VfGH B1214/09

VfGHB1214/091.12.2010

Verletzung im Recht auf Religionsfreiheit durch Abweisung des Antrags eines Kulturvereins von Aleviten auf Feststellung des Erwerbs der Rechtspersönlichkeit als religiöse Bekenntnisgemeinschaft;

verfassungswidrige Annahme des Ausschlusses des Bestandes einer weiteren islamischen Religionsgemeinschaft durch das Islamgesetz;

keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Versagung der Anerkennung als gesetzliche Religionsgesellschaft

Normen

EMRK Art9
AnerkennungsG §1
BG über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften §2, §4, §11
IslamG ArtI, §1
StGG Art15
EMRK Art9
AnerkennungsG §1
BG über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften §2, §4, §11
IslamG ArtI, §1
StGG Art15

 

Spruch:

I. Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid, soweit damit der Antrag auf Anerkennung als gesetzliche Religionsgesellschaft abgewiesen wird, weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird insoweit abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

II. Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid, soweit damit der Antrag auf Feststellung des Erwerbs der Rechtspersönlichkeit als religiöse Bekenntnisgemeinschaft abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Religionsfreiheit nach Art9 EMRK verletzt worden.

Der Bescheid wird insoweit aufgehoben.

III. Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Das Beschwerdevorbringen wird vor dem Hintergrund folgender

Rechtslage erhoben:

1. Die §§1 und 2 des Gesetzes vom 20. Mai 1874, betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften, RGBl. 68/1874, (in der Folge AnerkennungsG) lauten:

"§. 1.

Den Anhängern eines bisher gesetzlich nicht anerkannten Religionsbekenntnisses wird die Anerkennung als Religionsgesellschaft unter nachfolgenden Voraussetzungen ertheilt:

1. Daß ihre Religionslehre, ihr Gottesdienst, ihre Verfassung, sowie die gewählte Benennung nichts Gesetzwidriges oder sittlich Anstößiges enthält;

2. daß die Errichtung und der Bestand wenigstens Einer nach den Anforderungen dieses Gesetzes eingerichteten Cultusgemeinde gesichert ist.

§. 2.

Ist den Voraussetzungen des §. 1 genügt, so wird die Anerkennung von dem Cultusminister ausgesprochen.

Durch diese Anerkennung wird die Religionsgesellschaft aller jener Rechte theilhaftig, welche nach den Staatsgesetzen den gesetzlich anerkannten Kirchen- und Religionsgesellschaften zukommen."

2. Das Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften, BGBl. I 19/1998, (in der Folge BekGG) lautet in seinen maßgeblichen Teilen:

"Begriff der religiösen Bekenntnisgemeinschaft

§1. Religiöse Bekenntnisgemeinschaften im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Vereinigungen von Anhängern einer Religion, die gesetzlich nicht anerkannt sind.

Erwerb der Rechtspersönlichkeit für eine religiöseBekenntnisgemeinschaft

§2. (1) Religiöse Bekenntnisgemeinschaften erwerben die Rechtspersönlichkeit nach diesem Bundesgesetz durch Antrag beim Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten nach dem Einlangen dieses Antrages, wenn nicht innerhalb dieser Frist ein Bescheid über die Versagung der Rechtspersönlichkeit (§5) zugestellt worden ist.

(2) ...

(3) Über den Erwerb der Rechtspersönlichkeit ist ein Feststellungsbescheid zu erlassen, der den Namen der religiösen Bekenntnisgemeinschaft sowie die nach außen vertretungsbefugten Organe in allgemeiner Bezeichnung zu enthalten hat.

(4) - (6) ...

Antrag der religiösen Bekenntnisgemeinschaft auf Erwerb derRechtspersönlichkeit

§3. (1) - (2) ...

(3) Zusammen mit dem Antrag ist der Nachweis zu erbringen, daß der religiösen Bekenntnisgemeinschaft mindestens 300 Personen mit Wohnsitz in Österreich angehören, welche weder einer religiösen Bekenntnisgemeinschaft mit Rechtspersönlichkeit nach diesem Bundesgesetz noch einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft angehören.

(4) Im Bundesgebiet bestehende Vereine, deren Zweck in der Verbreitung der Religionslehre der religiösen Bekenntnisgemeinschaft besteht, haben im Verfahren Parteistellung; sie sind mit dem Antrag namhaft zu machen.

Statuten

§4. (1) Die Statuten haben zu enthalten:

1. Name der religiösen Bekenntnisgemeinschaft, welcher so beschaffen sein muß, daß er mit der Lehre der religiösen Bekenntnisgemeinschaft in Zusammenhang gebracht werden kann und Verwechslungen mit bestehenden religiösen Bekenntnisgemeinschaften mit Rechtspersönlichkeit und gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften oder deren Einrichtungen ausschließt,

2. Darstellung der Religionslehre, welche sich von der Lehre bestehender religiöser Bekenntnisgemeinschaften nach diesem Bundesgesetz sowie von der Lehre gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften unterscheiden muß,

3. Darstellung der sich aus der Religionslehre ergebenden Zwecke und Ziele der religiösen Bekenntnisgemeinschaft sowie Rechte und Pflichten der Angehörigen der religiösen Bekenntnisgemeinschaft,

4. - 8. ...

(2) ...

Versagung des Erwerbs der Rechtspersönlichkeit

§5. (1) Der Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten hat den Erwerb der Rechtspersönlichkeit zu versagen, wenn

1. dies im Hinblick auf die Lehre oder deren Anwendung zum Schutz der in einer demokratischen Gesellschaft gegebenen Interessen der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist; dies ist insbesondere bei Aufforderung zu einem mit Strafe bedrohtem gesetzwidrigen Verhalten, bei einer Behinderung der psychischen Entwicklung von Heranwachsenden, bei Verletzung der psychischen Integrität und bei Anwendung psychotherapeutischer Methoden, insbesondere zum Zwecke der Glaubensvermittlung, gegeben,

2. die Statuten dem §4 nicht entsprechen.

(2) ...

...

Zusätzliche Voraussetzungen für eine Anerkennung nach demAnerkennungsgesetz

§11. (1) Zusätzliche Voraussetzungen zu den im Gesetz betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften, RGBl. Nr. 68/1874, umschriebenen Voraussetzungen sind:

1. Bestand als Religionsgemeinschaft durch mindestens 20 Jahre, davon mindestens 10 Jahre als religiöse Bekenntnisgemeinschaft mit Rechtspersönlichkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes,

2. Anzahl der Angehörigen in der Höhe von mindestens 2 vT der Bevölkerung Österreichs nach der letzten Volkszählung,

3. - 4. ...

