Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.178,72 EUR (darin enthalten 363,12 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger war ab 9. 1. 1995 als Vertragsbediensteter bei der beklagten Partei beschäftigt und als Straßenbahnfahrer tätig. Mit Schreiben vom 26. 5. 2004 wurde er zum 31. 8. 2004 gemäß § 42 der Wiener Vertragsbedienstetenordnung (VBO) 1995 gekündigt. Mit Feststellungsklage vom 4. 6./14. 7. 2004 zu 21 Cga 184/04p des Arbeits- und Sozialgerichts Wien begehrte er die Feststellung, dass das mit Dienstvertrag vom 9. 1. 1995 begründete Dienstverhältnis zwischen ihm und der beklagten Partei über den 31. 8. 2004 hinaus aufrecht fortbestehe. Mit Urteil vom 31. 1. 2008, 21 Cga 184/04p-62, wurde diesem Klagebegehren wegen Sittenwidrigkeit der Kündigung zufolge Mobbings stattgegeben; das Urteil wurde den Parteien am 2. 4. 2008 zugestellt. Mit Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 13. 3. 2009, 8 Ra 80/08f-71, wurde der Berufung der beklagten Partei in der Hauptsache nicht Folge gegeben. Das Berufungsurteil wurde den Parteien am 11. 5. 2009 zugestellt; dieses erwuchs in Rechtskraft. Seit 1. 4. 2007 erhält der Kläger von der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau eine Invaliditätspension. Seit Juni 2009 erhält er wiederum seine Gehaltszahlungen von der beklagten Partei, die jedoch im Hinblick auf die Invaliditätspension monatlich 1.113,89 EUR netto einbehält.
Im vorliegenden Verfahren begehrte der Kläger die Zahlung ausständigen Gehalts von September 2004 bis Mai 2009 (abzüglich der Abfertigung und einer erhaltenen Zahlung), die Zahlung des „Sondersechstels“ (Urlaubsentgelt für Nebengebühren) für die Jahre 2000 bis 2004, weiters Schadenersatz aus der Auflösung von Versicherungsverträgen, aus dem Verkauf einer Münzsammlung und im Zusammenhang mit einer Steuerbelastung zufolge höherer Steuerprogression sowie die Auszahlung der Abzüge in Höhe der Invaliditätspension von September bis November 2009. Zudem begehrte er die Feststellung, dass die beklagte Partei die laufenden monatlichen Gehaltszahlungen ohne Abzug von 1.113,89 EUR netto aufgrund der Invaliditätspension auszuzahlen habe. Mit Urteil im Vorverfahren sei ausgesprochen worden, dass sein Dienstverhältnis zur beklagten Partei weiterhin aufrecht sei. Aus diesem Grund stünden ihm die geltend gemachten Ansprüche zu. Die Verjährungsfrist habe frühestens mit Zustellung des erstinstanzlichen Urteils im Vorverfahren, somit am 2. 4. 2008 zu laufen begonnen.
Die beklagte Partei entgegnete, dass die Forderungen des Klägers, die vor dem 1. 2. 2006 fällig geworden seien, verjährt seien. Die Schadenersatzforderungen seien zudem nicht ausreichend begründet. Außerdem sei zu beachten, dass der Kläger Invaliditätspension erhalte, die von seinen Ansprüchen abzuziehen sei. Die geltend gemachten Nebengebühren stünden dem Kläger nicht zu, weil diese verwendungsbezogen seien und von der Tätigkeit als Straßenbahnfahrer abhingen. Allenfalls daraus zustehende Ansprüche stünden aufgrund der Legalzession des § 332 ASVG dem zuständigen Sozialversicherungsträger zu.
Das Erstgericht wies das Zahlungsbegehren betreffend das Sondersechstel für die Jahre 2000 bis 2004 zufolge Verjährung sowie weiters das Ersatzbegehren hinsichtlich der Münzsammlung ab. Im Übrigen gab es dem Begehren (unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlungen) einschließlich des Feststellungsbegehrens statt. Die Feststellungsklage entfalte verjährungsunterbrechende Wirkung für in Zukunft fällig werdende Ansprüche. Dies gelte auch für die Klage auf Feststellung des aufrechten Bestands des Arbeitsverhältnisses. Die Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ab einschließlich September 2004 seien daher nicht verjährt. Darunter falle auch der Anspruch auf das „Sondersechstel“ ab diesem Zeitpunkt, weil es sich dabei ebenfalls um einen aus dem fortbestehenden Arbeitsverhältnis abgeleiteten Entgeltanspruch handle. Im Hinblick auf die Invaliditätspension des Klägers seien die Voraussetzungen für die Legalzession nach § 332 ASVG nicht gegeben, weil die Rechtsgrundlage für die dem Kläger zuerkannten Entgeltansprüche im fortbestehenden Dienstverhältnis des Klägers gelegen sei.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung mit im Wesentlichen gleicher Begründung. Die Revision sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Unterbrechungswirkung einer Klage auf Feststellung des aufrechten Bestands eines Dienstverhältnisses im Hinblick auf dem Dienstnehmer vorenthaltene Nebengebühren sowie zur Übergangsfähigkeit solcher Nebengebühren nach § 332 ASVG nicht bestehe.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision der beklagten Partei mangels Aufzeigens einer entscheidungsrelevanten erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
1.1 Die beklagte Partei steht auf dem Standpunkt, dass durch eine Klage auf Feststellung des aufrechten Bestands des Dienstverhältnisses eine Unterbrechung der Verjährung der aus dem Dienstverhältnis abgeleiteten Ansprüche nicht eintrete. Das Feststellungsbegehren im Vorverfahren hätte daher die Entgeltforderungen aus dem Dienstverhältnis mitumfassen müssen.
