OGH 9ObA20/14b

OGH9ObA20/14b22.7.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz und Mag. Matthias Schachner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Arbeiterbetriebsrat der v***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Sieglinde Gahleitner, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei v***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Manfred Harrer, Rechtsanwalt in Linz, wegen Feststellung gemäß § 54 Abs 1 ASGG (Streitwert 21.800 EUR), über die Revisionen der klagenden Partei und der beklagten Partei (Revisionsinteresse jeweils 10.900 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. November 2013, GZ 11 Ra 78/13i‑13, mit dem das Urteil des Landesgerichts Steyr als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 30. August 2013, GZ 8 Cga 23/13k‑9, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:009OBA00020.14B.0722.000

 

Spruch:

Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.

 

Entscheidungsgründe:

Im Rahmen der zwischen den Parteien gemäß § 97 Abs 1 Z 2 bzw Z 6a ArbVG iVm § 13 Abs 1 AVRAG abgeschlossenen Betriebsvereinbarung vom 18. 1. 2012, gültig ab 1. 2. 2012, über flexible Arbeitszeitmodelle im kontinuierlichen Schichtbetrieb wurde in einem Betriebsbereich der Beklagten die Reduzierung der kollektivvertraglichen Normalarbeitszeit von 38,5 Stunden auf 34,4 Stunden mit den dort beschäftigten (mehr als drei) Mitarbeitern vereinbart. Die Betriebsvereinbarung enthält Bestimmungen für einen temporären Lohnausgleich sowie über SV‑Beitragsgrundlagen, Abfertigung, Jubiläumsgeld, Sonderzahlungen, Treuegeld und den (neuen) Urlaubsanspruch. Eine Regelung, wie mit Resturlauben der Mitarbeiter aus früheren Urlaubsjahren zu verfahren ist, wurde nicht getroffen. Bei der Beklagten gibt es ein Urlaubssystem mit „kalendarischem“ Urlaubsbegriff, sodass ein zusammenhängender Erholungszeitraum eingeräumt wird.

Infolge des Wechsels auf die verkürzte Normalarbeitszeit reduzierte die Beklagte die alten, bis 31. 1. 2012 entstandenen Urlaubsansprüche der von der Betriebsvereinbarung betroffenen Mitarbeiter im aliquoten Verhältnis zwischen Vollzeit und Teilzeit. Wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs von Abschluss und Geltungsbeginn der Betriebsvereinbarung war den Arbeitnehmern eine Konsumation der Resturlaube vor Reduktion der Normalarbeitszeit nicht möglich, sodass der Verbrauch der alten Urlaube erst nach Verminderung der Normalarbeitszeit erfolgte. Das Urlaubsentgelt für diese Urlaube wurde mit einem verringerten Entgelt abgegolten.

Der klagende Betriebsrat begehrt mit Klage nach § 54 Abs 1 ASGG die Feststellung, dass den Arbeitnehmern der Beklagten, die unter den Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung vom 18. 1. 2012 fielen, die vor Reduzierung der Normalarbeitszeit, also noch in der Zeit der Vollzeitbeschäftigung, erworbenen Urlaubsansprüche nicht anteilig zu kürzen bzw mit dem Urlaubsentgelt für die Vollarbeitszeit abzugelten seien. Eine aliquote Anpassung eines noch nicht verbrauchten Erholungsurlaubs bzw die Auszahlung eines geringeren Urlaubsentgelts widerspreche dem Diskriminierungsverbot des § 19d Abs 6 AZG und dem Unionsrecht.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und wendete ein, dass durch eine Anpassung der Urlaubstage bei Veränderung der Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage bei einem „kalendarischen“ Urlaubsbegriff, wie er dem Urlaubsgesetz zugrunde liege, keine Veränderung des Urlaubsausmaßes eintrete. Bereits erworbene Urlaubsansprüche seien entsprechend zu reduzieren bzw mit dem geringfügig verringerten Entgelt, das aufgrund der Teilzeitbeschäftigung zustehe, abzugelten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Die von der Judikatur zum Urlaubsgesetz entwickelten Grundsätze der wertneutralen Umrechnung und die von der Beklagten vorgenommene Umrechnung der Resturlaube widersprächen nicht dem Unionsrecht, weil den nunmehr teilzeitbeschäftigten Mitarbeitern dieselbe Urlaubsdauer gewährleistet werde. Die Höhe des Urlaubsentgelts richte sich gemäß § 6 UrlG nach dem Ausfallsprinzip.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge. Der erste Teil des Feststellungsbegehrens (Unzulässigkeit der Kürzung des Urlaubsausmaßes) sei entgegen der Auffassung des Erstgerichts berechtigt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) habe in der Entscheidung Rs C‑415/12 (Brandes) vom 13. 6. 2013 klargestellt, dass auch in Systemen mit einem „kalendarischen“ Urlaubsbegriff durch eine Veränderung, insbesondere Verringerung der Arbeitszeit beim Übergang von einer Vollzeit- zu einer Teilzeitbeschäftigung, der Anspruch auf Jahresurlaub, den der Arbeitnehmer in der Zeit der Vollzeitbeschäftigung erworben habe, nicht gemindert werden dürfe. Hingegen bestehe der zweite Teil des Feststellungsbegehrens (Abgeltung mit dem Urlaubsentgelt für die Vollzeitarbeit) nicht zu Recht. Nach der Entscheidung 8 ObA 35/12y sei auch im Fall eines Wechsels von Teilzeit auf Vollzeit und umgekehrt der Bemessung der Urlaubsersatzleistung nach § 10 UrlG das zuletzt bezogene Entgelt zugrunde zu legen. Dies gelte auch für das Urlaubsentgelt nach § 6 UrlG.

Gegen diese Entscheidung richten sich sowohl die Revision des Klägers als auch jene der Beklagten. Der Kläger strebt die vollinhaltliche Stattgebung seines Feststellungsbegehrens an. Die Beklagte beantragt die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens und stellt in eventu einen Aufhebungsantrag.

In ihren Revisionsbeantwortungen beantragen die Parteien jeweils, der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen sind zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Zu den hier maßgeblichen Fragen, wie bei der Berechnung offener Urlaubsansprüche bei einer Änderung des Arbeitszeitausmaßes (Vollzeit/Teilzeit) vorzugehen ist und mit welchem Urlaubsentgelt diese Resturlaubsansprüche zu vergüten sind, gibt es bereits zwei einschlägige Entscheidungen des EuGH und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs. Es wird auf diese drei Entscheidungen und die Reaktionen in der Lehre eingegangen werden (Punkte 2 bis 4). Dann werden die Reaktion des österreichischen Gesetzgebers auf die EuGH‑Entscheidungen in anderen Urlaubssystemen (Punkt 5), die Grundlagen im europäischen Urlaubssystem und die Unterschiede der darin entschiedenen Fälle (Punkt 6) untersucht und geprüft, in welchen Grenzen überhaupt eine Anpassung im Rahmen einer „richtlinienkonformen“ Interpretation möglich ist (Punkt 7). In der Folge werden die Grenzen einer Interpretation der Bestimmungen des Urlaubsgesetzes nach Wortlaut, Teleologie, Systematik und Entstehungsgeschichte ausgelotet (Punkt 8) und schließlich wird untersucht, inwieweit dies mit dem europäischen Urlaubsrecht (Punkt 9) bzw den Diskriminierungsverboten (Punkt 10) in Einklang zu bringen ist. Letztlich wird zur mangelnden Erforderlichkeit der erneuten Einholung einer Vorabentscheidung (Punkt 11) und den Klagebegehren (Punkt 12 und 13) Stellung genommen.

