European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:009OBA00021.23P.0427.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Arbeitsrecht
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:
„Das Klagebegehren, es werde festgestellt, dass das zwischen der klagenden und den beklagten Parteien bestehende Dienstverhältnis über den 31. 8. 2020 hinaus aufrecht fortbesteht, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien je die Hälfte der mit 3.745,91 EUR (darin enthalten 624,32 EUR USt) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz sowie der mit 1.336,78 EUR (darin enthalten 222,80 EUR USt) bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien je die Hälfte der mit 917,02 EUR (darin enthalten 152,84 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Der Kläger war bei den Beklagten beginnend mit 1. 9. 2001 laufend im Rahmen von jeweils auf ein Jahr befristeten Bühnendienstverträgen als Balletttänzer, ab 2002 als Halbsolist und ab 2010 als Solist beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis sind das Theaterarbeitsgesetz (TAG) und der Kollektivvertrag für die Ballettmitglieder im Konzernbereich der Bundestheater-Holding (Bundestheater-Holding GmbH und deren Tochtergesellschaft), Bundestheater-Ballettkollektivvertrag (KV), anzuwenden.
[2] Mit Schreiben vom 13. 9. 2019 gaben die Beklagten eine Nichtverlängerungserklärung nach § 27 TAG über den 31. 8. 2020 hinaus ab.
[3] Die Entscheidung für die Nichtverlängerung erfolgte durch den neuen Ballettdirektor, der eine geänderte Ausrichtung des Balletts zu modernem Tanz anstrebt.
[4] Der Klägerbegehrt die Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses. Zwischen den Parteien bestehe ein durchgehendes, auf unbestimmte Zeit abgeschlossenes Dienstverhältnis. Die einzelnen Verträge seien zwar nach § 24 TAG auf ein Spieljahr befristet abgeschlossen und jeweils stillschweigend um ein weiteres Spieljahr verlängert worden. Dies stelle jedoch eine unzulässige Kettenbefristung dar, für die es nach der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. 6. 1999 zu der EGB‑UNICE‑CEEP‑Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (Befristungs‑RL) einer sachlichen Rechtfertigung bedürfe. Zur Missbrauchskontrolle sei die auf § 879 ABGB gestützte Kettenvertragsjudikatur heranzuziehen, wonach dazu besondere soziale, wirtschaftliche, organisatorische oder technische Gründe gegeben sein müssten. Solche lägen beim Dienstverhältnis zwischen dem Kläger und den Beklagten nicht vor.
[5] Die Beklagten bestritten und brachten vor, die Nichtverlängerungserklärung sei gemäß den Bestimmungen des TAG ausgesprochen worden, die als Sonderarbeitsrecht für eine Branche unionsrechtskonform seien. Die Kettenbefristungsjudikatur des Obersten Gerichtshofs sei nicht anzuwenden, da das TAG ein eigenes Sondersystem der Mehrfachbefristung geschaffen habe. Selbst wenn man von der Unionsrechtswidrigkeit der Regelungen des TAG ausgehe, so sei es ausreichend, die Nichtverlängerungserklärung einer Sachlichkeitskontrolle zu unterwerfen, um den Zielen der Befristungs-RL zu genügen. Die Möglichkeit der mehrfachen Befristung und die Abgabe einer Nichtverlängerungserklärung sei auch durch das Grundrecht der Freiheit der Kunst nach Art 17a StGG und Art 13 GRC gerechtfertigt. Aufgrund der künstlerischen Neuausrichtung des Balletts sowie der mangelhaften Leistung und Arbeitsmoral des Klägers sei die Nichtverlängerungserklärung auch sachlich gerechtfertigt gewesen.
[6] Das Erstgericht gab der Klage statt. Es ging davon aus, dass mehrfach befristete Bühnenarbeitsverträge der Befristungs‑RL unterlägen. Die Richtlinie sei zwar nicht unmittelbar anwendbar und in Österreich nur teilweise umgesetzt worden, der Gesetzgeber habe zur Beschränkung von Kettenarbeitsverträgen auf § 879 ABGB als gleichwertige gesetzliche Maßnahme verwiesen. Die demzufolge notwendige sachliche Rechtfertigung für die Aneinanderreihung befristeter Arbeitsverhältnisse liege beim Kläger aber nicht vor. Das führe zur Teilnichtigkeit der Befristungsabrede und damit zu einem durchgehenden Dienstverhältnis auf unbestimmte Zeit.
