OGH 4Ob76/07s

OGH4Ob76/07s22.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Adolf S*****, vertreten durch Dr. Walter Lichal, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin Marianne S*****, vertreten durch Dr. Josef Olischar und Dr. Johannes Olischar, Rechtsanwälte in Wien, wegen Ersetzung einer Zustimmung, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 21. Juni 2006, GZ 43 R 289/06b-13, mit welchem der Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom 23. März 2006, GZ 19 Nc 80/05v-8, behoben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom herangezogenen Zurückweisungsgrund aufgetragen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekus wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Parteien waren miteinander verheiratet und sind Miteigentümer mehrerer Liegenschaften. Soweit noch relevant, begehrt der Antragsteller den Ausspruch, dass die Zustimmung der Antragsgegnerin zur Aufkündigung eines Pachtvertrags ersetzt werde, den die Parteien über mehrere dieser Liegenschaften geschlossen hatten. Die Antragsgegnerin leiste keinen Pachtzins und habe die Pachtobjekte verwahrlosen lassen. Einer von ihm ausgesprochenen Aufkündigung habe sie nicht zugestimmt.

Die Antragsgegnerin bringt vor, dass die Liegenschaften, auf denen sie einen landwirtschaftlichen Betrieb führe, in einem von ihr beim Erstgericht eingeleiteten Verfahren nach den §§ 81 ff EheG aufzuteilen seien. Eine nach sachenrechtlichen Gesichtspunkten zu treffende Benützungsregelung sei daher unzulässig. Zudem bestehe ohnehin eine Benützungsvereinbarung, und zwar unabhängig davon, ob man das der Benützung zugrunde liegende Rechtsverhältnis als Pachtvertrag oder anders qualifiziere. Auf dieser Grundlage beantragt die Antragsgegnerin die Zurückweisung des Antrags, hilfsweise die Unterbrechung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Erledigung des Aufteilungsverfahrens, und wiederum hilfsweise die Abweisung des Antrags.

Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung zurück, dass „Streitigkeiten aus einer bindenden Vereinbarung" im Rechtsweg geltend zu machen seien (ON 8).

Das Rekursgericht behob den Zurückweisungsbeschluss und trug dem Erstgericht auf, das Verfahren unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund fortzusetzen (ON 13). Aus dem im Akt erliegenden Pachtvertrag ergebe sich, dass für die Frage von dessen Kündigung keine Vereinbarung zwischen den Parteien bestehe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich ein Revisionsrekurs der Antragsgegnerin (ON 16), den das Erstgericht zunächst zurückwies (ON 17). Aufgrund eines dagegen erhobenen Rekurses der Antragsgegnerin ergänzte das Rekursgericht seinen Beschluss mit dem Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zugelassen werde (ON 21). In weiterer Folge behob es die Zurückweisung des Revisionsrekurses (ON 34).

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts unzulässig.

1. Bei der Beurteilung, ob eine Rechtssache im streitigen oder im außerstreitigen Verfahren zu erledigen ist, kommt es ausschließlich auf den Inhalt des Begehrens und des Vorbringens der antragstellenden Partei an (RIS-Justiz RS0013639). Nicht maßgebend sind dagegen die Einwendungen des Antragsgegners (RIS-Justiz RS0013639 T5, T8, T9, T18) oder amtliches Wissen des Gerichts (1 Ob 219/01i = SZ 74/180). Nicht von Bedeutung ist ferner die Frage nach der sachlichen Berechtigung des Begehrens (RIS-Justiz RS0013639 T1).

2. Ist die Aufkündigung eines Bestandvertrags mit einem Miteigentümer

beabsichtigt, muss auch dessen fehlende Zustimmung nach stRsp durch

das Außerstreitgericht ersetzt werden (7 Ob 691/79 = SZ 53/18 mwN zur

älteren Rsp; RIS-Justiz RS0013680; zuletzt etwa 8 Ob 7/03t = immolex

2003/139).

Nach der Rechtslage vor dem FamErbRÄG 2004 (BGBl I 2004/58) wäre zwar anders zu entscheiden gewesen, wenn sich der Antragsteller zur Begründung seines Begehrens auf eine darüber - dh über die Verpflichtung zur Zustimmung - geschlossene Vereinbarung gestützt hätte. In diesem Fall wäre der Antrag nach § 40a JN in eine Klage umzudeuten gewesen. Die Behauptung einer solchen Vereinbarung lässt sich dem Antrag allerdings nicht einmal ansatzweise entnehmen. Dass sie sich auch aus der Vertragsurkunde nicht ergibt, worauf das Rekursgericht an sich zutreffend hinweist, wäre aufgrund der Maßgeblichkeit des Vorbringens unerheblich gewesen. Im vorliegenden Fall ist allerdings schon der mit dem FamErbRÄG 2004 neu geschaffene § 838a ABGB anzuwenden, der nach Art 4 § 3 Abs 1 Z 4 FamErbRÄG 2004 alle nach dem 31. Dezember 2004 anhängig gewordenen Sachen erfasst. Danach sind Streitigkeiten zwischen den Miteigentümern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinsamen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten ganz allgemein im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden. Anders als früher gilt das mangels diesbezüglicher Unterscheidung auch dann, wenn der Auseinandersetzung eine Vereinbarung der Miteigentümer zugrunde liegt (EB zur RV, 471 BlgNR 12. GP 33; Sailer in KBB § 838a Rz 2; Egglmeier/Gruber/Sprohar in Schwimann3 § 838 Rz 1).

3. Die Notwendigkeit, die Zustimmung eines Miteigentümers zur Aufkündigung eines mit ihm geschlossenen Bestandvertrags zu ersetzen, beruht somit auf ständiger Rechtsprechung. Das Fehlen von Entscheidungen zu § 838a ABGB begründet keine erhebliche Rechtsfrage iSv § 62 Abs 1 AußStrG, weil hier allenfalls strittig sein könnte, ob die Neuregelung tatsächlich - wie vom Wortlaut nahe gelegt, vom Gesetzgeber gewollt und in der Lehre einhellig vertreten - auch Auseinandersetzungen erfasst, denen eine Vereinbarung zugrunde liegt. Darauf kommt es hier aber letztlich nicht an, weil der Antragsteller keine solche Vereinbarung behauptet hat. Der Revisionsrekurs ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.

4. Nur zur Klarstellung ist Folgendes festzuhalten: Das von den

Vorinstanzen nicht erörterte und im Revisionsrekurs nicht aufrecht

erhaltene Vorbringen der Antragsgegnerin, die Liegenschaften fielen

in die Aufteilungsmasse, ist angesichts ihres weiteren Vorbringens,

wonach auf den Liegenschaften ein Gärtnereibetrieb geführt worden

sei, unschlüssig. Auch ein landwirtschaftlicher Besitz ist ein

Unternehmen iSv § 82 Abs 1 Z 3 EheG (RIS-Justiz RS0057595). Daher ist

nicht zu entscheiden, ob die hier begehrte Ersetzung der Zustimmung

einer Benützungsregelung gleichzuhalten ist, die während eines

Aufteilungsverfahrens (bzw der für dessen Einleitung offen stehenden

Frist) unzulässig wäre, soweit die davon betroffenen Sachen - wie

etwa die Ehewohnung - in die Aufteilungsmasse fallen (4 Ob 263/00f =

NZ 2002, 114; 3 Ob 51/03a = ecolex 2003, 670; beide mwN).

5. Eine Entscheidung über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung hatte mangels Verzeichnung zu unterbleiben.

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