2.1. In der Entscheidung C-486/08 (Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols) vom 22. 4. 2010 hatte der EuGH die Vorlagefrage zu behandeln, ob der in § 4 Nr 2 der am 6. 6. 1997 geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. 12. 1997 zu der von der UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit in der durch die Richtlinie 98/23/EG des Rates vom 7. 4. 1998 geänderten Fassung (kurz: Teilzeit-Rahmenvereinbarung) festgelegte Pro‑rata‑temporis‑Grundsatz einer Regelung entgegenstehe, bei der einem von Vollzeit auf Teilzeit übergegangenen Arbeitnehmer der vorher in Vollzeit erworbene in Stunden bemessene Urlaubsanspruch reduziert wird bzw der Arbeitnehmer diesen Urlaub nur mit reduziertem Entgelt verbrauchen kann. Der Gerichtshof betonte in dieser Entscheidung unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung, dass der Anspruch jedes Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub als ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union anzusehen sei, von dem nicht abgewichen werden dürfe und den die zuständigen nationalen Stellen nur in den in der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. 11. 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung ausdrücklich gezogenen Grenzen umsetzen dürften. Dieser Grundsatz sei nicht restriktiv auszulegen. Der für Entspannung und Erholung des Arbeitnehmers gewidmete bezahlte Jahresurlaub (die Ruhezeit) verliere seine Bedeutung für die Sicherheit und die Gesundheit des Arbeitnehmers nicht dadurch, dass er nicht im Bezugszeitraum, sondern zu einer späteren Zeit genommen werde. Daraus folge, dass die Inanspruchnahme des Jahresurlaubs zu einer späteren Zeit als dem Bezugszeitraum in keiner Beziehung zu der in dieser späteren Zeit vom Arbeitnehmer erbrachten Arbeitszeit stehe. Das einschlägige Unionsrecht, insbesondere die Teilzeit-Rahmenvereinbarung, stehe daher einer nationalen Bestimmung wie § 55 Abs 5 L‑VBG entgegen, nach der bei einer Änderung des Beschäftigungsausmaßes eines Arbeitnehmers das Ausmaß des noch nicht verbrauchten Erholungsurlaubs in der Weise angepasst werde, dass der von einem Arbeitnehmer, der von einer Vollzeit- zu einer Teilzeitbeschäftigung übergehe, in der Zeit der Vollzeitbeschäftigung erworbene Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, dessen Ausübung dem Arbeitnehmer während dieser Zeit nicht möglich gewesen sei, reduziert werde oder der Arbeitnehmer diesen Urlaub nur mehr mit einem geringeren Urlaubsentgelt verbrauchen könne. Zulässig sei es aber, dass der Urlaubsanspruch bei Teilzeitbeschäftigten nur im aliquoten Ausmaß („pro rata temporis“) entstehe (EuGH C‑486/08 Rz 33; ebenso etwa EuGH 8. 11. 2012 C-229/11 [Heimann] uva).

2.2.  Balla (Urlaubsanspruch bei Reduktion der Arbeitszeit, DRdA 2011, 197 ff) weist in seiner Besprechung der vorstehenden Entscheidung des EuGH insbesondere auf das Spannungsverhältnis zwischen einem ‑ wie im Vorlageverfahren ‑ abweichend von § 2 Abs 1 UrlG in Arbeitsstunden bemessenen Urlaubsguthaben und dessen Umrechnung in Urlaubswochen hin. Da in Urlaubssystemen mit einem „kalendarischem“ Urlaubsbegriff (Zeitraum vom ersten Kalendertag nach Arbeitsende bis zum letzten Kalendertag vor Wiederantritt), wie er dem Urlaubsgesetz zugrunde liege, kein bestimmtes Ausmaß an „Freistellungsstunden“, sondern ein zusammenhängender Erholungszeitraum eingeräumt werde, finde die Entscheidung des EuGH keine Anwendung auf das Urlaubsgesetz.

2.3. Gerhartl (Aliquotierung des Urlaubsanspruchs bei Teilzeit, taxlex 2011, 150 f) vertritt die Ansicht, dass für eine Umrechnung des Urlaubsanspruchs bei Wechsel des Beschäftigungsausmaßes nicht am noch offenen Urlaubsrest anzuknüpfen, sondern der für das gesamte Urlaubsjahr zustehende Urlaubsanspruch entsprechend dem Pro-rata-temporis-Prinzip zu aliquotieren sei. Ändere sich jedoch infolge der Arbeitszeitreduktion (auch) das tägliche Beschäftigungsausmaß, so könne dem EuGH-Urteil nur durch eine Umrechnung des Urlaubsanspruchs auf Urlaubsstunden entsprochen werden. Auf die Höhe des Urlaubsentgelts, für das gemäß § 6 UrlG das Entgeltfortzahlungsprinzip gelte, habe die Änderung des Beschäftigungsausmaßes hingegen keine Auswirkungen.

2.4. Nach Fieberg (Urlaubsanspruch bei Übergang in Teilzeit ‑ Neues aus Luxemburg, NZA 2010, 925) sei das EuGH-Urteil für die Berechnung der Urlaubsdauer bei Änderung der Verteilung der Arbeitszeit nicht einschlägig, weil die im deutschen Urlaubsrecht geltende Umrechnung den Urlaub nicht „reduziere“. Nur eine Umrechnung nach Maßgabe der bei der Urlaubsabwicklung geltenden Arbeitszeitverteilung führe zur Gleichbehandlung der Arbeitnehmer und zur gleichen Urlaubsdauer unabhängig von Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigung und unabhängig von wechselnden Arbeitszeitverteilungen. Da der EuGH den erworbenen Urlaubsanspruch gemeinsam mit dem Anspruch auf Urlaubsentgelt als „Wertguthaben“ auffasse, müsse ein Arbeitnehmer für den nach Umstellung auf Teilzeit realisierten Urlaub ein Urlaubsentgelt auf Vollzeitbasis erhalten.

2.5.  Rambach/Feldmann (Urlaub und Europa ‑ eine unendliche Geschichte?, ZTR 2010, 561 ff) teilen im Wesentlichen die Ansicht von Fieberg.

2.6. Nach Schlottfeldt (Europarechtliche „Baustellen“ des deutschen Urlaubsrechts, ZESAR 2013, 226 ff) werde das EuGH-Urteil hingegen auch in Deutschland zur Aufgabe der bisherigen Praxis der urlaubsmäßigen Arbeitsbefreiung auf Basis der aktuell vereinbarten oder festgelegten Arbeitszeit führen müssen. Eine Umrechnung des Urlaubsanspruchs ‑ unter Berücksichtigung der ohnehin arbeitsfreien Tage ‑ sei jedoch nur geboten, wenn sich die Zahl der Arbeitstage pro Woche ändere. Für die früher erworbenen „Vollzeit-Urlaubstage“ gebühre dem Arbeitnehmer das Vollzeit-Gehalt. Innerhalb des Urlaubsjahres sei beim Urlaubsverbrauch von der im jeweiligen Zeitpunkt bestehenden Arbeitspflicht auszugehen. Der EuGH wende sich im Ergebnis nur gegen die nachträgliche Anwendung der Aliquotierung („pro rata temporis“).

