicht vor, sodass der Urlaubszuschuss schon mit Antritt des Urlaubs zur Gänze gezahlt hätte werden müssen. Die ‑ § 16 AngG wiederholende ‑ Aliquotierungsregel des Art XIII Abs 2 KV Wirtschaftstreuhänder komme zum Tragen, wenn das Arbeitsverhältnis erst während des Kalenderjahres begonnen habe, oder vor Fälligkeit der Sonderzahlungen ende.
3. Der im vorliegenden Verfahren strittige letzte Satz des Abschnitts C Abs a) der Gehaltsordnung wurde erst nach der Entscheidung 4 Ob 30/84 geschaffen. Der hier vorliegende Fall, dass die Klägerin keinen ‑ eine Fälligkeit der Urlaubsbeihilfe gemäß Abschnitt C Abs a) der Gehaltsordnung auslösenden ‑ Urlaub angetreten hat, sodass die Urlaubsbeihilfe erst mit 30. 6. 2012 fällig wird, zu welchem Zeitpunkt aber die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits feststand, wird vom Wortlaut dieser Regelung in Abs a) nicht eindeutig erfasst. In der Lehre wird aber auch für diesen Fall vertreten, dass dem Arbeitnehmer nur der aliquote Teil der Urlaubsbeihilfe gebührt:
Löschnigg/Heinrich‑Rainer/Urleb (Handelsange-stellten‑KV 2013, 304) führen aus, dass Sonderzahlungen als zeitraumbezogene Zuwendungen für die gesamte während des Betrachtungszeitraums erbrachte Arbeitsleistung anzusehen sind, weshalb Abschnitt C Abs a), b) und c) der Gehaltsordnung eine Aliquotierung vorsehen, wenn Arbeitnehmer während des Jahres ein‑ oder austreten. Dies entspreche § 16 AngG. Stehe daher im Zeitpunkt des Urlaubsantritts die Beendigung des Arbeitsverhältnisses fest, gebühre der aliquote Teil der Urlaubsbeihilfe. Gleiches müsse ‑ wenn auch vom KV nicht ausdrücklich erwähnt ‑ gelten, wenn am 30. Juni die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits feststehe und der Arbeitnehmer noch keinen Urlaub verbraucht habe.
Maska/Steinlechner (Kollektivvertrag für Angestellte und Lehrlinge in Handelsbetrieben 248 ff) führen aus, dass der letzte Satz in Abschnitt C Abs a) der Gehaltsordnung die spezielle Sachverhaltskonstellation vor Augen habe, dass noch vor Ende des Arbeitsverhältnisses Urlaub verbraucht werde. Der KV berücksichtige, dass der Urlaubsantritt ‑ und damit die Aliquotierung der Urlaubsbeihilfe ‑ ohne Zustimmung des Arbeitnehmers nicht möglich sei. Auch dann, wenn die Fälligkeit der Urlaubsbeihilfe ‑ insbesondere am 30. 6. ‑ bereits gegeben sei und der Angestellte Urlaub erst nachher konsumiere, sei der Anspruch zu aliquotieren (aaO 250).
4. Für die Beurteilung des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs ist maßgeblich, ob die Urlaubsbeihilfe auch dann zur Gänze am 30. Juni gemäß Abschnitt C Abs a) fällig wird, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits feststeht, dass das Arbeitsverhältnis (vor Ablauf des Kalenderjahres) beendet wird. Dafür scheint der Wortlaut des Abschnitts C Abs a) der Gehaltsordnung zu sprechen. Richtig ist auch, dass ein Rückforderungstatbestand gemäß Abschnitt C Abs e) der Gehaltsordnung bei Arbeitgeberkündigung nicht vorliegt. Dennoch ergibt eine systematische und teleologische Interpretation der Bestimmungen des Abschnitts C der Gehaltsordnung in ihrem Zusammenhang (4 Ob 53/68) ‑ und hier insbesondere unter Berücksichtigung des Abs c) ‑ die Richtigkeit des von den Vorinstanzen im konkreten Fall erzielten Auslegungsergebnisses.
5.1 Zur Auslegung des letzten Satzes des Abschnitts C Abs a) der Gehaltsordnung ist nicht nur dessen Wortlaut, sondern auch dessen Stellung im Gesamtgefüge der Bestimmung zu beachten. Wie bereits ausgeführt, regelt Abs a) der Gehaltsordnung die Fälligkeit und Höhe der Urlaubsbeihilfe für jene Arbeitnehmer, die während des gesamten Kalenderjahres (4 Ob 53/68) beim zahlungspflichtigen Arbeitgeber beschäftigt sind. Demgegenüber sehen Abschnitt C Abs b) und c) der Gehaltsordnung die grundsätzliche Aliquotierung des Anspruchs auf Urlaubsbeihilfe für den Fall des Ein‑ oder Austritts eines Arbeitnehmers während des Kalenderjahres vor (RIS‑Justiz RS0059035).
