Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.978,74 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 329,79 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil zur strittigen Auslegung der Bestimmungen der §§ 23, 23a AngG im Zusammenhang mit der Zulässigkeit von Vereinbarungen über die Anrechnung von Versorgungsleistungen auf den Abfertigungsanspruch bzw den Wegfall des Abfertigungsanspruchs bei Zahlung von Versorgungsleistungen keine gefestigte Judikatur bestehe und mehrere Arbeitnehmer der Beklagten betroffen sein könnten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache. Die Beklagte hält zur Begründung der Zulässigkeit der Revision ihren Standpunkt aufrecht, dass die Vereinbarung der Streitteile, wonach der Kläger im Gegenzug zur Unkündbarstellung und Gewährung einer Zuschusspension auf seinen Anspruch auf Abfertigung verzichtete, einer Günstigkeitsprüfung standhalte. Insbesondere habe bei der Günstigkeitsprüfung nicht lediglich eine Gegenüberstellung einzelner Abfertigungsraten mit den Pensionsbezügen für die Dauer des Abfertigungszeitraums zu erfolgen, sondern sei der Kapitalwert der gesamten Zuschusspension gemäß § 16 Bewertungsgesetz zu ermitteln. Dieser übersteige hier aber erheblich den vom Kläger geltend gemachten Abfertigungsanspruch. Die Beurteilung der Günstigkeitsprüfung stelle eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar. Darüber hinaus solle in solchen Fällen keine Pflicht zur Doppelzahlung bestehen, weil die Pensionsleistung nach der Rechtsprechung zumindest anrechenbar sei.
Der Kläger weist in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hin und beantragt deren Zurückweisung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) unzulässig. Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO).
1. Zum Abfertigungsanspruch:
1.1 Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass der Gesetzgeber bei der Bestimmung des § 23a Abs 6 AngG nicht den Pensionsanspruch als solchen im Auge hatte, sondern nur die einzelnen Pensionsraten. Mit dem Günstigkeitsprinzip ist daher nur eine Regelung vereinbar, aufgrund derer nicht der Pensionsanspruch an sich in die Abfertigung einzurechnen ist, sondern nur diejenigen Pensionsbezüge, die während der Zeit, für die die Abfertigung bestimmungsgemäß reicht, fällig werden (9 ObA 224/00g, 9 ObA 86/02s, RIS-Justiz RS0115532; jüngst in Bezug auf die § 23 Abs 5 AngG vergleichbare Bestimmung des Art I § 2 Abs 2 ArbAbfG mit ausführlicher Begründung 8 ObA 46/10p). Die Vorinstanzen haben diese Rechtsprechung beachtet. Ihre darauf beruhende rechtliche Beurteilung, dass die Vereinbarung eines Verzichts des Klägers auf die gesamte Abfertigung einem Günstigkeitsvergleich im konkreten Fall nicht standhält, ist nicht unvertretbar. Die Revisionswerberin stellt die Beurteilung der Vorinstanzen, dass eine Gegenüberstellung des gesetzlichen Abfertigungsanspruchs und zeitlich kongruenter Zuschusspensionsraten einem Günstigkeitsvergleich nicht standhält, nicht in Frage. Mit ihrem auch in der Revision vertretenen Standpunkt, dass nicht bloß zeitlich kongruente Raten, sondern die kapitalisierte Gesamtsumme der Zuschusspension der gesetzlichen Abfertigung gegenüberzustellen sei, was sich auch bei richtigem Verständnis des § 23a Abs 6 Satz 2 AngG ergebe, zeigt sie im Hinblick auf die vorzitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Auch das in der Revision behauptete Fehlen einer Pflicht zur „Doppelzahlung“ setzt eine zulässige Vereinbarung iSd § 23a Abs 6 AngG voraus. Die Vereinbarung der Anrechnung einzelner Zuschusspensionsraten auf zeitlich kongruente Abfertigungsraten hat die Beklagte nicht geltend gemacht.
1.2 Die für den Standpunkt der Revisionswerberin zitierte Entscheidung 9 ObA 285/01d betraf keinen vergleichbaren Sachverhalt. Insbesondere war Gegenstand des damaligen Verfahrens nicht die Geltendmachung eines gesetzlichen, sondern eines darüber hinausgehenden kollektivvertraglichen (Zusatz-)Anspruchs auf Abfertigung. Darüber hinaus bezog der damalige Kläger aufgrund der von ihm getroffenen Vereinbarung nicht nur ein deutlich überkollektivvertragliches Entgelt, sondern auch einen höheren Pensionsanspruch, als ihm nach dem Kollektivvertrag (und nicht wie in der Revision angeführt: nach dem Gesetz) gebührt hätte.
1.3 Die Vorinstanzen haben zutreffend ausgeführt, dass die Bestimmungen des Arbeiter-Abfertigungsgesetzes auf das Arbeitsverhältnis des Klägers anwendbar sind (9 ObA 343/98a). Für ihre gegenteilige Rechtsansicht kann sich die Revisionswerberin nicht auf die Entscheidung 9 ObA 144/93 berufen. Diese hatte sich mit der Ausnahmebestimmung des Art I § 1 Abs 2 Z 3 ArbAbfG zu beschäftigen. Dazu hat der Oberste Gerichtshof wiederholt die Auffassung vertreten, dass durch diese Ausnahmebestimmung geschaffene planwidrige Gesetzeslücken nur dort anzunehmen sind, wo einem aufgrund eines privatrechtlichen Arbeitsvertrags beschäftigten Bediensteten bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses - trotz Erfüllung der dort genannten Voraussetzungen - weder ein Abfertigungsanspruch iSd § 23 und 23a AngG (bzw § 35 VBG alt) noch ein über die Pensionsleistungen nach dem ASVG hinausreichender Versorgungsanspruch zusteht (9 ObA 144/93 = DRdA 1994/14 mit Anm Schindler; RIS-Justiz RS0050401; 9 ObA 128/09b). Allerdings fällt das Arbeitsverhältnis des Klägers gerade nicht unter eine der Ausnahmebestimmungen des Art I § 1 Abs 2 ArbAbfG.
1.4 Die Beklagte ist in ihrer Berufung gegen das Urteil des Erstgerichts auf die von ihr in erster Instanz geltend gemachten und vom Erstgericht als nicht zu Recht bestehend angesehenen Gegenforderungen nicht mehr eingegangen und leitet daraus auch in der Revision nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ab. Eine in zweiter Instanz unterlassene ordnungsgemäße Rechtsrüge kann aber, wenn sie sich wie hier auf einen unbekämpften selbständigen Streitpunkt bezieht (RIS-Justiz RS0043480 [T22]) in der Revision nicht mehr nachgeholt werden. Auf die diesbezüglichen Ausführungen der Revisionswerberin ist daher nicht mehr einzugehen.
2. Zum Belohnungsanspruch:
Der rechtlichen Beurteilung des Belohnungsanspruchs des Klägers durch die Vorinstanzen setzt die Revisionswerberin lediglich entgegen, dass sich aus den Beweisergebnissen ergebe, dass eine diesen Anspruch begründende betriebliche Übung nicht bestanden habe. Sie bekämpft mit ihren Ausführungen daher in Wahrheit die in dritter Instanz nicht mehr anfechtbare Beweiswürdigung der Vorinstanzen, sodass die Revision insofern nicht zulässig ausgeführt ist.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO, der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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