3.1. Der Oberste Gerichtshof hatte sich in seiner Entscheidung 8 ObA 35/12y vom 24. 10. 2012 mit dem umgekehrten Fall eines Wechsels von Teilzeit auf Vollzeit zu beschäftigen. Darin wurde ausgeführt, der Urlaubsbegriff im Urlaubsgesetz meine einen kalendarischen Zeitraum, bemessen vom ersten Kalendertag nach Arbeitsende bis zum letzten Kalendertag vor Wiederantritt, und nicht im engeren Sinn ausschließlich jenen Zeitraum, in dem der Arbeitnehmer von der Arbeitspflicht freigestellt sei. Nur in Urlaubssystemen der letztgenannten Art wäre der stehen gelassene Jahresurlaub bereits im Zeitpunkt seines Erwerbs in seiner Höhe durch das Beschäftigungsausmaß in Stunden determiniert, wie nach dem vom EuGH in C-486/08 zu beurteilenden Tiroler L-VBG. In einem Urlaubssystem mit kalendarischem Urlaubsbegriff, wie er dem Urlaubsgesetz zugrunde liege, werde dagegen originär kein bestimmtes Ausmaß an Freistellungsstunden, sondern ein zusammenhängender Erholungszeitraum eingeräumt. Im Interesse des Erholungszwecks des Jahresurlaubs dürfe es aber in beiden Systemvarianten nicht dazu kommen, dass ein während einer Teilzeitperiode erworbener Urlaubsanspruch, dessen Ausübung dem Arbeitnehmer während dieser Zeit nicht möglich gewesen sei, durch den Arbeitszeitwechsel reduziert werde. Um bei einem Wechsel von Teilzeit zu Vollzeit zu diesem Ergebnis zu gelangen, sei das von dem Arbeitnehmer am Ende der Teilzeitarbeit nicht verbrauchte Urlaubsguthaben in der Vollzeitphase dahingehend aufzuwerten, dass die neue Tagesanzahl demselben Urlaubsausmaß in Wochen entspreche wie das Guthaben vor der Umstellung. Die Höhe der Urlaubsersatzleistung nach § 10 UrlG richte sich nach dem zuletzt bezogenen Entgelt. Dieses Prinzip könne sich für den Arbeitnehmer finanziell gegenüber einem zeitnahen Urlaubsverbrauch günstiger auswirken, wenn das Urlaubsguthaben noch aus Zeiten mit einem geringeren laufendem Entgeltanspruch, etwa auch wegen Teilzeitarbeit, stamme, bei Herabsetzung der Arbeitszeit könne jedoch auch der umgekehrte Fall eintreten. In jedem Fall fördere diese Reflexwirkung die Beachtung der gesetzlichen Intention, den Jahresurlaub möglichst zeitnah tatsächlich zu konsumieren.

3.2.  Schrankbegrüßtim Editorial ZAS 2013/24 diese Entscheidung. Der Oberste Gerichtshof habe den Unterschied zu Arbeitsstunden-Urlaubssystemen überzeugend klargestellt, die Entscheidung des EuGH nicht auf das „kalendarische“ Urlaubsausmaßsystem des Urlaubsgesetzes angewendet und damit dessen „Urlaubswelt“ wieder ins Lot gebracht. In diesem „kalendarischen“ Urlaubssystem entstehe kein Jahresurlaub in Höhe des Beschäftigungsausmaßes oder bestimmter Freistellungsstunden, sondern ein zusammenhängender Erholungszeitraum. Zur Sicherung dieses kalendarischen Urlaubsausmaßes müssten offene Arbeitstage-Urlaubssalden auch während eines Urlaubsjahres immer entsprechend angepasst werden, wenn sich durch Änderungen des Arbeitszeitausmaßes oder der Arbeitszeiteinteilung die regelmäßige Arbeitstageanzahl einer Woche verändere.

3.3.  Rohrer (EvBl 2013/50, 362) befürwortet ebenfalls die aliquote Berechnung der offenen Urlaubstage aus der Vollzeitphase.

3.4.  Kohlbacher (EvBl 2013/50, 362 f) tritt bei einem Wechsel von Vollzeit auf Teilzeit für eine entsprechende „Abwertung“ des Resturlaubs aus der Zeit der Vollzeitbeschäftigung ein. Die Berechnung der Urlaubsersatzleistung auf Basis des Entgelts bei Beendigung des Dienstverhältnisses könnte hingegen unionsrechtswidrig sein.

3.5.  Gruber (Urlaub bei Änderung der Zahl der Arbeitstage, ecolex 2013, 261 f) spricht davon, dass der Oberste Gerichtshof nach der Verunsicherung durch den EuGH nun für das Urlaubsgesetz wieder Klarheit geschaffen habe. Da dem Urlaubsbegriff des Urlaubsgesetzes eine Stundenberechnung fremd sei, komme es nur bei einer Veränderung der Zahl der Arbeitstage pro Woche zu einer Erhöhung oder Reduzierung der Urlaubstage, nicht jedoch bei bloßer Veränderung des Beschäftigungsausmaßes.

3.6.  Gerhartl (DRdA 2013/34) hält es für sachgerecht, nicht bloß die in der Teilzeitphase verbrauchten Urlaubstage aufzuwerten, sondern die während des Urlaubsjahres geänderten Rahmenbedingungen bei der Ermittlung des Urlaubsanspruchs zu berücksichtigen. Im Ergebnis werde dem nur eine Umrechnung in Stunden gerecht.

4.1. Am 13. 6. 2013 erging in der Rechtssache C‑415/12 (Brandes) eine weitere einschlägige Entscheidung des EuGH, und zwar zum deutschen Urlaubsrecht. Nach dem anzuwendenden Tarifvertrag hatten die Arbeitnehmer ‑ je nach Lebensalter ‑ einen Urlaubsanspruch auf eine bestimmte Anzahl an „Arbeitstagen“. Als Arbeitstage wurden jene Kalendertage definiert, an denen die Beschäftigten dienstplanmäßig zu arbeiten haben (hätten). Bei einer Verteilung der Arbeitszeit auf weniger als fünf Tage in der Woche sollte sich der Anspruch auf Arbeitstage entsprechend verringern (aliquotieren) (vgl zur Rechtslage nach dem deutschen Urlaubsgesetz Linck in Schaub Arbeitsrechtshandbuch15 § 104 Rz 44 ff). Der EuGH wiederholte in seinem Beschluss zunächst seine bereits in C‑486/08 (Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols) dargelegten Grundsätze und bestätigte, dass das einschlägige Unionsrecht, insbesondere die Teilzeit-Rahmenvereinbarung, dahin auszulegen sei, dass es nationalen Bestimmungen oder Gepflogenheiten entgegenstehe, nach denen die Zahl der Tage bezahlten Jahresurlaubs, die ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer im Bezugszeitraum nicht in Anspruch nehmen habe können, wegen des Übergangs dieses Arbeitnehmers zu einer Teilzeitbeschäftigung entsprechend dem Verhältnis gekürzt werde, in dem die von ihm vor diesem Übergang geleistete Zahl der wöchentlichen Arbeitstage zu der danach geleisteten Zahl stehe. Der Ansicht der Arbeitgeberin, der von Frau Brandes bereits erworbene Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub werde ohnehin nicht gekürzt, weil er ‑ in Urlaubswochen ausgedrückt ‑ vor und nach ihrem Übergang zu einer Teilzeitbeschäftigung unverändert bleibe, könne nicht gefolgt werden. Dass ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, der normalerweise drei volle Tage pro Woche arbeite, in einer bestimmten Woche nicht im Betrieb erscheine, bedeute nämlich nicht, dass er damit das Äquivalent von fünf Urlaubstagen erhielte, die, da er sie während seiner Vollzeitbeschäftigung erworben habe, offenkundig als fünf volle Tage zu verstehen seien, während deren der Betreffende von seiner Arbeitspflicht, die ihn ohne diesen Urlaub treffen würde, befreit sei. Werde dem Arbeitnehmer aber im Rahmen seiner neuen Teilzeitbeschäftigung im Umfang von drei vollen Arbeitstagen pro Woche eine „Woche“ Urlaub zuerkannt, werde er damit offensichtlich nur für drei volle Tage von seiner Arbeitspflicht befreit. Zurückzuweisen sei auch die entsprechende Argumentation der deutschen Regierung, wonach die im Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung nicht unionsrechtswidrig sei, weil ein Arbeitnehmer, der nicht mehr an sämtlichen Arbeitstagen der Woche zur Arbeitsleistung verpflichtet sei, an weniger Tagen von der Arbeit freigestellt werden müsse, um eine gleich lange Freizeitphase wie zuvor in Anspruch nehmen zu können. Eine solche Argumentation verwechsle nämlich die Ruhephase, die dem Zeitabschnitt eines tatsächlich genommenen Urlaubs entspreche, und die normale berufliche Inaktivität während eines Zeitabschnitts, in dem der Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsverhältnisses, das ihn an seinen Arbeitgeber binde, nicht zu arbeiten brauche. Auch in dieser Entscheidung betonte der EuGH, dass es zulässig sei, bei Teilzeitbeschäftigten den Anspruch auf Jahresurlaub nur aliquot entstehen zulassen, nicht aber nach Ablauf des Urlaubsjahres einen voll entstandenen Urlaubsanspruch aliquot zu kürzen.

