OGH 8ObS16/06w

OGH8ObS16/06w23.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Walter Zeiler und Dr. Vera Moczarski als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Johann W***** , vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei IAF-Service GmbH, Geschäftsstelle ***** wegen 25.177,56 EUR netto Insolvenz-Ausfallgeld, über die außerordentliche Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. Juli 2006, GZ 9 Rs 44/06s-21, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Zwar kann nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 3a Abs 1 IESG idF der Nov BGBl I 142/2000 allein aus der Komponente des „Stehenlassens" von Entgeltansprüchen nicht mehr darauf geschlossen werden, dass der Arbeitnehmer das Finanzierungsrisiko missbräuchlich auf den Insolvenz-Ausfallgeldfonds überwälzen wollte. Allerdings kann im Einzelfall dann, wenn zu dem „Stehenlassen" der Entgeltansprüche weitere Umstände hinzutreten, die konkret auf den Vorsatz des Arbeitnehmers schließen lassen, das Finanzierungsrisiko auf den Insolvenz-Ausfallgeldfonds zu überwälzen, trotzdem die Geltendmachung eines Anspruches auf Insolvenz-Ausfallgeld missbräuchlich sein ( RIS-Justiz RS0119679; 8 ObS 20/04f; 8 ObS 9/06s).

Solche Umstände liegen hier jedenfalls vor: Neben dem „Stehenlassen" von Entgelt über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren und der festgestellten Kenntnis von der Finanzlage der Gesellschaft war der Kläger überdies Gesellschafter der GmbH und stand somit zur Gesellschaft in einer Nahebeziehung. Schon aus diesem Grund ist die Klageabweisung durch die Vorinstanzen berechtigt.

Auf die vom Kläger in der außerordentlichen Revision als erheblich relevierte Rechtsfrage, welche drei Monatsgehälter dem Gesellschafter/Arbeitnehmer als „europarechtliche Mindestsicherung" zustehen, wenn über die Gesellschaft (wie hier) nicht nur ein Konkursverfahren eröffnet wurde, sondern es in der Folge zu einer zweiten Konkurseröffnung kam, kommt es daher nicht an. Diese Beurteilung steht auch nicht im Widerspruch zur Entscheidung des EuGH vom 11.9.2003, C-201/01 (Walcher): In dieser Entscheidung wurde ausdrücklich ausgesprochen, dass Missbrauchsfälle vom Schutz der Richtlinie ausgenommen werden können (siehe dazu 8 ObS 3/05g; 8 ObS 22/05a).

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