[7] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten gegen diese Entscheidung nicht Folge. Das Befristungs‑ und Beendigungssystem nach den §§ 24, 27 TAG lasse Kettenbefristungen ex lege entstehen. Auch diese fielen aber in den Anwendungsbereich der Befristungs‑RL. Zur Umsetzung der Befristungs‑RL in das österreichische Recht sei zur Missbrauchskontrolle die auf § 879 ABGB gestützte Kettenvertragsjudikatur heranzuziehen. Diese gelte auch für den Bereich des TAG. Danach sei eine wiederholte Befristung nur bei sachlicher Rechtfertigung zulässig. Bei der über 19 Jahre dauernden Beschäftigung des Klägers sei von der Deckung eines ständigen Bedarfs auszugehen, die eine Befristung nicht rechtfertigen könne. Auch eine auf einen neuen Spielplan gegründete künstlerische Rechtfertigung scheitere, weil diese nur die Beendigung des Vertrags betreffen könne, auf die Teilnichtigkeit der bisherigen Befristungen jedoch keinen Einfluss habe. Allfällige finanzielle Auswirkungen stellten keinen Eingriff in die Freiheit der Kunst dar.
[8] Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht zur Klärung der Frage zugelassen, ob die Bestimmungen der §§ 24, 27 TAG der Befristungs‑RL Stand halte, was für die gesamte Theaterbranche von erheblicher Bedeutung sei.
[9] Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahingehend abzuändern, dass die Klage abgewiesen wird. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[10] Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten zurück‑, in eventu abzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
[11] Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig und auch berechtigt.
[12] 1. Der Oberste Gerichtshof hat – nach demUrteil des Berufungsgerichts – zu vergleichbaren Sachverhalten in den Entscheidungen 8 ObA 58/22w und 9 ObA 11/22s Stellung genommen. Dabei kam er zu dem Ergebnis, dass die Anwendbarkeit der Befristungs-RL sowie die Frage, inwieweit die Befristungsbestimmungen des TAG mit § 5 Nr 1 der Richtlinie in Widerspruch stünden, nicht abschließend geklärt werden müsse, weil selbst die positive Annahme einer richtlinienwidrigen Umsetzung entgegen der Rechtsauffassung der Vorinstanzen zu keiner Stattgebung des Klagebegehrens führen könne.
[13] 2. Zur Begründung wurde zusammengefasst ausgeführt:
[14] § 5 Nr 1 der Befristungs-RL stellt sich inhaltlich nicht als unbedingt und genau genug dar, damit sich ein Einzelner vor einem nationalen Gericht darauf berufen kann, schon weil es nicht möglich ist, den Mindestschutz, der in jedem Fall nach § 5 Nr 1 der Rahmenvereinbarung gewährt werden müsste, hinreichend zu bestimmen. Allerdings haben die nationalen Gerichte bei der Anwendung des innerstaatlichen Rechts dieses so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der fraglichen Richtlinie auszulegen, um das in ihr festgelegte Ergebnis zu erreichen. Eine richtlinienkonforme Interpretation darf aber den normativen Gehalt der nationalen Regelung nicht grundlegend neu bestimmen. Sie darf einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen nationalen Regelung keinen durch die nationalen Auslegungsregeln nicht erzielbaren abweichenden oder gar entgegengesetzten Sinn geben.
[15] Die Besonderheit des TAG liegt darin, dass es befristete Dienstverhältnisse nicht nur zulässt, sondern als Regelfall ansieht. Ausdrücklich ist vorgesehen, dass ein ohne Zeitbestimmung eingegangenes Arbeitsverhältnis mit dem Ablauf der an der Vertragsbühne üblichen Spielzeit endet (§ 24 Abs 3 TAG). Das führt dazu, dass die Aneinanderreihung befristeter Verträge (bis zur Abgabe einer Nichtverlängerungserklärung) nicht aus der Parteienvereinbarung, sondern unmittelbar aus dem Gesetz folgt. Damit verbietet sich aber ohne Hinzutreten weiterer Umstände eine Anwendbarkeit des § 879 ABGB auf solche Arbeitsverhältnisse, weil ihre (fortlaufende) Befristung nicht dem Gesetz widerspricht, sondern von diesem sogar vorgegeben wird und selbst ohne gesonderte Vereinbarung bzw bei Wegfall einer solchen Vereinbarung gelten würde. § 879 ABGB bietet daher keine Grundlage für eine richtlinienkonforme Interpretation.
