European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:008OBS00006.15P.0625.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Ein gegen den Insolvenzentgelt‑Fonds geltend gemachter Anspruch muss einer der in § 1 Abs 2 IESG gesicherten Anspruchskategorien zuzuordnen sein; jede Umgehung ist unzulässig (RIS‑Justiz RS0120409 [T1]; 8 ObS 7/13g). Nach § 1 Abs 4a IESG ist nur der Anspruch auf eine gesetzliche Abfertigung in dem in dieser Bestimmung genannten Ausmaß gesichert. Eine Sicherung von Abfertigungsansprüchen, die über dieses Ausmaß hinausgehen, oder von darüber hinaus gewährten freiwilligen Abfertigungen, besteht nicht (RIS‑Justiz RS0076826; RS0101975; RS0076822; 8 ObS 24/04v). Dies gilt auch dann, wenn es sich um eine freiwillige Abfertigung etwa aufgrund eines Sozialplans handelt (Gahleitner in ZellKomm² § 1 IESG Rz 44), weil auf diese Weise Arbeitnehmeransprüche neu geschaffen werden (vgl RIS‑Justiz RS0051207).
2.1 Richtig ist, dass es nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs den Arbeitsvertragsparteien in gewissem Umfang freisteht, die Grundlagen für die Entstehung des gesetzlichen Abfertigungsanspruchs zu bestimmen, wenn sie von den tatsächlich geleisteten Zeiten und Entgelten ausgehen und sich insgesamt im Rahmen der gesetzlichen Regelungen bewegen. Diese Entscheidungen betreffen allerdings zum einen die Frage der Umstellung einer Vollzeitbeschäftigung auf eine Teilzeitbeschäftigung unter dem Aspekt der Höhe des der Abfertigung zu Grunde zu legenden Entgelts, also die Bemessungsgrundlage bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (8 ObS 13/01x; 8 ObS 14/03x; 8 ObS 15/03v). Ist daher etwa ein Arbeitnehmer vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses sieben Jahre in Vollzeit und danach vier Jahre in Teilzeit beschäftigt gewesen und wurde im Zuge der Herabsetzung der Arbeitszeit vereinbart, dass die bereits erworbenen Abfertigungsansprüche (Anwartschaften) auf Basis der Vollzeitbeschäftigung zu berechnen sind, so ist die daraus entstehende zusätzliche Abfertigung nach dem IESG gesichert (8 ObS 15/03v; Gahleitner aaO, Rz 44).
Die höchstgerichtlichen Entscheidungen zum Gestaltungsspielraum der Arbeitsvertragsparteien beziehen sich zum anderen auf einzelvertragliche Vereinbarungen über die Anrechnung von tatsächlich zurückgelegten Vordienstzeiten bei einem anderen Dienstgeber, sofern solche Zeiten nicht bereits bei früheren Beendigungsansprüchen berücksichtigt wurden, also nicht schon abgefertigt wurden (8 ObS 323/99d; 8 ObS 257/01d). Eine sich durch eine solche Anrechnung von Vordienstzeiten ergebende Erhöhung des Abfertigungsanspruchs ist somit ebenfalls gesichert (§ 3 Abs 3 zweiter Satz IESG).
2.2 Richtig ist auch, dass die Arbeitsvertragsparteien im Zusammenhang mit der Umstellung einer Vollzeitbeschäftigung auf eine Teilzeitbeschäftigung grundsätzlich einen neuen Dienstvertrag schließen können (vgl 8 ObS 24/04v). Damit ist freilich noch nichts darüber ausgesagt, inwieweit durch eine solche Gestaltung der Arbeitsvertragsparteien der Abfertigungsanspruch tatsächlich gesichert ist.
3.1 Alle diese Überlegungen ändern aber nichts daran, dass der (gesicherte) Anspruch auf die gesetzliche Abfertigung erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsteht bzw fällig wird.
3.2 Im Anlassfall ist die Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrem Arbeitgeber vom 12. 9. 2013 zu beurteilen.
Die Auslegung eines Vertrags hängt typisch von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet im Allgemeinen daher keine erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0042936). Wenn das Berufungsgericht ausgehend vom maßgebenden Inhalt der Vereinbarung vom 12. 9. 2013 zum Ergebnis gelangt, dass eine Anpassung der Stundenzahl und des Entgelts, nicht aber eine Beendigung des Dienstverhältnisses gewollt gewesen und das Dienstverhältnis der Klägerin daher nur abgeändert worden sei, sowie dass daran auch die Zwischenabrechnung (im Sinn einer vorzeitigen Umwandlung der bloßen Anwartschaft auf Abfertigung) nichts zu ändern vermöge, handelt es sich dabei um keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung. Auch die sich daran anschließende rechtliche Schlussfolgerung, dass der geltend gemachten Abfertigung der Charakter einer freiwilligen Abfertigung zukomme, weshalb sie nicht gesichert sei, ist nicht korrekturbedürftig.
3.3 Den Überlegungen der Klägerin, die sie ihrem „rechtmäßigen Alternativverhalten“ zuordnet, kommt keine Bedeutung zu, weil sie sich auf ein hypothetisches Geschehen und nicht auf die konkrete vertragliche Gestaltung zwischen ihr und ihrem Arbeitgeber beziehen.
Auch auf die Hilfsbegründung des Berufungsgerichts zu § 1 Abs 3 Z 1 IESG kommt es nicht mehr an.
4. Mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
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