OGH 8ObA29/15w

OGH8ObA29/15w28.4.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann‑Prentner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Mag. Matthias Schachner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei K***** A*****, vertreten durch Dr. Andreas Löw, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B***** KG, *****, vertreten durch Dr. Herbert Rabitsch, Rechtsanwalt in Wien, wegen 7.359,96 EUR brutto abzüglich 693,82 EUR netto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. Februar 2015, GZ 7 Ra 8/15w‑20, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:008OBA00029.15W.0428.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen ‑ wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat ‑ nicht vor.

Entgegen den Ausführungen der Beklagten könnte ein (von ihr behaupteter) Verstoß des Erstgerichts gegen § 405 ZPO, der hier allerdings nicht vorliegt, nur einen Verfahrensmangel begründen (RIS‑Justiz RS0041089; RS0041240). Angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die vom Berufungsgericht nicht als solche anerkannt wurden, können nicht mehr an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden (RIS‑Justiz RS0042963). Dies gilt etwa auch dann, wenn vom Berufungsgericht ein angeblicher Verstoß gegen § 405 ZPO verneint wird (RIS‑Justiz RS0041117).

Inwieweit die Beklagte ‑ ausgehend vom Klagsvorbringen ‑ durch die Feststellungen zu einem Arbeitsverhältnis der Klägerin im Ausmaß von (zumindest) 40 Wochenstunden überrascht worden sein könnte, ist nicht verständlich. Davon abgesehen kann die Revision nicht auf einen angeblichen Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens gestützt werden, der in der Berufung nicht geltend gemacht wurde (RIS‑Justiz RS0074223; RS0043111).

2. Die Ansicht der Beklagten, die Beweiswürdigung des Erstgerichts könne im Revisionsverfahren dann bekämpft werden, wenn „zu den vorgelegten Beweisen entsprechende Tatsachenbehauptungen“ fehlten, ist unrichtig. In einem solchen Fall stellte sich die Frage nach der rechtlichen Konsequenz sogenannter „überschießender Feststellungen“ (vgl RIS‑Justiz RS0040318; RS0036933), die unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sind (vgl 8 Ob 116/13m). Eine derartige Problematik liegt im Anlassfall allerdings nicht vor.

3. Ebenfalls unverständlich bleibt das rechtliche Argument der Beklagten, dass Beweisverfahren habe kein ‑ dem Vorbringen der Klägerin entsprechendes ‑ Arbeitsverhältnis über 40 Stunden pro Woche ergeben, weil in diesem Fall nicht hätte geprüft werden müssen, ob die Arbeitnehmerin tatsächlich 40 Stunden gearbeitet habe. Noch in der Berufung führte die Beklagte aus, dass die tatsächliche von der Klägerin geleistete Arbeitszeit ‑ „und nicht die faktische, also vom Erstgericht vermutete Arbeitszeit“ ‑ festgestellt werden müsse.

Die Beklagte hat eingewendet, dass die Klägerin lediglich geringfügig beschäftigt gewesen sei. Aus diesem Grund sah sich das Erstgericht zu Recht zur Prüfung veranlasst, ob die Klägerin im Rahmen des gelebten Arbeitsverhältnisses ihrem Vorbringen entsprechend vollzeitbeschäftigt war. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das Erstgericht auch die wechselseitigen Erklärungen der Parteien vor Beginn des Arbeitsverhältnisses festgestellt, aus denen sich die Vereinbarung eines Arbeitsverhältnisses in Form einer Vollzeitbeschäftigung ableiten lässt.

Die Beklagte missversteht das Erstgericht, wenn sie meint, dieses sei von einer geringfügigen Beschäftigung ausgegangen und habe die Mehrarbeit auf 40 Stunden „hochgerechnet“. In Wirklichkeit geht das Erstgericht von einem Arbeitsverhältnis mit einer (vereinbarten und gelebten) Wochenarbeitszeit von 40 Stunden aus und gelangt daher zum Ergebnis, dass die Klägerin (jedenfalls) Anspruch auf die kollektivvertragliche Entlohnung habe. Die rechnerische Höhe des Klagebegehrens sei nicht bestritten worden.

4. Insgesamt vermag die Beklagte mit ihren Ausführungen keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.

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