[16] Damit muss, selbst unter der Prämisse, dass die Befristungsregelung des TAG mit ihrem System der automatischen Verlängerung den Zielen und Zwecken der Richtlinie widersprechen sollte, eine allfällige richtlinienkonforme Interpretation in dem mit dem Klagebegehren angestrebten Sinn am ausdrücklichen gegenteiligen Wortlaut und vom Gesetzgeber verfolgten Ziel der §§ 24 und 27 TAG scheitern, sodass der Einholung eines Vorabentscheidungsersuchens die Grundlage entzogen ist.
[17] 3. DerKlägerwendet sich in seiner Revisionsbeantwortung inhaltlich nicht gegen diese übereinstimmende Rechtsauffassung der arbeitsrechtlichen Fachsenate des Obersten Gerichtshofs, sondern stützt die Berechtigung seines Begehrens erstmals im Revisionsverfahren darauf, dass die Bestimmungen der §§ 24, 27 TAG nicht mit dem unionsrechtlichen Gleichheitssatz des Art 20 GRC, § 4 der Befristungs-RL sowie dem Grundrecht auf Kündigungsschutz nach Art 30 GRC vereinbar seien. Um dem Unionsrecht zur vollen Wirksamkeit zu verhelfen, habe das Befristungsregime des TAG unangewendet zu bleiben. Dies habe zur Folge, dass von einem unbefristeten Dienstverhältnis zwischen den Parteien auszugehen sei.
Dazu ist auszuführen:
[18] 4. Eine Änderung der rechtlichen Argumentation einer Partei bzw die Geltendmachung eines neuen Gesichtspunkts bei der rechtlichen Beurteilung ist auch im Rechtsmittelverfahren zulässig, sofern die hiezu erforderlichen Tatsachen bereits im Verfahren erster Instanz behauptet oder festgestellt wurden (RS0016473 [T1, T12]). Soweit der neuen rechtlichen Argumentation einer Partei oder der Geltendmachung einer neuen Anspruchsgrundlage aber neu vorgebrachte Tatsachen zugrunde liegen, verstoßen die Rechtsmittelausführungen insoweit dem Neuerungsverbot des § 504 Abs 2 ZPO (vgl RS0016473 [T10, T13]).
[19] 5. Richtig ist, dass sich schon aus dem Vorrang des (unmittelbar wirkenden) Gemeinschaftsrechts ergibt, dass immer dann, wenn eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung nicht möglich ist, das nationale Gericht verpflichtet ist, das Gemeinschaftsrecht in vollem Umfang anzuwenden und die Rechte, die dieses dem Einzelnen einräumt, zu schützen, indem es notfalls jede Bestimmung unangewendet lässt, deren Anwendung im konkreten Fall zu einem gemeinschaftsrechtswidrigen Ergebnis führen würde (RS0075866 [T4]; Köchle in Holoubek/Lienbacher, GRC‑Kommentar² Art 21 Rz 38).
[20] 6. Art 20 GRC normiert den allgemeinen Gleichheitssatz. Art 21 Abs 1 GRC verbietetDiskriminierungen insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung. Der Kläger meint, er sei gegenüber vergleichbaren Dauerbeschäftigten iSd § 4 Z 1 der Befristungs‑RL diskriminiert, weil ihm keine Anfechtungsmöglichkeit nach § 105 ArbVG zukomme. Damit verkennt er aber, dass sich dieser Unterschied ja gerade aus der Befristung ergibt. Dem steht im Übrigen auch entgegen, dass die Anfechtungsmöglichkeit nach § 105 ArbVG selbst gekündigten unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern nicht in jedem Fall offensteht oder Erfolg verspricht (ua in Kleinbetrieben, in den ersten sechs Monaten, bei guter Vermittelbarkeit oder Vorliegen wichtiger betrieblicher Gründe; vgl auch 9 ObA 11/22s Rz 28) und als Gegengewicht hier eine besonders lange Zeit von der Beendigung bereits die Nichtverlängerungserklärung abgegeben werden muss. Im vorliegenden Verfahren macht der Kläger darüber hinaus auch keinen Anspruch nach § 105 ArbVG geltend, sondern einen Anspruch auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses.
[21] 7. Nach § 4 Z 1 der Befristungs-RL dürfen befristet beschäftigte Arbeitnehmer in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil für sie ein befristeter Arbeitsvertrag oder ein befristetes Arbeitsverhältnis gilt, gegenüber vergleichbaren Dauerbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.
[22] Der Kläger strebt mit seinem Klagebegehren aber nicht für ein befristetes Arbeitsverhältnis gleiche Arbeitsbedingungen wie die von Dauerbeschäftigten an, sondern ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Ein solcher Anspruch kann aber nicht auf § 4 Z 1 der Befristungs-RL gestützt werden.
