Spruch:
Es wird festgestellt, daß die Gemeinde G***** und das Land S***** als Gesellschafter der Vereinigten Bühnen G***** verpflichtet sind, allen vor dem 1. 8. 1997 bereits in einem Dienstverhältnis zu den Vereinigten Bühnen stehenden Arbeitnehmern den Monatsbezug, beinhaltend sämtliche fixen Bezugsbestandteile, jeweils am Ersten des Monats im vorhinein auszuzahlen und gleichzeitig mit der Auszahlung eine Gehalts(lohn)abrechnung auszuhändigen, aus der der Bruttobezug für diesen Monat sowie die Abzüge im einzelnen und der sich daraus ergebende Nettobetrag ersichtlich sind.
Text
Begründung
Auf die bei den Vereinigten Bühnen G***** beschäftigten Arbeitnehmer kommen insgesamt vier Kollektivverträge zur Anwendung:
Für das technische Bühnenpersonal (Vorstände, Werkstättenpersonal ohne Vorstellungsverpflichtung, Vorstellungspersonal, Publikumsdienst und Hauspersonal) gilt der Kollektivvertrag, welcher zwischen dem Theatererhalterverband Österreichischer Bundesländer und Städte einerseits und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft Kunst, Medien, freie Berufe, Sektion technisches Personal und Verwaltungsangestellte/Theater, Kino und Veranstaltungsbetriebe, andererseits abgeschlossen wurde. Gemäß § 8 (Allgemeine Bestimmungen über die Entlohnung, Urlaub, Sonderzahlung, Urlaubsgeld, Lohnordnung) Z 4 des Kollektivvertrages ist die Monatsentlohnung mangels anderer Betriebsvereinbarungen am Letzten des Kalendermonats auszuzahlen. Gleichzeitig mit der Auszahlung ist jedem Dienstnehmer eine Lohnabrechnung auszuhändigen, aus der der Bruttolohn (Monatsgehalt/Monatslohn, allfällige Zuschläge, Vergütungen für Mehrarbeitsleistungen u dgl) sowie die Abzüge einzeln ersichtlich sind.
Für die Verwaltungsangestellten (= die im Geschäftsbetrieb mit der Leistung kaufmännischer oder höherer, nichtkaufmännischer Dienste und Kanzleiarbeiten beschäftigten Arbeitnehmer) gilt der zwischen dem Theatererhalterverband Österreichischer Bundesländer und Städte einerseits und dem Österreichischem Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft Kunst, Medien, freie Berufe, Sektion Verwaltungsangestellte, abgeschlossene Kollektivvertrag. Gemäß § 13 (Allgemeine Bestimmungen über die Entlohnung) dieses Kollektivvertrages erfolgt die Entlohnung monatlich. Gleichzeitig mit der Auszahlung ist jedem Dienstnehmer eine Lohnabrechnung auszuhändigen, aus der der Bruttolohn, allfällige Zuschläge, Vergütungen für Mehrarbeitsleistungen sowie die Abzüge im einzelnen ersichtlich sind.
Hinsichtlich der Bühnenmitglieder steht der zwischen dem Theatererhalterverband Österreichischer Bundesländer und Städte einerseits und dem Österreichischem Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft Kunst, Medien, freie Berufe, Sektion Bühnenangehörige, andererseits abgeschlossene Kollektivvertrag in Geltung. Nach dessen § 20 (Fälligkeit der Bezüge) sind die Monatsbezüge, das sind Gehalt, etwa vereinbarte Spielgelder und Treuezulagen, im nachhinein zur Auszahlung fällig (Abs 1), zusätzliche Vergütungen für Mehrdienstleistungen sind jeweils monatlich im nachhinein zur Auszahlung fällig und auszuzahlen (Abs 2).