5. keine gesetzwidrige Störung des Verhältnisses zu den bestehenden gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften sowie sonstigen Religionsgemeinschaften.

(2) ..."

3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes vom 15. Juli 1912, betreffend die Anerkennung der Anhänger des Islam als Religionsgesellschaft, RGBl. 159/1912 idF BGBl. 164/1988, (in der Folge IslamG) lauten:

"Artikel I.

Den Anhängern des Islams wird in den im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern die Anerkennung als Religionsgesellschaft im Sinne des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867, R. G. Bl. Nr. 142, insbesondere des Artikels XV desselben, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen gewährt.

§1.

Die äußeren Rechtsverhältnisse der Anhänger des Islams sind auf Grundlage der Selbstverwaltung und Selbstbestimmung, jedoch unter Wahrung der Staatsaufsicht, im Verordnungsweg zu regeln, sobald die Errichtung und der Bestand wenigstens einer Kultusgemeinde gesichert ist.

..."

4. Die Verordnung des Bundesministers für Unterricht, Kunst und Sport vom 2. August 1988 betreffend die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich, BGBl. 466/1988, (in der Folge IslamVO) lautet:

"Auf Grund des §1 Abs1 des Gesetzes betreffend die Anerkennung der Anhänger des Islams als Religionsgesellschaft, RGBl. Nr. 159/1912, in der Fassung der Kundmachung BGBl. Nr. 164/1988 wird hinsichtlich der äußeren Rechtsverhältnisse der durch dieses Gesetz anerkannten Religionsgesellschaft verordnet:

§1. Die Anhänger des Islams führen als anerkannte Religionsgesellschaft die Bezeichnung 'Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich'.

§2. (1) Die Verfassung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich hat hinsichtlich der äußeren Rechtsverhältnisse insbesondere zu enthalten:

  1. 1. Die Erfordernisse der Zugehörigkeit und die Art des Beitrittes;

2. die Festlegung von Religionsgemeinden und Bezirken;

  1. 3. die Organe der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich und der Religionsgemeinden, sowie deren Aufgaben, Bestellung und Funktionsdauer;

  1. 4. die Rechte und Pflichten der Gemeindeangehörigen im Hinblick auf die Gemeindeverwaltung;

  1. 5. die Art der Besorgung, Leitung und unmittelbaren Beaufsichtigung des Religionsunterrichtes;

6. die Art der Aufbringung der finanziellen Mittel;

7. das Verfahren bei Abänderung der Verfassung.

(2) Die Verfassung und deren Änderungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit für den staatlichen Bereich der staatlichen Genehmigung.

§3. Diese Verordnung tritt mit 30. August 1988 in Kraft."

II. 1. Mit Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst

und Kultur vom 25. August 2009 wurden die Anträge der beschwerdeführenden Partei vom 19. März 2009 "auf Anerkennung als Islamische-Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich", "in eventu auf Anerkennung als Islamische-Alevitische Bekenntnisgemeinschaft" abgewiesen.

1.1. Zuvor hatte die belangte Behörde die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (im Folgenden: IGGiÖ) als mitbeteiligte Partei eingeladen, zu den Anträgen Stellung zu nehmen. In ihrer Stellungnahme vom 21. August 2009 lehnt die IGGiÖ eine Anerkennung der beschwerdeführenden Partei als Religionsgesellschaft bzw. den Erwerb der Rechtspersönlichkeit als Bekenntnisgemeinschaft durch die beschwerdeführende Partei mit der Begründung ab, dass sie "in diesem Antrag eine unzulässige grobe Einmischung in die inneren Angelegenheiten der IGGiÖ" sehe. Das Alevitentum sei eine synkretistische Glaubensrichtung, die mit den religiösen Praktiken der weltweiten muslimischen Gemeinschaft der Sunniten und Schiiten in keiner Weise etwas zu tun habe, sondern vielmehr eine Glaubenslehre vertrete, die "der islamischen Glaubenstheologie diametral entgegensteh[e]". Die IGGiÖ führt weiters aus, dass das Alevitentum "als bereits außerhalb der islamischen Weltgemeinschaft (Ummah) stehend zu betrachten" sei, und regt an, "jede Bezeichnung [als] islamisch bzw. jeden Bezug auf den Islam aus diesem vorliegenden Antrag bzw. zukünftigen Anträgen zu streichen".

1.2. Die Abweisung des Antrags auf Anerkennung als gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft gemäß §2 AnerkennungsG begründet die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass weder im IslamG noch in der IslamVO die Möglichkeit der Gründung einer weiteren islamischen Glaubensgemeinschaft vorgesehen sei. Auf Grund des Erkenntnisses VfSlg. 11.574/1987, mit welchem die Wortfolge "nach hanefitischem Ritus" aufgehoben wurde, seien nunmehr alle Anhänger des Islam dem "Wirkungsbereich des IslamG" zugeordnet. Die belangte Behörde sieht in einer Anerkennung daher einen Eingriff in die inneren Angelegenheiten der IGGiÖ.

Darüber hinaus wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass die für eine Anerkennung bestehenden Voraussetzungen des §11 Abs1 Z1 BekGG nicht gegeben seien, da einerseits keine Islamische-Alevitische Bekenntnisgemeinschaft bestehe und daher auch der Bestand von zehn Jahren als solche nicht gegeben sei sowie andererseits auch der Bestand der Religionsgemeinschaft durch zwanzig Jahre nicht erfüllt werde.

1.3. Die Abweisung des (Eventual-)Antrags auf Erwerb der Rechtspersönlichkeit als religiöse Bekenntnisgemeinschaft nach §2 BekGG stützt die belangte Behörde insbesondere auf das Fehlen einer dem §4 Abs1 Z2 BekGG entsprechenden Religionslehre. Die Lehre der antragstellenden Gemeinschaft enthalte sowohl Elemente, wie sie im sunnitischen und schiitischen Islam vorhanden seien, als auch Inhalte, die in keiner anderen Religion vorkämen; daher sei letztendlich die Selbstzuordnung der Antragsteller zum Islam ausschlaggebend. Da für die Anhänger des Islam jedoch bereits eine gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft, die IGGiÖ, bestehe und spätestens nach Erfüllung der Voraussetzungen des §11 BekGG eine Anerkennung zu erfolgen hätte, würde es schließlich zwei sich als islamisch verstehende Religionsgesellschaften geben; dies schließe das IslamG jedoch aus.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Religionsfreiheit sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen behauptet wird.

2.1. Die Glaubensrichtung der Anhänger des alevitischen Islam habe in Österreich keine offizielle Religionsgesellschaft, die deren religiöse Interessen vertrete. Die IGGiÖ vertrete nur den hanefitischen Ritus und leugne, dass die Aleviten überhaupt Anhänger des Islam seien.

