OGH 8ObA22/10h

OGH8ObA22/10h21.12.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Lukas Stärker und Dr. Andrea Eisler als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dipl.-Kfm. W***** L*****, vertreten durch Mairhofer & Gradl, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei S***** GmbH & Co, *****, vertreten durch Grassner, Lenz, Thewanger & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen 302.240,88 EUR brutto sA, über die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei (Revisionsinteresse: 184.795,25 EUR) und der beklagten Partei (Revisionsinteresse: 5.072,31 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 1. Dezember 2009, GZ 12 Ra 93/09x-22, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionen beider Parteien werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

A) Zur Revision der klagenden Partei:

1.1 Es entspricht der herrschenden Auffassung, dass gemäß dem hier noch anzuwendenden § 23 Abs 1 AngG das für den letzten Monat des Arbeitsverhältnisses zustehende („gebührende“) Entgelt Basis der Berechnung des Abfertigungsanspruchs darstellt; auf die Fälligkeit kommt es nicht an (8 ObA 16/09z; 8 ObA 277/94 = Arb 11.294; Mayr in ZellKomm § 23 AngG Rz 24; Holzer in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 23 Rz 26, jeweils mwN). Unter dem für die Berechnung der Abfertigung zugrunde zu legenden „für den letzten Monat gebührenden Entgelt“ ist der Durchschnittsverdienst zu verstehen, der sich aus den mit einer gewissen Regelmäßigkeit - wenn auch nicht in jedem Monat - wiederkehrenden Bezügen ergibt (9 ObA 79/07v mwH; Mayr aaO § 23 AngG Rz 25). Bei der Bemessung der Abfertigung ist daher der Monatsdurchschnitt heranzuziehen, wenn die Monatsentgelte Schwankungen unterliegen (RIS-Justiz RS0043295 ua). In einem derartigen Fall ist ein Beobachtungszeitraum von 12 Monaten zu bilden und der monatliche Durchschnitt für die Bemessungsgrundlage anzusetzen (9 ObA 79/07v mwH). Diese auch vom Revisionswerber nicht in Frage gestellte Rechtsprechung beachtet das Berufungsgericht in seiner Entscheidung.

1.2 Jene Raten für die Zielerreichungsprämie 2006, die dem Kläger im Zeitraum 1. 1. 2007 bis 31. 3. 2007 tatsächlich bezahlt wurden, wurden von den Vorinstanzen bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage berücksichtigt. Soweit der Revisionswerber eine Einrechnung von „Sonderzahlungsanteilen“ betreffend die für das Rumpfjahr 2006 ausbezahlten Prämien wünscht, ist ihm entgegenzuhalten, dass er selbst vorbrachte, dass diese Prämie aus steuerrechtlichen Gründen in vierzehn Raten bezahlt werden sollte. Dies wurde auch so festgestellt. Ein Vorbringen, aus dem sich eine Fälligkeit einer der noch offenen Raten bis 31. 3. 2007 ergibt, hat der Kläger nicht erstattet.

1.3 Unstrittig wären die restlichen Raten der Zielerreichungsprämie für das Geschäftsrumpfjahr 1. 1. 2006 bis 30. 9. 2006 sowie für das anteilige Geschäftsjahr 1. 10. 2006 bis zur einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. 3. 2007 daher erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Zahlung fällig gewesen. Bei diesen Ansprüchen handelt es sich schon nach dem klaren Wortlaut des § 23 Abs 1 AngG nicht um solche, die für den letzten Monat des Arbeitsverhältnisses „gebühren“, die daher dem Grunde nach schon im letzten Monat des Arbeitsverhältnisses bestanden haben (9 ObA 59/06a; Schrammel, Arbeitsrecht II6 289). Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass diese Prämien auch dann nicht in die Bemessungsgrundlage der Abfertigung einzubeziehen sind, wenn ihre - vorzeitige- Zahlung wie hier mit der einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart wurde, ist daher keineswegs unvertretbar. Auf die vom Revisionswerber aufgeworfene Frage einer „atypischen Verschiebung von Auszahlungszeiträumen“ kommt es nicht an. Mit seiner Behauptung, es fehle eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur hier konkret vorliegenden Konstellation, zeigt der Revisionswerber im Hinblick auf die klare gesetzliche Regelung keine erhebliche Rechtsfrage auf (RIS-Justiz RS0042656).