[23] 8. Aber auch soweit der Kläger nunmehr die Berechtigung des Feststellungsbegehrens auf Art 30 GRC stützt, kann ihm dies nicht zum Erfolg verhelfen. Der Anwendungsbereich der Charta ist hinsichtlich des Handelns der Mitgliedstaaten in Art 51 Abs 1 der Charta definiert. Danach gilt diese für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich im Wesentlichen, dass die in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechte in allen unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen und nicht außerhalb derselben Anwendung finden (EuGH C-117/14 Poclava, Rn 28 f, ECLI:EU:C:2015:60).
[24] In diesem Rahmen verankert Art 30 GRC zwar das Recht jeder Arbeitnehmerin und jedes Arbeitnehmers auf Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung, unterliegt allerdings einem Ausgestaltungsvorbehalt. Ausgestaltungsvorbehalte sind als Auftrag an den zuständigen Gesetzgeber anzusehen, ein Grundrecht überhaupt erst zu gestalten. Das Recht auf Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung ist demnach nur insofern bzw insoweit garantiert, als es sich aus dem Unionsrecht und den nationalen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten ergibt (Kröll in Holoubek/Lienbacher, GRC‑Kommentar² Art 30 Rz 9).
[25] Weder der Unionsgesetzgeber noch der nationale Gesetzgeber haben aber für den Fall eines Verstoßes gegen dieses Grundrecht die vom Kläger gewünschte Rechtsfolge, nämlich das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses, normiert.
[26] 9. Selbst wenn man aber davon ausginge, dass sachgrundlose Kettenarbeitsverträge gegen Art 30 GRC verstoßen (vgl Kovács, Ein europäisches Grundrecht auf Kündigungsschutz – Art 30 GRC [2022], 234; zur Zulässigkeit von gesetzlichen Ausnahmen, die dem Gemeinwohl dienen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren siehe schon Rebhahn, Europäische Entwicklung im Kündigungsschutz, DRdA 2014, 183 [188]) bzw Befristungen von Arbeitsverträgen verboten sind, soweit damit der Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung umgangen werden soll (Kröll in Holoubek/Lienbacher, GRC‑Kommentar² Art 30 Rz 19 mwN), besteht keine Rechtsgrundlage für das Begehren auf Feststellung eines unbefristeten Dienstverhältnisses. Wie bereits in den Entscheidungen 8 ObA 58/22w und 9 ObA 11/22s ausführlich erläutert, stellt sich die Befristungs‑RL nicht als unbedingt und genau genug dar, dass daraus konkrete Ansprüche abgeleitet werden können. Der nationale Gesetzgeber bietet die Möglichkeit, Kettenarbeitsverhältnisse im Einzelfall im Hinblick auf eine allfällige Sittenwidrigkeit nach § 879 ABGB überprüfen zu lassen. Dies scheitert hier aber daran, dass die (fortlaufenden) Befristungen nicht dem Gesetz widersprechen, sondern von diesem sogar vorgegeben werden (§ 24 TAG; vgl 9 ObA 11/22s Rz 50). Ließe man, wie vom Kläger gewünscht, die Bestimmungen der §§ 24, 27 TAG unangewendet, könnte dies dem Klagebegehren nicht zum Erfolg verhelfen, weil letztlich offen bliebe, was dann gelten sollte (vgl 9 ObA 11/22s Rz 53) und woraus der Kläger sein Feststellungsbegehren auf Vorliegen eines unbefristeten Vertrags dann ableiten möchte. Weder § 2b AVRAG noch die Befristungs‑RL sehen eine konkrete Rechtsfolge vor (vgl Reissner in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 2b AVRAG Rz 13; Binder/Mair in Binder/Burger/Mair, AVRAG3 § 2b Rz 21; Krebber in Franzen/Gallner/Oetker, Kommentar zum europäischen Arbeitsrecht4, § 4 RL 1999/70/EG Rz 21).
[27] 10. Die Anregung des Klägers, auf Einholung eines Vorabentscheidungsersuchens zur Frage der Vereinbarkeit der §§ 24, 27 TAG mit den unionsrechtlichen Vorgaben, war daher nicht aufzugreifen.
[28] 11. Da sich die Revision der Beklagten damit als berechtigt erweist, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinn einer Klagsabweisung abzuändern.
[29] 12. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Für Schriftsätze im elektronischen Rechtsverkehr gebühren allerdings nur eine Erhöhung der Entlohnung von 2,10 EUR, sofern es sich um keine das Verfahrenen einleitenden Schriftsätze handelt (§ 23a RATG).
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