OGH 8Ob96/03f

OGH8Ob96/03f28.8.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek als weitere Richter im aufgehobenen Konkurs über das Vermögen des Kurt H*****, vertreten durch Dr. Erwin Fidler, Rechtsanwalt in Hartberg, über den Antrag des ehemaligen Gemeinschuldners wider die Antragsgegnerin E***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Beck & Dörnhöfer, Rechtsanwälte OEG in Eisenstadt, wegen vorläufiger Feststellung gemäß § 66 AO, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 26. Mai 2003, GZ 28 R 314/02f-58, womit infolge Rekurses des Antragstellers der Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt vom 7. November 2002, GZ 26 S 21/99m-54, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Die Revisionsrekursbeantwortung des Antragstellers wird zurückgewiesen.

2. Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Beschlüssen des Erstgerichtes vom 26. 2. 1999 wurde über das Vermögen einer OHG und ihrer beiden Gesellschafter, von denen einer der Antragsteller ist, der Konkurs eröffnet.

Die Antragsgegnerin meldete in allen drei Konkursverfahren eine Konkursforderung von ATS 272.867,29 an. Sie brachte dazu unter anderem vor, sie stehe mit der OHG aufgrund einer Kreditgewährung in Geschäftsverbindung. Zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung hafte der Kredit in Höhe der angemeldeten Forderung aus. Zur Bescheinigung legte die Gläubigerin einen auf die OHG lautenden Kontoauszug per 26. 2. 1999 vor. In der zur gemeinsamen Verhandlung aller drei Konkurssachen verbundenen Berichts- und Prüfungstagsatzung vom 4. 5. 1999 wurde diese je unter PN 4 in die Anmeldungsverzeichnisse eingetragene Forderung durch den Masseverwalter und die Gemeinschuldner anerkannt und von Konkursgläubigern nicht bestritten.

In allen drei Verfahren kam es am 18. 1. 2000 zum Abschluss eines Zwangsausgleichs, wonach die Konkursgläubiger binnen 14 Tagen nach rechtskräftiger Bestätigung des Zwangsausgleichs, jedoch nicht vor Konkursaufhebung, 20 % ihrer Forderungen erhalten sollten. Nach Rechtskraft der Bestätigungsbeschlüsse wurden mit Beschlüssen vom 6. 4. 2000 alle drei Konkurse gemäß § 157 Abs 1 KO aufgehoben.

Mit Schriftsatz vom 14. 5. 2002 begehrte der Antragsteller die Feststellung, dass die mit Schreiben vom 29. 4. 2002 gegen ihn geltend gemachte außergerichtliche Konkursforderung der Antragsgegnerin nach Zahlung der Barquote zur Gänze ausgefallen sei und ihre mutmaßliche Höhe Null EUR betrage. Die Antragsgegnerin habe sich in ihrer Forderungsanmeldung auf die Gesellschafterhaftung des Antragstellers für eine Kreditverbindlichkeit der OHG gestützt. Die Masseverwalterin habe die auf diese Verbindlichkeit entfallende Quote im Betrag von ATS 54.573,46 unter Bedachtnahme auf § 57 KO rechtlich richtig nur einmal bezahlt. Dadurch sei auch der Antragsteller als persönlich haftender Gesellschafter der OHG von seiner Schuld befreit worden. Dennoch habe ihn die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 29. 4. 2002 aufgefordert, die 20 %-ige Zwangsausgleichsquote binnen 14 Tagen bei sonstigem Wiederaufleben der gesamten Darlehensforderung zu bezahlen, wobei sie sich zu Unrecht auf die persönliche Haftung des Antragstellers als Kreditnehmer gestützt habe. Die Forderung der Antragsgegnerin resultiere aus einem Kredit, welchen sie im Jahr 1992 einer von den beiden in Konkurs verfallenen Gesellschaftern gebildeten GesbR eingeräumt habe und der in der Folge von der in Konkurs verfallenen OHG übernommen worden sei. Eine "eigenständige persönliche Haftung" des Antragstellers als Gesellschafter der GesbR sei dadurch untergegangen. Sie stelle keinen eigenen Rechtsgrund zur Geltendmachung einer Konkursforderung dar und sei durch die Forderungsanmeldung konsumiert. Durch die Bezahlung der Quote sei gemäß § 57 KO auch eine allfällige persönliche Haftung des Antragstellers getilgt. Im Übrigen wäre eine solche in Ansehung der rückständigen jährlichen Leistungen erst am Tag der Konkurseröffnung rechtswirksam entstanden und unterliege daher der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1480 ABGB. Ein allfälliger "Vertragsschadensanspruch" sei verjährt.

