OGH 8ObA105/03d

OGH8ObA105/03d15.4.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Walter Zeiler und Mag. Thomas Maurer-Mühlleitner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Luise B*****, vertreten durch Dr. Thomas Schröfl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Ausstellung eines Kündigungsschreibens, eines Dienstzeugnisses, einer Bestätigung und Leistung von EUR 2.906,92 s.A. infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6. August 2003, GZ 8 Ra 92/03p-66, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Es ist unstrittig, dass auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin und die daraus resultierenden Ansprüche ungarisches Recht anzuwenden ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Oberste Gerichtshof nicht dazu berufen, für die Einheitlichkeit oder gar die Fortbildung fremden Rechts Sorge zu tragen. Eine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO könnte nur dann vorliegen, wenn eine im ursprünglichen Geltungsbereich des maßgeblichen fremden Rechtes in Rechtsprechung und Lehre gefestigte Ansicht missachtet worden wäre (RIS-Justiz RS0042940). Derartiges bringt aber die Revisionswerberin, die sich ausschließlich auf den Wortsinn der noch darzustellenden ungarischen Gesetzesstelle und im Übrigen auf die österreichische Rechtslage beruft, in ihrem Rechtsmittel gar nicht vor. Sie legt insbesondere nicht dar, dass das ausländische Kollisionsrecht unzutreffend ermittelt oder inwiefern eine im ungarischen Rechtsbereich in Rechtsprechung und Lehre gefestigte Ansicht hintangesetzt worden wäre, sodass insoweit die Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu erkennen ist (8 Ob 28/87; 10 Ob 1502/87; 5 Ob 538/95; 2 Ob 297/98k). Auch sonst liegt eine krasse Fehlbeurteilung nicht vor:

Zu der im Revisionsverfahren allein strittigen Frage der Verjährung der Ansprüche der Klägerin normiert § 5 des hier auch nach Ansicht der Revisonswerberin anzuwendenden II. Gesetzes aus 1967 über das Arbeitsgesetzbuch unter anderem, dass "ein aus einem Arbeitsverhältnis stammender Anspruch" nach drei Jahren verjährt (Abs 1). "Kann der Berechtigte seinen Anspruch aus entschuldbarem Grund nicht geltend machen, so kann er dies binnen sechs Monaten ab Behebung des Hindernisses auch dann tun, wenn die Verjährungszeit bereits abgelaufen ist oder wenn davon weniger als sechs Monate noch übrig sind" (Abs 2). "Eine auf Geltendmachung des Anspruches betreffende schriftliche Aufforderung oder eine vor einem die arbeitsrechtlichen Streitigkeiten entscheidenden Organ erfolgende Geltendmachung des Anspruches, weiters eine Anerkennung seitens des Verpflichteten unterbrechen die Verjährung. Nach der Unterbrechung der Verjährung bzw. nach einem rechtskräftigen Abschluss des die Verjährung unterbrechenden Verfahrens beginnt die Verjährungsfrist von neuem" (Abs 3).

Aus dem Wortlaut dieser Gesetzesstelle lässt sich auch unter Berücksichtigung der vom Erstgericht eingeholten Auskunft des Ministeriums der Justiz der Republik Ungarn (ON 42) nicht der von der Revisionswerberin gewünschte Schluss ziehen, dass sich die Wortfolge "Geltendmachung des Anspruches" auf den gesamten, den Anspruch begründenden Tatsachen- und Rechtsfragenbereich beziehe, sodass auch "Vorfragenverfahren" Unterbrechungswirkung zukomme. Vielmehr ist in Anbetracht der weitestgehenden Parallelität zu § 1497 ABGB und mangels entgegenstehender Verfahrensergebnisse die Ansicht der Vorinstanzen, die vorzunehmende Auslegung könne sich an der österreichischen Rechtsprechung orientieren, gut vertretbar.

Entgegen der von der Revisionswerberin vertretenen Ansicht gilt für den österreichischen Rechtsbereich, dass die Feststellungsklage die Verjährung nur hinsichtlich des geltend gemachten Rechtsverhältnisses und der daraus abgeleiteten Ansprüche unterbricht (ZAS 1986/25). Ein vom Dienstnehmer erhobenes Begehren auf Feststellung des Fortbestandes des Dienstverhältnisses ungeachtet der Auflösungserklärung unterbricht die Verjährung nicht hinsichtlich der aus der Beendigung des Dienstverhältnisses abgeleiteten Ansprüche. Um Verfristung oder Verjährung zu verhindern, ist ein Eventualbegehren zu erheben (SZ 62/197). Nach ständiger Rechtsprechung kommt Feststellungsklagen die Unterbrechungswirkung auch nicht hinsichtlich bereits bekannter und fälliger Ansprüche zu (RIS-Justiz RS0034286; 1 Ob 100/02s).

In dem von der Klägerin zur Dartuung der Unterbrechungswirkung herangezogenen Vorverfahren begehrte sie die Feststellung, dass ihr Dienstverhältnis aufrecht fortbestehe, sowie die Zahlung von Entgelt für die Zeit nach dem Ausspruch der ihrer Meinung nach ungerechtfertigten Kündigung bzw Entlassung. Soweit sie mit ihrem nunmehrigen Leistungsbegehren Entgelt für die Zeit vor der Beendigungserklärung geltend macht, ist es nach dem letztgenannten Rechtssatz von der Feststellungsklage schon deshalb nicht umfasst, weil es schon längst mit Leistungsklage hätte geltend gemacht werden können. Das weitere nun gestellte Begehren auf Ausstellung eines Kündigungsschreibens, eines Dienstzeugnisses, einer Bestätigung über Dauer und Art der Beschäftigung sowie auf Leistung von Abfertigung und Kündigungsentschädigung hat seinen Rechtsgrund in der Beendigung des Dienstverhältnisses und wird daher von dem darauf gerade nicht gerichteten Feststellungsbegehren im Vorverfahren - wie dargestellt - nicht berührt.

Auch das Argument der Revisionswerberin, sie habe erst nach Abschluss des Vorverfahrens Klarheit darüber erlangt, wer ihr Dienstgeber gewesen sei, vermag nicht durchzuschlagen. Nach § 1478 Satz 2 ABGB beginnt die Verjährung, sobald das Recht an sich schon hätte ausgeübt werden können. Der Lauf der Verjährungsfrist setzt daher nach dieser Bestimmung dann ein, wenn der Geltendmachung des Anspruches kein rechtliches Hindernis entgegensteht und damit die objektive Möglichkeit zu klagen gegeben ist. Subjektive, in der Person des Berechtigten liegende Hindernisse oder tatsächliche Erschwerungen schieben den Beginn der Verjährung nicht hinaus. Diese Regel gilt grundsätzlich für alle Verjährungsfristen. Soweit das Gesetz keine Ausnahmen macht - etwa im § 1489 ABGB für die Verjährung von Schadenersatzansprüchen -, hat daher die Kenntnis des Berechtigten vom Bestehen des Anspruches oder der Person des Verpflichteten keinen Einfluss auf den Beginn der Verjährung (RIS-Justiz RS0034211; RS0034248; RS0034366; 6 Ob 146/00i).

Dass die Revisionswerberin gerechnet ab Zustellung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Vorverfahren auch die 6-Monatsfrist des § 5 Abs 2 des ungarischen Gesetzes über das Arbeitsbuch hat ungenützt verstreichen lassen, haben die Vorinstanzen zutreffend dargelegt und wird auch in der Revision nicht in Zweifel gezogen.

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