5.2 Mit dem letzten Satz in Abs a) verfolgen die Kollektivvertragsparteien, worauf das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat, den Zweck, dass auch jene Arbeitnehmer, die ihren („Haupt“‑)Urlaub während der Kündigungsfrist verbrauchen, die Urlaubsbeihilfe nur mehr aliquot erhalten sollen. Richtig weisen Maska/Steinlechner darauf hin (aaO 249), dass der Urlaubsantritt und damit die Aliquotierung ohne Zustimmung des Arbeitnehmers nicht möglich sind (vgl nur Reissner in ZellKomm² § 4 UrlG Rz 3 mwN). Es bedarf dazu im Regelfall aber auch der Zustimmung des Arbeitgebers: Der Verbrauch des Urlaubs während der Kündigungsfrist kann auch im Interesse des Arbeitnehmers liegen. Die erforderliche Einwilligung des Arbeitgebers soll nicht dadurch verhindert werden, dass der Arbeitgeber in diesem Fall trotz Beendigung des Arbeitsverhältnisses die gesamte Urlaubsbeihilfe zahlen müsste.
5.3 Aus § 16 AngG ergibt sich der Grundsatz, dass ein Anspruch auf Remuneration, wenn er ‑ wie hier etwa aufgrund eines Kollektivvertrags ‑ dem Grund nach besteht, im Fall der Lösung des Arbeitsverhältnisses vor seiner Fälligkeit anteilsmäßig gebührt (RIS‑Justiz RS0028232). Nach dieser Bestimmung kann daher das Entstehen eines Anspruchs mit dessen Fälligkeit auseinanderfallen (vgl 4 Ob 25/72). Einen solchen Fall regelt auch Abschnitt C Abs a) letzter Satz der Gehaltsordnung: Der grundsätzlich mit Urlaubsantritt fällige Anspruch auf Urlaubsbeihilfe entsteht danach nur mehr in der bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses gebührenden aliquoten Höhe. Mit dieser Regelung verfolgen die Kollektivvertragsparteien erkennbar die Absicht, die Grundregel des Abschnitt C Abs c) der Gehaltsordnung, dass der Anspruch auf Urlaubsbeihilfe bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ende des Kalenderjahres nur aliquot entstehen soll (4 Ob 53/68), auf möglichst alle Fälle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Arbeitgeberkündigung zu erweitern. Abschnitt C Abs a) letzter Satz der Gehaltsordnung normiert entgegen der Rechtsansicht der Revisionswerberin nicht den einzigen Fall einer Aliquotierung, sondern schafft zusätzlich zu den in den Abs b) und c) geregelten Aliquotierungsregeln einen weiteren Tatbestand einer Aliquotierung.
Der hier zu beurteilende Fall, in dem die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ebenfalls bereits vor Fälligkeit der Urlaubsbeihilfe feststand, entspricht wertungsmäßig dem im letzten Satz des Abschnitts C Abs a) der Gehaltsordnung genannten Fall: In beiden Fällen steht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf des Kalenderjahres fest und in beiden Fällen wird der Anspruch auf Urlaubsbeihilfe erst nach diesem Zeitpunkt fällig (einmal mit dem Antritt des Urlaubs, einmal mit dem 30. Juni). Die Kollektivvertragsparteien nahmen nach dem Wortlaut des letzten Satzes des Abschnitts C Abs a) sogar in Kauf, dass die den Urlaub noch während der Kündigungsfrist antretenden Arbeitnehmer trotz einer damit allenfalls verbundenen finanziellen Mehrbelastung die Urlaubsbeihilfe nur mehr aliquot erhalten. Im Vergleich derart hatte die Klägerin, die ihren Urlaub weder bis zum 30. Juni noch danach bis zum Ende der Kündigungsfrist verbrauchte, gar keine solche Mehrbelastung.
5.4 Die Bestimmungen des Abschnitts C der Gehaltsordnung können nach ihrem erkennbaren Zweck und ihrem Zusammenhang nur so ausgelegt werden, dass dann, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wie hier vor Eintritt der nach dem KV spätest möglichen Fälligkeit der Urlaubsbeihilfe am 30. Juni bereits feststeht, der Anspruch auf Urlaubsbeihilfe am 30. Juni nur in dem der ‑ zu diesem Zeitpunkt bereits feststehenden ‑ Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses entsprechenden aliquoten Ausmaß gebührt.
6. Die von der Klägerin behauptete Gleichheitswidrigkeit dieser Auslegung liegt nicht vor. Gerade durch die hier vorgenommene Auslegung wird die Klägerin gleich behandelt wie jene Arbeitnehmer, die ihren Urlaub noch während der Kündigungsfrist verbrauchen. Die Situation der Klägerin ist auch nicht mit jener eines Arbeitnehmers vergleichbar, der seinen („Haupt“‑)Urlaub bereits zu einem früheren Zeitpunkt angetreten und daher die gesamte Urlaubsbeihilfe bereits erhalten hat, die auch im Fall einer Arbeitgeberkündigung nicht rückforderbar ist: Denn für diese Gruppe ‑ deren Arbeitsverhältnis ja im Regelfall auch nicht endet ‑ schafft der Kollektivvertrag eine Abgeltung für die mit dem Urlaub üblicherweise verbundene finanzielle Mehrbelastung, die die Klägerin nicht hatte.
Der Revision war daher nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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