Zu den zwischen der alevitischen Glaubenslehre und der durch die Mitglieder der IGGiÖ vertretenen Glaubenslehre bestehenden Unterschieden führt die beschwerdeführende Partei insbesondere Folgendes aus:

"Zwischen den Anhängern des alevitischen Islam und den Anhängern des Islams die durch die IGGiÖ vertreten werden, besteht nicht nur ein gradueller Unterschied in der Frömmigkeit und im Glaubenseifer, sondern auch im Glaubensgut. Der Antragsteller zählte zahlreiche Unterschiede auf, die zwischen den von der IGGiÖ vertretenen Anhängern des Islams und den Anhängern des alevitischen Islam bestehen (keine 5 Säulen des Islam, keine Moscheen, keine Scharia, der Koran ist für die Aleviten ein Glaubensbuch aber kein Gesetzbuch, Gleichheit der Frauen, Gleichwertigkeit aller Religionen, uam.). ...

Es gibt eine unüberbrückbare Kluft zwischen der IGGiÖ und den Anhängern des alevitischen Islam. Alle Religionswissenschaftler im In- und Ausland sind der wissenschaftlichen Ansicht, dass eine kultische Gemeinschaft mit den Sunniten und Schiiten völlig ausgeschlossen ist (...).

Aufgrund der geschichtlichen Entwicklung, des unterschiedlichen Glaubensvollzugs und der religiösen Eigenständigkeit (Originalität), welche durch wissenschaftliche Gutachten (z.B. von Prof.Dr.Ursula Spuler-Stegemann, Universität Marburg, Islamwissenschaftler Kurt Greussing, uam.) belegt sind, ist die Entfaltung der Islamisch-Alevitischen Glaubenslehre und Identität sowie der Wunsch nach Befriedigung der religiösen Bedürfnisse der in Österreich lebenden Anhänger des alevitischen Islam nur durch eine organisatorische Selbständigkeit möglich.

...

... Die Anhänger des alevitischen Islam unterstützen

aufgrund ihres Glaubens den Laizismus zum Unterschied zu Sunniten und Schiiten und sind für die Trennung von Staat und Religion (keine Scharia, Koran ist nur Glaubensbuch und nicht Gesetzbuch). (...).

...

... Die Anhänger des alevitischen Islam dürfen für ihre

Glaubensausübung nur Cem-Gebäude benutzen und ist es von der IGGiÖ und anderen muslimischen Organisatoren verboten[,] deren [erhaltene] Moscheen und Gebetsräume zu nutzen. Dies schon wegen deren Bauart[,] die Frauen und Männer in unauflöslichem Widerspruch zum islamisch-alevitischen Glauben trennt. Bei den Aleviten beten Männer und Frauen gemeinsam. Ein einzelner Anhänger des alevitischen Islam ist aber nicht in der Lage, ein Cem-Gebäude zu errichten und zu erhalten.

...

... In der Sitten- und Rechtslehre sowie Steuerung der

gesamtgesellschaftlichen Entwicklung in der Islamischen Glaubensgemeinschaft kommen Bestandteile vor, die der islamisch-alevitischen Glauben[s]lehre widersprechen, zum Beispiel, die Scharia, der Koran als Gesetzbuch (für die Aleviten nur Glaubensbuch), die Parallelgesellschaft, die 5 Säulen des Islam, Moscheen, Diskriminierung anderer Religionen, die Todesstrafe für den Abfall vom Islam, die Polygamie, Diskriminierung der Frauen, die Steinigung wegen Ehebruches, das Talionsrecht, die Verstümmelung wegen Diebstahls, die Unfähigkeit eines Ungläubigen, gegen einen Mohammedaner ein rechtsgültiges Zeugnis abzulegen, uam."

2.2. Dem Beschwerdevorbringen zufolge wurde durch die Bestimmungen der §§1 ff. IslamG und der IslamVO in verfassungswidriger Weise eine Zwangsgemeinde für verschiedene islamische Glaubensformen gegründet, der anzugehören Personen auch entgegen ihrer religiösen Überzeugung gezwungen seien. Die 60.000 Anhänger des alevitischen Islam und deren geistliche Anführer, deren religiöse Interessen die beschwerdeführende Partei vertrete, würden unmittelbar auf Grund des IslamG und der IslamVO der IGGiÖ angehören; mit dieser bestehe jedoch Streit über die Zugehörigkeitsfrage.

Nach den Bestimmungen der §§1 ff. IslamG und §§1 ff. IslamVO umfasse jede Kultusgemeinde ein örtlich begrenztes Gebiet und könne in demselben Gebiet nur eine islamische Kultusgemeinde bestehen. §1 IslamG bringe damit auch den staatskirchenrechtlichen Grundsatz zum Ausdruck, dass niemand Anhänger eines gesetzlich anerkannten religiösen Bekenntnisses sein könne, ohne zugleich Mitglied der entsprechenden gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft zu sein. Anhänger des Islam könne daher nur eine Person sein, die einer der vier Islamischen Religionsgemeinden und dadurch der IGGiÖ angehöre. Diese wolle jedoch den Auftrag des Gesetzgebers und des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 11.574/1987), alle Anhänger des Islam in Österreich zu vertreten, nicht erfüllen. So sei bereits zahlreichen Anhängern des Islam die Mitgliedschaft und Registrierung in der IGGiÖ willkürlich verweigert worden. Auf Grund des IslamG und der IslamVO sowie der Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes, VfSlg. 11.574/1987 und 11.624/1988, sei unbestreitbar, dass der Gesetzgeber immer davon ausgegangen sei, dass die IGGiÖ als einzige islamische Religionsgesellschaft in Österreich alle Anhänger des Islam in Österreich vertreten solle ("Einheitsgemeinde"); ein solcher Alleinvertretungsanspruch werde von der IGGiÖ jedoch gar nicht wahrgenommen.

Der historische Gesetzgeber hingegen hätte sehr wohl daran gedacht, dass zu einem späteren Zeitpunkt ein praktisches Bedürfnis nach Anerkennung anderer islamischer Glaubensrichtungen bestehe. Dies liege auch dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 11.574/1987 zugrunde, mit dem "alle Personen, die sich selbst als Anhänger des Islams verstehen, in einer Einheitsgemeinde" vereinigt werden sollten. Nach diesem Erkenntnis seien nunmehr alle Anhänger des Islam dem Wirkungsbereich des IslamG zugeordnet. Da somit eine Anerkennung durch das IslamG bestehe, sei eine neuerliche Anerkennung nach dem AnerkennungsG nicht zulässig, da dadurch bereits Anerkannte in ein neuerliches Verfahren miteinbezogen werden.

