OGH 9Ob7/12p

OGH9Ob7/12p26.11.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, Hon.‑Prof. Dr. Kuras, Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. P***** G*****, vertreten durch Mag. Karl Gatternig, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei M***** G*****, vertreten durch Dr. Viktor Wolczik und andere Rechtsanwälte in Baden, wegen Unterlassung, Räumung und Feststellung, über die Revision und den Rekurs der klagenden Partei gegen das Urteil und den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 30. September 2011, GZ 18 R 120/11t‑13, mit denen das Urteil des Bezirksgerichts Baden vom 29. März 2011, GZ 7 C 866/10p‑9, teilweise bestätigt und teilweise als nichtig aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2012:0090OB00007.12P.1126.000

 

Spruch:

I. Dem Rekurs gegen die Aufhebung und Nichtigerklärung des Verfahrens sowie des erstgerichtlichen Urteils über das Feststellungsbegehren wird nicht Folge gegeben.

II. Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

 

Begründung:

In dem im Jahre 1999 geschlossenen, die hier maßgebliche Liegenschaft betreffenden Wohnungseigentumsvertrag lautete Punkt IV Abs 2 wie folgt:

„Weiters vereinbaren sämtliche Vertragsteile, dass Frau Ingrid ..., die in ihrem schlichten Miteigentum stehenden 12/3053stel Anteile, bestehend aus drei Garagenplätzen ausschließlich besitzt und benützt und über diese frei verfügen kann.“

In weiterer Folge stellte sich heraus, dass der Garagenplatz Nr 21 nicht aufrechterhalten werden konnte, da sonst der Wendekreis im Garagenbereich zu gering gewesen wäre. Die ursprüngliche Markierung der beiden gegenüberliegenden Garagenabstellplätze Nr 15 und 21 wurde auf eine mittig angebrachte Markierung geändert. Frau Ingrid  R verzichtete gegenüber den übrigen Liegenschaftseigentümern auf eine Nutzung des Garagenabstellplatzes Nr 21, den sie auch tatsächlich nie in Besitz nahm.

Im Jahr 2001 erwarb dann die Beklagte von Frau Ingrid  R eine im Wohnungseigentum stehende Wohnung, mit der der Garagenabstellplatz Nr 15 verbunden ist.

Der Kläger erwarb im Jahr 2009 4/3053stel Anteile mit denen kein Wohnungseigentum verbunden war in einem Zwangsversteigerungsverfahren betreffend die verpflichtete Ingrid  R . Seinen Anteilen war eine ausschließliche Nutzung des Garagenabstellplatzes Nr 21 grundbücherlich nicht zugeordnet.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger, einerseits die Beklagte schuldig zu erkennen auf den Garagenplatz Nr 21 weder Autos abzustellen noch diesen Garagenplatz zu benutzen und die auf diesen Garagenplatz von ihr oder mit ihrer Zustimmung abgestellten Fahrzeuge oder Fahrnisse zu entfernen sowie ferner die Feststellung, dass der Kläger im Verhältnis zur Beklagten zur ausschließlichen Nutzung dieses Garagenplatzes berechtigt sei. Der Kläger stützt dies darauf, dass der Garagenplatz Nr 21 im Nutzwertgutachten aufscheine, an diesem aber im Hinblick auf die frühere Rechtslage kein Wohnungseigentum habe begründet werden können. Die Beklagte benütze nun beide Garagenplätze und weigere sich die Nutzungsberechtigung des Klägers hinsichtlich des Garagenplatzes Nr 21 anzuerkennen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete zusammengefasst ein, dass der Kläger als schlichter Miteigentümer von bloß 4/3053stel Anteilen nicht zur Nutzung des Garagenabstellplatzes Nr 21 berechtigt sei. Ein Beschluss der Miteigentümer im Sinne einer Benützungsregelung der dem Kläger die Nutzung des Garagenabstellplatzes Nr 21 ausschließlich zuweise, liege nicht vor. Der Kläger sei auch über alle Umstände hinsichtlich der Zusammenlegung des Garagenabstellplatzes vor dem Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren informiert gewesen. Hinsichtlich des Feststellungsbegehrens wendete die Beklagte auch die mangelnde Passivlegitimation ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es ging rechtlich zusammengefasst davon aus, dass im Zeitpunkt der Begründung des Wohnungseigentums im Jahre 1999 bzw 2000 die Begründung von Wohnungseigentum an Garagenabstellplätzen nur als Zubehör zu einer Wohnung möglich gewesen sei. Der Kläger habe daher nur schlichtes Miteigentum erworben. Eine vertragliche Vereinbarung, die ihm ein ausschließliches Nutzungsrecht zuweise, liege nicht vor, da seine Rechtsvorgängerin auf das Nutzungsrecht hinsichtlich des Garagenplatzes Nr 21 gegenüber der Miteigentümergemeinschaft verzichtet habe.