Die Antragsgegnerin wendete ein, es sei zwar die auf § 128 HGB beruhende Haftung des Antragstellers durch den im Konkurs der OHG abgeschlossenen und erfüllten Zwangsausgleich erloschen, nicht aber jene, die sich aus der von ihm eingegangenen persönlichen Verpflichtung ergebe. Der gegenständliche Kredit sei im Jahr 1995 dem Antragsteller und seinem Bruder als damalige Gesellschafter der GesbR eingeräumt worden, wobei das Vertragsverhältnis wegen der fehlenden Rechtspersönlichkeit einer GesbR mit den Gesellschaftern persönlich zustande gekommen sei. Die mit Gesellschaftsvertrag vom 1. 12. 1997 gegründete OHG habe diese Verbindlichkeit durch kumulativen Schuldbeitritt übernommen. Dies ändere aber an der Haftung der Kreditnehmer nichts. Der Verjährungseinwand sei schon deshalb nicht berechtigt, weil kein "Vertragsschadensanspruch", sondern die Rückzahlung eines Darlehens begehrt werde. Bei der hier geltend gemachten Forderung handle es sich nicht um eine "Gesellschaftsforderung", sondern um eine eigenständige Forderung aus dem Kreditvertrag vom 18. 7. 1995 sowie der im selben Jahr begründeten und nunmehr gerichtlich geltend gemachten Wechselverpflichtung des Antragstellers.

Das Erstgericht stellte gemäß § 66 AO fest, dass die mutmaßliche Höhe der Forderung der Antragsgegnerin mit EUR 19.830,04 zu Recht bestehe. Die Antragsgegnerin habe am 18. 7. 1995 der von den beiden nunmehrigen Gemeinschuldnern gebildeten Gesellschaft nach bürgerlichem Recht das Anbot zur Einräumung eines Kredits über ATS 500.000 gestellt. Das Anbot habe zur Besicherung eine wechselmäßige Bedeckung sowie die Vinkulierung einer Kreditrestschuldversicherung für die beiden Gesellschafter vorgesehen. Dieses Anbot sei von den Gesellschaftern am selben Tag angenommen worden und haben diese gleichzeitig eine Wechselerklärung und einen Blankowechsel zur Sicherstellung des Kredits unterfertigt.

Am 19. 3. 1998 sei die durch den Familiennamen der beiden Gesellschafter bezeichnete OHG ins Firmenbuch eingetragen worden. Der Gesellschaftsvertrag habe vom 1. 12. 1997 datiert und sei der Firmenbuchanmeldung nicht angeschlossen gewesen. Aus dem in der Anmeldung erstatteten Vorbringen ergebe sich jedoch, dass sich die Gesellschafter der Gesellschaft nach bürgerlichem Recht am 1. 12. 1997 aufgrund eines mündlichen Vertrages zu einer OHG zusammengeschlossen haben, weil wegen des gewachsenen Geschäftsumfanges eine Personengesellschaft nach § 105 HGB unter Übernahme aller Aktiva und Passiva sowie aller Rechte und Pflichten der Gesellschaft nach bürgerlichem Recht entstanden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei dem Antragsteller das Bestehen des Kreditvertrages mit der Antragsgegnerin bekannt gewesen. Eine Entlassung des Antragstellers aus der Haftung für diesen Kredit aufgrund der Gründung der OHG sei nicht erfolgt. Auch bei Abschluss des Zwangsausgleichs sei dem Antragsteller die Forderung der Antragsgegnerin aufgrund des Kreditvertrags vom 18. 7. 1995 bekannt gewesen.

