Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die klagende Partei, ein in Deutschland ansässiges Unternehmen, bot in ihrer Broschüre "Studienziel Heilpraktiker in Deutschland, Naturpraktiker in Österreich" unter anderem nach der zweiten Zwischenprüfung nach Ablauf des 20. Studienmonats einen Befähigungsnachweis als Gesundheits- und Ernährungsberater an. Lernziel der angebotenen Ausbildung war die Zulassung zur deutschen Heilpraktikerprüfung. Die Beklagte trat Ende 1996 mit einer österreichischen Niederlassung der klagenden Partei in G***** in telefonischen Kontakt, worauf ihr schriftliche Unterlagen übersandt wurden. Sie interessierte sich für den Beruf eines Ernährungs- und Gesundheitsberaters, welchen sie in Österreich in Verbindung mit Körpertraining in Gesundheitszentren, Heilbädern, Fitness- oder Welnesscentern, allgemein dort, wo ein Nachweis dieser Befähigung verlangt wird, ausüben wollte. Sie wollte die Ausbildung in Österreich absolvieren. Anfang Mai 1997 nahm die Beklagte Kontakt mit einer Mitarbeiterin der klagenden Partei in W***** auf, die als deren Organisations- und Verkaufsrepräsentantin für Akquisition, Beratung sowie Abschluss von Studienverträgen im Bereich W***** zuständig war. Am 13. Mai 1997 kam es zu einem persönlichen Beratungsgespräch, in welchem hauptsächlich über die Tätigkeit und Ausübung des Berufs des Naturpraktikers und Gesundheitsberaters in Österreich gesprochen wurde. Die Repräsentantin der klagenden Partei betonte mehrmals, dass Naturpraktiker und Gesundheitsberater in Österreich zugelassen seien. Die Beklagte wurde informiert, dass sich die Zentrale der klagenden Partei in M***** befinde, jedoch auch, dass die Repräsentantin eine österreichische Schule aufgebaut habe. Am gleichen Tag unterfertigte die Beklagte einen Antrag zur "Ausbildung zum Heilpraktiker (D)/ Naturpraktiker (A)" inklusive Studienordnung, eine Widerrufsbelehrung sowie eine Zusatzvereinbarung. In der Zusatzvereinbarung wurde darüber informiert, dass in Österreich nur Tätigkeiten ausgeübt werden dürfen, die nicht gesetzlich den Ärzten vorbehalten sind. In der Folge holte die Beklagte Erkundigungen über die Ausübung des Berufes des Ernährungs- und Gesundheitsberaters in Österreich ein und erfuhr, dass dafür die Ausbildung in staatlich anerkannten Ausbildungsstätten vorausgesetzt wird. Die Beklagte, für die eine gesetzliche Zulassung der Tätigkeit der Ernährungs- und Gesundheitsberaterin in Österreich wesentlich war, kündigte zwei Monate vor dem vorgesehenen Beginn der Ausbildung den Ausbildungsvertrag und nahm eine Ausbildung nicht in Anspruch. Die klagende Partei begehrte von der Beklagten die vereinbarten Kursgebühren in Höhe des Klagebetrags von ATS 95.000,-- (= EUR 6.903,92) samt Zinsen. Mit dem Ausbildungsvertrag "Heilpraktiker (D)/Naturpraktiker (A)" habe sich die klagende Partei verpflichtet, den Lehrstoff zu vermitteln, dessen Beherrschung für die Überprüfung nach dem (deutschen) Heilpraktikergesetz für erforderlich erachtet werde. Die Beklagte sei umfassend und ausreichend darüber aufgeklärt worden, dass nach den rechtlichen Voraussetzungen die Ausübung des Heilpraktikerberufes in Österreich (wenngleich unter dem Gesichtspunkt des EG-V bedenklicherweise) nicht zulässig sei und nur solche Tätigkeiten ausgeübt bzw. Methoden angewendet werden dürften, die nicht anderen gesetzlich geregelten Gesundheitsberufen vorbehalten seien. Eine Reihe von Tätigkeiten des Heilpraktikers seien überdies als freie Gewerbe in der GewO in Österreich anerkannt. Eine Ausbildung zum Gesundheits- und Ernährungspraktiker sei niemals angeboten worden, es sei auch nicht in Aussicht gestellt worden, dass dieser Beruf mit der angebotenen Ausbildung ausgeübt werden könne. Die Beklagte wendete mangelnde aktive Klagslegitimation ein, überdies Irrtum, Sittenwidrigkeit, Wucher und Verkürzung über die Hälfte. Das Erstgericht wies das Klagebegehren - auch im zweiten Rechtsgang - ab, da der Vertrag (in Anlehnung an 8 Ob 174/02z sowie EuGH Rs C-294/00 ) absolut nichtig sei.