Hinsichtlich der Musiker (G***** Philharmonisches Orchester) gilt der Kollektivvertrag, abgeschlossen zwischen dem Land S***** und der Stadtgemeinde G***** einerseits und der Gewerkschaft Kunst, Medien, freie Berufe, Sektion Musiker, andererseits. Gemäß § 33 (Fälligkeit der Bezüge, Lohnordnung) dieses Kollektivvertrages wird der Bezug im vorhinein zu Beginn des Monats ausgezahlt (Z 1). Die Berechnung von Mehrarbeiten hat am Ende des Kalendermonats zu erfolgen, in dem sie geleistet wurden, die Auszahlung hat spätestens mit Ablauf eines dem Verrechnungstermin folgenden Kalendermonats gemeinsam mit der Bezugsauszahlung zu erfolgen (Z 5).
Der Antragsteller begehrt die aus dem Spruch hervorgehende Feststellung.
Er brachte vor, daß zwischen der antragstellenden Gewerkschaft einerseits und den Erst- und Zweitantragsgegnern andererseits als Gesellschafter der Vereinigten Bühnen G***** die Frage strittig geworden sei, ob die von den Vereinigten Bühnen einseitig vorgenommene Umstellung der Bezugsauszahlungen und Bezugsabrechnungen aller Arbeitnehmer bei den Vereinigten Bühnen von einer Vorauszahlung und -abrechnung in eine Abrechnung und Bezahlung im nachhinein rechtlich zulässig erfolgt sei. Von diesem Problem seien sämtliche Arbeitnehmer (über 700) der Vereinigten Bühnen betroffen. Durch eine einseitige Umstellung der Gehaltsauszahlung und -abrechnung werde in die Rechtsposition der Arbeitnehmer eingegriffen, für diese entstünden wirtschaftliche Nachteile. Die antragstellende Gewerkschaft habe daher ein rechtliches Interesses an einer diesbezüglichen Entscheidung im Sinn des § 54 Abs 2 ASGG.
Dazu behauptet der Antragsteller folgenden Sachverhalt:
Aufgrund einer jahrzehntelangen betrieblichen Übung bei den Vereinigten Bühnen erhielten alle Arbeitnehmer der Vereinigten Bühnen das Gehalt bzw sämtliche fixen Bezugsbestandteile am Ersten eines jeden Monats im vorhinein ausgezahlt. Gleichzeitig mit der Auszahlung wurde den Arbeitnehmern eine Lohnabrechnung ausgehändigt, aus der die Bruttobezüge sowie die darauf entfallenden Abzüge im einzelnen ersichtlich waren. Variable Bezugsbestandteile, wie zB variable Zulagen, Mehrleistungen etc, wurden jeweils am Ersten des zweitfolgenden Monats im nachhinein ausgezahlt (zB Überstunden für September kamen am 1. November zur Auszahlung). (Soweit der Antragsteller auch auf den Modus der Auszahlung von Sonderzahlungen Bezug nimmt, kann eine Wiedergabe unterbleiben, weil die begehrte Feststellung auf Sonderzahlungen keinen Bezug nimmt.)
Seit 1. August 1997 haben die Vereinigten Bühnen eine Umstellung derart vorgenommen, daß nunmehr sämtliche Arbeitnehmer am Ersten des Monats eine Zahlung erhalten, die dem Abrechnungsbetrag des Bezuges des zweitvorangegangenen Monats entspricht. Gleichzeitig erhalten die Arbeitnehmer die Abrechnung für den zweitvorangegangenen Monat. Hinsichtlich der variablen Zulagen und Mehrleistungen ergibt sich durch diese Umstellung keine Änderung gegenüber der bis vor der Umstellung geübten Praxis. Diese Vorgangsweise gilt einheitlich für alle bei den Vereinigten Bühnen beschäftigten Arbeitnehmer. In den Monaten August und September 1997 erhielten alle Arbeitnehmer Vorauszahlungen etwa in der Höhe der gebührenden Bezüge für August und September sowie eine Vorauszahlung für Sonderzahlungen. Diese "Vorauszahlungen" bleiben vorläufig stehen und werden erst bei Beendigung des Dienstverhältnisses in Abzug gebracht. Durch diese Vorauszahlungen in den Umstellungsmonaten bzw durch Vorauszahlungen am Beginn oder bei Wiederaufnahme von Arbeitsverhältnissen versuchen die Vereinigten Bühnen allfällige Nachteile für die Arbeitnehmer auszugleichen, wobei es immer wieder vorkommt, daß in solchen Fällen (Zivildienst, Karenzurlaub etc) keine Zahlungen geleistet werden. Mit den Bühnenmitgliedern wurden überdies schriftliche Bühnendienstverträge abgeschlossen, in denen ausdrücklich vereinbart wurde, daß die vertragliche Monatsgage jeweils am Ersten des Monats im voraus ausbezahlt wird.
