European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:008OBA00007.16M.1025.000
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.489,86 EUR (darin 248,31 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.
Begründung
Die Klägerin vertritt die Interessen von rund 100 Beamten der beklagten Stadt, die im Sinne des Steiermärkischen Gemeindebediensteten-Zuweisungsgesetzes einem ausgegliederten Rechtsträger zur Dienstleistung zugewiesen sind. In diesem Betrieb verrichten zugewiesene Beamte, Vertragsbedienstete und einem Kollektivvertrag unterliegende Mitarbeiter unabhängig von ihrer rechtlichen Stellung die gleichen Arbeiten. Auf die zugewiesenen Beamten wird das Steiermärkische Bedienstetenschutzgesetz angewendet; die im selben Betrieb tätigen Vertragsbediensteten und Kollektivvertragsmitarbeiter unterliegen dem Arbeitsruhegesetz (ARG).
In der Klage wird die Feststellung begehrt, dass die Bestimmungen des ARG in seiner jeweils geltenden Fassung auch auf die zugewiesenen Beamten anzuwenden seien. Die Klägerin brachte vor, vom Geltungsbereich des ARG seien Arbeitsverhältnisse aller Art, auch Beamte in ausgegliederten Betrieben, erfasst. Im Anwendungsbereich dieses Gesetzes würden den zugewiesenen Beamten längere Ruhezeiten zustehen, die Abrechnung von Zuschlägen wäre wesentlich günstiger und sie würden besser geschützt. Die Beklagte sei als Dienstgeberin passiv klagslegitimiert, weil die zugewiesenen Beamten der Gemeinde gemäß § 4 des Steiermärkischen Gemeindebediensteten-Zuweisungsgesetzes für die Dauer der Zuweisung im Dienststand verblieben und keine Änderung ihrer dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung erfolge.
Die Beklagte wandte die Unzulässigkeit des Rechtswegs ein. Die Klage betreffe keine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Beamten und ihrem Dienstgeber. Der Bedienstetenschutz für Beamte erfolge in Ausübung der Diensthoheit der Gebietskörperschaft und könne als solcher nur im Verwaltungsweg überprüft werden.
Das Erstgericht verwarf den Einwand der Unzulässigkeit des Rechtswegs und gab dem Hauptklagebegehren statt.
Das Berufungsgericht behob diese Entscheidung aus Anlass des Rechtsmittels der Beklagten samt dem vorangegangenen Verfahren als nichtig und wies die Klage zurück. Die Zuständigkeit der Gerichte bestehe nach § 1 JN nur für bürgerliche Rechtssachen, denen Privatrechtsverhältnisse zugrunde liegen. Es komme darauf an, ob nach dem Inhalt der Klage ein Anspruch geltend gemacht werde, über den die Zivilgerichte im streitigen Verfahren zu entscheiden haben.
Im vorliegenden Fall beziehe sich die begehrte Feststellung auf die nähere Ausgestaltung des zwischen den zugewiesenen Beamten und der Beklagten als ihrer öffentlich-rechtlichen Dienstgeberin bestehenden Dienstverhältnisses, die nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ausschließlich im öffentlichen Recht wurzle. Mit der Klage werde versucht, auf das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis einzuwirken. Die Rechte und Pflichten aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis ergäben sich, sofern nicht ausdrücklich Gestaltungsrechte eingeräumt wurden, aus dem Gesetz und seien keine Frage der Privatautonomie.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der (richtig:) Rekurs der Klägerin, mit dem sie die ersatzlose Behebung der Entscheidung des Berufungsgerichts und die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung in der Sache anstrebt. Die Beklagte hat eine Rekursbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig, weil ein Beschluss, mit dem das Berufungsgericht unter Nichtigerklärung des erstinstanzlichen Verfahrens und des Urteils die Klage zurückweist, gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO iVm § 2 ASGG stets, unabhängig vom Streitwert und vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage, anfechtbar ist (RIS-Justiz RS0043861; RS0043882 [T11]).
Der Rekurs ist jedoch nicht berechtigt.
1. Streitigkeiten aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis von Beamten sind im Verwaltungsweg auszutragen. Nur dann, wenn von oder gegen Beamte Ansprüche zivilrechtlicher Natur geltend gemacht werden, sind für solche Rechtsstreitigkeiten die Arbeitsgerichte und Sozialgerichte zuständig (RIS-Justiz RS0086019). Es kommt nicht darauf an, ob die Tätigkeit der Beamten zum hoheitlichen Bereich oder zur Privatwirtschaftsverwaltung zählt (9 ObA 64/10t).
2. Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs ist grundsätzlich von den Klagebehauptungen auszugehen, dabei ist aber nicht allein der Wortlaut des Begehrens, sondern die Natur bzw das Wesen des geltend gemachten Anspruchs maßgebend (RIS-Justiz RS0045718, RS0045584, RS0045644). Entscheidend ist daher nicht, wie der Kläger seinen Anspruch rechtlich formt bzw worauf er sich formal stützt, sondern ob nach dem Inhalt der Klage ein privatrechtlicher Anspruch erhoben wird.
3. Die aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis abgeleiteten Rechte und Pflichten bzw die Arbeitsbedingungen können – mangels eines ausdrücklich eingeräumten gesetzlichen Gestaltungsrechts – weder vom Dienstgeber noch vom Dienstnehmer mit den Mitteln des Vertragsrechts rechtswirksam gestaltet werden (9 ObA 4/12x mwN; 9 ObA 151/14t). All dies gilt im Fall einer Zuweisung eines Beamten an einen ausgegliederten Rechtsträger gleichermaßen.
Beziehen sich die in der Klage behaupteten Ansprüche auf die Ausgestaltung der Tätigkeit des Beamten, etwa wenn es sich um Besoldungen und Gebühren handelt, dann sind sie untrennbar mit seiner öffentlich-rechtlichen Stellung verbunden (9 ObA 32/05d; 9 ObA 4/12x; 9 ObA 151/14t).
4. Das Berufungsgericht hat diese Voraussetzungen zutreffend bejaht.
Das abstrakt formulierte Feststellungsbegehren der Klägerin zielt darauf ab, die Dienstverpflichtung der zugewiesenen Beamten dahin zu gestalten, dass ihnen mehr Freizeit und günstigere Entgeltbedingungen als bisher gewährt werden müssen. Dieses Ansinnen betrifft aber eindeutig Angelegenheiten der Arbeitsverpflichtung sowie der Besoldung und Gebühren. Wäre nicht die klagende Personalvertretung eingeschritten, sondern hätten betroffene Beamte ihre individuellen Ansprüche unmittelbar geltend gemacht, wäre die Verbindung mit der öffentlich-rechtlichen Stellung noch deutlicher.
Die Frage, welche Ruhezeiten einem Beamten im Rahmen seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zustehen, ist keine Angelegenheit des Privatrechts. Sie würde es selbst dann nicht, wenn der Rechtsstandpunkt der Klägerin in materieller Hinsicht zu bejahen wäre und eine Bindung der Beklagten an die im ARG geregelten Rahmenbedingungen angenommen würde.
5. Das von der Klägerin ins Treffen geführte Argument eines besseren Schutzes der zugewiesenen Beamten vermag zu keiner anderen Beurteilung führen, ist doch die Wahrnehmung von Fürsorgepflichten im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses eine hoheitliche Verpflichtung (vgl RIS-Justiz RS0049948 [T36] = 9 ObA 84/12m [zugewiesene Beamte der Gemeinde Wien]; RS0085508 [T12]).
Dem Rekurs war daher keine Folge zu geben.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO iVm § 2 ASGG.
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