4.2. Nach Eypeltauer (Offener Urlaub bei Änderung des Ausmaßes der Arbeitszeit: Neuberechnung?, ecolex 2014, 165 ff) muss sich unter Berücksichtigung der EuGH‑Entscheidungen der Urlaubsanspruch einem wechselnden Arbeitszeitausmaß anpassen, also nach dem durchschnittlichen Beschäftigungsausmaß für das ganze Urlaubsjahr neu berechnet werden. Bei einem Wechsel des Beschäftigungsausmaßes in einem späteren Urlaubsjahr müsse darauf Bedacht genommen werden. Das Erholungsbedürfnis sei aber bei einem Wechsel von Teilzeit auf Vollzeit höher als umgekehrt. Die Reduktion des Urlaubsanspruchs bei Teilzeitbeschäftigung sei sachlich gerechtfertigt. Da die Fortzahlung des Entgelts bloß die Konsequenz des Urlaubsverbrauchs sei und dieser Entgeltanspruch nicht zum Zeitpunkt des Urlaubsanspruchs entstehe, gehe der noch nicht entstandene Entgeltanspruch auch nicht verloren

4.3.  Drs (ZAS 2014/28, 184 ff) betont, dass die Anpassung in beide Richtungen (Aufwertung/Abwertung) zu erfolgen habe. Dies könne bei der Abwertung bei der Umrechnung von Teilzeit zu Vollzeit zu einem Spannungsverhältnis mit der Vorgabe einer Mindesterholungszeit führen. Es sei zu beachten, dass die Umrechnung nach den EuGH-Entscheidungen nur dann zu erfolgen habe, wenn der Verbrauch in der Entstehungszeit überhaupt nicht möglich gewesen sei.

4.4.  Erler (Auswirkungen der Veränderung des Beschäftigungsausmaßes auf den Urlaubsanspruch ‑Konsequenzen der EuGH-Judikatur für Österreich ASoK 2014, 207 ff) ortet einen Widerspruch zwischen dem gemeinschaftsrechtlichen Urlaubsbegriff und jenem nach dem Urlaubsgesetz. Da auch Alturlaube von der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. 11. 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (kurz: Arbeitszeit-Richtlinie) erfasst würden und der Anspruch auf Jahresurlaub und derjenige auf Zahlung des Urlaubsentgelts als die zwei Teile eines einzigen Anspruchs zu betrachten seien, bleibe beim Wechsel von Vollzeit auf Teilzeit in richtlinienkonformer Auslegung der § 2 Abs 1, § 6, § 10 Abs 1 und 3 UrlG im Sinne des gemeinschaftsrechtlichen Urlaubsbegriffs der Alturlaubsanspruch sowohl in seiner Dauer als auch in der Höhe des Urlaubsentgelts unverändert.

4.5. Zuletzt hat Klein (Urlaub bei Wechsel zwischen Vollzeit und Teilzeit ‑ zur Auflösung des Spannungsfeldes zwischen nationaler und europäischer Judikatur auf Basis eines vollständigen Urlaubsbegriffes, DRdA Ausgabe 5/2014 [in Druck]; www.drda.at ) einen gemischten Urlaubsbegriff vorgeschlagen. Beim Umstieg von Vollzeit auf Teilzeit soll zugunsten der Arbeitnehmer eine Berechnung nach Urlaubstagen erfolgen und damit eine Verlängerung der Urlaubsperiode eintreten, während umgekehrt beim Umstieg von Teilzeit auf Vollzeit zugunsten der Arbeitnehmer eine Berechnung nach Urlaubsperioden vorgenommen und damit eine Vermehrung der Urlaubstage eintreten soll. Der Vorschlag umfasst Urlaubsstunden- und Urlaubstagemodelle, wobei sich teilweise die Höhe des Urlaubsanspruchs erst im Nachhinein berechnen ließe.

5.1. Zufolge der Entscheidung des EuGH C‑486/08 änderte der österreichische Gesetzgeber mit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl I 2010/111, das VBG 1948 mit Wirksamkeit vom 1. 1. 2011 ua dahin, dass nach § 27c Abs 2 VBG anlässlich jeder Verfügung einer Änderung des Beschäftigungsausmaßes im Sinne des Abs 1 und des § 27a Abs 8 VBG das gemäß §§ 27a und 27b VBG ausgedrückte Urlaubsausmaß für das jeweilige Kalenderjahr entsprechend dem über das gesamte Kalenderjahr gemessenen durchschnittlichen Beschäftigungsausmaß neu zu berechnen ist. Nicht verfallene Ansprüche auf Erholungsurlaub aus vorangegangenen Kalenderjahren bleiben davon unberührt. Nach den Gesetzesmaterialien (RV 981 BlgNR 24. GP  213) bedingten die Ausführungen des EuGH auch eine Anpassung der vergleichbaren Regelungen auf Bundesebene. Unabhängig davon, ob der oder dem Bediensteten die Ausübung des in der Zeit der Vollzeitbeschäftigung erworbenen Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub während dieser Zeit möglich gewesen sei, solle anlässlich jeder Verfügung einer Änderung des Beschäftigungsausmaßes das Urlaubsausmaß für das jeweilige Kalenderjahr entsprechend dem über das gesamte Kalenderjahr gemessenen durchschnittlichen Beschäftigungsausmaß neu berechnet werden.

5.2. Mit den Dienstrechts-Novellen 2011, BGBl I 2011/140, und 2012, BGBl I 2012/120, erfolgten weitere Änderungen im Urlaubsrecht des VBG.

5.3. Das Urlaubsgesetz erfuhr hingegen trotz der beiden Entscheidungen des EuGH keine Änderung. Um die Auswirkungen der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C‑415/12 (Brandes) auf das österreichische Urlaubsgesetz (auf andere Urlaubsregelungen, wie etwa des VBG, wird in der Folge nicht weiter eingegangen) feststellen zu können, bedarf es zunächst einer Klärung des Urlaubsbegriffs im Unionsrecht und im Urlaubsgesetz.