2.3. Nach Auffassung der beschwerdeführenden Partei bewirke der angefochtene Bescheid eine Verletzung des Gleichheitssatzes sowie der freien Religionsausübung; die "Verfasstheit der islamischen Glaubensgemeinschaft" falle somit nicht unter den Schutz des Art15 StGG. Eine Anerkennung einer Islamischen-Alevitischen Glaubensgemeinschaft sei daher kein Eingriff in die inneren Angelegenheiten der IGGiÖ.

Es sei nicht gerechtfertigt, dass den Anhängern des alevitischen Islam nicht dieselben Rechte gebühren wie der IGGiÖ; diese Ungleichbehandlung sei unsachlich und verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz.

2.4. Die ungleiche Behandlung der Anhänger des alevitischen Islam ergebe sich auch daraus, dass Christen unter den verschiedenen Bekenntnisformen wählen bzw. sich auch von diesen lossagen und Christ bleiben könnten, während der muslimische Alevit keine solche Möglichkeit habe. Auch wenn ein Anhänger des alevitischen Islam seinen Austritt aus der bestehenden gesetzlichen Kultusgemeinde erklärte, um sich etwa einer neuen islamisch-alevitischen Kultusgemeinde anzuschließen, so bliebe er als Anhänger des Islam und Angehöriger der Einheitsgemeinde der IGGiÖ mit allen Pflichten weiterhin verhaftet. Den Anhängern des alevitischen Islam würden somit jene Möglichkeiten, die den Christen offen stünden, versagt bleiben.

2.5. Die beschwerdeführende Partei hegt auch Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des §11 Abs1 Z1 BekGG: Während andere Anerkennungswerber auf die darin angeordnete (Warte-)Frist von zehn Jahren verwiesen worden seien, habe der Gesetzgeber im Jahre 2003 durch das Orientalisch-Orthodoxe Kirchengesetz die Anerkennung der Koptisch-Orthodoxen Kirche ermöglicht, wodurch in diesem Fall die Einhaltung der Anerkennungsvoraussetzungen nicht notwendig gewesen sei. Des Weiteren werden auch Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des §11 Abs1 Z2 BekGG vorgebracht, auf den sich die belangte Behörde bei Bescheiderlassung allerdings nicht gestützt hat.

3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete am 18. Jänner 2010 eine Gegenschrift, in der sie die Begründetheit, nicht aber die Zulässigkeit der Beschwerde bestreitet.

3.1. Die belangte Behörde weist in ihrer Gegenschrift unter anderem darauf hin, dass der Bescheid entgegen den Beschwerdeausführungen nicht feststellt, dass "alle Anhänger des alevitischen Islam dem Islam zugehörig" seien. Vielmehr sei festzustellen gewesen, dass es sich auf Grund der Selbstzuordnung der Antragsteller um Anhänger des Islam handelte, diese von der IGGiÖ aber nicht als solche anerkannt wurden. Die Zuordnung der Anhänger des Alevitentums zum Islam sei durch die belangte Behörde nicht in Zweifel gezogen worden, wobei auf Grund der rechtlichen Beurteilung die Selbstzuordnung ausschlaggebend gewesen sei. Die Zuordnung zum Islam sei im Rahmen des Sachverhalts festgestellt worden.

Im Übrigen vertrete die IGGiÖ nicht nur den hanefitischen Ritus, auch wenn die überwiegende Zahl der Muslime in Österreich diesem anhänge, sondern alle Riten bzw. Richtungen, Strömungen und Schulen, wie sich insbesondere aus dem Erkenntnis VfSlg. 11.574/1987 ergebe.

3.2. Zur Einräumung der Parteistellung an die IGGiÖ in dem der Beschwerde vorangegangenen Verfahren sowie zur Zugehörigkeit zur IGGiÖ führt die belangte Behörde Folgendes aus:

"Dazu darf festgehalten werden, dass vom Antragsteller und Unterstützern zwar behauptet wurde, dass sie Muslime wären und keiner anderen gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft angehörten, gleichzeitig aber wurde in der Lehre die Zugehörigkeit zum Islam dargelegt. Als Anhänger des Islam wären sie durch die Organe der IGGiÖ zu vertreten. Allein aus diesem Grund ist deren rechtlicher Bereich betroffen. Weiters ergibt sich der Bezug aus der Regelung des §1 IslamVO 1988 in Verbindung mit §4 Abs1 Z. 1 BekGG.

Wie die Stellungnahme der Islamischen Glaubensgemeinschaft ergab, sind die Antragsteller aus Sicht der IGGiÖ keine Muslime, daher aus deren Sicht keine von ihr zu vertretenden Anhänger des Islam. Damit war durch die Stellungnahme der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich hinreichend nachgewiesen, dass es sich bei den Unterstützern im Sinne des §3 Abs3 BekGG um Personen handelt, die keiner anderen Bekenntnisgemeinschaft oder gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft angehören. Ansonsten wäre der gegenständliche Antrag abzuweisen gewesen, weil er nicht ausreichend unterstützt war.

Es handelt sich für das weitere Verfahren daher um Anhänger des Islam im Sinne des IslamG 1912 aber nicht um Mitglieder [der] aufgrund der IslamVO 1988 bestehenden IGGiÖ."

3.3. Zur behaupteten Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz äußert sich die belangte Behörde wie folgt:

"Diese stützt sich im Kern darauf, dass im Bereich der Anhänger des Islam nicht mehrere Konfessionen bestehen können, wie

dies im Bereich der christlichen Kirchen möglich ist. ... Der, in der

Beschwerde nicht ausgeführte, Gedanke, ist, dass das IslamG 1912 sich in der Anerkennungssystematik, ..., an das AnerkennungsG 1874 bzw. IsraelitenG 1890 anlehnt, somit die Kultusgemeinde als Grundelement vorgesehen war und daher die Systematik des AnerkennungsG 1874 und des IsraelitenG 1890, insbesondere bei der Auslegung der Ausgestaltung der Kultusgemeinde, Anwendung zu finden hätte. Dies ist im IslamG 1912, im Gegensatz zum IsraelitenG 1890, aber gerade nicht vorgesehen. ...

Es liegt also eine gezielte Abweichung von der Regelung im AnerkennungsG 1874 oder IsraelitenG 1890 und somit eine lex specialis gegenüber diesen Normen, vor.

...