Aufgrund dieses Sachverhaltes sei davon auszugehen, daß sämtliche vor dem 1. 8. 1997 in ein Dienstverhältnis zu den Vereinigten Bühnen eingetretenen Dienstnehmer aufgrund einer bis dahin gepflogenen betrieblichen Übung gemäß § 863 ABGB einen Rechtsanspruch darauf erworben hätten, ihre Monatsbezüge am Ersten eines jeden Monats im vorhinein ausbezahlt sowie gleichzeitig eine entsprechende Brutto-Netto-Monatsabrechnung ausgehändigt zu erhalten. Die Bühnenbediensteten hätten einen solchen Anspruch schon aufgrund ihrer schriftlichen Einzelverträge, die Angehörigen des G***** Philharmonischen Orchesters aufgrund der schon erwähnten Bestimmung des § 33 des Kollektivvertrages. Die einseitige Umstellung seitens der Vereinigten Bühnen G***** verstoße gegen diese vertraglichen Grundlagen. Eine Auszahlung und Abrechnung (der fixen Gehaltsbestandteile) im auf den Leistungsmonat zweitfolgenden Monat verstoße auch gegen die für die Arbeitnehmer - gegenüber der schlüssigen Vereinbarung - weniger günstigen Kollektivverträge, weil auch dort als spätester Termin für Auszahlung und Abrechnung jedenfalls der Monatsletzte des Arbeitsmonats genannt sei. Für die Arbeitnehmer ergäben sich durch die einseitige Vorgangsweise des Arbeitgebers aber auch wirtschaftliche Nachteile, die auch durch die als Vorschüsse zu qualifizierenden Vorauszahlungen nicht immer ausgeglichen würden. Insbesondere bei Vorrückungen kämen die Arbeitnehmer erst verspätet in den Genuß einer damit verbundenen Gehaltserhöhung. Gleiches gelte bei allgemeinen Gehalts- bzw Zulagenerhöhungen. Schwierigkeiten seien auch dann zu befürchten, wenn beispielsweise ein langer Krankenstand über den Zeitraum der Entgeltfortzahlung hinausreiche. Darüber hinaus bestehe eine Unsicherheit für die Arbeitnehmer, weil Vorauszahlungen (Akontozahlungen, Vorschüsse) jederzeit wieder verrechenbar und im Falle von Überzahlungen rückforderbar seien. Auch seien steuerrechtliche Nachteile dadurch zu befürchten, daß Vorauszahlungen in lohnsteuerrechtlicher Hinsicht als Vorschuß gewertet würden und bei Auszahlungen über S 60.000 fiktive Zinsen als geldwerter Vorteil zum Tragen kämen.
Die für die Erstantragsgegner damit verbundenen Vorteile, die darin bestünden, daß für fixe und variable Entgeltbestandteile nur ein einziges Mal eine Abrechnung erstellt werden müsse, rechtfertigten nicht die einseitige Umstellung.