6. Art 7 Abs 1 der Arbeitszeit-Richtlinie 2003/88/EG normiert einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der nationalen Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung. Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ist als Grundsatz des Sozialrechts der Union auch in Art 31 Abs 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) verankert. Ihm wird daher der gleiche rechtliche Rang wie den Verträgen im Sinne der Art 1 EUV zuerkannt (Art 6 Abs 1 EUV). Insbesondere die Aussagen des EuGH in den Rechtssachen C‑131/04 und C‑257/04 (Robinson-Steele ua), C‑486/08 (Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols) und C‑415/12 (Brandes) lassen erkennen, dass der unionsrechtliche Urlaubsbegriff eines bezahlten Mindesturlaubs von vier Wochen wesentlich dadurch geprägt ist, dass die RL 93/104/EG den Anspruch auf Jahresurlaub und denjenigen auf Zahlung des Urlaubsentgelts als die zwei Teile eines einzigen Anspruchs behandelt. Durch die Zahlung des Urlaubsentgelts soll der Arbeitnehmer während des Jahresurlaubs in eine Lage versetzt werden, die in Bezug auf das Entgelt mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist (zuletzt EuGH 22. 5. 2014 C‑539/12 [Lock]). In Urlaubssystemen, in denen der Urlaubsanspruch in Arbeitsstunden oder Arbeitstagen festgelegt wird, kann dieser nach Ablauf des Urlaubsjahres nicht mehr reduziert werden. Die Inanspruchnahme des Jahresurlaubs steht insoweit zu der in dieser späteren Zeit vom Arbeitnehmer erbrachten Arbeitszeit in keiner Beziehung. Die normale berufliche Inaktivität während eines Zeitraums, in dem der Arbeitnehmer nicht zu arbeiten braucht, sind in diesen Systemen nicht ident mit einem Urlaubsverbrauch.

7. Auch nach dem österreichischen Urlaubsgesetz ist das Wesen des Urlaubs der Entfall der Leistungspflicht des Arbeitnehmers unter Fortzahlung des Entgelts (Cerny, Urlaubsrecht10 § 2 Erl 1; 8 ObA 81/08g; 2 Ob 16/09f). Da diese beiden Aspekte des Urlaubsbegriffs für die Zeit des aufrecht bestehenden Arbeitsverhältnisses einen einheitlichen Anspruch bilden, besteht insoweit weitgehend Übereinstimmung mit dem unionsrechtlichen Urlaubsbegriff.

Das Urlaubsgesetz geht aber ‑ anders als in den bisher vom EuGH entschiedenen Fällen  klar von einem grundsätzlich in ganzen Wochen zu verbrauchenden „kalendarischen“ Urlaubsanspruch im Sinne eines Erholungszeitraums (das ist vom ersten Kalendertag nach Arbeitsende bis zum letzten Kalendertag vor Arbeitsantritt) aus (zuletzt ausführlich 8 ObA 35/12y). Dieser ist völlig unabhängig vom jeweiligen Beschäftigungsausmaß, sodass einerseits bei einem geringeren Beschäftigungsausmaß der Urlaubsanspruch auch nicht aliquot, sondern zu Gänze entsteht, und sich andererseits bei einer Veränderung des Beschäftigungsausmaßes auch nichts am Urlaubsanspruch ändert.

Inwieweit dies in einem Spannungsverhältnis zum unionsrechtlichen Verständnis des Urlaubsbegriffs des Art 7 der Arbeitszeit-Richtlinie 2003/88/EG steht, bedürfte dann einer näheren Auseinandersetzung, wenn die Rechtslage einer anderen ‑ richtlinienkonformen ‑ Interpretation zugänglich wäre bzw die österreichischen Regelungen nicht als günstiger für die Arbeitnehmer zu qualifizieren wären (vgl Art 23 der Arbeitszeit-Richtlinie 2003/88/EG ). Die innerstaatlichen Behörden haben die inhaltlich von der Richtlinie berührten Normen zwar soweit wie möglich im Einklang mit der Richtlinie („richtlinienkonform“) auszulegen (RIS‑Justiz RS0111214). Eine richtlinienkonforme Auslegung einer Bestimmung kann aber nur soweit erfolgen, als das nationale Recht dem Rechtsanwender einen Spielraum einräumt. Sie darf einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen nationalen Regelung keinen durch die nationalen Auslegungsregeln nicht erzielbaren abweichenden oder gar entgegengesetzten Sinn geben (9 ObA 161/07b; 8 ObA 58/09a; RIS‑Justiz RS0114158).

8. Der den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zum Urlaubsgesetz im Ergebnis zugrunde gelegte kalendarische Urlaubsbegriff ist aus dem Wortlaut, der Systematik, der Zielrichtung und der historischen Entwicklung des Urlaubsgesetzes eindeutig abzuleiten.

8.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Urlaubsgesetzes lauten wie folgt (Hervorhebung nicht im Text):

§ 2 (1) Dem Arbeitnehmer gebührt für jedes Arbeitsjahr ein ununterbrochener bezahlter Urlaub . Das Urlaubs ausmaß beträgt bei einer Dienstzeit von weniger als 25 Jahren 30 Werk tage und erhöht sich nach Vollendung des 25. Jahres auf 36 Werktage.

(2) … Der Urlaubsanspruch wird durch Zeiten, in denen kein Anspruch auf Entgelt besteht, nicht verkürzt, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt wird ...

 

§ 4 (1) Der Zeitpunkt des Urlaubsantrittes ist zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer unter Rücksichtnahme auf die Erfordernisse des Betriebes und die Erholungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers zu vereinbaren. Die Vereinbarung hat so zu erfolgen, daß der Urlaub möglichst bis zum Ende des Urlaubsjahres , in dem der Anspruch entstanden ist, verbraucht werden kann.

(3) Der Urlaub kann in zwei Teilen verbraucht werden, doch muss ein Teil mindestens sechs Werktage betragen.

 

§ 6 (1) Während des Urlaubes behält der Arbeitnehmer den Anspruch auf das Entgelt nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen.

(2) Ein nach Wochen, Monaten oder längeren Zeiträumen bemessenes Entgelt darf für die Urlaubsdauer nicht gemindert werden.

(3) In allen anderen Fällen ist für die Urlaubsdauer das regelmäßige Entgelt zu zahlen. Regelmäßiges Entgelt ist jenes Entgelt, das dem Arbeitnehmer gebührt hätte, wenn der Urlaub nicht angetreten worden wäre.

 

§ 10 (1) Dem Arbeitnehmer gebührt für das Urlaubsjahr, in dem das Arbeitsverhältnis endet, zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Ersatzleistung als …

(4)  Endet das Arbeitsverhältnis während einer Teilzeitbeschäftigung gemäß VKG oder MSchG oder Herabsetzung der Normalarbeitszeit nach den §§ 14a und 14b Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, BGBl. Nr. 459/1993, durch

1. Entlassung ohne Verschulden des Arbeitnehmers,

2. begründeten vorzeitigen Austritt des Arbeitnehmers,

3. Kündigung seitens des Arbeitgebers oder

4. einvernehmliche Auflösung,

ist der Berechnung der Ersatzleistung im Sinne des Abs. 1 jene Arbeitszeit zugrunde zu legen, die in dem Urlaubsjahr, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist, vom Arbeitnehmer überwiegend zu leisten war.

 

Der Wortlaut des § 2 Abs 1 UrlG stellt auf einen ununterbrochenen bezahlten Urlaub ab, dessen Ausmaß mit 30 Werktagen festgelegt wird. Der Begriff der Werktage erfasst nun ‑ anders als jener der Arbeitstage ‑ auch solche Tage, an denen den Arbeitnehmer keine Arbeitspflicht trifft und scheidet nur Sonn- und Feiertage aus (VwGH 2004/02/0378; RV 150 BlgNR 14. GP 8). Dementsprechend werden etwa auch von Kollektivverträgen zu arbeitsfreien Tagen erklärte Werktage weiter als Werktage auf den Urlaubsanspruch angerechnet (4 Ob 132/84 = DRdA 1986/15, 224 [Teichmann] = Arb 10.432). Umgekehrt führt ein gesetzlicher Feiertag, der innerhalb der vereinbarten Urlaubsperiode auf einen Werktag fällt, zu einer Verlängerung der Urlaubsperiode, auch wenn der Feiertag ohnehin arbeitsfrei gewesen wäre (RIS‑Justiz RS0058884; Reissner in ZellKomm2, § 2 UrlG Rz 13 mwN). Die Berücksichtigung der Arbeitstage liegt dem gesetzlichen Urlaubsausmaß an sich nicht zugrunde (9 ObA 221/02v = DRdA 2004/19, 248 [Mosler]).