Das Berufungsgericht erklärte aus Anlass der Berufung des Klägers gegen dieses erstgerichtliche Urteil das Verfahren sowie das Urteil hinsichtlich des Feststellungsbegehrens als nichtig und verwies die Rechtssache insoweit auf den außerstreitigen Rechtsweg. Im Übrigen gab es der Berufung nicht Folge.

Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, dass nach § 838a ABGB, § 52 Abs 1 Z 3 WEG sämtliche Streitigkeiten zwischen Teilhabern, über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten in das Verfahren außer Streitsachen verwiesen sind, insbesondere auch die Feststellung von Benutzungsvereinbarungen. Dementsprechend sei das Feststellungsbegehren in das außerstreitige Verfahren zu verweisen.

Im Übrigen erachtete das Berufungsgericht die Berufung als nicht berechtigt. Teilweise stelle das Vorbringen in der Berufung eine unzulässige Neuerung dar. Der Kläger habe sich bei seinem erstinstanzlichen Vorbringen auf das ihm ausschließlich zustehende Recht der Benützung berufen, nicht aber darauf, dass die Beklagte Allgemeinflächen über Gebühr nütze.

Ein ausschließliches Nutzungsrecht sei aber nicht wirksam eingeräumt worden und habe auch nicht angemerkt werden können. Eine obligatorische Vereinbarung zwischen den Miteigentümern sei durchaus möglich aber hier nicht überbunden worden. Insbesondere sei eine Bindung des Erstehers an eine solche, die nicht im Versteigerungsedikt angeführt sei, nicht vorgesehen. Die Nutzung des Parkplatzes sei im Versteigerungsedikt nicht ausgewiesen gewesen. Als wechselseitiges, nicht verbücherungsfähiges Recht sei es daher spätestens bei Zuschlagserteilung erloschen.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht schließlich über Antrag als zulässig. Eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob ein Unterlassungs‑ oder Räumungsbegehren, das wie im vorliegenden Falle auf eine Vereinbarung zwischen den Wohnungseigentümern gestützt werde, im streitigen oder im außerstreitigen Weg durchzusetzen sei, sei nicht ersichtlich. Auch müsse geklärt werden, ob durch eine obligatorische Vereinbarung über die Nutzung eines Abstellplatzes nicht ein nach dem WEG 1975 verpönter Zustand hergestellt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung erhobene Rekurs ist jedenfalls zulässig. Die Revision ist mangels Darstellung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

I. Zum Beschluss betreffend die Nichtigerklärung und Überweisung ins außerstreitige Verfahren:

Beschlüsse des Berufungsgerichts, womit ein Urteil als nichtig aufgehoben und die Rechtssache zur Entscheidung in das außerstreitige Verfahren überwiesen werden, sind auch ohne Ausspruch des Berufungsgerichts, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, anfechtbar (RIS‑Justiz RS0043890 mwN zuletzt etwa 6 Ob 233/10y).

Grundsätzlich gehören alle in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Rechtssachen auf den Prozessweg, sofern ein Gesetz nicht ausnahmsweise anderes bestimmt (RIS‑Justiz RS0012214 mwN). Die Frage, ob über ein Begehren im außerstreitigen oder im Prozessweg zu entscheiden ist, ist nach dem Inhalt des Begehrens, nicht aber danach, ob dieses Begehren begründet ist oder welche Einwendungen erhoben wurden, zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0013639 mwN; RS0005896; RS0005861).

§ 40a JN über die Überweisung ins außerstreitige Verfahren ist dabei auch dann anzuwenden, wenn sich die Unzulässigkeit des streitigen Verfahrens erst im Rechtsmittelverfahren herausstellt (RIS‑Justiz RS0046245 mwN).

Was nun das Verhältnis zwischen Miteigentümern anlangt, so hat der Oberste Gerichtshof bereits klargestellt, dass mit dem Inkrafttreten des § 838a ABGB mit dem Familienerbrechtsänderungsgesetz 2004 zu den ins außerstreitige Verfahren verwiesenen Streitigkeiten zwischen Miteigentümern über die Verwaltung und Nutzung der gemeinsamen Sache und unmittelbar damit zusammenhängender Rechte und Pflichten auch Auseinandersetzungen gehören, denen eine Vereinbarung zwischen den Miteigentümern zugrundeliegt (RIS‑Justiz RS0013563 [T15] mwN 4 Ob 76/07s sowie 1 Ob 123/11m). Auch dass Feststellungsbegehren davon erfasst sind, wurde bereits ausgesprochen (RIS‑Justiz RS0013564 [T16] ‑ 6 Ob 233/10y; H. Böhm in Kletečka/Schauer ABGB‑ON § 838a Rz 8; 4 Ob 76/07s).

Hier hat sich der Kläger letztlich auf ein ihm aufgrund der Benützungsvereinbarung ausschließlich zustehendes Nutzungsrecht berufen. Die Feststellung dieses Nutzungsrechts wurde zutreffend dem Außerstreitverfahren zugewiesen.

Dem Rekurs des Klägers ist dementsprechend nicht Folge zu geben.

II. Zur Revision:

Vorweg ist festzuhalten, dass die Verneinung einer Nichtigkeit durch das Berufungsgericht auch dann nicht anfechtbar ist, wenn sie nur in den Entscheidungsgründen erfolgte, zumal wenn mangels Geltendmachung keine Möglichkeit einer spruchgemäßen Entscheidung besteht (RIS‑Justiz RS0042917). Insoweit stellt sich auch keine Frage der Abgrenzung zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 8 Ob 111/11y.

Die Ausführungen der Revision des Klägers stützen sich in der Sache selbst darauf, dass die Feststellungen zum „Verzicht“ auf den Garagenplatz nicht ausreichend und nicht schriftlich dokumentiert seien, nach § 56 Abs 13 WEG 2002 das WEG auch auf die vor dem 1. 7. 2002 geschlossenen Rechtsgeschäfte anzuwenden wäre. Die Begründung des Berufungsgerichts der Kläger hätte sich ausschließlich auf die Benützungsregelung gestützt sei unzutreffend.

Mit all diesen Ausführungen zeigt der Kläger aber aus folgenden Gründen keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf:

Die Frage, welches Vorbringen erstattet wurde, kann nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls entschieden werden und stellt damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (vgl etwa Kodek in Rechberger ZPO 3 § 502 Rz 26 mzwN).

Zu den Fragen, welche Formerfordernisse beim Abgehen von einer Vereinbarung zwischen Miteigentümern bestehen und inwieweit Rechtsnachfolger daraus berechtigt und verpflichtet sind, ist schon deshalb nicht weiter einzugehen, weil das Berufungsgericht die Abweisung auf die Übernahme des Miteigentumsanteils im Rahmen des Versteigerungsverfahrens gestützt hat. Nach einheitlicher Rechtsprechung sind allein die Versteigerungsbedingungen dafür maßgebend, welche Lasten der Ersteher zu übernehmen hat (RIS‑Justiz RS0013759). Für den Umfang des Eigentumserwerbs durch Zuschlag ist in erster Linie der Inhalt der Versteigerungsbedingungen und des Versteigerungsedikts maßgeblich (RIS‑Justiz RS0002739 mwN). Mit all diesen Argumenten setzt sich die Revision aber nicht auseinander.

Schon deshalb vermag die Revision keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darzustellen.

Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof ‑ nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision daher unzulässig. Die Begründung dieser Entscheidung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Die Beklagte hat die Unzulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt.

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