Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Die am 13. 2. 1968 geborene Klägerin war seit 1. 9. 1984 als Balletttänzerin bei der Beklagten beschäftigt. Gemäß § 2 Abs 2 Bundestheaterpensionsgesetz wurde sie mit 30. 9. 2005 wegen Dienstunfähigkeit in den zeitlichen Ruhestand versetzt. Zur Berechnung ihrer Pension wurden insbesondere die Bestimmungen der §§ 5b Abs 7 und 8 Z 1 BThPG sowie § 6 BThPG iVm § 18j Abs 1 BThPG herangezogen.
Die Klägerin räumt ein, dass die Berechnung ihrer Pension durch die Beklagte der geltenden Rechtslage entspricht und diese von den Vorinstanzen richtig wiedergegeben wurde. Sie versucht jedoch in ihrer außerordentlichen Revision aufzuzeigen, dass
1.) § 5b Abs 8 Z 1 BThPG insoweit verfassungswidrig sei, als dort nur beitragsgedeckte und nicht auch gemäß § 9 Pensionsgesetz 1965 iVm § 7 Abs 1 Z 4 BThPG zugerechnete Zeiten als Dienstzeiten in Anschlag zu bringen seien und
2.) § 18j Abs 1 Z 2 lit b BThPG verfassungswidrig sei, weil seit dem 31. 12. 2003 angefallene beitragsgedeckte Dienstzeiten von Balletttänzern nur mehr mit 2 % pro Jahr (bzw 0,167 % pro Monat) und sonstige - insbesondere „zugerechnete“ - Zeiten nur mehr mit 1,429 % pro Jahr (bzw 0,119 % pro restlichem Dienstmonat) veranschlagt würden.
Gemäß § 5b Abs 7 BThPG idF BGBl I Nr 80/2005 darf grundsätzlich bei Vorliegen einer als Ballettmitglied zurückgelegten Dienstzeit von mindestens 396 Monaten die Ruhegenussbemessungsgrundlage abweichend von Abs 6 71 % der Ruhegenussberechnungsgrundlage nicht unterschreiten. Dieser Prozentsatz vermindert sich für jeweils 12 auf 396 fehlende Monate der als Ballettmitglied zurückgelegten Dienstzeit um einen Prozentpunkt, darf jedoch 62 % nicht unterschreiten. Auf die Klägerin ist jedoch die Übergangsbestimmung des § 18a Abs 1 Z 4 BThPG anzuwenden, sodass die Ruhegenussbemessungsgrundlage bei Vorliegen einer als Ballettmitglied zurückgelegten Dienstzeit von nur 336 Monaten 71 % der Ruhegenussermittlungsgrundlage nicht unterschreiten darf und sich dieser Prozentsatz für jeweils 12 auf 336 fehlende Monate um einen Prozentpunkt vermindert, jedoch 62 % nicht unterschreiten darf. Gemäß § 5b Abs 8 BThPG idF BGBl I Nr 80/2005 zählt zur als Ballettmitglied zurückgelegten Dienstzeit iSd § 5b Abs 7:
„1.) jeder Monat des Dienstverhältnisses, für den das Ballettmitglied einen erhöhten Pensionsbeitrag nach § 10 Abs 2 Z 1 oder Abs 3 Z 1 geleistet hat ... .“
Im Zeitpunkt ihrer Ruhestandsversetzung wies die Klägerin eine beitragsgedeckte Dienstzeit von 21 Jahren und einem Tag auf, die nach § 5b Abs 8 BThPG heranzuziehen ist und die auch für die Berechnung nach § 18j BThPG von Bedeutung ist. Anlässlich der Ruhestandsversetzung wurden der Klägerin gemäß § 9 Pensionsgesetz 1965 noch weitere zehn Jahre angerechnet. Diese zehn Jahre unterfallen aber nicht der Regelung des § 5b Abs 8 BThPG und unterliegen weiters der Berechnung nach § 18j Abs 1 Z 2 lit b BThPG (1,429 % pro Dienstjahr).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 11.309/1987 uva) ist es dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht verwehrt, in bestehende Rechtspositionen oder Anwartschaften einzugreifen. Es fällt im Prinzip in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, eine einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten der Betroffenen zu verändern, sofern die Aufhebung oder Abänderung von Rechten, die der Gesetzgeber zunächst eingeräumt hat, sachlich begründet ist. Gleichheitswidrig ist hingegen eine Regelung, die Personen, die ihre Funktion langjährig im Vertrauen auf eine bestimmte Höhe der Pension ausüben und sich nicht auf eine zukünftige Pensionskürzung einstellen können, plötzlich einem strengen Kürzungssystem unterwirft (VfSlg 12.568; G 304/96 uva). Eine Regelung, die einmal eingeräumte Anwartschaften ändert, muss daher sachlich gerechtfertigt sein, sie darf nicht plötzlich und intensiv sein und darf nicht punktuell gezielt eine relativ kleine Gruppe treffen.