Die Umstellung einer Bemessung des Urlaubsausmaßes von Werktagen auf Arbeitstage ist nur zulässig, soweit dies für die Arbeitnehmer günstiger ist (Reissner in ZellKomm2, § 2 UrlG Rz 13 mwN; Kuderna, UrlR2 § 2 Rz 10; Cerny, UrlR10 § 2 Erl 8), wenn der Urlaub nicht, wie nach dem UrlG vorgesehen, in ganzen Wochen verbraucht wird (ausführlich 8 ObA 35/12y).

Bei der Festlegung der Lage des Urlaubsverbrauchs ist zu beachten, dass in den 30 als Urlaub konsumierten Werktagen für den Arbeitnehmer tatsächlich auch jenes Ausmaß an Arbeitszeit (entgeltpflichtig) ausfällt, das einem durchschnittlichen Arbeitszeitverlauf durch fünf Arbeitswochen entspricht (Klein, DRdA 1994/31, 345 f), weshalb etwa bei einer Schichtarbeitszeit, die auch eine Freischichtwoche inkludiert, die Ermittlung des fünfwöchigen Durchschnitts mit einer Arbeitswoche zu beginnen hat (9 ObA 221/02v). Bei unregelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern ist für die Beurteilung der Günstigkeit der Umstellung auf Arbeitstage festzustellen, wie viele Tage der Arbeitnehmer durchschnittlich in einem Zeitraum von fünf (bzw sechs) Wochen arbeitet (9 ObA 390/97m).

Zusammenfassend lässt sich also zum Wortlaut der Bestimmung festhalten, dass das Gesetz ganz klar einen kalendarischen, in ganzen Wochen zu verbrauchenden Urlaubsanspruch zugrunde legt, und die Umstellung auf Arbeitstage nur im Rahmen einer für den Arbeitnehmer günstigeren Regelung erfolgen kann (Günstigkeitsprinzip § 12 UrlG).

8.2. Für diesen kalendarischen Urlaubsbegriff spricht auch, dass die Wurzel des Urlaubsanspruchs in der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers liegt (9 ObA 16/88; Kuderna, UrlR2 § 2 Anm 1 mwN; Cerny, UrlR10 § 2 Rz 1). Es geht also um die Erhaltung der Gesundheit der Arbeitnehmer durch eine bestimmte ‑ längere ‑ arbeitsfreie Periode. Der Urlaubsanspruch ist primär kein Geldanspruch für erbrachte Arbeitsleistungen (vgl 9 ObA 90/88; vgl auch § 2 Abs 2 letzter Satz UrlG), sondern ein höchstpersönliches Recht auf Erholung (RIS‑Justiz RS0028100; 9 ObA 90/88; Kuderna, UrlR2 § 2 Anm 1 mwN; Cerny, UrlR10 § 2 Erl 1), das durch die Fortzahlung des Entgelts effektuiert wird. Dieser Erholungsanspruch besteht unabhängig vom Ausmaß und der Lage der jeweiligen Arbeitszeit.

Praktisch würde eine Umstellung auf Arbeitsstunden etwa bedeuten, dass dann, wenn eine junge Mutter im Zeitpunkt des Antritts ihres Teilzeitbeschäftigungsverhältnisses über 10 Stunden noch einen Jahresurlaub von 200 Arbeitsstunden aus der Zeit der Vollzeitbeschäftigung offen hat, alleine der alte Urlaubsanspruch 20 Kalenderwochen abdecken würde. Sollte die Umstellung auf Arbeitstage erfolgen, so würde im genannten Beispiel wieder die Lage der Arbeitszeit entscheidend sein. Sollten die 10 Arbeitsstunden an einem Tag geleistet werden, so wäre ebenfalls ein 20 Kalenderwochen umfassender Urlaubsanspruch gegeben; sollten diese 10 Arbeitsstunden auf 5 Tage je 2 Stunden aufgeteilt werden, so bliebe es beim 5‑wöchigen Urlaubsanspruch. Umgekehrt würde es beim Wechsel von Teilzeit auf Vollzeit ‑ je nach dem gewählten Modell und der Lage der Arbeitszeit ‑ auch zu einer massiven Reduktion des aus den früheren Urlaubs‑(teil‑)jahren zustehenden Urlaubsanspruchs kommen. Teilzeitbeschäftigte im Ausmaß von 10 Stunden könnten ‑ je nach Modell und Lage der Arbeitszeit ‑ mit einem offen Jahresurlaubsanspruch aus der Teilzeitbeschäftigung nur ein bis zwei Arbeitswochen abdecken. Im Ergebnis könnte in der Zeit der geringeren Arbeitsbelastung der Teilzeitbeschäftigung ein Alturlaubsanspruch für ein Urlaubsjahr bis zu 20 Kalenderwochen abdecken ‑ im Hinblick auf das Erfordernis, den Verbrauch mit den betrieblichen Erfordernissen abzustimmen, bedürfte es insoweit wohl einer Verlängerung der Verjährungsfristen ‑, während in der Zeit der hohen Vollzeitbelastung der Alturlaubsanspruch etwa nur zwei Kalenderwochen umfasst. Auch aus dem grundlegenden Ziel des Urlaubsgesetzes, aus der Fürsorge um die Gesundheit der Arbeitnehmer eine bestimmte Zeit im Jahr für deren Erholung freizuhalten, kann ein solches Ergebnis nicht als intendiert angesehen werden.

8.3. Bei einer systematischen Analyse des Urlaubsgesetzes spricht § 10 Abs 4 UrlG, der für Sonderfälle abweichende Reglungen enthält, dafür, dass der Urlaubsanspruch unabhängig vom Arbeitszeitausmaß im Zeitpunkt der Entstehung immer in einer Urlaubsperiode oder in zwei Urlaubsperioden besteht, die nach der konkreten Vereinbarung oder Festlegung 30 bzw 36 Werktage umfasst.

8.4. Auch eine historische Analyse spricht für diesen Befund, weil der Gesetzgeber im Urlaubsgesetz offenbar bewusst dieses System aufrecht erhalten hat, während er im öffentlichen Dienstrecht für die Vertragsbediensteten umfangreiche Regelungen für einen nach Urlaubsstunden bemessenen Urlaubsanspruch samt mancher dafür erforderlicher Begleitregelungen getroffen hat.

Bedenkt man die Konsequenzen einer Umstellung auf Arbeitsstunden, so kann darin auch nicht bloß ein Versehen des Gesetzgebers gesehen werden. Eine auf das Ausmaß der Arbeitszeit im Zeitraum der Entstehung abstellendes Urlaubssystem bedürfte gerade im Hinblick auf die zunehmende Flexibilität und die häufigen Änderungen des Ausmaßes und der Lage der Arbeitszeit umfassenderer Begleitregelungen, die jedoch fehlen. So stellte sich etwa die Frage, in welchem Ausmaß bei häufigerem Wechsel des Ausmaßes der Arbeitszeit im Urlaubsjahr der Urlaubsanspruch entsteht (Stichtag, Durchschnitt etc). Sollte es zu einem ‑ dann nach Arbeitstagen bemessenen ‑ Urlaubsanspruch kommen, so könnte schon die Änderung der Lage der Arbeitszeit große Auswirkungen haben. Dies etwa dann, wenn bei einer 10‑Wochenstundenverpflichtung die Arbeitszeit statt an 5 Tagen je 2 Stunden an 2 Tagen je 5 Stunden geleistet werden soll und sich dabei die Frage stellt, ob für dieses Urlaubsjahr ausgehend von 5 Arbeitstagen der Urlaubsanspruch 25 Arbeitstage oder ausgehend von 2 Arbeitstagen nur 10 Arbeitstage betragen soll. Ähnliche Probleme stellten sich naturgemäß beim Verbrauch des dann nach Arbeitstagen oder -stunden berechneten Urlaubsanspruchs (nach Stichtag oder aktuellem Ausmaß oder Durchschnitt bis zum Urlaubsantritt). Geht man von einer Umstellung auf Arbeitsstunden aus, so stellte sich die Frage, wie diese bei Änderungen des Arbeitsausmaßes zu ändern sind (vgl § 27c VBG) und inwieweit ein bloß stundenweiser oder tageweiser Verbrauch überhaupt mit dem Erholungszweck des Urlaubsgesetzes vereinbar ist. Auch Fragen des Urlaubsvorgriffs bzw des überproportionalen Verbrauchs zum Beginn des Urlaubsjahres müssten wohl neu bewertet werden.