Die Antragsgegner beantragen, den Feststellungsantrag als unzulässig zurückzuweisen. Es fehle an den Voraussetzungen nach § 54 Abs 2 ASGG. Solche Anträge könnten nur hinsichtlich von Rechtsfragen des materiellen Rechts für einen von namentlich bestimmten Personen unabhängigen Sachverhalt gestellt werden. Im vorliegenden Fall gebe es aber keinen unbestrittenen Sachverhalt, sondern eine Reihe von streitigen Rechtsfragen, die nur in einem ordnungsgemäßen Prozeß geklärt werden könnten. Insbesondere werde ein konkludenter Anspruch auf Gehaltszahlungen im vorhinein bestritten. Es sei den Erst- und Zweitantragsgegnern auch nicht zumutbar, wegen der erst später möglichen Abrechnungen hinsichtlich der variablen Entgeltbestandteile gegenüber der Sozialversicherung zweimal, nämlich einmal für die fixen und einmal für die variablen Entgeltbestandteile, gesonderte Abrechnungen und Meldungen zu erstellen. Zu Unrecht werde den Erst- und Zweitantragsgegnern die Auszahlung bloßer Vorschüsse unterstellt, vielmehr handle es sich um endgültige Zahlungen, welche nicht rückverrechenbar seien. Eine Einigung über dieses Problem sei an Animositäten der Arbeitnehmerseite gescheitert.
Weder das Gesetz noch die Kollektivverträge stellten eine geeignete Grundlage für den Antrag dar. Da schon die Frage, ob für den einzelnen Dienstnehmer überhaupt ein Nachteil entstanden sei, strittig sei, die Verpflichtung zur Zahlung im vorhinein den Kollektivverträgen widerspreche und auch die Form des Lohnzettels strittig sei, erweise sich die Antragstellung als verfehlt.
Rechtliche Beurteilung
Der Feststellungsantrag ist zulässig und nach dem behaupteten Sachverhalt auch berechtigt.
Im Verfahren gemäß § 54 Abs 2 ASGG ist unter anderem die aktive und passive Antragslegitimation von Amts wegen zu prüfen (RdW 1990, 25; 9 ObA 612/93, 8 ObA 224/97t). Aktiv und passiv legitimiert sind ausschließlich kollektivvertragsfähige Körperschaften der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer (§ 54 Abs 2 ASGG unter Hinweis auf § 4 bis 7 ArbVG), welche im Rahmen ihres Wirkungsbereiches Anträge stellen können. Es ist zunächst nicht zweifelhaft, daß der Antragsteller als eine auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhende Berufsvereinigung gemäß § 4 Abs 2 ArbVG kollektivvertragsfähig ist (RIS-Justiz RS0051126). Dem Erst- und Zweitantragsgegner kommt gemäß § 7 ArbVG als juristischen Personen des öffentlichen Rechtes für die zu ihnen bestehenden Arbeitsverhältnissen Kollektivvertragsfähigkeit zu (RIS-Justiz RS0050846; 8 ObA 224/97t). Auch dem Drittantragsgegner wurde bereits die Kollektivvertragsfähigkeit zuerkannt (Cerny in Cerny/Haas-Laßnigg/B. Schwarz, Arbeitsverfassungsrecht 2, Erl 6 zu § 4 ArbVG).
Für die im § 54 Abs 2 ASGG gebrauchte Wendung "für ihren Wirkungsbereich" wird überdies nicht auf die Berechtigung zum Abschluß von Kollektivverträgen im Einzelfall abgestellt, sondern nur zum Ausdruck gebracht, daß eine kollektivvertragsfähige Körperschaft nur dann als Antragsteller oder Antragsgegner aufzutreten befugt ist, wenn ein entsprechendes Naheverhältnis zu dem vom Antrag betroffenen Personenkreis besteht, die Körperschaft also nach ihrem sachlichen und persönlichen Wirkungsbereich auch als zur Beteiligung bei Klärung der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Fragen berufen angesehen werden kann (8 ObA 224/97t = JBl 1998, 598). Die Voraussetzungen sowohl der aktiven als auch der passiven Antragslegitimation sind demnach gegeben.