Die IslamVO 1988 sieht keine Zulassung von mehre[re]n Glaubensgemeinschaften vor, wie sich aus dem Wortlaut des §1 IslamVO 1988, der eine ganz bestimmte Bezeichnung für die Glaubensgemeinschaft vorsieht, ergibt. Die vom Antragsteller behauptete Ungleichbehandlung hätte daher allenfalls hier ihren Sitz. Dies ist sachlich nicht begründet, da die Verordnung die innere Organisation nur insoweit vorgibt, als sie für die Außenvertretung erforderlich ist. Die Berücksichtigung einzelner Riten, Richtungen, Strömungen, 'Konfessionen' des Islam ist keine Frage der Außenvertretung. ...

Seitens der Behörde wird nicht verkannt, dass aus der Selbstzuordnung zum Islam einerseits und der Ablehnung der Aufnahme in die und Vertretung durch die Islamische Glaubensgemeinschaft andererseits eine für den Antragsteller widersprüchlich erscheinende Sachlage entsteht. Dies vermag aber nichts daran zu ändern, dass es dem Staat und seinen Organen nicht zukommt das Glaubensbekenntnis von Menschen gegen ihren Willen abzuändern oder anerkannten Kirchen oder Religionsgesellschaften Personen oder Personengruppen als Mitglieder gegen den Willen der Kirche oder Religionsgesellschaft einzugliedern.

..."

3.4. Schließlich führt die belangte Behörde zur behaupteten Verletzung des Art9 EMRK Folgendes aus:

"[Es] besteht zur Rechtslage im IsraelitenG 1890 und zum Verfahren VfGH Slg. 9185/1981 der erhebliche Unterschied, dass das IsraelitenG 1890 zwingend eine territoriale Einheitsgemeinde vorsah. Dies ist im IslamG nicht der Fall, weil zum Zeitpunkt der Schaffung des Gesetzes die Organisationsform absichtlich für eine spätere Regelung offen gelassen wurde. Die in der IslamVO vorgegebenen Rahmenbedingungen für die Verfassung der islamischen Glaubensgemeinschaft lassen die Aufnahme von an unterschiedlichen Riten orientierten Kultusgemeinden mit gleichem oder überschneidendem örtlichen Wirkungsbereich zu, wenngleich nicht verkannt wird, dass die Textierung des Berichtes des Herrenhauses vom 5. April 1910 zeigt, dass die Kultusgemeinde nach dem Vorbild der anderen Religionsgesetze fest im Denken des Gesetzgebers verankert war. Dies vermag nichts an der, bei einer von der Behörde anzuwendenden verfassungskonformen Auslegung der Gesetze, sich ergebenden Rechtslage, dass im Gesetz keine Einheitsgemeinde vorgesehen und eine solche aufgrund des Erkenntnisses VfGH Slg. 9185 auch verfassungswidrig wäre, zu ändern. ..."

4. Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich erstattete am 26. Jänner 2010 eine Äußerung zum angefochtenen Bescheid, in der sie im Wesentlichen erläutert, aus welchen Gründen das Alevitentum nicht als islamische Glaubensrichtung angesehen werden könne. Dabei führt die IGGiÖ insbesondere Folgendes aus:

"Hier haben die Antragsteller ausdrücklich von ihrer Gottheit als eine Trinität gesprochen und haben somit jede Glaubensgemeinschaft mit den Muslimen kategorisch ausgeschlossen.

... Eine etwaige Analogie zum Christentum, wo man von

Christen sprechen darf, obwohl sie verschiedene[n] Kirchen angehören, ist aus dem Grund nicht möglich, da [zumindest] alle christlichen Kirchen in der Hauptglaubenslehre über die Gottheit einig sind, nämlich sie alle verehren und anbeten den dreieinigen Gott (Vater, Sohn und Heiliger Geist) während alle muslimischen Richtungen und Rechtsschulen verehren den einen, einzigen und einzigartigen Gott Allah, die Aleviten aber, wie wir von den zitierten Stellen aus ihrem Antrag ersehen können, verehren und anbeten eine andere Gottheit (nämlich Allah bzw. Hak, Muhammed und Ali).

... Nicht nur in der Glaubenslehre besteht keine

Gemeinschaft zwischen Muslimen und Aleviten, sondern in der Religionspraxis auch. Die islamische Religionspraxis aller muslimischen Rechtsschulen kann zusammengefasst werden durch die bekannten 5 Säulen des Islams (das Glaubensbekenntnis, das tägliche rituelle Gebet, die Entrichtung der Zakat, das Fasten im Monat Ramadan und die Pilgerfahrt nach Mekka). Die Aleviten wiederum praktizieren keine dieser, von allen Muslimen praktizierten Gottesdienste.

Vielmehr beinhaltet der Gottesdienst der Aleviten 'Cem' das Trinken von Rotwein bzw. Raki, welche bei allen muslimischen Richtungen und Rechtsschulen zu den verbotenen Dingen zählen.

...

... Die IGGiÖ sieht die Entscheidung der Ministerin für

Unterricht, Kunst und Kultur den Antrag der Beschwerdeführer negativ zu bescheiden für richtig, allerdings, sehen wir die Begründung, dass die Aleviten nämlich Muslime sind, für verfehlt und Grund falsch."

5. Die beschwerdeführende Partei erstattete am 10. März 2010 eine Äußerung zur Gegenschrift der belangten Behörde, in der sie dieser vorwirft, entscheidende Rechtsfragen nicht geprüft und die Abweisung daher unzureichend begründet zu haben. Zur Frage der Parteistellung der IGGiÖ im Verfahren vor der belangten Behörde führt die beschwerdeführende Partei aus, dass die Frage, ob auch innerhalb der Religion des Islam mehrere Glaubensrichtungen als eigenständige Religionsgesellschaften zugelassen werden könnten, eine reine Rechtsfrage sei und es der Einräumung der Parteistellung an die IGGiÖ daher nicht bedurft hätte. Außerdem verfüge die IGGiÖ über keine vertretungsbefugten Organe, weshalb die Einholung einer Stellungnahme unzulässig gewesen sei.

Des Weiteren tritt die beschwerdeführende Partei der Schlussfolgerung der belangten Behörde, dass es sich bei jener zwar um Anhänger des Islam, aber nicht um Mitglieder der IGGiÖ handle, mit folgenden Ausführungen entgegen (Hervorhebungen im Original):

"... Anhänger des Islam (in Österreich) sind ex lege

Mitglieder der Islamischen Glaubensgemeinschaft, da die Verordnung 466/1988 in ihrem §1 keine Unterscheidung zwischen Anhängern des Islam und Mitgliedern der IGGiÖ zulässt. Die belangte Behörde vermochte nicht zu begründen, auf welcher Grundlage sie zu dieser dem Islamgesetz 1912 idgF eindeutig widersprechenden Ansicht gelangte.