Mit dieser Argumentation entfernt sich die beklagte Partei von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Sie zeigt damit keine erhebliche Rechtsfrage auf.
1.2 In der Entscheidung 8 ObA 105/03d hat der Oberste Gerichtshof (zum österreichischen Rechtsbereich) darauf hingewiesen, dass die Feststellungsklage die Verjährung nur hinsichtlich des geltend gemachten Rechtsverhältnisses und der daraus abgeleiteten Ansprüche unterbricht. Ein vom Dienstnehmer erhobenes Begehren auf Feststellung des Fortbestands des Dienstverhältnisses unterbreche die Verjährung daher nicht hinsichtlich der aus der Beendigung des Dienstverhältnisses abgeleiteten Ansprüche. Außerdem komme den Feststellungsklagen die Unterbrechungswirkung auch nicht hinsichtlich bereits bekannter und fälliger Ansprüche zu.
Gleichermaßen wurde in der Entscheidung 9 ObA 102/94 ausgesprochen, dass die Klage auf Feststellung des aufrechten Bestands des Arbeitsverhältnisses die Verjährungs- und Ausschlussfristen für die daraus abgeleiteten Ansprüche unterbricht. § 1497 ABGB sei auf die arbeitsrechtlichen Fallfristen analog anzuwenden.
Auch schon in der Entscheidung 4 Ob 94/85 wurde festgehalten, dass die Unterbrechungswirkung in Ansehung von Verjährungsfristen nach § 1497 ABGB sowie von Ausschlussfristen auch durch eine auf die Feststellung des aufrechten Bestands des Arbeitsverhältnisses gerichtete Klage hervorgerufen wird, aus dem dann Entgeltansprüche vom Arbeitnehmer abgeleitet werden.
Es entspricht somit ständiger Rechtsprechung, dass ein vom Dienstnehmer erhobenes Begehren auf Feststellung des Fortbestands des Dienstverhältnisses die Verjährung hinsichtlich der aus diesem Dienstverhältnis abgeleiteten Ansprüche unterbricht (vgl RIS-Justiz RS0118906); von der Unterbrechungswirkung sind nur Beendigungsansprüche ausgenommen.
1.3 Dieses Ergebnis wird von der beklagten Partei in Ansehung von Verfallfristen auch gar nicht bestritten. Ihre Ansicht, dass zwischen Verjährungs- und Verfallfristen ein im gegebenen Zusammenhang relevanter Unterschied bestehe, ist aber verfehlt. Tatsächlich ergibt sich die Unterbrechungswirkung der Feststellungsklage aus § 1497 ABGB für Verjährungsfristen. Nach der Rechtsprechung ist diese Bestimmung auf Ausschlussfristen des Arbeitsrechts analog anzuwenden (RIS-Justiz RS0029716).
2.1 Die Unterbrechungswirkung der Feststellungsklage im Vorprozess bezieht sich auf alle Ansprüche aus dem Dienstverhältnis des Klägers. Dazu zählen jedenfalls Entgeltansprüche iSd § 1486 Z 5 ABGB (vgl dazu 9 ObA 36/01m).
Bei den von der Unterbrechungswirkung der Feststellungsklage ausgenommenen Beendigungsansprüchen handelt es sich um solche Ansprüche, die das Ende des Dienstverhältnisses zur Anspruchsbegründung voraussetzen (vgl 9 ObA 102/94). Solche Ansprüche macht der Kläger gerade nicht geltend. Vielmehr ist die Feststellung des Fortbestands seines Dienstverhältnisses unabdingbare Voraussetzung für die zu beurteilenden Klagsforderungen.
2.2 Warum Schadenersatzansprüche (iSd § 1489 ABGB) von der Unterbrechungswirkung der Feststellungsklage allgemein ausgeschlossen sein sollen, vermag die beklagte Partei nicht zu begründen. Ist der Schadenersatzanspruch in der Verletzung eines bestimmten Rechtsverhältnisses begründet, so resultieren daraus abgeleitete Schadenersatzansprüche ebenfalls aus diesem Rechtsverhältnis.
