OGH 9ObA1/99h

OGH9ObA1/99h24.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Othmar Roniger und Dr. Heinz Nagelreiter als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Herbert E*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Markus Orgler und Dr. Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei T***** AG, ***** vertreten durch Dr. Alfons Klaunzer und Dr. Josef Klaunzer, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Feststellung und Rechtsgestaltung (Streitwert S 1,500.000), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6. Oktober 1998, GZ 15 Ra 145/98f-13, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 23. Juni 1998, GZ 16 Cga 36/98v-8, (im angefochtenen Umfang) aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 33.429 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin S 5.571,50 Umsatzsteuer) sowie die mit S 24.075,-- bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin S 4.012,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt im wesentlichen die Feststellung, daß das zwischen ihm und der beklagten Partei seit 17. 4. 1973 aufrecht bestehende Dienstverhältnis auch nach der mit Schreiben vom 27. 8. 1997 ausgesprochenen Kündigung fortbestehe und ungeachtet des Schreibens der Beklagten vom 21. 8. 1997 ein definitives im Sinne des § 10 der Betriebsvereinbarung sei. Für den Fall der Abweisung des Feststellungsbegehrens begehrte der Kläger die "Aufhebung der Kündigung". Die von der Disziplinarkommission festgestellten Verfehlungen seien zu Unrecht geltend gemacht worden. Die Disziplinarkommission sei einseitig dienstgeberlastig zusammengesetzt gewesen. Das Erkenntnis sei nicht überprüfbar. Dem Kläger sei überdies das Recht genommen worden, sich im Disziplinarverfahren durch einen Rechtsanwalt als Verteidiger vertreten zu lassen. Das Erkenntnis und das Verfahren seien nichtig. Die Kündigung sei im übrigen sozialwidrig und aus unlauteren Motiven ausgesprochen worden.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Mängel des Disziplinarverfahrens lägen nicht vor. Die Vorwürfe seien eingehend geprüft worden. Das Erkenntnis sei ausreichend und fundiert begründet, so daß die Nichtzulassung der Vertretung keinen Einfluß auf das Verfahrensergebnis gehabt habe. Weder Sozialwidrigkeit der Kündigung noch verpönte Motive lägen vor.

Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren statt. Es stellte im wesentlichen fest:

Auf das Dienstverhältnis des Klägers ist die Betriebsvereinbarung zwischen der Beklagten und deren Angestelltenbetriebsrat mit Wirksamkeitsbeginn vom 1. 3. 1984 in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Wegen beharrlicher Verletzung der dienstlichen Pflichten, Mißachtung von dienstlichen Anordnungen, Beschimpfung von Vorgesetzten, Nichtkenntnisnahme von Versetzungen, mangelhafter Kundenbetreuung und unwilliger Kundenkontakte, privater Verrichtungen während intensiver Kundenanwesenheit, Belastung des Betriebsklimas und teilweiser fachlicher Inkompetenz wurde gegen den Kläger im April 1997 unter Berufung auf die Disziplinarordnung der Betriebsvereinbarung ein Disziplinarverfahren eingeleitet, der Kläger vom Dienst suspendiert und die Dienstbezüge um 20 vH gekürzt. Für den 8. 8. 1997 wurde eine mündliche Verhandlung vor der Disziplinarkommission anberaumt. Der Kläger wurde auf sein Recht, gemäß § 133 der Betriebsvereinbarung einen Angestellten aus der Sparkassenorganisation als Verteidiger namhaft zu machen und auf die Möglichkeit, Einsicht in den Disziplinarakt zu nehmen, hingewiesen. Zur Disziplinarverhandlung vor der Disziplinarkommission, die sich aus drei Mitgliedern der Arbeitgeberseite, drei Mitgliedern der Arbeitnehmerseite sowie dem Vorsitzenden zusammensetzte, erschien der Kläger mit dem von ihm bevollmächtigten Rechtsanwalt. Dieser wurde darauf hingewiesen, daß entsprechend der Disziplinarordnung als Verteidiger nur ein Angestellter der Sparkassenorganisation in Frage käme. Da der Kläger ohne den von ihm gewählten Verteidiger nicht verhandeln wollte, verließ er zusammen mit ihm den Raum und nahm an der Disziplinarverhandlung nicht teil. Der Kläger wurde von der Disziplinarkommission von den Dienstvergehen des Ungehorsams und der Dienstverweigerung freigesprochen, hinsichtlich der Dienstvergehen der Verweigerung der Unterstützung im Dienst und der Widersetzlichkeit sowie des ungebührenden Benehmens gegen Vorgesetzte, Mitarbeiter und Kunden einstimmig für schuldig befunden. Als Disziplinarstrafen wurden mehrstimmig die Aberkennung der Definitivstellung mit Kündigung und die Beibehaltung der mit der Suspendierung verhängten 20 %igen Dienstbezügekürzung beschlossen. Dieses Disziplinarerkenntnis wurde dem Kläger samt Schreiben der Beklagten vom 20. 8. 197 und vom 21.8. 1997 zugestellt. Mit Beschluß vom 25. 8. bzw 26. 8. 1997 stimmte der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung des Klägers zu. Mit Schreiben der Beklagten vom 27. 8. 1997 wurde die Kündigung des Klägers ausgesprochen.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß dadurch, daß die Disziplinarkommission die Teilnahme des mit der Sache vertrauten Rechtsanwaltes an der Disziplinarverhandlung nicht gestattete, diese gegen § 133 der Betriebsvereinbarung und in weiterer Folge auch gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör verstoßen habe. Durch die Tatsache, daß bei dessen Teilnahme die Möglichkeit bestanden hätte, daß die Disziplinarkommission zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre, könne das Erkenntnis nicht als Grundlage für die strafweise Kündigung des Klägers herangezogen werden. Die Kündigung sei rechtsunwirksam, woraus sich auch ergebe, daß das Dienstverhältnis weiterhin ein aufrechtes und definitives sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, daß noch zu prüfen sei, ob durch die Nichtzulassung des Rechtsanwaltes zur Verteidigung ein konkreter negativer Einfluß auf das Verfahrensergebnis bestanden habe. Die Nichtzulassung des Rechtsanwaltes sei nicht als absoluter, sondern lediglich als relativer Nichtigkeitsgrund anzusehen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache und dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß dem Hauptbegehren im noch nicht rechtskräftig entschiedenen Umfang stattgegeben werde.

Die beklagte Partei beantragt, den Rekurs der klagenden Partei zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, weil die Entscheidung ZAS 1996/5 = Arb

11.309 die Frage, ob die Nichtzulassung eines Rechtsanwaltes ein absoluter oder ein relativer Nichtigkeitsgrund ist, nicht eindeutig abgrenzt.

Der Rekurs ist auch berechtigt.

Da die Frage der Nichtigkeit des Disziplinarverfahrens erst zu beantworten ist, wenn feststeht, daß dem Ausspruch der Kündigung überhaupt ein Disziplinarverfahren vorgeschaltet werden muß, ist zunächst zu dieser Frage Stellung zu nehmen.

Nach Lehre und Rechtsprechung sind, wenn eine Kündigung in einer Disziplinarordnung als Disziplinarmaßnahme vorgesehen ist und nur im Rahmen eines Disziplinarverfahrens ausgesprochen werden darf, derartige Regelungen vom Arbeitgeber zu beachten, widrigenfalls die Beendigungserklärung rechtsunwirksam ist (Spielbüchler/Grillberger in Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht I4, 221; Strasser in Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht II3, 348 f; ZAS 1996/5 [Kürner] = DRdA 1995/41 [Eypeltauer]). Der Ausschluß des Kündigungsrechtes zugunsten von Strafen kann in der Disziplinarordnung deutlich zum Ausdruck kommen und liegt bei unkündbaren Verhältnissen nahe (Spielbüchler/Grillberger aaO 221).

Von dieser Rechtsprechung abzugehen, besteht kein Anlaß.