... Im folgenden legt das Kultusamt das Islamgesetz

unrichtig aus. Das Kultusamt vertritt - in Verschiebung der Zeitachse - weiterhin die irrige Meinung, das Islamgesetz 1912 sei eine lex specialis, welche die Erfordernisse des Anerkennungsgesetzes 1874 (als lex generalis) außer Kraft setze. Aus diesem Grunde seien die zu errichtenden (islamischen) Religionsgemeinden nicht auf die Bestimmungen des Anerkennungsgesetzes 1874 zu stützen, sondern auf jene der zu erlassenden (bzw. per BGBl. 466/1988 erlassenen) Verordnung über die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der Religionsgesellschaft.

...

... §1 Islamgesetz 1912 lautet unmissverständlich, ...

Daraus ergibt sich schlüssig und unter Ausschluss jeglichen Zweifels, dass besagte Verordnung erst nach dem gesicherten Bestand mindestens einer (islamischen) Religionsgemeinde zu erlassen war, dh nach behördlicher Anerkennung einer solchen.

Da eine die Organisation des IGGiÖ regelnde Verfassung erst

nach einer solchen Verordnung zustande kommen konnte ... konnte eine

Religionsgemeinde, welche erst die Voraussetzung für die Erlassung dieser Verordnung schuf, schlüssig nur nach der vor Erlass der betr Verordnung geltenden Rechtslage zustande kommen; somit nur unter den Voraussetzungen des Anerkennungsgesetzes 1874.

...

Durch die Kundmachung BGBl. 164/1988, basierend auf der Entscheidung des VfGH vom 10. Dezember 1987, G146,147/87, wurde die Einschränkung der Religionsgesellschaft der Anhänger des Islam auf eine einzige Glaubensrichtung aufgehoben. Ab Inkrafttreten der Kundmachung vom 11. März 1988 waren fortan sämtliche Anhänger des Islam, gleich welcher Glaubensrichtung, gezwungen, Mitglieder einer einzigen Glaubensgemeinschaft zu sein; ohne Rücksicht auf ihre unterschiedlichen religiösen Lehren und Richtungen. Wenngleich diese Regelung in Anbetracht der damals geringen Zahl in Österreich lebender Muslime verständlich gewesen sein mag, stand und steht sie jedoch in direktem Widerspruch etwa zu den Möglichkeiten eines Anhängers der christlichen Religion, ...

Die Gleichbehandlungswidrigkeit gründet sich daher, entgegen der Ansicht des Kultusamtes, nicht auf die Verordnung 466/1988 , sondern unmittelbar auf das Islamgesetz 1912, in der Fassung des BGBl. 164/1988."

6. Sowohl von der beschwerdeführenden Partei als auch von der IGGiÖ wurden noch weitere Äußerungen - insbesondere zu den Fragen der Unterschiedlichkeit der Glaubensrichtungen und des Entstehens der IGGiÖ und zu anderen diese betreffenden Gesichtspunkten - erstattet.

III. Soweit sich die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrags der beschwerdeführenden Partei auf Anerkennung als gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft iSd AnerkennungsG richtet, ist sie nicht begründet:

Die Beschwerde geht diesbezüglich schon allein deshalb ins Leere, weil die - vor dem Hintergrund der durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. September 2010, G58/10, G59/10, bereinigten Rechtslage verfassungsrechtlich unbedenklichen - Bestimmung des §11 Abs1 Z1 BekGG, auf die sich der angefochtene Bescheid unter anderem stützt, für die Anerkennung als gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft jedenfalls den Bestand als religiöse Bekenntnisgemeinschaft voraussetzt. Diese Voraussetzung, deren Vorliegen von der beschwerdeführenden Partei im Übrigen auch gar nicht behauptet wird, ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat, soweit durch den angefochtenen Bescheid der Antrag auf Anerkennung als gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft abgewiesen wird, sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer insoweit in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde ist daher, soweit sie gegen die Abweisung des Antrags auf Anerkennung als gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft gerichtet ist, abzuweisen und gemäß Art144 Abs3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abzutreten, ob die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

IV. Soweit sich die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrags auf Feststellung des Erwerbs der Rechtspersönlichkeit als religiöse Bekenntnisgemeinschaft richtet, ist sie begründet:

1. Nach Art9 Abs1 EMRK hat jedermann das Recht auf Religionsfreiheit. Dieses Recht umfasst die Freiheit des einzelnen, seine Religion einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen öffentlich oder privat, durch Gottesdienst, Unterricht, Andachten und Beachtung religiöser Gebräuche auszuüben. Der Schutzbereich dieses Rechts schließt auch die Religionsausübung durch eine kirchliche oder religiöse Körperschaft ein (VfSlg. 17.021/2003).

Der Verfassungsgerichtshof ging in seiner bisherigen Rechtsprechung, beginnend mit VfSlg. 9185/1981, davon aus, dass gegen die Differenzierung zwischen anerkannten und nicht anerkannten Religionsgemeinschaften grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, diese vielmehr durch Art15 StGG verfassungsgesetzlich vorgegeben ist (u.a. VfSlg. 17.021/2003). Rechtsvorschriften, die an diese Unterscheidung verschiedene Rechtsfolgen knüpfen, sind allerdings nur dann verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die unterschiedliche Behandlung sachlich begründbar ist, wenn ferner die Anerkennung nach sachlichen Gesichtspunkten erfolgt und - bei Vorliegen der im Gesetz umschriebenen Voraussetzungen - auch durchsetzbar ist (vgl. insbesondere VfSlg. 11.931/1988; VfGH 2.7.2009, B1397/08).

Auch nach der Rechtsprechung des EGMR ist einem Mitgliedstaat die unterschiedliche Behandlung verschiedener religiöser Gruppierungen zum Ausgleich tatsächlicher Unterschiede nach Art14 EMRK grundsätzlich nicht verboten. Art9 EMRK gebietet jedoch wegen der den Religionsgesellschaften zugestandenen wesentlichen Vorteile, dass der Staat bei der Ausübung von Befugnissen neutral bleibt und dass - in einem System der Zuerkennung der Rechtspersönlichkeit sowie eines bestimmten Status an religiöse Gruppierungen - alle Religionsgemeinschaften eine faire Möglichkeit haben müssen, diesen Status zu erlangen; die aufgestellten Kriterien sind in einer nicht diskriminierenden Weise anzuwenden. Besteht keine objektive und vernünftige Rechtfertigung für eine unterschiedliche Behandlung, ist diese diskriminierend (EGMR 31.7.2008, Fall Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas ua., Appl. 40.825/98, ÖJZ 2008, 865, Z92 und Z96).

