OGH 9ObA5/04g

OGH9ObA5/04g9.6.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gleitsmann und Dr. Herbert Stegmüller als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Univ. Prof. Dr. Franz S*****, Primararzt, *****, vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Gemeindeverband a.ö. Bezirkskrankenhaus H*****, vertreten durch Dr. G. Heinz Waldmüller, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 17.932,90 sA und Feststellung (Streitwert EUR 13.000; Gesamtstreitwert EUR 30.932,90; Revisionsinteresse EUR 17.932,90), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. September 2003, GZ 13 Ra 34/03b-23, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionswerber bestreitet, dass vom Kläger neben einem Leistungsbegehren (Honorarentgang Jänner und Februar 2002) auch ein Feststellungsbegehren (Feststellung der Haftung des Beklagten für alle finanziellen Schäden und Nachteile des Klägers aus der Teilung eines näher bezeichneten Primariats für Innere Medizin) gestellt werden kann. Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu dieser Frage sei uneinheitlich und oft von den Umständen des Einzelfalls abhängig.

Richtig ist, dass die Revision - soweit hier relevant - dann zulässig ist, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, weil die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes uneinheitlich ist (§ 502 Abs 1 ZPO). Dies ist hier jedoch nicht der Fall:

Nach § 228 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder Rechtes Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass jenes Rechtsverhältnis oder Recht durch eine gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Auch die Verbindung eines Feststellungsbegehrens mit einem Leistungsbegehren ist nach der Rechtsprechung zulässig, wenn ein Teil der Ansprüche bereits fällig, mit weiteren Ansprüchen - wie im vorliegenden Fall - jedoch zu rechnen ist und daher durch das Feststellungsbegehren die Häufung von Rechtsstreiten vermieden werden kann (RIS-Justiz RS0038944, RS0038970 ua). Dass bereits eingetretene Schäden mit Leistungsklage geltend zu machen sind, hindert die Feststellungsklage dann nicht, wenn durch den Leistungsanspruch der Feststellungsanspruch (wegen künftig eintretender Nachteile) nicht erschöpft ist (9 Ob 411/97z ua). Nur dann, wenn wirklich feststeht, dass ein bereits anhängiger Leistungsstreit alles bringen kann, was mit dem Feststellungsbegehren erreicht werden könnte, oder wenn zumindest über das Leistungsbegehren hinausgehende Forderungen nach menschlichem Ermessen auszuschließen sind, ist im Hinblick auf ein anhängiges Leistungsverfahren das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung der Deckungspflicht zu verneinen (RIS-Justiz RS0038817, RS0038965 ua). Ein derartiger Fall ist jedoch nicht gegeben, zumal der Arbeitsvertrag des Klägers, aus dessen Verletzung er seine aktuellen und künftigen Ansprüche ableitet, bei Schluss der Verhandlung erster Instanz noch aufrecht war.

Feststellungsklagen werden häufig gerade deshalb erhoben, um die spätere Geltendmachung von Leistungsansprüchen zu erleichtern. Die Zulässigkeit der Feststellungsklage beruht auf den Grundsätzen des Rechtsschutzbedürfnisses und der Prozessökonomie (1 Ob 113/02b). Das Feststellungsinteresse iSd § 228 ZPO ist nicht schon deshalb zu verneinen, weil die Geltendmachung von Leistungsansprüchen irgendwann möglich sein wird (1 Ob 186/01m). Der Rechtssatz der Rechtsprechung, dass die Feststellungsklage nicht zuzulassen ist, wenn die Leistungsklage eingebracht werden kann, gilt nur dann, wenn durch den Leistungsanspruch auch der Feststellungsanspruch ausgeschöpft wird, das heißt, wenn weitere als die durch das Leistungsbegehren gezogenen Rechtsfolgen aus der Feststellung des fraglichen Rechtsverhältnisses oder Anspruches nicht in Betracht kommen (RIS-Justiz RS0039021 ua).

Das Berufungsgericht bejahte unter Zugrundelegung der vorstehenden Grundsätze der Rechtsprechung die Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens neben dem gleichzeitig gestellten Leistungsbegehren. Relevante Widersprüche in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, die eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründen könnten, werden vom Revisionswerber ebenso wenig aufgezeigt wie eine dem Berufungsgericht unterlaufene unvertretbare rechtliche Beurteilung. Auch das Argument des Revisionswerbers, dass die Beurteilung der Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens "oft von den Umständen des Einzelfalls abhängig sei", spricht nicht für das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im vorgenannten Sinn.

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