Es ist ständige Rechtsprechung, daß sämtliche Varianten einer kollektivvertraglichen Erweiterung des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates unzulässig und daher nichtig sind, soferne sie nicht unter den Tatbestand des § 2 Abs 2 ArbVG subsumierbar sind (DRdA 1994/3 [Jabornegg]; DRdA 1995, 164; DRdA 1996/37 [Jabornegg]; 9 ObA 110/95; 9 ObA 133/95; 8 ObA 170/97a, 9 ObA 151/97i; zuletzt kritisch Runggaldier, Keine Erweiterung von Mitwirkungsrechten des Betriebsrates durch Kollektivvertrag? RdW 1997, 77; derselbe, Herausforderungen der Tarifautonomie: Das Beispiel Österreich in ZIAS 1997, 20 ff).

Betriebsvereinbarungen können nur in jenen Angelegenheiten abgeschlossen werden, in denen ein Gesetz oder ein Kollektivvertrag eine entsprechende Ermächtigung vorsieht, wobei unter "Gesetz" in erster Linie das Arbeitsverfassungsgesetz selbst zu verstehen ist, das im § 97 die durch Betriebsvereinbarung regelbaren Angelegenheiten (einschließlich der im § 96 und § 96a bezeichneten Angelegenheiten) aufzählt (9 ObA 151/97i). Eine Disziplinarordnung ist daher eine durch Betriebsvereinbarung regelbare Angelegenheit (DRdA 1995/23 [Strasser]). Sie regelt nicht nur die Disziplinarstrafen, sondern auch das Verfahren einschließlich der Besetzung der hier (durch die Entsendung vom Betriebsrat bestellter Angestellter) mit Zustimmung des Betriebsrates eingerichteten Disziplinarkommission.

Nach Lehre und Rechtsprechung zählen Kündigung und Entlassung nicht

zu den Disziplinarstrafen (Spielbüchler, Grundlagen eines

betrieblichen Disziplinarstrafrechtes DRdA 1970, 7 ff; Tomandl

Einschränkungen des Entlassungsrechtes durch kollektivvertragliche

Disziplinarordnungen - dargestellt am Beispiel des KVI in RdW 1983,

108 f; Strasser in Floretta/Strasser, ArbVG HdKomm 598; Strasser in

Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht II3 348; vgl auch

Fabricius/Kraft/Wiese/Kreutz, Betriebsverfassungsgesetz5 Rz 223 zu §

87; Deubler/Kittner/Kleber/Schneider, Betriebsverfassungsgesetz4 Rz

57 zu § 87; Kaiser/Heither/Engels/Auffarth

Betriebsverfassungsgesetz19 Rz 89 zu § 87, Arb 10.410; DRdA 1986/1

[Schwarz] = ZAS 1985/14 [Mayer-Maly], DRdA 1990/9 [Jabornegg]; DRdA

1996/41 [Eypeltauer] = ZAS 1996/5 [Kürner, 20]; 9 ObA 115/98x, 8 ObA

176/97a ua).

Für Kündigung und Entlassung gelten Sonderregelungen für die Mitbestimmung des Betriebsrates in den §§ 105 bis 107 ArbVG, die als spezielle Regelungen des Gesetzes gegenüber dem § 102 ArbVG anzusehen sind. Wäre die Kündigung eine zulässige Disziplinarstrafe, dann ergäbe sich nach der Literatur ein doppeltes Mitwirkungsrecht des Betriebsrates einerseits im Disziplinarverfahren und andererseits nach §§ 105 bis 107 ArbVG, was aber zu einer nach der Betriebsverfassung unzulässigen und daher nichtigen Erweiterung der Mitwirkungsrechte des Betriebsrates führte (Tomandl aaO 110; DRdA 1990/9 [Jabornegg]; 9 ObA 110/95; 9 ObA 151/97i). Für die Rechtmäßigkeit solcher Klauseln der Betriebsvereinbarungen sei die Kompetenznorm des § 2 Abs 2 Z 2 ArbVG allein nicht ausreichend, da die Klauseln auch in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Dimension zulässig sein müßten. Dies sei aber nicht der Fall, weil die Mitwirkungsrechte des Betriebsrates, die bei Kündigung und Entlassung in den §§ 105 bis 107 ArbVG geregelt seien, unzulässig erweitert würden (DRdA 1990/9 [Jabornegg]; DRdA 1995/41 [Eypeltauer]).