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil (in der Hauptsache), wobei es sich ebenfalls auf die genannte Judikatur bezog. Da der Oberste Gerichtshof erst in einem Verfahren über die Nichtigkeit eines gegen das AusbildungsvorbehaltsG verstoßenden Ausbildungsvertrages nach innerstaatlichem Recht und darüber, ob ein Verbot einer gegen das AusbildungsvorbehaltsG verstoßenden Ausbildung verhältnismäßig und somit europarechtskonform ist, abgesprochen habe und daher vom Vorliegen einer einheitlichen Rechtsprechung nicht ausgegangen werden könne, erklärte das Berufungsgericht die ordentliche Revision für zulässig; eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung liege im Hinblick auf die Vielzahl von abgeschlossenen Verträgen vor.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO abhängt.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes liegt bereits ein zweites, übereinstimmendes Erkenntnis des Obersten Gerichtshofes und damit eine einheitliche Rechtsprechung vor (vgl 8 Ob 174/02z, 4 Ob 158/03v); abgesehen davon könnte sogar eine einzelne, ausführlich begründete und grundlegende Entscheidung bereits eine gesicherte Rechtsprechung darstellen (vgl RdW 1998, 406; Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO², Rz 3 zu § 502).
Wie bereits in 8 Ob 284/99v, 8 Ob 174/02z und 4 Ob 158/03v - in allen Fällen war Gegenstand des Verfahrens ein mit der hier klagenden Partei abgeschlossener Ausbildungsvertrag - zur vorliegenden Problematik ausgeführt wurde, obliegt nach dem in Österreich geltenden AusbildungsvorbehaltsG die Ausbildung zu Tätigkeiten, die u. a. durch das Ärztegesetz 1998 (BGBl 1998/169) geregelt sind, ausschließlich den nach diesen Bundesgesetzen dafür vorgesehenen Einrichtungen. Das Anbieten oder Vermitteln solcher Ausbildungen durch andere Personen oder Einrichtungen ist verboten (§ 1 Abs 1 AusbVG). Der Versuch ist strafbar. Werbung gilt als Versuch (§ 1 Abs 2 AusbVG). Eine ausdrückliche Nichtigkeitssanktion ist nicht vorgesehen, jedoch kann den Erläuternden Bemerkungen (150 BlgNR 20. GP, 24) entnommen werden, dass der Gesetzgeber mit diesem Gesetz bezweckte, den Aktivitäten jener (insbesondere aus Deutschland stammenden) Institute, welche sich in Österreich etablieren und hier beispielsweise "Heilpraktikerausbildungen" intensiv bewerben und anbieten, entgegen zu treten. Ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nicht nur dann nichtig, wenn diese Rechtsfolge ausdrücklich normiert ist, sondern auch dann, wenn der Verbotszweck die Ungültigkeit des Geschäftes notwendig verlangt. Bei Verstößen gegen Gesetze, die dem Schutz von Allgemeininteressen, der öffentlichen Ordnung und der Sicherheit dienen, ist die Rechtsfolge der Nichtigkeit eine absolute. Sie ist von Amts wegen wahrzunehmen und hat die Nichtigkeit des gesamten Geschäftes zur Folge. Im Verfahren 8 Ob 284/99v wurde dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob es dem Gemeinschaftsrecht widerspricht, wenn erstens arztähnliche Tätigkeiten wie die eines Heilpraktikers im Sinne des deutschen Rechts den Inhabern eines Ärztediploms vorbehalten werden bzw. wenn zweitens die Ausbildung zu Tätigkeiten, die durch Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Gesundheitswesens geregelt sind, den hiefür vorgesehenen Einrichtungen vorbehalten und das Anbieten oder Vermitteln