Nicht zielführend ist der Einwand der Antragsgegner, der vom Antragsteller behauptete Sachverhalt sei nicht unstrittig. Der Oberste Gerichtshof hat nämlich seiner rechtlichen Beurteilung den vom Antragsteller behaupteten Sachverhalt ohne weitere Prüfung zugrundezulegen und die Behauptung, die Entscheidung sei für mindestens drei Arbeitgeber oder Arbeitnehmer von Bedeutung, nicht weiter zu überprüfen. Der Antragsgegner kann gegen den vom Antragsteller behaupteten Sachverhalt im Tatsachenbereich nichts vorbringen, sondern ist auf rechtliche Argumente beschränkt (RIS-Justiz RS0109384, insbesondere 8 ObA 224/97t = JBl 1998, 598). Für die weiteren Erwägungen ist demnach der behauptete Sachverhalt zugrundezulegen, wonach mehr als 700 bei den Vereinigten Bühnen G*****, deren Gesellschafter die Erst- und Zweitantragsgegner sind, beschäftigten Arbeitnehmern seit Jahrzehnten die Gehälter bzw Löhne am Ersten eines jeden Monats im vorhinein unter gleichzeitiger Aushändigung einer Gehalts- bzw Lohnabrechnung ausbezahlt wurden und diese Vorgangsweise ab 1. 8. 1997 von den Erst- und Zweitantragsgegnern einseitig geändert wurde. Es stellt sich somit die Frage, ob durch Betriebsübung eine wirksame Abänderung der Einzelarbeitsverträge erfolgt und ein einseitiges Abgehen davon als Verletzung der Dienstverträge zu beurteilen ist. Da sich der Problemkreis, der im Rahmen von Verfahren gemäß § 54 Abs 2 ASGG an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden kann, nicht auf die Auslegung von Kollektivverträgen beschränkt, sondern arbeitsrechtliche Fragen jeder Art auf dem Gebiet der Arbeitsrechtssachen nach § 50 ASGG umfassen kann, ist auch die hier aufgeworfene Rechtsfrage der Gestaltung von Einzelarbeitsverträgen einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof zugänglich (SZ 62/217).
Für das Entstehen eines vertraglichen Anspruchs aufgrund einer Betriebsübung ist entscheidend, welchen Eindruck die Arbeitnehmer bei sorgfältiger Überlegung von dem schlüssigen Erklärungsverhalten des Arbeitgebers haben durften. Es ist in diesem Zusammenhang nur objektiv zu prüfen, ob die Arbeitnehmer auf die Verbindlichkeit der Vergünstigung vertrauen durften, wobei es unerheblich ist, ob jeder
einzelne Arbeitnehmer darauf vertraut hat (9 ObA 261/92 = RIS-Justiz
RS0014489 = ZAS 1993/19). Wenn der Arbeitgeber durch regelmäßige,
vorbehaltlose Gewährung bestimmter Leistungen an die Gesamtheit seiner Arbeitnehmer eine betriebliche Übung begründet, die seinen Willen, sich diesbezüglich auch für die Zukunft zu verpflichten, unzweideutig zum Ausdruck bringt, wird diese Übung durch die - gleichfalls schlüssige (§ 863 ABGB) - Zustimmung der Arbeitnehmer zum Inhalt der einzelnen Arbeitsverträge. Entscheidend ist, welcher Eindruck die Arbeitnehmer vom schlüssigen Verhalten des Arbeitgebers haben mußten und was die Arbeitnehmer bei sorgfältiger Überlegung aus dem Erklärungsverhalten des Arbeitgebers entnehmen können, nicht aber das Vorhandensein eines Erklärungswillens auf seiten des Arbeitgebers (RIS-Justiz RS0014543, insbesondere SZ 52/76, SZ 61/274 uva). Eine solche Bindung muß auch gegenüber jenen Arbeitnehmern angenommen werden, die erst später eingestellt werden; auch sie akzeptieren durch den Abschluß ihrer Arbeitsverträge die im Betrieb herrschende Übung als Grundlage ihrer Arbeitsverhältnisse und können daher mit Grund davon ausgehen, daß vom Arbeitgeber regelmäßig und allgemein gewährte Vergünstigungen in gleicher Weise und unter den