European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:009OBA00116.14W.1127.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Bei der Beurteilung der Vertrauensunwürdigkeit kommt es vor allem darauf an, ob für einen Dienstgeber vom Standpunkt vernünftigen kaufmännischem Ermessens die gerechtfertigte Befürchtung bestand, dass seine Belange durch den Angestellten gefährdet seien, wobei nicht das subjektive Empfinden des Dienstgebers entscheidet, sondern an das Gesamtverhalten des Angestellten ein objektiver Maßstab anzulegen ist, der nach den Begleitumständen des einzelnen Falls und nach der gewöhnlichen Verkehrsauffassung angewendet zu werden pflegt (RIS‑Justiz RS0029833; RS0029733 ua). Dass diese objektiven Voraussetzungen hier in der Erstattung einer Anzeige an die Staatsanwaltschaft, in der der entlassene Kläger gegen den Geschäftsführer der beklagten Arbeitgeberin wider besseres Wissen ua den Vorwurf der Bestimmung zur Untreue (§ 153 StGB) erhoben hat, gelegen sind, wird vom Kläger in seiner außerordentlichen Revision in objektiver Hinsicht auch nicht ernsthaft bestritten. Darauf, ob diese Handlung des Klägers bei der Beklagten auch subjektiv zu einem Vertrauensverlust geführt hat, kommt es daher nicht entscheidend an.
2. Das Berufungsgericht hat die Rechtsprechung zum Erfordernis der Unverzüglichkeit der Entlassung (RIS‑Justiz RS0031799; RS0029249; RS0031587; RS0029297 uva) zutreffend wiedergegeben und seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Die Anwendung dieser Rechtsprechung auf den konkreten Einzelfall vermag ‑ von Fällen einer aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifenden groben Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht abgesehen ‑ die Zulässigkeit der Revision nicht zu rechtfertigen (RIS‑Justiz RS0031571; zuletzt 9 ObA 122/13a; 8 ObA 57/13k). Eine solche wird in der Revision nicht aufgezeigt:
Im Gegensatz zu der in der außerordentlichen Revision zitierten Entscheidung 9 ObA 185/00x musste für den Kläger aus der von der Beklagten sofort nach Kenntniserlangung der Anzeige erfolgten schriftlichen Dienstfreistellung erkennbar sein, dass die Beklagte nicht auf ihr Entlassungsrecht verzichte. Darin wurde ausdrücklich auf die Anzeige gegen den Geschäftsführer wegen Kreditschädigung und Untreue Bezug genommen und erklärt, dass sich die Beklagte nach vollständiger Klärung des Sachverhalts weitergehende rechtliche Schritte vorbehält. Allgemein ist dem Dienstgeber nämlich zuzubilligen, den entlassungsrelevanten Sachverhalt aufzuklären (RIS‑Justiz RS0029297). Dies muss für den Dienstgeber selbstverständlich auch und insbesondere dann gelten, wenn das behauptete strafrechtliche Verhalten ihren Geschäftsführer betrifft. Der Geschäftsführer wäre seiner Verantwortung gegenüber der Beklagten ‑ aber auch gegenüber dem Kläger ‑ nicht gerecht geworden, hätte er ohne ausreichende objektive Klärung des Sachverhalts (hier bis zur Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens) die Entlassung des Klägers ausgesprochen. Die vorläufige Maßnahme der Dienstfreistellung konnte hier die Annahme eines Verzichts der Beklagten auf die Ausübung des Entlassungsrechts verhindern (vgl RIS‑Justiz RS0028987).
3. Dass die für die Entlassung maßgebenden Gründe nicht schon in der Entlassungserklärung angeführt werden müssen, ist ständige Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0021606; RS0029144).
Mangels Geltenmachung einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.
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