All diese ‑ gerade auch die vom europäischen Gesetzgeber angestrebte Flexibilität beim Wechsel zwischen Vollzeit und Teilzeit ‑ zumindest administrativen Schwierigkeiten sprechen dafür, dass der Gesetzgeber bewusst das System des kalendarischen Urlaubsanspruchs aufrecht erhalten hat (zum Zweck der Teilzeitrichtlinie 97/81/EG , die Flexibilität zwischen Voll- und Teilzeitbeschäftigungen zu erleichtern siehe auch 8 ObA 20/12t).

8.5. Der konstruktive Ansatz von Klein (siehe 4.5.) läuft darauf hinaus, den österreichischen kalendarischen Urlaubsbegriff mit einem aus den dargestellten EuGH‑Entscheidungen abgeleiteten (vgl zu deren Antwortcharakter auch Punkt 9.) Freistellungserhaltungsmodell zu einem Mischmodell zusammenzuführen. Beim Arbeitszeitwechsel nach Ablauf des Urlaubsjahres sollen Urlaubsansprüche wertmäßig (Wechsel Vollzeit zu Teilzeit) oder kalendarisch (Wechsel Teilzeit zu Vollzeit, insoweit eine „wertmäßige“ Aufwertung) erhalten bleiben. Während des Urlaubsjahres soll ein Arbeitszeitwechsel schon auf die Entstehung wertmäßig aliquot durchschlagen. Da die Richtlinien aber nicht unmittelbar wirken (vgl 7.; diese würden bloß eine aliquote Entstehung vorgeben), muss das österreichische Gesetz und dessen Grenzen der Interpretation der maßgebliche Ausgangspunkt bleiben und der von diesem gewollte‑ einheitliche ‑ kalendarische Urlaubsbegriff zugrunde gelegt werden. Bei der „Entstehung“ des Urlaubs in diesem Mischmodell zeigen die umfassenden Ausführungen von Klein klar, dass das neue Urlaubsmodell einen vom Gesetzgeber nicht vorgezeichneten Weg beschreiten müsste (aliquot je nach den im Urlaubsjahr geleisteten verschiedenen Arbeitszeitperioden). Dabei würden sich ‑ neben der Komplexität der Berechnung des entstehenden Urlaubsanspruchs ‑ weitere Fragen beim Verbrauch ergeben (im ersten Halbjahr der Vollzeitarbeit wird der Urlaub zur Gänze verbraucht, im zweiten Halbjahr aber nur Teilzeit gearbeitet). Auch beim kalendarischen Urlaubsmodell treten bei flexiblen Arbeitszeitgestaltungen Schwierigkeiten bei den in der Praxis geübten Umrechnungen auf Arbeitstage auf. Diese können im Streitfall aber regelmäßig einer wertungsmäßig konsistenten Lösung zugeführt werden, weil der Arbeitnehmer begehren kann, seinen Urlaub in zwei geschlossenen Teilen, die insgesamt 30 Werktage umfassen, zu verbrauchen, und zwar in einem Zeitraum (Lagerung), der dem durchschnittlichen Arbeitsverlauf entspricht. Dem Ansatz, dass es ja den Arbeitsvertragsparteien frei stehe, im Rahmen der freiwilligen Vereinbarung eines Umstiegs von Vollzeit auf Teilzeit eine adäquate Vereinbarung zur Frage des Urlaubsverbrauchs zu treffen, muss entgegengehalten werden, dass gerade in den letzten Jahren zunehmend einseitig durchsetzbare Ansprüche auf einen solchen Umstieg geschaffen wurden (vgl §§ 15h ff MSchG; § 14a AVRAG). Auch sollte dieser Umstieg in zahlreichen Modellen gefördert werden (§ 11a AVRAG, § 14c AVRAG) und offensichtlich nicht mit Fragen der Regelung der offenen Urlaubsansprüche belastet werden.

9. Inwieweit der unionsrechtliche Urlaubsbegriff der Arbeitszeit‑Richtlinie 2003/88/EG tatsächlich der Entstehung eines kalendarisch bestimmten Urlaubsanspruchs entgegensteht, ist ungeklärt. Die EuGH-Entscheidung C‑486/08 (Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols) erging insoweit nur zur Teilzeitrichtlinie 97/81/EG . Auch die Argumentation in der Entscheidung C‑415/12 (Brandes) stützt sich vorweg auf diese Vorentscheidung und nur in weiterer Folge auf Art 7 der Arbeitszeit‑Richtlinie 2003/88/EG . Beide Entscheidungen können nur vor dem Hintergrund der jeweiligen an den EuGH gestellten Fragen verstanden werden: In beiden Fällen war der Urlaubsanspruch insoweit nicht kalendarisch festgelegt, sondern es bestand ein auf Arbeitsstunden bzw Arbeitstage abstellender Urlaubsanspruch, der auch schon in der Entstehung aliquotiert war. Dass vor dem Hintergrund des Verbots der Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten (vgl dazu unten) eine Reduktion eines so definierten Anspruchs nicht zulässig ist, überrascht im Ergebnis nicht (vgl etwa EuGH 22. 11. 2012 C‑385/11 [Moreno]), besagt aber noch nicht, dass es unzulässig wäre, einen Urlaubsanspruch völlig unabhängig vom jeweils bestehenden Arbeitszeitausmaß festzulegen.

10. Zu prüfen bleibt der in den Entscheidungen des EuGH C‑486/08 (Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols) und C‑415/12 (Brandes) angesprochene, im Ergebnis sogar ja deren Ausgangspunkt bildende Schutz der Teilzeitbeschäftigten.

10.1. Arbeitnehmer, die mit dem Arbeitgeber eine Arbeitszeitherabsetzung gemäß § 13 AVRAG (Solidaritätsprämienmodell) vereinbaren, werden als Teilzeitarbeiter im Sinne des § 19d AZG angesehen (§ 13 Abs 3 AVRAG). Es gilt dann ‑ wie auch im Anlassfall für die vom klagenden Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer ‑ das Benachteiligungsverbot des § 19d Abs 6 AZG (Binder, AVRAG² § 13 Rz 6; Pfeil in ZellKomm² § 13 AVRAG Rz 10).

10.2. Gemäß § 19d Abs 6 AZG dürfen teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern nicht benachteiligt werden, es sei denn, sachliche Gründe rechtfertigen eine unterschiedliche Behandlung. Von § 19d Abs 6 AZG sind grundsätzlich die gesamten Entgelt- und Arbeitsbedingungen erfasst (9 ObA 58/13i; Mosler in ZellKomm² § 19d AZG Rz 45).

10.3. Auch § 4 der Teilzeit-Rahmenvereinbarung verbietet die Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten. Nach § 4 Nr 1 dieser Richtlinie dürfen Teilzeitbeschäftigte in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus objektiven Gründen gerechtfertigt. Es gilt, wo dies angemessen ist, der Pro-rata-temporis-Grundsatz (§ 4 Nr 2 der Richtlinie).