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Die mit Zustimmung des Betriebsrates errichtete und von ihm beschickte Disziplinarkommission ist ein neutraler Dritter zur Gestaltung der Rechtslage (Spielbüchler/Grillberger aaO 221 f). Die Mitwirkungsrechte des Betriebsrates nach dem ArbVG können daher durch einen Dritten nicht erweitert werden (Rungaldier aaO RdW 1997, 77 = ZIAS 1997, 20 f). Die Mitwirkung des Betriebsrates an der Aufrechterhaltung der Disziplin im Betrieb im Sinne der §§ 96 Abs 1 Z 1 und § 102 ArbVG ist entgegen des vom Gesetz gewählten Begriffes "Mitwirken" kein durch die Betriebsvereinbarung unzulässig erweitertes Mitwirkungsrecht, wie beispielsweise ein solches nach § 101 oder § 105 ArbVG, sondern ein besonderes. Ein allgemeines Mitwirkungsrecht im Sinne der Betriebsverfassung liegt nämlich nur dann vor, wenn der Betriebsinhaber eine allgemeine umfassende Disziplinargewalt hätte (Strasser in Floretta/Spielbüchler/Strasser Arbeitsrecht II3 346 f). Die Beendigung unkündbarer Dienstverhältnisse unterliegt einer anderen Mitwirkung des Betriebsrates als einer solchen im Sinne des § 105 ArbVG (Spielbüchler/Grillberger aaO 221), weil der Ausschluß der freien Kündbarkeit wie ein gesetzlicher Kündigungsschutz wirkt (Ind 1994/2201). Nur die zustimmende Mitwirkung des Betriebsratsvertreters bei Verhängung einer Disziplinarmaßnahme ist durch die im § 102 ArbVG geforderte Betriebsratszustimmung gedeckt (DRdA 1995/23 [Strasser]).

Der Arbeitgeber hat daher durch die Selbstbeschränkung des dem Arbeitgeber nach den Normen des materiellen Rechtes zustehenden Kündigungsrechtes (DRdA 1995/14 [Krapf]) das in der Betriebsvereinbarung geregelte Disziplinarverfahren seinem erst rechtsgestaltenden Kündigungsausspruch (Arb 10.992) vorzuschalten und die diesbezügliche Empfehlung der Disziplinarkommission abzuwarten.

Dennoch kommt dem Rekurs Berechtigung zu.

Die gerichtliche Überprüfbarkeit eines Disziplinarerkenntnisses und des vorgeschalteten Disziplinarverfahrens besteht nicht nur in bezug auf die angelasteten Disziplinarvergehen, sondern auch im Hinblick auf Mängel, bei deren Vermeidung die Disziplinarkommission zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre (RdW 1995, 433; 9 ObA 150/95). Darunter sind aber vor allem schwerwiegende Verletzungen unabdingbarer fundamentaler Grundsätze eines fairen Verfahrens zu verstehen, die unabhängig davon, ob die Entscheidung sachlich richtig ist, dem Gewicht von Nichtigkeitsgründen entsprechen (9 ObA 150/95). Andere Verfahrensmängel, die Auswirkung auf die Sachentscheidung haben, denen Relevanz im Hinblick auf diese zukommt und damit den Tatbestand der Dienstverfehlung betreffen, werden ohnehin bei der Überprüfung des Disziplinarerkenntnisses berücksichtigt (DRdA 1995/14 [Krapf]; 9 ObA 150/95).