Die Antragsgegnerin habe den Antragsteller mit qualifizierter Mahnung aufgefordert, aufgrund des rechtskräftig bestätigten Zwangsausgleichs die 20 %-ige Zwangsausgleichsquote von EUR 3.966,01 zu bezahlen. Dies habe der Antragsteller mit der Begründung abgelehnt, dass alle seine Verbindlichkeiten gegenüber der Antragsgegnerin getilgt seien und die Restschuld nur noch als Naturalobligation bestehe.

Rechtlich folgerte das Erstgericht, mit Abschluss des Kreditvertrages vom 18. 7. 1995 sei die persönliche Haftung des Antragstellers begründet worden, die auch nach Gründung der OHG aufrecht geblieben sei. § 57 KO sehe bei gleichzeitiger Anhängigkeit von Konkursverfahren gegen eine Personenhandelsgesellschaft und deren Gesellschafter nur die Befreiung von der gesellschaftsrechtlichen Haftung für eine Schuld der Gesellschaft vor, wenn diese einen Zwangsausgleich abgeschlossen und nach Bestätigung erfüllt habe. Die seit der Kreditaufnahme zusätzlich bestehende persönliche Haftung des Antragstellers bleibe hingegen weiter bestehen. Da diese Haftung entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht erst durch die Konkurseröffnung entstanden sei, könnten Fragen der Verjährung auf sich beruhen. Der Antragsteller müsse die 20 %-ige Ausgleichsquote bezahlen, um in den Genuss der Wirkung des Zwangsausgleichs zu kommen.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Antragstellers Folge und änderte den erstinstanzlichen Beschluss dahin ab, dass es die mit Schreiben vom 29. 4. 2002 eingemahnte Forderung der Antragsgegnerin vorläufig als nicht zu Recht bestehend feststellte. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Liege keine auf einem von der gesetzlichen Haftung nach § 128 HGB verschiedenen Rechtsgrund beruhende Verpflichtung des persönlich haftenden Gesellschafters, sondern nur die in dieser Bestimmung genannte Haftung vor, dann komme diesem Gesellschafter auch die Bestimmung des § 57 KO zugute. Anders sei der Fall gelagert, wenn ein Gesellschafter neben der Gesellschaft etwa aus selbständiger Wechselzeichnung verpflichtet sei, wenn er also unabhängig von seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung eine persönliche Haftung übernommen habe. Seien gleichzeitig Konkursverfahren über das Gesellschaftsvermögen und das Privatvermögen des Gesellschafters anhängig, könne, wenn im Gesellschaftskonkurs ein Zwangsausgleich abgeschlossen und bestätigt worden sei, im Gesellschafterkonkurs nur der Ausgleichsausfall verfolgt werden, somit jener Betrag, den die Gesellschaft nach den Bedingungen ihres Ausgleichs zu zahlen hatte, jedoch nicht bezahlt habe. Durch die Vorschrift des § 164 Abs 2 KO werde die Haftung des Gesellschafters der OHG abweichend von sonstigen Mitschuldnern der Gesellschaftsschuld (§ 18 AO) durch Erfüllung des Zwangsausgleichs der Gesellschaft überhaupt aufgehoben. Mit der Erfüllung des Gesellschaftsausgleichs seien daher die durch Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis im Konkurs des Gesellschafters festgestellten Forderungen des Gläubigers erloschen.

Das Erstgericht habe festgestellt, dass jedenfalls am 1. 12. 1997 "wegen des Geschäftsumfanges des Unternehmens" schon eine OHG entstanden gewesen sei. Damit sei auch das Vorliegen der Voraussetzungen eines nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes im Sinne der §§ 2, 4 Abs 1 HGB indiziert, dem die Gesellschafter durch Anmeldung der OHG zur Eintragung in das Firmenbuch auch Rechnung getragen haben. Das Vorbringen über die Entwicklung des Unternehmens sowie der in der Firmenbuchanmeldung genannte Unternehmensgegenstand "Bau- und Möbeltischlerei sowie Möbelhandel" lege nahe, dass der Antragsteller mit seinem Bruder, dem weiteren in der Folge in Konkurs verfallenen Gesellschafter, gemeinsam unter gemeinsamer Firma schon vor der Eintragung der OHG in das Firmenbuch nicht nur ein Grundhandelsgewerbe im Sinn des § 1 Abs 2 Z 1 HGB betrieben, sondern dass dieses auch vollkaufmännischen Umfang gehabt habe. Sei dies aber schon bei Abschluss des Kreditvertrages der Fall gewesen, wäre der Vertrag nicht mit den Gesellschaftern einer GesbR, sondern mit einer OHG zustande gekommen, könne doch unter der Rechtsform einer GesbR kein Vollhandelsgewerbe betrieben werden. In einem derartigen Fall hätten die dem Vertragsverhältnis entstammenden Verbindlichkeiten von vornherein nur die OHG betroffen, da es sich unstrittig um ein gesellschaftsbezogenes Rechtsgeschäft gehandelt habe. In diesem Fall käme dem Antragsteller jedenfalls das Privileg des § 164 Abs 2 KO zugute.

