European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0090OB00014.16Y.0421.000
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 373,68 EUR bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin enthalten 62,28 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin die Beklagte schuldig zu erkennen, die Verbreitung der in der Klage genau bezeichneten Begriffe und weiterer bedeutungsähnlicher Begriffe und Inhalte zu unterlassen. Die Klägerin bewertete diese Klage mit 5.000 EUR.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit Urteil ab.
Das Berufungsgericht gab der von der Klägerin dagegen erhobenen Berufung nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR nicht übersteige und die Revision jedenfalls unzulässig sei. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands beruhe auf § 500 Abs 2 Z 1 lit a ZPO. Es habe kein Anlass bestanden, von der von der Klägerin selbst vorgenommenen Bewertung der Klage abzugehen.
Dagegen richtete die Klägerin gemäß § 508 Abs 1 ZPO den Antrag an das Berufungsgericht, den Ausspruch, „der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig“, dahin abzuändern, dass der „ordentliche Revisionsrekurs“ an den Obersten Gerichtshof für zulässig erklärt werde und verband diesen Antrag mit einer „außerordentlichen Revision“ gegen das Urteil des Berufungsgerichts.
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies das Berufungsgericht den Antrag, die ordentliche Revision nachträglich für zulässig zu erklären, sowie die „außerordentliche“ Revision zurück. Das Berufungsgericht habe nicht ausgesprochen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, sondern dass die Revision gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig sei, weil der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden habe, an Geld oder Geldeswert 5.000 EUR nicht übersteige. Dagegen sei ein Antrag gemäß § 508 Abs 1 ZPO unzulässig, sodass dieser ebenso wie die gleichzeitig ausgeführte „außerordentliche“ Revision zurückzuweisen gewesen sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der von der Beklagten beantwortete Rekurs der Klägerin, mit dem sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses anstrebt.
Rechtliche Beurteilung
1. Der Rekurs ist zulässig. Der in § 508 Abs 4 ZPO normierte Rechtsmittelausschluss erfasst nicht die mit Beschluss ausgesprochene Verneinung der Voraussetzungen des Zwischenverfahrens nach § 508 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz RS0112034 ua). Das Rechtsmittel ist jedoch nicht berechtigt.
2. Bei einem nicht ausschließlich in Geld bestehenden Entscheidungsgegenstand ist der Wertausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO grundsätzlich unanfechtbar (§ 500 Abs 4 ZPO) und bindend. Dies gilt auch für den Obersten Gerichtshof, es sei denn, das Berufungsgericht hätte zwingende Bewertungsvorschriften verletzt, überhaupt keine Bewertung vorzunehmen gehabt, oder sonst seinen vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessensspielraum überschritten (vgl RIS‑Justiz RS0042385 [T11, T22] ua).
Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Das Berufungsgericht hat gegen die nach § 500 Abs 2 Z 1 iVm § 500 Abs 3 Satz 1 ZPO sinngemäß anzuwendenden Bestimmungen der Jurisdiktionsnorm nicht verstoßen. Es hat das Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten Unterlassung ausgehend von der von der Klägerin in der Klage selbst vorgenommenen Bewertung des Streitgegenstands (§ 59 JN) selbständig eingeschätzt und diese Einschätzung auch begründet. Seine im Ermessensbereich vorgenommene Bewertung entzieht sich einer Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof (RIS‑Justiz RS0042450 [T3] ua). Dass eine offenbare Unterbewertung vorliege, hat die Klägerin weder in ihrem Antrag gemäß § 508 Abs 1 ZPO noch in der „außerordentlichen“ Revision behauptet. Im vorliegenden Rekurs führt sie im Wesentlichen nur aus, dass der Streitwert im Hinblick auf „zahlreiche (im Einzelnen behauptete) Verfahrensverstöße“, der „außergewöhnlichen Umstände und zu lösender Rechtsfragen von allgemeiner Bedeutung“ nach ihrer Ansicht „nunmehr“ zumindest 35.000 EUR betrage und rügt, dass das Erstgericht seiner Manuduktionspflicht wegen des Streitwerts bewusst nicht nachgekommen sei. Mit diesen Ausführungen wird keine offenkundige Fehlbewertung des Entscheidungsgegenstands aufgezeigt (vgl RIS‑Justiz RS0042515 ua). Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für einen unter Hinweis auf Art 6 EMRK implizit behaupteten „willkürlichen Rechtsmittelausschluss“ (vgl RIS‑Justiz RS0042410 [T18] ua).
3. Gemäß § 507 Abs 1 ZPO hat das Erstgericht Revisionen zurückzuweisen, die verspätet oder aus einem anderen als dem nach § 502 Abs 1 ZPO genannten Grund unzulässig sind. Diese Regelung erfasst nach ihrem eindeutigen Gesetzeswortlaut auch Fälle, in denen die Revision nach § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig ist, weil der Entscheidungsgegenstand 5.000 EUR nicht übersteigt (1 Ob 18/15a mwH ua; RIS-Justiz RS0123691). Das Berufungsgericht ist ebenfalls zur Zurückweisung befugt (4 Ob 109/09x; RIS‑Justiz RS0123691 [T3]; RS0041734 [T1; T5]). Die in diesem Zusammenhang von der Rekurswerberin geltend gemachte Nichtigkeit liegt daher nicht vor.
4. Zum Antrag der Klägerin, dem Verfassungsgerichtshof „den gegenständlichen Akt“ vorzulegen, „damit dieser darüber entscheidet, ob durch die Missachtung der Entscheidung vom 1. 12. 2010 (B 1214/09‑35) das Recht der Klägerin [auf] ein faires Verfahren (Art 6 MRK) verletzt worden ist“, ist festzuhalten, dass der Partei ein diesbezügliches Antragsrecht nicht zukommt, sondern das Gericht von Amts wegen darüber zu entscheiden hat, ob die Voraussetzungen für die Anrufung des Verfassungsgerichtshofs vorliegen; die Parteien können ein derartiges Ersuchen nur anregen (RIS‑Justiz RS0058452). Den Rekursausführungen ist allerdings nicht zu entnehmen, welche konkrete Bestimmung als verfassungswidrig angesehen und bekämpft wird.
Dem Rekurs war daher nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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