In der Entscheidung DRdA 1995/41 [Eypeltauer] = ZAS 1996/5 [Kürner] = Arb 11.309 wurde in Anlehnung an die Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes (JBl 1932, 68) ausgesprochen, daß den Parteien ein Rechtsanspruch auf Vertretung durch einen Rechtsanwalt auch in einem Disziplinarverfahren zusteht. Durch die Bestimmung der Disziplinarordnung, daß der Disziplinarbeschuldigte das Recht habe, einen Angestellten aus der Sparkassenorganisation als Verteidiger namhaft zu machen, ist schon nach deren Wortlaut das allgemeine Vertretungsrecht durch einen Rechtsanwalt nicht ausgeschlossen, weil damit kein Verbot der Beiziehung eines Rechtsanwaltes normiert wird. Dadurch, daß die Disziplinarkommission dem Kläger das Recht verweigerte, den Rechtsanwalt seines Vertrauens zur Vertretung bei der Disziplinarverhandlung beizuziehen, hat sie nicht nur gegen die Bestimmung des § 133 der Betriebsvereinbarung verstoßen, sondern auch im weiteren Sinn das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt. Dies verwirklicht aber eine Verletzung eines unabdingbaren fundamentalen Verfahrensgrundsatzes, der ungeachtet seines Einflusses auf die Richtigkeit der Entscheidung wahrzunehmen ist. Der Kläger war daher nicht gehalten, sich unvertreten einer Disziplinarkommission zu stellen. Die zitierte Entscheidung steht dem nicht entgegen, weil die in der dortigen Begründung getroffene Zusatzaussage, daß der Mangel der Vertretung keine nachteiligen Folgen für den Ausgang des Verfahrens gehabt habe, nur eine Hilfsbegründung ist und der konkrete Einfluß auf die Sachentscheidung die Nichtigkeit des Verfahrens wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht zu beseitigen vermag.

Da es sohin der Ergänzung des Verfahrens zur Prüfung von konkreten negativen Einflüssen durch Verweigerung der Rechtsanwaltsvertretung auf das Verfahrensergebnis nicht mehr bedarf, war das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO, wobei der Honoraransatz S 13.375 beträgt und ein dreifacher Einheitssatz nur im Berufungsverfahren vorgesehen ist. Was den bislang unerledigten Kostenrekurs der klagenden Partei gegen die erstgerichtliche Kostenentscheidung betrifft, so kommt ihm im Ergebnis keine Berechtigung zu. Das Erstgericht hat § 43 Abs 2 ZPO angewendet und als Kostenbemessungsgrundlage die ersiegten Streitwerte auch in den Zeiten der Verbindung herangezogen. Damit gibt sich die klagende Partei nicht zufrieden und rechnet die Kosten ausgehend von den eingeklagten jeweils Gegenstand des Verfahrens bildenden Streitwerten. Daraus ergäbe sich richtig ein Kostenbetrag von S 141.644,75 (inkl. S 23.607,47 USt). Bei dieser Berechnung übersieht die klagende Partei jedoch, daß sie mit einem Streitwert von S 30.000,-- unterlegen ist. Die Bestimmung des § 43 Abs 2 ZPO ist keineswegs zwingend anzuwenden und rechtfertigt nur aus prozeßökonomischen Gründen oder aus Gründen der besonderen Vereinfachung den vollen Kostenzuspruch bei einem verhältnismäßig geringfügigen Unterliegen. Von einer besonderen Vereinfachung kann keine Rede sein, wenn der Kläger auf einer minutiösen Kostenberechnung beharrt. Es war daher notwendig, die Kosten detailliert unter Berücksichtigung der Zeiten der Verbindung und Klagemodifizierungen zu berechnen, so daß ungeachtet des verhältnismäßig geringfügigen Unterliegens des Klägers mit einem Streitwert von S 30.000,- gemäß § 43 Abs 1 ZPO eine Ersiegensquote von 97 vH der Kostenberechnung zugrundezulegen wäre, was einem Kostenbetrag von S 137.395,40 entspräche. Da jedoch das erstgerichtliche Urteil wiederhergestellt wird, hat es bei dem erstgerichtlichen Kostenausspruch, der im stattgebenden Teil nicht bekämpft wurde, zu verbleiben.

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