Die Klägerin erkennt zunächst zutreffend, dass der gravierendste Einschnitt in ihre Rechtsstellung mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl 201/1996, erfolgte, mit welchem insbesondere gestaffelte Abzüge von der Ruhebemessungsgrundlage eingeführt wurden, wenn die Versetzung in den zeitlichen Ruhestand vor dem Zeitpunkt lag, zu welchem der Bundestheaterbedienstete frühestens einen Anspruch auf Versetzung in den dauernden Ruhestand gehabt hätte (damals: § 5 Abs 1a BThPG). Der Oberste Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang bereits darauf hingewiesen (9 ObA 119/06z), dass der Verfassungsgerichtshof die mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 bzw Budgetbegleitgesetz 1997 eingeführten Kürzungsregelungen hinsichtlich der Bemessungsgrundlage für den Ruhegenuss im Fall der Frühpensionierung von Beamten als verfassungsrechtlich nicht bedenklich erachtet hat (VfSlg 15.269) und diese Erwägungen auch für die entsprechenden Kürzungen bei Bundestheaterbediensteten gelten müssen. Auch unter dem von der Klägerin eingeforderten Blickwinkel einer Gesamtschau behalten diese Argumente ihre Gültigkeit, zumal bezogen auf den Zeitpunkt des Pensionsantritts von einer Plötzlichkeit der damaligen Kürzungen keine Rede sein kann.
Die Klägerin bestreitet gar nicht, dass der Gesetzgeber mit Recht unterstellt (§ 5b Abs 7 iVm § 18a Abs 1 Z 4 BThPG), dass Balletttänzer und -tänzerinnen regelmäßig 336 Monate, dh 28 beitragsgedeckte Dienstjahre, und somit eine Bemessungsgrundlage von mindestens 71 % erreichen können (RIS-Justiz RS0112311). Die von der Klägerin absolvierten 21 Dienstjahre liegen somit erheblich unter diesem Wert. Schon aus diesem Grund ist die Regelung des § 5b Abs 7 iVm § 18a Abs 1 Z 4 BThPG, der nur die mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 eingeführte Kürzungsregelung des § 5b Abs 2 BThPG zugunsten von Ballettmitgliedern modifiziert, nicht unsachlich. Lediglich am Rande sei bemerkt, dass die von der Klägerin gewünschte Beseitigung des § 5b Abs 8 BThPG keineswegs zwingend die Auslegung nach sich zieht, dass dann unter den in § 5b Abs 7 BThPG genannten „als Ballettmitglied zurückgelegten Dienstzeiten“ auch anlässlich der Pensionierung „zugerechnete“ Zeiten zu verstehen wären.
Soweit sich die Klägerin auch dadurch beschwert erachtet, dass die Bemessungsgrundlage aus einer Durchrechnung (konkret 36 Monate) ermittelt wird, ist ihr Folgendes entgegenzuhalten: Abgesehen davon, dass sie sich bei Einführung der Durchrechnungsregel noch nicht in der Nähe eines zu erwartenden Pensionsantritts befand, sondern dieser durch die - regelmäßig nicht vorhersehbare - Dienstunfähigkeit bewirkt wurde, sieht das BThPG in seinem § 18c Abs 2 nach dem Pensionsantrittsjahr aufsteigend gestaffelte, von 24 (2004) bis 480 (2028) Monate reichende Zeiträume der Durchrechnung vor. Damit ist aber die Kürzung von Leistungen, auf die der Betroffene vertrauen durfte, mit einer entsprechenden Übergangszeit versehen (vgl VfGH G 60/03).
Diese Erwägungen müssen im Übrigen auch für die Kürzung der anrechenbaren Dienstzeiten ab 1. 1. 2004 gelten. Die Klägerin wies zum 31. 12. 2003 eine Dienstzeit von 19 Jahren und 3 Monaten auf, hatte somit bereits eine Anwartschaft in Höhe von 75,899 % (50 % für die ersten 10 Jahre + 25,2 % für die nächsten 9 Jahre + 0,699 % für restliche drei Monate) der Ruhegenussberechnungsgrundlage erworben. Allein bis zum Erreichen des Endes der „Standard“-Dienstzeit (28 Jahre) standen daher noch weitere acht Jahre und 9 Monate regulärer Dienstzeit zur Verfügung, um auch mit dem ab 1. 1. 2004 eingeschränkten Satz von 2 % pro Jahr bzw 0,167 % pro Monat weitere 17,5 % zu erwerben, um dann auf 93,4 % der Ruhegenussbemessungsgrundlage zu kommen. Damit stand der Klägerin - wie auch anderen Ballettmitgliedern mit vergleichbarer Alters- und Dienstzeitkonstellation - faktisch eine zureichende Übergangszeit zu, um sich auf die geänderten Umstände einstellen zu können.
Dies muss umso mehr gelten, wenn ein Betroffener - wie die Klägerin - vom regulären Pensionsantritt noch weit entfernt ist und eine ohne Beitragsentrichtung gewährte Begünstigung (hier: 10 zugerechnete Dienstjahre) erhält (VfGH B 1933/88), zumal nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (G 186/02 ua) im Hinblick auf die Unvorhersehbarkeit des Zeitpunkts des Eintritts einer geminderten Erwerbsfähigkeit (hier: der Dienstunfähigkeit) keine Erwartungshaltung des Betroffenen anerkannt werden kann. Ist somit eine vom Gesetzgeber angestellte Durchschnittsbetrachtung grundsätzlich zulässig, führt allein das Auftreten von Härtefällen im Einzelfall nicht zur Gleichheitswidrigkeit der betreffenden Bestimmung (VfGH G 228/09).
Mangels Vorliegens der behaupteten Verfassungswidrigkeiten ist daher eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zu erkennen.
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