10.4. Teilzeitbeschäftigte diskriminierende und unter dem Aspekt der Teilzeit-Rahmenvereinbarung RL 97/81/EG idF 98/23/EG bedenkliche Effekte sind im dargestellten kalendarischen Urlaubssystem nicht erkennbar. Der entscheidende Wert in diesem System ist die Freistellung von Arbeitsleistung zu Erholungszwecken, die von der Entgeltfortzahlung begleitet wird, und nicht das Horten von erarbeitetem Urlaubsentgelt.

Es wird nicht verkannt, dass gerade die Verpflichtung zur Bildung von Rückstellungen für offene Urlaubsansprüche ein entgeltbezogenes Verständnis fördert. So mag es auch manchen Arbeitnehmern beim Umstieg auf eine Teilzeitbeschäftigung unbillig erscheinen, dass ihre alten Urlaubsansprüche im Rahmen des neuen Teilzeitbeschäftigungsverhältnisses zu einem geringeren Urlaubsentgelt führen, genauso wie es für manche Arbeitgeber schwer nachzuvollziehen sein mag, dass dann beim Rückumstieg auf die Vollzeitbeschäftigung für die in der Teilzeit erworbenen Urlaubsansprüche ein Urlaubsentgelt in Höhe des Vollzeitentgelts gebührt. Dies liegt aber in der primären Funktion des Urlaubs, die Erholung der Arbeitnehmer innerhalb einer Periode oder zweier längerer Perioden im Jahr zu ermöglichen.

Selbst ausgehend von einem entgeltbezogenen Verständnis wäre aber eine Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten nicht erkennbar (9 ObA 6/05f und 9 ObA 65/05g zur Abfertigungsberechnung). Eine Benachteiligung könnte sich ausgehend von einem solchen entgeltbezogenen Verständnis nur dann ergeben, wenn man davon ausginge, dass bei einem Wechsel zwischen Vollzeit und Teilzeit oder umgekehrt typischerweise in der Teilzeitphase mehr Urlaub aus der Vollzeitphase verbraucht oder abgegolten werde als umgekehrt. Dafür liegen aber keinerlei Anhaltspunkte vor. Hinzu kommt, dass es ja letztlich beim Arbeitnehmer liegt, wann er seinen Urlaub verbrauchen möchte und dies im Rahmen des § 4 UrlG durchsetzt. Der Arbeitgeber hat betriebsorganisatorisch die Rahmenbedingungen dafür zu bieten, dass der Urlaubsverbrauch im jeweiligen Urlaubsjahr möglich ist (vgl auch EuGH 10. 9. 2009 C‑277/08 Rn 24 [Pereda]). Welche Rechtsfolgen aus einem Verstoß des Arbeitgebers gegen diese Verpflichtung abzuleiten sind, ist hier nicht zu erörtern.

11. Eine erneute Einholung einer Vorabentscheidung ist im Hinblick auf den klaren Wortlaut des UrlG, dessen Systematik und Zielrichtung nicht geboten (EuGH 24. 1. 2012 C‑282/10 Rn 26 ff [Dominguez]). Auch wäre das österreichische System wohl jedenfalls als für die Arbeitnehmer im Regelfall günstiger und insoweit zulässig anzusehen (EuGH 25. 10. 2001 C‑49/98 Rn 57 [Finalarte] ua). Legt die Richtlinie doch nur einen vierwöchigen Mindesturlaubsanspruch fest, während die hier erfassten Arbeitnehmer nach dem österreichischen UrlG einen Urlaubsanspruch im Ausmaß von 30 bzw 36 Werktage haben, der unter Berücksichtigung von auf arbeitsfreie Werktage fallenden Feiertagen auch mehr als 5 bzw 6 Wochen umfassen kann.

12.1. Im Ergebnis ist das primäre Begehren des klagenden Betriebsrats auf Feststellung, dass eine anteilige Kürzung des Urlaubsanspruchs aus Anlass der Verkürzung der Arbeitszeit nicht erfolgen dürfe, aber schon deshalb berechtigt, weil nach dem Urlaubsgesetz der Urlaubsanspruch in Perioden (kalendarisch) festgelegt wird, deren Ausmaß nach „Werk“tagen (jeder Kalendertag ausgenommen Sonn- und Feiertage) ‑ also völlig unabhängig vom Ausmaß und der Lage der individuellen Arbeitszeit - bestimmt ist. Die Herabsetzung der Arbeitszeit berechtigt den Arbeitgeber auch nicht zu einer Reduktion des Urlaubsanspruchs. Vielmehr können die Arbeitnehmer dessen ungeachtet darauf bestehen, dass der Arbeitgeber von der Umrechnung auf Arbeitstage oder Arbeitsstunden Abstand nimmt und mit ihnen einen Urlaub vereinbart, der zwei Urlaubsperioden im Ausmaß von insgesamt 30 bzw 36 Werktagen zu umfassen hat.

12.2. Somit war der Revision der Beklagten ein Erfolg zu versagen.

13.1. Zur Höhe des Urlaubsentgelts:Nach § 6 Abs 1 UrlG behält der Arbeitnehmer während des Urlaubs den Anspruch auf das Entgelt nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen (§ 6 Abs 2 bis 6 UrlG). Damit ist das sogenannte Ausfallsprinzip angesprochen. Danach hat der Arbeitnehmer während seines Urlaubs grundsätzlich jenes Entgelt zu erhalten, das er verdient hätte, wenn er in dieser Zeit gearbeitet hätte (RIS‑Justiz RS0058728; Reissner in ZellKomm² § 6 UrlG Rz 5; Cerny, Urlaubsrecht10 § 6 Erl 1, 4). Ein nach Wochen, Monaten oder längeren Zeiträumen bemessenes Entgelt darf gemäß § 6 Abs 2 UrlG für die Urlaubsdauer nicht gemindert werden. Für die in § 6 Abs 4 aufgezählten Entlohnungsformen (Akkord-, Stück- oder Gedingelöhne, akkordähnliche oder sonstige leistungsbezogene Prämien oder Entgelte) wird das „regelmäßige“ nach dem Durchschnitt der letzten 13 voll gearbeiteten Wochen unter Ausscheidung nur ausnahmsweise geleisteter Arbeiten berechnet.

13.2. Es kann also ebenfalls auf den klaren Wortlaut, die Systematik und die ständige Judikatur des Obersten Gerichtshofs verwiesen werden, wonach auf jenes Entgelt abzustellen, das der Arbeitnehmer in der Zeit des Urlaubs verdient hätte (Ausfallsprinzip; RIS-Justiz RS0058728; vgl auch EuGH 22. 5. 2014 C‑539/12 [Lock] Rn 16 ff). Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 6 UrlG sind klar dahin zu interpretieren, dass nicht auf das Entgelt in früheren Zeiträumen der Entstehung des Urlaubsanspruchs abzustellen ist (vgl auch Klein, Urlaub bei Wechsel zwischen Vollzeit und Teilzeit ‑ zur Auflösung der Spannungsfeldes zwischen nationaler und europäischer Judikatur auf Basis eines vollständigen Urlaubsbegriffes, aaO).

13.3. Es war daher auch der Revision des Klägers nicht Folge zu geben.

14. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 2 ASGG sowie §§ 43, 50 ZPO. Mangels gesonderter Bewertung und anderer Anhaltspunkte waren beide Teile des insgesamt mit 21.800 EUR bewerteten Feststellungsbegehrens als gleichwertig zu behandeln (Obermaier, Kostenhandbuch² Rz 115, 599) und die Kosten gegeneinander aufzuheben.

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