solcher Ausbildungen oder die Werbung hiezu verboten wird. Der EuGH entschied (Rs C-294/00 ), dass das Gemeinschaftsrecht einen Mitgliedsstaat nicht hindert, die Ausübung einer Tätigkeit wie die eines Heilpraktikers im Sinne des deutschen Rechts den Inhabern eines Arztdiploms vorzubehalten (Rdn 52) und die Organisation von Ausbildungen für diese Tätigkeit in seinem Hoheitsgebiet durch hiefür nicht zugelassene Einrichtungen zu verbieten, sofern dieses Verbot so angewandt wird, dass es nur solche Modalitäten der Organisationen dieser Ausbildungen betrifft, die geeignet sind, in der Öffentlichkeit Unklarheit darüber entstehen zu lassen, ob der Beruf des Heilpraktikers im Hoheitsgebiet des Mitgliedsstaats, in dem die Ausbildung stattfindet, rechtmäßig ausgeübt werden kann (Rdn 65 und 70). Es sei Sache des nationalen Gerichts zu beurteilen, ob die Erfüllung des Vertrags über die Ausbildung für die Tätigkeit des Heilpraktikers die Wirksamkeit der nationalen Maßnahme beeinträchtigen könne, die die Ausübung dieses Berufs verbietet, und wenn ja, nach seinem nationalen Recht zu entscheiden, ob der Ausbildungsvertrag deshalb als nichtig zu betrachten sei (Rdn 66). Im Zeitpunkt des Abschlusses des Ausbildungsvertrages im Jahr 1997 stellte "Ernährungs- und Diätberatung (ausgenommen zu medizinischen Zwecken)" - eingeschränkt auf die Beratung ausschließlich gesunder Menschen - noch ein freies Gewerbe iSd Gewerbeordnung dar. "Ausübung der Heilkunde" war bereits damals aus dem Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen (§ 2 Abs 1 Z 11 GewO), worunter jedenfalls die Tätigkeit des Natur-/Heilpraktikers zu verstehen ist, welcher Personen auf ihren Gesundheitszustand hin untersucht und mit natürlichen Heilmethoden behandelt (vgl nur Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO², § 2 Rz 32 mwN). Der gesamte Bereich der Beratung und Betreuung erkrankter Personen ist bereits durch das Ärztegesetz und die anderen Berufsgesetze so umfassend geregelt, dass die Gewerbeordnung darauf jedenfalls nicht anwendbar ist (Mit der GRNov 2002 [BGBl I 111/2002, in Kraft ab 1. 8. 2002] wurde die Ernährungsberatung zu einem Teilbereich des Lebens- und Sozialberatungsgewerbes nach § 119 GewO und die Ausübung damit reglementiert. Nach § 119 Abs 1 GewO sind Personen, die das Gewerbe der Lebens- und Sozialberatung ausüben, auch zur Ausübung von Ernährungsberatung berechtigt, wenn sie die erforderliche Absolvierung der Studienrichtung Ernährungswissenschaften an einer inländischen Universität oder die erfolgreiche Ausbildung zum Diätassistenten/zur Diätassistentin nachweisen).
Die klagende Partei hat weder in den von ihr aufgelegten Broschüren noch im Beratungsgespräch auf die differenzierte Rechtslage in Österreich hingewiesen. Der Hinweis in der Zusatzvereinbarung des gegenständlichen Ausbildungsvertrages, wonach in Österreich nur Tätigkeiten ausgeübt werden dürfen, die nicht gesetzlich den Ärzten vorbehalten sind, wirkt für den typischen Adressaten nicht klarstellend (idS schon 4 Ob 158/03v). Die genannte Darstellung des Berufsbildes "Heilpraktiker (D)/Naturpraktiker (A)" durch die klagende Partei war daher geeignet, Unklarheit in der Öffentlichkeit darüber entstehen zu lassen, ob der Beruf des Naturpraktikers in Österreich rechtmäßig ausgeübt werden kann. Der Ausbildungsvertrag, mit dem der Lehrstoff vermittelt werden sollte, dessen Beherrschung für die Überprüfung nach dem (deutschen) Heilpraktikergesetz für erforderlich erachtet wird, ist somit aufgrund des Schutzzweckes des AusbildungsvorbehaltsG absolut nichtig. Auf eine allfällige Teilgültigkeit, die hier aber ohnehin kaum in Betracht käme, beruft sich die klagende Partei nicht.