gleichen Voraussetzungen wie allen anderen vergleichbaren Arbeitskollegen auch ihnen zukommen werden (RIS-Justiz RS0014539). Während sich nach dem Vorbringen des Antragstellers, von welchem auszugehen ist, die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Auszahlung und Abrechnung der Löhne und Gehälter monatlich im vorhinein hinsichtlich der Bühnenmitglieder aus schriftlichen Einzelverträgen und hinsichtlich des Orchesters aus dem schon erwähnten Kollektivvertrag ergibt, müssen Erst- und Zweitantragsgegner durch vorbehaltloses Auszahlen und Abrechnen der (fixen Bestandteile der) Löhne und Gehälter jeweils am Monatsbeginn, welche Übung durch Jahrzehnte gepflogen wurde, auch hinsichtlich des technischen Bühnenpersonals und der Verwaltungsangestellten eine durch Betriebsübung zum Gegenstand der einzelnen Arbeitsverträge gewordene Verpflichtung im gleichen Sinn gegen sich gelten lassen. Einer solchen Verpflichtung steht der Umstand nicht entgegen, daß der auf das Bühnenpersonal anzuwendende Kollektivvertrag (§ 8 Punkt 4) eine Auszahlung und Abrechnung erst am Monatsende vorsieht bzw der auf die Verwaltungsangestellten anzuwendende Kollektivvertrag (§ 13) einen genauen Auszahlungstermin innerhalb des Monats der Arbeitsleistung nicht vorsieht. Gemäß § 3 Abs 1 ArbVG können die Bestimmungen in Kollektivverträgen, soweit sie die Rechtsverhältnisse zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern regeln, zwar durch Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag weder aufgehoben noch beschränkt werden, doch sind Sondervereinbarungen, worunter auch Einzelvereinbarungen zu verstehen sind (Cerny aaO Erl 4 zu § 3 ArbVG), sofern sie der Kollektivvertrag nicht ausschließt, gültig, soweit sie für den Arbeitnehmer günstiger sind oder Angelegenheiten betreffen, die im Kollektivvertrag nicht geregelt sind (Satz 2 leg cit). Gemäß Abs 2 leg cit sind bei der Prüfung, ob eine Sondervereinbarung im Sinne des Abs 1 günstiger ist als der Kollektivvertrag, jene Bestimmungen zusammenzufassen und gegenüberzustellen, die in einem rechtlichen und sachlichen Zusammenhang stehen. Dieser Günstigkeitsvergleich ergibt, bezogen auf die hier in Frage kommenden Kollektivverträge, daß die schriftlichen Einzelverträge (für Bühnenbedienstete) bzw die durch Betriebsübung bewirkten schlüssigen (§ 863 ABGB) Ergänzungen der Einzelverträge (des technischen Bühnenpersonals und der Verwaltungsangestellten) für die Arbeitnehmer günstigere Auszahlungs- und Abrechnungsregelungen enthalten, daher wirksam sind und kollektivvertraglichen Regelungen vorgehen. Für die Orchestermitglieder ergibt sich die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Auszahlung der Bezüge im vorhinein bereits aus dem entsprechenden Kollektivvertrag (§ 33), durch die Betriebsübung wird darüber hinaus lediglich sichergestellt, daß auch die Abrechnung der fixen Lohnbestandteile zum selben Termin zu erfolgen hat. Die teils kollektiv-, überwiegend einzelvertraglich entstandene Verpflichtung der Erst- und Zweitantragsgegner, Gehälter und Löhne an jedem Ersten eines Monats im vorhinein zu bezahlen und schriftlich abzurechnen, steht einem einseitigen Abgehen durch den Arbeitgeber entgegen, mag für diesen eine zweifache Abrechnung und Meldung (hinsichtlich fixer Engeltsbestandteile einerseits und variabler andererseits) auch mit einem Mehraufwand verbunden sein.
Dem Feststellungsantrag war daher Folge zu geben.
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