2. Der Revisionswerber wendet sich gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach der Restbetrag, der infolge der Auflösung der Bonusbank im Jahr 2005 gezahlt worden sei, als atypisches, einmaliges Entgelt nicht in die Bemessungsgrundlage der Abfertigung einzubeziehen sei. Einer Auseinandersetzung damit bedarf es jedoch nicht. Es braucht daher auch nicht erörtert zu werden, dass es sich bei diesem Restbetrag nach den Feststellungen gerade nicht um eine „Jahresprämie 2005“ handelt: Der Kläger erhielt vielmehr gemeinsam mit der Zielerreichungsprämie und dem üblichen Anteil aus der Bonusbank für das Jahr 2005 auch den Restbetrag aus der Auflösung der Bonusbank. Wesentlich ist, dass alle diese in den letzten zwölf Monaten vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses in vierzehn Raten dem Kläger zusätzlich zum Gehalt bezahlten Beträge bei der Bemessung der Abfertigung von der Beklagten ohnehin berücksichtigt wurden. Schon daher zeigt der Revisionswerber keine erhebliche Rechtsfrage auf. Dem in diesem Zusammenhang behaupteten Verfahrensmangel kommt daher keine Erheblichkeit zu.

3. Gegen die Abweisung eines Teils der begehrten Differenz an Urlaubsersatzleistung wendet sich der Revisionswerber ausschließlich mit dem Hinweis, dass die Bemessungsgrundlagen für Abfertigung und Urlaubsersatzleistung ident seien. Auch hier macht er daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO geltend, wozu auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann.

B) Zur Revision der beklagten Partei:

1. Der Anspruch auf Urlaubsersatzleistung (früher: Urlaubsentschädigung) ist ein vermögensrechtlicher Anspruch auf Erfüllung des in der Vergangenheit liegenden, noch offenen, bisher nicht erfüllten Urlaubsanspruchs (RIS-Justiz RS0028685; Reissner in ZellKomm § 10 UrlG Rz 6 mwH). Der Bemessung der Urlaubsersatzleistung ist daher jenes Entgelt zugrunde zu legen, das der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezogen hat. Das Urlaubsentgelt wird nach dem Ausfallsprinzip berechnet. Der Arbeitnehmer hat grundsätzlich jenes Entgelt zu erhalten, das er aus der Perspektive des Urlaubsbeginns verdient hätte, wenn er in dieser Zeit gearbeitet hätte (8 ObS 4/07g mwN).

2. Diese Rechtslage hat das Berufungsgericht zutreffend dargestellt und damit übereinstimmend ausgeführt, dass nicht auf ein Entgelt abzustellen ist, das der Arbeitnehmer erst bei einem „fiktiven“ Urlaubsverbrauch nach dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verdient hätte. Der Kläger begehrt die Zahlung einer Urlaubsersatzleistung und nicht eines Urlaubsentgelts. Während das Urlaubsentgelt aus der Perspektive des Urlaubsbeginns zu bemessen ist (Reissner aaO § 6 UrlG Rz 5), soll durch die Urlaubsersatzleistung nach den klaren gesetzlichen Regelungen der §§ 2 Abs 2, 10 Abs 1 und 3 UrlG der (in der Vergangenheit enstandene) Urlaubsanspruch abgegolten werden, der für das Urlaubsjahr gebührt, in dem das Arbeitsverhältnis beendet wird. Schon daher kann es nicht auf einen Zeitpunkt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ankommen, sodass die Revisionswerberin keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte