OGH 8ObA15/15m

OGH8ObA15/15m26.2.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz und Mag. Johann Schneller in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei M***** M*****, vertreten durch Freimüller/Obereder/Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch CMS Reich‑Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 7.009,02 EUR brutto sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 22. Dezember 2014, GZ 8 Ra 94/14y‑32, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:008OBA00015.15M.0226.000

 

Spruch:

Die Revision wird gemäß § 2 ASGG, § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Ansprüche der Klägerin hängen von der Auslegung einer einzelvertraglichen Betriebspensionszusage der Beklagten ab, die im Jahre 1990 inhaltlich unverändert in einen leistungsorientierten Anspruch gegen eine betriebliche Pensionskasse übertragen wurde.

Wenn das Berufungsgericht in seiner rechtlichen Beurteilung davon ausgegangen ist, dass die Klägerin nicht in den persönlichen Geltungsbereich der 1994 in Kraft getretenen Ergänzung der Betriebspensionskassen-Betriebsvereinbarung fällt, ist dies jedenfalls vertretbar. Der normative Teil von Betriebsvereinbarungen ist nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln auszulegen; die für die Interpretation von rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen normierten Grundsätze des ABGB haben daher hier keine Anwendung zu finden (RIS‑Justiz RS0050963). Im Übrigen geht auch die Revision davon aus, dass es zu keiner Änderung der übergeleiteten Ansprüche aus dem „Pensionsplan 79“ durch die Ergänzungsbetriebs-vereinbarung gekommen ist.

2. Die Auslegung nicht allgemein gebrauchter Vertragsbestimmungen ist in aller Regel nicht für eine größere Anzahl von Rechtsstreitigkeiten bedeutsam und kann daher nur dann Gegenstand einer außerordentlichen Revision sein, wenn mit überzeugenden Argumenten dargetan wird, dass die Auslegung nicht gesetzeskonform sei (9 ObA 42/06a; RIS‑Justiz RS0044358 [T40]; RS0042871 ua).

Der hier zu beurteilenden Pensionszusage „Pensionsplan 79“ lag zwar eine vor 1984 allgemein bei der Beklagten gebrauchte Vertragsschablone zugrunde, damit allein wird aber nicht dargelegt, dass die strittige Auslegungsfrage tatsächlich noch einen größeren Personenkreis betrifft. Nicht nur sind alle Angestellten, die in den „Pensionsplan 84“ optiert haben, aus dem Anwendungsbereich hinausgefallen, sondern sind auch von den verbliebenen nur solche Personen potentiell betroffen, die in ihrem Dienstverhältnis zwischen Voll‑ und Teilzeitbeschäftigung gewechselt haben.

3. Die Revision vermag auch keine die Zulässigkeit des Rechtsmittels im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO begründende krasse rechtliche Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts aufzuzeigen.

Es trifft zu, dass die in der Berufungsentscheidung vertretene Auslegung des Pensionsplans im Ergebnis bedeutet, dass die Betriebspension von Angestellten mit (mehr als fünf Jahre vor Pensionsantritt gelegenen) vorübergehenden Perioden der Teilzeitbeschäftigung gleich zu berechnen ist wie die Betriebspension von durchgehend Vollzeitbeschäftigten. Die Revision vermag aber nicht darzulegen, weshalb genau dieses Ergebnis nicht dem Willen der seinerzeitigen Vertragsparteien entsprochen haben sollte.

Die Auslegung einer Vereinbarung über eine Betriebspension hat sich auch am Zweck dieser Regelung zu orientieren (RIS‑Justiz RS0017765 [T5]). Es liegt ihr ‑ neben dem Versorgungszweck und der Anerkennung der Tätigkeit - vor allem der Gedanke einer Belohnung der Betriebstreue des Angestellten zugrunde (RIS‑Justiz RS0021510), zumal die Aussicht auf eine Betriebspension aus Arbeitnehmersicht in hohem Maß mobilitätseinschränkend wirkt. Die mit der Pensionszusage abgegoltene Betriebstreue ist aber grundsätzlich nicht vom Ausmaß der vereinbarten Wochenarbeitszeit abhängig.

4. Auch wenn es zulässig wäre, den Anspruch auf betriebliche Pensionszuschüsse für Teilzeitbeschäftigte der Höhe nach pro rata temporis mit dem Beschäftigungsausmaß zu verknüpfen (vgl 8 ObA 76/14f; EuGH C‑476/12, ÖGB;EuGH C‑4/02, C‑5/02, Schönheit, Becker), ist daraus nicht im Umkehrschluss ein Gebot zur Aliquotierung abzuleiten. Das Diskriminierungsverbot steht einer für die betroffene Arbeitnehmergruppe relativ günstigeren Vereinbarung nicht entgegen.

Auch das Gesetz selbst kennt vergleichbare Regelungen. Für die gesetzliche Alterspension nach dem ASVG und für die Abfertigung „alt“ ist ebenfalls für die Erfüllung der Wartezeit nur das kalendarische Ausmaß der zurückgelegten Beschäftigungszeiten maßgeblich.

Hängt die Berechnung der Wartezeit nach dem „Pensionsplan 79“ aber von vornherein nicht von der Wochenarbeitszeit ab, sind durchgehend vollzeitbeschäftigte Angestellte nicht benachteiligt, wenn sie bei identen Anspruchsvoraussetzungen (Anwartschaftsjahren und Gehalt der letzten fünf Jahre) auch keine höhere Betriebspension erhalten als Angestellte, die in der Vergangenheit vorübergehend teilzeitbeschäftigt waren.

5. Es trifft zu, dass sich bei der vom Berufungsgericht befürworteten Auslegung der zweite Parameter der Pensionsberechnung, der Durchrechnungs-zeitraum der letzten fünf Jahre, für jene Angestellten nachteilig auswirkt, die erst in diesem Zeitraum von Vollzeitbeschäftigung auf Teilzeitarbeit umgestiegen sind. Allerdings ist dabei zu beachten, dass eine solche Verringerung ‑ wie umgekehrt auch die Erhöhung ‑ der Wochenarbeitszeit einer Vereinbarung bedarf und es den Dienstvertragsparteien frei steht, darin auch Regelungen über die Auswirkung der Arbeitszeitänderung auf die Pensionsberechnung zu treffen, die eine allenfalls als unsachlich empfundene Benachteiligung verhindern. Gerade im Fall der Klägerin ist dies tatsächlich geschehen und haben die Streitteile für die Periode ihrer Altersteilzeit die Anrechnung des Vollzeitgehalts vereinbart.

6. Andere Rechtsmittelgründe werden nicht geltend gemacht. Ihre Passivlegitimation hat die Beklagte nie bestritten, sodass diese Frage im Rahmen der Behandlung der außerordentlichen Revision einer Beurteilung entzogen ist.

Wenn sich die Rechtsansicht der zweiten Instanz im Rahmen der Grundsätze der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hält, hat die Frage, ob auch eine andere Beurteilung des Sachverhalts vertretbar wäre, keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (RIS‑Justiz RS0112106; RS0114267 [T1]; RS0108494).

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