2. Die belangte Behörde stützt die Abweisung des (Eventual-)Antrags auf Erwerb der Rechtspersönlichkeit als religiöse Bekenntnisgemeinschaft im Wesentlichen darauf, dass für die Beurteilung des Vorliegens einer dem §4 Abs1 Z2 BekGG entsprechenden Religionslehre die Selbstzuordnung der Antragsteller maßgeblich sei, dass aber für die Anhänger des Islam bereits eine gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft bestehe und das IslamG den - durch eine spätere Anerkennung letztendlich herbeigeführten - Bestand von zwei sich als islamisch verstehenden Religionsgesellschaften ausschließe.

Zwar hält die belangte Behörde fest, dass keine Hinweise auf Untersagungsgründe nach §5 Abs1 BekGG vorliegen und die von der beschwerdeführenden Partei vorgelegten Statuten den Bestimmungen des §4 Abs1 Z1 und Z3 bis 8 BekGG entsprechen. In der Annahme, dass die Bestimmungen des IslamG und der IslamVO den Bestand einer weiteren sich als islamisch verstehenden Religionsgemeinschaft neben der bereits gesetzlich anerkannten IGGiÖ nicht zulassen, unterlässt es die belangte Behörde jedoch zu prüfen, ob die Voraussetzung der Darstellung einer sich von der Lehre bestehender religiöser Bekenntnisgemeinschaften und der Lehre gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften unterscheidenden Religionslehre iSd §4 Abs1 Z2 BekGG erfüllt ist.

3. Die belangte Behörde geht im Ergebnis davon aus, dass die Bestimmungen des IslamG und der IslamVO den Bestand einer weiteren sich als islamisch verstehenden Religionsgemeinschaft neben der bereits gesetzlich anerkannten IGGiÖ nicht zulassen. Auch die beschwerdeführende Partei vertritt diese Auffassung, hegt jedoch gegen ArtI und §1 IslamG sowie gegen die IslamVO das Bedenken, dass diese Bestimmungen in verfassungswidriger Weise eine Zwangsgemeinde für verschiedene islamische Glaubensformen gegründet hätten. Der Gesetzgeber sei immer davon ausgegangen, dass die IGGiÖ als einzige islamische Religionsgesellschaft in Österreich alle Anhänger des Islam in Österreich vertreten solle.

3.1. Diese Annahme der belangten Behörde und der beschwerdeführenden Partei ist nicht zutreffend: Weder aus dem Wortlaut des ArtI IslamG, wonach den Anhängern des Islam die Anerkennung als Religionsgesellschaft gewährt wird, noch aus jenem des §1 IslamG, der die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der Anhänger des Islam an den Zeitpunkt der Errichtung wenigstens einer Kultusgemeinde knüpft, kann der Schluss gezogen werden, dass es nur eine einzige islamische Religionsgesellschaft bzw. Bekenntnisgemeinschaft geben darf. Ebenso wenig ergibt sich eine solche Beschränkung zwingend aus §1 IslamVO, wonach die Anhänger des Islam die Bezeichnung "Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich" führen.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann auch dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 11.574/1987 nicht entnommen werden, dass sämtliche Anhänger des Islam nur durch eine einzige Religionsgesellschaft vertreten werden dürften. In diesem Erkenntnis heißt es wörtlich:

"... Mit Adamovich jun. (Handbuch des österreichischen

Verfassungsrechts, 1971, S 549) meint der VfGH, daß das, 'was unter

den inneren Angelegenheiten zu verstehen ist, deren Ordnung und

Verwaltung den gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaften gemäß

Art15 StGG garantiert ist, ... nicht von der einfachen Gesetzgebung

selbständig geregelt werden (darf), sondern ... sich wesensmäßig aus

dem Aufgabenbereich der betreffenden Religionsgesellschaft (ergibt)'.

Der Bereich der 'inneren Angelegenheiten' im Sinne des Art15 StGG ist daher nur unter Bedachtnahme auf das 'Wesen der Religionsgesellschaft nach deren Selbstverständnis erfaßbar', wie von der staatskirchenrechtlichen Literatur (...) mit Recht festgestellt wird. Insbesondere zählt zu den 'inneren Angelegenheiten' auch die Frage der Mitgliedschaft zur anerkannten Religionsgesellschaft (...). Der Gesetzgeber ist kraft Art15 StGG verhalten, bei Anerkennung einer Religionsgesellschaft deren Mitgliederkreis so abzugrenzen, daß er nicht gegen das Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft verstößt. Ein Gesetzgeber, der von der Anerkennung einer religiösen Gemeinschaft (die eine notwendige Voraussetzung der Anerkennung bildet) als Religionsgesellschaft i.S. des Art15 StGG einen Teil der Gemeinschaft ohne Rücksicht darauf ausschließt, daß es sich nach dem Selbstverständnis der gesamten Religionsgemeinschaft um den Teil eines gemeinsamen Bekenntnisses handelt, agiert verfassungswidrig. Denn er verhindert damit die durch Art15 StGG verfassungsrechtlich gewollte und verbürgte selbständige Ordnung und Verwaltung der inneren Angelegenheiten der gesamten Religionsgemeinschaft."

Mit diesem Erkenntnis hob der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge "nach hanefitischem Ritus" in ArtI sowie in den §§5 und 6 IslamG auf, da diese durch die besondere historische Situation im Jahre 1912 bedingte Beschränkung der Anerkennung nicht mehr gerechtfertigt sei und in das Selbstverwaltungsrecht der gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft des Islam eingreife.

Keineswegs aber kann aus der Feststellung des Verfassungsgerichtshofes im Erkenntnis VfSlg. 11.574/1987, dass die (damals) bestehende Gesetzeslage es in verfassungswidriger Weise nicht erlaube, alle Anhänger der religiösen Gemeinschaft des Islam in einer anerkannten Religionsgemeinschaft zusammenzufassen, der umgekehrte Schluss gezogen werden, dass nun alle Anhänger des Islam zwingend in einer einzigen Religionsgemeinschaft zusammenzufassen wären.

Aus Art15 StGG kann nicht abgeleitet werden, dass nur eine einzige rechtlich verfasste (sei es in Form einer Bekenntnisgemeinschaft, sei es in Form einer gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft) islamische Religionsgemeinschaft bestehen darf.

3.2. Ein solches Ergebnis stünde auch im Konflikt mit Art9

EMRK:

Nach der Rechtsprechung des EGMR ist der Staat zur Neutralität und Unparteilichkeit verpflichtet. Eine Verletzung des Art9 EMRK ist dann anzunehmen, wenn die Anerkennung einer - keine neue Bewegung darstellenden - beschwerdeführenden Religionsgemeinschaft vom Willen einer bereits anerkannten kirchlichen Autorität abhängig gemacht wird (vgl. EGMR 13.12.2001, Fall Metropolitan Church of Bessarabia and others v. Moldova, Appl. 45.701/99, Z123).

Ferner verstieße es gegen die Garantien der Religionsfreiheit, wollte der Gesetzgeber einer Personengruppe, für deren religiöse Überzeugung es essentiell ist, sich zu einem bestimmten Glauben zu bekennen, die Möglichkeit verwehren, neben der auf einem bestimmten Gebiet einzig bestehenden gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft eine andere gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft dieses Glaubens zu gründen (so in Bezug auf den Gleichheitsgrundsatz VfSlg. 9185/1981). Demgemäß ist es dem Gesetzgeber eines zur Neutralität in religiösen bzw. religionsrechtlichen Fragen verpflichteten Staates verwehrt, entgegen dem Selbstverständnis von Betroffenen eine faktisch nicht vorhandene, von theologischen Kriterien nicht hinreichend gestützte Einheit im Wege der Verweigerung des Erwerbs der Rechtspersönlichkeit als religiöse Bekenntnisgemeinschaft zu verfügen (Potz, Aktuelle Fragen des österreichischen Religionsrechtes, Österreichisches Archiv für Recht und Religion 2009, 201 [210]; vgl. auch EGMR 22.1.2009, Fall Holy Synod of the Bulgarian Orthodox Church and others v. Bulgaria, Appl. 412/03 und 35.677/04, Z149, 157 und 159).

3.3. Die Bestimmungen des ArtI und des §1 IslamG iVm der IslamVO überschreiten die von der Rechtsprechung des EGMR markierte Grenze des konventionsrechtlich Zulässigen nicht und gebieten insbesondere nicht, dass es nur eine rechtlich verfasste islamische Religionsgemeinschaft geben darf. Die Regelungen sind vielmehr bei verfassungskonformem Verständnis dahingehend auszulegen, dass eine Vertretung aller Anhänger des Islam durch eine (islamische) "Einheitsgemeinde" nicht vorgegeben ist, und stehen somit dem - von den Voraussetzungen des BekGG und des AnerkennungsG abhängigen - Bestand einer weiteren islamischen Religionsgemeinschaft nicht entgegen (vgl. Potz, öarr 2009, 212 f.).

Bei Erfüllung der im AnerkennungsG bzw. im BekGG festgelegten Voraussetzungen kann - entsprechend der das Erkenntnis VfSlg. 11.574/1987 tragenden Grundposition - auch eine weitere sich als islamisch verstehende Religionsgemeinschaft gesetzlich anerkannt bzw. als religiöse Bekenntnisgemeinschaft eingetragen werden.

4. Vor dem Hintergrund der Ausführungen unter IV.3. zeigt sich, dass die von der belangten Behörde vorgenommene Auslegung zum Ergebnis eines unverhältnismäßigen Eingriffs in das Grundrecht der Religionsfreiheit führt: Während die Behörde das Nichtvorliegen von Untersagungsgründen nach §5 Abs1 BekGG und das Vorliegen der Voraussetzungen des §4 Abs1 Z1 und Z3 bis 8 BekGG bejaht hat, hat sie die Voraussetzung des Bestehens einer Religionslehre, die sich von der Lehre anderer Bekenntnisgemeinschaften bzw. gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften unterscheidet, im Wesentlichen mit der Begründung verneint, dass es bereits eine sich ebenfalls als islamisch verstehende - gesetzlich anerkannte - Religionsgesellschaft gebe und die Zuerkennung des Status einer Bekenntnisgemeinschaft eine Einmischung in die Angelegenheiten einer gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft bilden würde. Damit hat die Behörde §4 Abs1 Z2 BekGG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, der mit Art9 EMRK in der Bedeutung, die ihm die Rechtsprechung des EGMR und des Verfassungsgerichtshofes gegeben haben, nicht im Einklang steht. Bei der Beurteilung, ob die beschwerdeführende Partei dem Erfordernis der Darstellung einer sich von der Lehre religiöser Bekenntnisgemeinschaften sowie gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften unterscheidenden Religionslehre entsprochen hat, hätte sich die belangte Behörde mit dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, insbesondere mit den vorgelegten Unterlagen und Gutachten näher auseinandersetzen müssen. Die Formulierung des §4 Abs1 Z2 BekGG legt nahe, dass die belangte Behörde dabei auf die Beurteilung der Frage der ausreichenden Darstellung der Unterschiedlichkeit beschränkt, nicht aber dazu berufen ist, über die Legitimität der Religionslehre inhaltlich abzusprechen (vgl. EGMR 13.12.2001, Fall Metropolitan Church of Bessarabia and others v. Moldova, Appl. 45.701/99, Z117).

Die belangte Behörde hat dadurch, dass sie mit der dargestellten Begründung den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Erwerb der Rechtspersönlichkeit als religiöse Bekenntnisgemeinschaft abgewiesen hat, den Bestimmungen des IslamG und der IslamVO einen verfassungswidrigen, dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Religionsfreiheit widersprechenden Inhalt unterstellt und das IslamG, die IslamVO sowie die Bestimmung des §4 Abs1 Z2 BekGG somit in einer dem Art9 EMRK widersprechenden Weise angewendet.

5. Der Beschwerdeführer ist somit - soweit er sich gegen die Abweisung seines Antrags nach §2 BekGG richtet - durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Religionsfreiheit verletzt worden.

Der angefochtene Bescheid ist daher insoweit aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

6. Die beschwerdeführende Partei stützt ihre Beschwerde auch auf die Behauptung der Verfassungswidrigkeit des §11 Abs1 Z1 BekGG.

Mit Erkenntnis vom 25. September 2010, G58/10, G59/10, wurde in §11 Abs1 Z1 BekGG die Wortfolge "als Religionsgemeinschaft durch mindestens 20 Jahre, davon mindestens 10 Jahre" als verfassungswidrig aufgehoben. Auch nach der bereinigten, verfassungsrechtlich unbedenklichen Rechtslage besteht das - durch die beschwerdeführende Partei nicht erfüllte - Erfordernis des Bestandes als religiöse Bekenntnisgemeinschaft an sich. Das Beschwerdevorbringen zu §11 Abs1 Z1 BekGG geht daher ins Leere.

V. Angesichts des Gesamtergebnisses des Beschwerdeverfahrens,

wonach die Beschwerde teilweise abgewiesen und ihr teilweise stattgegeben wurde, werden die Kosten des Verfahrens in sinngemäßer Anwendung des §43 Abs1 ZPO gegeneinander aufgehoben (vgl. zB VfSlg. 15.721/2000, 16.132/2001, 17.380/2004; VfGH 2.3.2010, B1019/09).

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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