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurde der Beklagten in den schriftlichen Unterlagen die Ausbildung zum "Naturpraktiker in Österreich" angeboten und ihr mündlich erklärt, die Tätigkeit als Naturpraktiker sei in Österreich zulässig. Damit wurde im Sinne der Formulierung des EuGH jedenfalls Unklarheit - bzw eine Fehlvorstellung - darüber geschaffen, ob der Beruf des Naturpraktikers - entsprechend der angebotenen Ausbildung - in Österreich rechtmäßig ausgeübt werden kann. Warum die Frage des Wohnsitzes des Auszubildenden von Bedeutung sein sollte, ist unverständlich, stellt doch auch der EuGH nur darauf ab, in welchem Staat die Ausbildung stattfindet und die Tätigkeit ausgeübt werden soll. Dass die Ausbildung in Österreich erfolgen sollte, wird nicht in Frage gestellt, sodass es nicht darauf ankommt, ob dafür vier Ausbildungsstätten zur Verfügung stehen oder ein "dichtes Ausbildungsnetz". Haben die Vorinstanzen nun das Informationsverhalten der klagenden Partei als geeignet angesehen, in der Öffentlichkeit Unklarheit darüber entstehen zu lassen, ob der betreffende Beruf in Österreich rechtmäßig ausgeübt werden kann, so kann darin eine bedenkliche Fehlbeurteilung nicht erblickt werden. Dazu gibt auch der Hinweis der Revisionswerberin auf eine vermeintlich abweichende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs keinen Anlass. Einerseits würde auch eine abweichende Entscheidungspraxis des VwGH keine uneinheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO begründen, andererseits ist eine derartige Abweichung in der rechtlichen Beurteilung auch nicht zu erkennen. Auch der Verwaltungsgerichtshof stützt seine Rechtsauffassung (vgl etwa VwGH 2002/11/175 ua) auf das im Vorlageverfahren zu 8 Ob 284/99v ergangene Urteil des EuGH zu C-294/00 . Insbesondere hat sich der Verwaltungsgerichtshof nicht - wie vom Revisionswerber behauptet - dessen Auffassung angeschlossen, seine Hinweise auf die österreichische Gesetzeslage entsprächen den Vorgaben des EuGH, sodass das AusbildungsvorbehaltsG mangels Europarechtskonformität unanwendbar sei; vielmehr wurden im genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs einige der angefochtenen Bescheide nur deshalb als rechtswidrig aufgehoben, weil es an entsprechenden Sachverhaltsfeststellungen über die "Modalitäten der Organisation dieser Ausbildungen" mangelte.
Dem Revisionswerber ist es insgesamt nicht gelungen, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO bzw. Umstände aufzuzeigen, die Anlass bieten, von der bisherigen Rechtsprechung abzugehen. Steht die Entscheidung im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wäre sie nur dann revisibel, wenn sie aus besonderen Gründen Anlass gäbe, von der bisherigen Praxis abzugehen oder diese durch Erwägungen fortzubilden, denen über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukäme (vgl. EFSlg 85.339 ua). Die Beurteilung der Nichtigkeit des Vertrages hat der Europäische Gerichtshof ausdrücklich dem nationalen Recht überlassen. Dass nach innerstaatlicher Rechtslage der Normzweck des AusbildungsvorbehaltsG die Nichtigkeit des in Rede stehenden Ausbildungsvertrages erfordert, wurde bereits dargelegt. Die Ausführungen Laimers (Vertragsnichtigkeit wegen Verstoßes gegen das Ausbildungsvorbehaltsgesetz? wbl 2003, 361 ff), bieten keinen Anlass, von dieser Auffassung abzugehen; ein bloßes Abschlussverbot liegt hier nicht vor.
Die Beklagte hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung, mit welcher nur die Abweisung, nicht jedoch die Zurückweisung der Revision der klagenden Partei als unzulässig begehrt wurde, und die daher keine zweckentsprechende Rechtsverteidigungsmaßnahme darstellt, selbst zu tragen (§ 40 Abs 1 ZPO).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)