Hinzukommt, dass die Unterbrechungswirkung der Feststellungsklage gerade schadenersatzrechtlichen Hintergrund hat. In diesem Sinn entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass die schon eingetretenen und noch nicht fälligen (vgl RIS-Justiz RS0034771 [T7]) und aus demselben Schadensereignis voraussehbaren künftigen Schäden verjährungsrechtlich eine Einheit bilden. Der drohenden Verjährung des Ersatzanspruchs für solche Schäden kann daher mit einer Feststellungsklage begegnet werden (RIS-Justiz RS0087613). Die innerhalb der Verjährungsfrist eingebrachte (erfolgreiche) Feststellungsklage unterbricht somit die Verjährung aller aus dem Schadensereignis entstandenen (und noch nicht fälligen) sowie künftigen Ansprüche.
Für den Bereich des Arbeitsrechts ist in der Judikatur anerkannt, dass die Unterbrechungswirkung nicht nur von einer Feststellungsklage hinsichtlich künftiger Ansprüche, sondern ebenfalls von einer Klage auf Feststellung des aufrechten Bestands des Dienstverhältnisses ausgelöst wird.
2.3 Die beklagte Partei gesteht in der Revision ausdrücklich zu, dass die vom Klagszuspruch umfassten Ansprüche ab September 2004 zum Zeitpunkt der Klagseinbringung im Vorverfahren noch nicht fällig waren. Durch die Feststellungsklage im Vorverfahren wurde die Verjährung daher unterbrochen. Entgegen der Ansicht der beklagten Partei gilt dies nicht nur für die vom Kläger geltend gemachten Entgeltansprüche, sondern ebenso für die Ansprüche auf Ersatz des Erfüllungsinteresses.
3. Richtig ist, dass Nebengebühren iSd § 33 der Wiener Besoldungsordnung (BO) 1994 nicht Bestandteil des Monatsbezugs sind und verwendungsbezogen bzw tätigkeitsbezogen gebühren. Ungeachtet des Umstands, dass damit noch nichts über den Entgeltcharakter ausgesagt ist (vgl RIS-Justiz RS0052623), bedeutet der Hinweis auf die Tätigkeitsbezogenheit des „Sondersechstels“ keineswegs, dass dem Kläger kein Ersatzanspruch in dieser Hinsicht zustehen könnte. Entsteht der Schaden durch Nichterfüllung einer gültig begründeten Hauptleistungspflicht, so hat der Schädiger den Zustand herzustellen, der im Vermögen des Geschädigten bei gehöriger Erfüllung entstünde; der Gläubiger muss vermögensmäßig so gestellt werden, wie wenn ordnungsgemäß erfüllt worden wäre (RIS-Justiz RS0016377; RS0018239).
Nach dem Urteil im Vorverfahren war das Dienstverhältnis des Klägers zufolge sittenwidriger Kündigung über den 31. 8. 2004 hinaus weiterhin aufrecht. Hätte sich die beklagte Partei nicht rechtswidrig verhalten, so hätte der Kläger die Nebengebühren und dementsprechend das „Sondersechstel“ in der bisherigen Höhe weiterhin beziehen können. Er ist daher so wie im Fall vertragsgemäßer Verwendung zu stellen.
Auch im gegebenen Zusammenhang wird von der beklagten Partei keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt.
4. Das Gleiche gilt schließlich für die von der beklagten Partei behauptete Legalzession nach § 332 ASVG, die sie zum Anlass nimmt, Beträge in Höhe der Invaliditätspension von den Nebengebühren des Klägers abzuziehen.
Der Rechtsübergang des Nebengebührenanspruchs auf den Versicherungsträger wegen Bezugs der Invaliditätspension setzt zunächst voraus, dass der Versicherungsfall tatsächlich eintritt (RIS-Justiz RS0085326; RS0124196). Darüber hinaus ist für die Legalzession nach § 332 ASVG persönliche, sachliche und zeitliche Kongruenz der Ansprüche vorausgesetzt (RIS-Justiz RS0124199; RS0087557). Die sachliche Kongruenz ist dann zu bejahen, wenn der Ausgleichszweck des Sozialversicherungsanspruchs und des Schadenersatzanspruchs ident sind, beide Ansprüche also darauf abzielen, denselben Schaden zu decken (RIS-Justiz RS0085343; RS0084987).
Warum im vorliegenden Fall sachliche Kongruenz zu unterstellen ist, wird in der Revision nicht schlüssig dargelegt. Die Rechtsgrundlage für die dem Kläger im vorliegenden Verfahren zuerkannten Ansprüche besteht ausschließlich in der sittenwidrigen und daher unwirksamen Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die beklagte Partei und nicht etwa in einer Erwerbsunfähigkeit des Klägers. Auch zur Verneinung der sachlichen Kongruenz durch die Vorinstanzen vermag die beklagte Partei weder ein Abweichen von Rechtsgrundsätzen noch einen Anwendungsfehler durch die Vorinstanzen darzulegen.
5. Insgesamt gelingt es der beklagten Partei damit nicht, eine erhebliche Rechtsfrage, die die Revision zulässig machen würde, aufzuzeigen. Die Revision war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO; der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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