OGH 9Ob207/00g

OGH9Ob207/00g6.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermann K*****, Kaufmann, *****, vertreten durch Dr. Gerold Hirn und Dr. Burkhard Hirn, Rechtsanwälte in Feldkirch, wider die beklagte Partei Monika K*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Dr. Jörg Kaiser, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Ehescheidung (nach Wiederaufnahme des Verfahrens 1 C 82/94k des Bezirksgerichtes Bregenz), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 12. Mai 2000, GZ 1 R 105/00z-40, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Ausspruch, dass die Schuld eines Ehegatten überwiegt (§ 60 Abs 2 EheG), ist nach ständiger Rechtsprechung nur dann zulässig, wenn das Verschulden dieses Ehegatten erheblich schwerer wiegt als das des anderen. Das Verschulden des anderen muss fast völlig in den Hintergrund treten (EFSlg 46.261, 48.832, 51.658, 60.286 ua; RIS-Justiz RS0057821, RS0057858). Ob dies der Fall ist, hängt vom Gesamtverhalten der Ehegatten während der Dauer der Ehe ab (EFSlg 51.667; RIS-Justiz RS0057303, RS0057223). Von diesem Gesamtverhalten geht jedoch die einseitige Betrachtung des Revisionswerbers, die nur den Ehebruch der Beklagten betont, jedoch die eigenen, zum Teil dem Ehebruch zeitlich vorangehenden Eheverfehlungen vernachlässigt, nicht aus.

Die Verschuldenszumessung erfolgt grundsätzlich nach den Umständen des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0042405, RS0044188). Auch die vom Revisionswerber zur Begründung der Zulässigkeit der außerordentlichen Revision in den Vordergrund gestellte Frage der Gewichtung des Ehebruches der Beklagten beim Schuldausspruch kann nur nach den Umständen des Einzelfalls gelöst werden (vgl RIS-Justiz RS0005529; 9 Ob 71/98a). Zur Frage des Ehebruches ist auch darauf hinzuweisen, dass nach Art VII Z 3 der Übergangsbestimmungen des Eherechts-Änderungsgesetzes 1999 - EheRÄG 1999, BGBl I Nr 125/1999, im vorliegenden Verfahren der ab 1. 1. 2000 aufgehobene § 47 EheG weiterhin anzuwenden ist, weil im Zeitpunkt des Inkrafttretens des EheRÄG 1999 am 1. 1. 2000 das gegenständliche Verfahren über eine Scheidungsklage, die auf § 47 EheG gestützt worden war, noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war. Im Übrigen musste ein Ehebruch schon nach der bis 31. 12. 1999 geltenden Rechtslage - ungeachtet der Diskussion zur Frage der Qualifikation des Ehebruches als "absoluter" Scheidungsgrund (Pichler in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 47 EheG mwN; Schwimann/Schwimann, ABGB2 I § 47 EheG Rz 2 mwN; EFSlg 57.080; EvBl 1998/188 ua; vgl zur neuen Rechtslage nach dem EheRÄG 1999:

Hopf/Stabentheiner in ÖJZ 1999, 821 [862] - nicht immer zum überwiegenden Verschulden führen (Pichler aaO Rz 2 zu § 60 EheG; Schwimann/Gruber, ABGB2 I § 60 EheG Rz 10; Hopf/Kathrein, Eherecht § 47 EheG Anm 3; EFSlg 51.652, 54.466, 57.222, 60.263; RIS-Justiz RS0056496, RS0056538, RS0057202).

Das Berufungsgericht hat in Billigung der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes die Verfehlungen beider Teile einander gegenübergestellt und gegeneinander abgewogen. Die zusammenfassende Beurteilung, dass das Verschulden keines der beiden Teile fast völlig in den Hintergrund trete, beruht auf keiner wesentlichen Verkennung der Rechtslage, sondern steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, wie das im konkreten Fall festgestellte Verhalten der Ehegatten zu werten ist, bedarf es nicht; eine solche Entscheidung hätte keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO liegt daher nicht vor.

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