Habe im Zeitpunkt der Kreditaufnahme die Rechtsform der GesbR tatsächlich der damaligen Firma entsprochen, so hafteten die Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeit zunächst nach § 1203 ABGB, und zwar - weil ein Handelsgesellschaft vorliege - zufolge Art 8 Nr 1 EVHGB solidarisch. Sei erst danach durch die Änderung des Geschäftsvolumens ein Rechtsformwechsel ausgelöst worden, so bewirke das den Übergang des bisher im Miteigentum der Gesellschafter stehenden Vermögens in das gebundene Gesamthandvermögen der OHG, ohne dass es hiezu eines Übertragungsaktes bedurft habe. Demnach sei auch § 1409 ABGB nicht anzuwenden, der ausdrücklich einen rechtsgeschäftlichen Übertragungsakt voraussetze. Nach der herrschenden Theorie von der Identitätswahrung sei die OHG damit im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auch in die unternehmensbezogenen Rechte und Pflichten der früheren GesbR-Gesellschafter eingetreten. Dies habe zur Folge, dass an die Stelle deren Haftung für die gesellschaftlichen Verbindlichkeiten gemäß § 1203 ABGB nunmehr jene der OHG getreten sei, für welche die Gesellschafter wieder nach § 128 HGB persönlich hafteten. Aus dem seinerzeitigen Vertragsabschluss sei demnach für die Antragsgegnerin ein neben § 128 HGB bestehender weiterer Haftungsgrund nicht zu gewinnen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist zwar zulässig, weil auch im Fall des Begehrens auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Forderung der Streitgegenstand durch die Forderungshöhe bestimmt wird (RIS-Justiz RS0042447), es kommt ihm jedoch keine Berechtigung zu.

Gemäß § 1175 ABGB wird durch einen Vertrag, vermöge dessen zwei oder mehrere Personen einwilligen, ihre Mühe allein oder auch ihre Sachen zum gemeinschaftlichen Nutzen zu vereinigen, eine Gesellschaft zu einem gemeinschaftlichen Erwerbe errichtet. Einer derartigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist der Betrieb eines Vollhandelsgewerbes verschlossen, sie kommt nur zum Betrieb eines Minderhandelsgewerbes in Betracht, also auch für Grundhandelsgewerbe, die nach Art und Umfang einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb nicht erfordern (Kastner/Doralt/Nowotny, Grundriss5, 53; Grillberger in Rummel ABGB3 § 1175 Rz 2; Jabornegg/Resch in Schwimann ABGB2 § 1175 Rz 2a). Es ist gesicherte Rechtsprechung, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts keine juristische Person ist. Zurechnungssubjekte von Rechten und Pflichten sind daher nur die Gesellschafter (Jabornegg/Resch aaO Rz 20 mwH). Das Vermögen der Gesellschaft steht im Miteigentum der Gesellschafter nach ideellen Anteilen (§ 1183 ABGB). Gemäß § 1203 ABGB haften die Gesellschafter auch mit ihrem Privatvermögen, und zwar solidarisch, wenn ein Handelsgeschäft vorliegt (Grillberger aaO §§ 1202, 1203 Rz 5; Jabornegg/Resch aaO § 1203 Rz 6 je mwH).

Demgegenüber liegt der OHG als Personengesellschaft des Handelsrechts das Gesamthandprinzip zugrunde; sie kann gemäß § 124 HGB am Rechtsverkehr teilnehmen und Träger von Rechten und Pflichten sein. Ihr Vermögen steht der Gesellschaft zu. Gemäß § 128 HGB haften die Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Entgegenstehende Vereinbarungen sind Dritten gegenüber unwirksam.

Nach ständiger Rechtsprechung kann der Abschluss des Gesellschaftsvertrages einer OHG auch schlüssig erfolgen. Es ist herrschende Auffassung, dass eine Offene Handelsgesellschaft auch ohne den rechtsgeschäftlichen Willen der Gesellschafter, eine OHG gründen zu wollen, entsteht, sofern nur die Voraussetzungen einer solchen vorliegen. Nicht alle durch ein rechtsgeschäftliches Verhalten ausgelösten Rechtsfolgen müssen von den Parteien tatsächlich auch gewollt sein. Liegen die Voraussetzungen einer Offenen Handelsgesellschaft vor, kommt es auch ohne den Willen der Beteiligten zur Entstehung einer OHG. Dies folgt unter anderem aus dem numerus clausus im Gesellschaftsrecht und der Einrichtung der Offenen Handelsgesellschaft als gesetzlicher Auffangtatbestand. Der Privatautonomie sind im Gesellschaftsrecht Grenzen gesetzt. Durch Parteienvereinbarungen können keine neuen Gesellschaftsformen geschaffen werden (JBl 1986, 591; 5 Ob 7/99m).

Vor dem Hintergrund dieser rechtlichen Gegebenheiten entwickelten Lehre (Kastner, ÖJZ 1951, 30 ff; Kastner/Doralt/Nowotny aaO 54 f; Grillberger aaO § 1175 Rz 39; Jabornegg/Resch aaO § 1175 Rz 33) und Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0023318; JBl 1986, 591; ecolex 1991, 696; 3 Ob 167/02h) die Figur des identitätswahrenden Rechtsformwechsels, wonach die Veränderung des Geschäftsvolumens einen automatischen Wechsel der Rechtsform unabhängig vom Willen der Gesellschafter auslöse, ohne dass ein Auflösungsgrund vorläge, es somit zu einem fließenden Übergang ohne besonderen Übertragungsakt komme. Bei Rechtsformwechsel von Minderhandelsgewerbe zu Vollhandelsgewerbe gemäß § 1 HGB werde aus einer bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts ohne Weiteres eine Offene Handelsgesellschaft. Umgekehrt werde bei Verlust der Merkmale des Vollhandelsgewerbes aus der nicht im Firmenbuch eingetragenen OHG eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Es ändere sich somit zwar die Rechtsform, nicht aber das im Gesamthandeigentum der Gesellschafter stehende Gesellschaftsvermögen.

An dieser Rechtsprechung und Lehre übt Grünwald ("Rechtsfolgen des Erwerbs bzw Verlusts der Vollkaufmannseigenschaft bei Personengesellschaften", GesRZ 1993, 132 und 225) Kritik. Schon die gravierenden strukturellen Unterschiede zwischen GesbR und OHG stünden der Annahme einer identitätswahrenden Umwandlung zwischen diesen beiden Gesellschaftsformen entgegen. Der Wechsel zwischen den sich aus der Gesamthand ergebenden Beschränkungen und der bloß obligatorischen Bindung des Vermögens habe zudem tiefgreifende Auswirkungen auf Gesellschafter und Dritte. Zudem bedürfe es jeweils der Einhaltung der sachenrechtlich vorgesehenen Übertragungsakte. Bei Verlust der Vollkaufmannseigenschaft bleibe die Gesellschaft als sogenannte "fehlerhafte Gesellschaft" bestehen und könne von den Gesellschaftern oder durch das Gericht von Amts wegen aufgelöst werden. Die Gesellschaft sei im Rahmen eines Liquidationsverfahrens abzuwickeln, die Übertragung der Rechte und Pflichten auf eine etwaige Gesellschaft bürgerlichen Rechts habe sich nach den Regeln der Einzelrechtsnachfolge zu richten. Der Erwerb der Vollkaufmannseigenschaft führe zwar zum Entstehen einer Personenhandelsgesellschaft, doch sei diese nicht ident mit der ursprünglichen Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Diese werde vielmehr durch die Ausweitung des Geschäftsvolumens aufgelöst, die ihr zugeordneten Rechte und Pflichten werden von den auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhenden schuldrechtlichen Bindungen befreit. Für die Begründung von gesamthänderisch gebundenem Vermögen, aber auch für die Übertragung der gesellschaftlichen Verpflichtungen auf die Personenhandelsgesellschaft sei die Einhaltung der sachenrechtlichen Modalitäten erforderlich.

Diesen rechtlichen Überlegungen, die, wollte man dem Gedanken des selbständigen Entstehens der OHG und der Auflösung der GesbR folgen, wegen der fortdauernden Haftung der Gesellschafter der GesbR (Jabornegg/Resch aaO § 1203 Rz 9) tatsächlich dem Standpunkt der Antragsgegnerin zum Erfolg verhelfen könnten, kann jedoch nicht gefolgt werden. Wie Koppensteiner in Straube HGB3 § 131 Rz 8 darlegt, sind von der Auflösung der Gesellschaft nach heute herrschender Meinung Fälle zu unterscheiden, in denen - bei fortbestehender Gesellschaft - eines der Merkmale einer OHG entfällt. Ausschlaggebend für diese Ansicht sei, dass die als Folge der Auflösung vorgesehene Liquidation hier nicht passe. Hiezu kommt, dass unbeschadet der Frage der abschließenden Regelung der Auflösungsgründe im § 131 HGB (Koppensteiner aaO Rz 5) jedenfalls das bloße Absinken des Geschäftsvolumens in Gewicht und Bedeutung den dort genannten Auflösungsgründen nicht gleichgestellt werden kann. Der in der bereits dargestellten Rechtsprechung (insbesondere ecolex 1991, 696) beschriebene fließende Übergang des in der Gesellschaft gebundenen Gesamthandvermögens zum obligatorisch gebundenen Miteigentum der Gesellschafter könnte dogmatisch noch am ehesten § 142 Abs 1 HGB zugeordnet werden, wie dies der BGH als zulässig angesehen hat (vgl RIS-Justiz RS0023318).

Die hier allein interessierende Frage des identitätswahrenden Wechsels von einer GesbR zu einer OHG im Falle der Entwicklung zum vollkaufmännischen Gewerbe wird von U. Torggler/H. Torggler in Straube HGB3 § 105 Rz 11 kritisch und als noch keineswegs abschließend geklärt gesehen, doch erscheint auch hier die Übertragung der Rechte und Pflichten der GesbR im Wege der Einzelrechtsnachfolge nicht sinnvoll, werden doch die Gläubiger durch das Hinzukommen eines weiteren Haftungssubjekts, zumindest solange das Unternehmen solvent ist, eher besser- als schlechtergestellt. Hiezu kommt, dass durch die hier erfolgte Eintragung der OHG in das Firmenbuch die Publizität ausreichend gewahrt wurde. In Anbetracht der einheitlich und lang bestehenden Lehre und Rechtsprechung zum identitätswahrenden Rechtsformwechsel ist davon auszugehen, dass gerade einer Bank die Möglichkeit bewusst sein muss, ihr Kreditnehmer könne sich von einer GesbR in eine OHG wandeln. Es ist ihr dann aber auch zuzusinnen, die Entwicklung des Unternehmens zu beobachten und nach Eintragung der OHG im Firmenbuch etwa durch Einforderung von Bürgschaften der Gesellschafter (zur Zulässigkeit RIS-Justiz RS0032112; RS0052163; RS0112372) auf befürchtete Nachteile in einem allfälligen Insolvenzverfahren entsprechend zu reagieren. Was den Erwerb von Gesamthandeigentum betrifft, verweisen U. Torggler/H. Torggler aaO durchaus zutreffend auf Art Nr 9 Abs 1 EVHGB, wonach die Einlagen der Gesellschafter und die durch die Geschäftsführung für die Gesellschaft erworbenen Gegenstände gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter werden.

Da somit kein Anlass besteht, von bisheriger Lehre und Rechtsprechung abzugehen, hat es dabei zu verbleiben, dass der Antragsteller durch den bereits mehrfach beschriebenen Rechtsformwechsel zum Gesellschafter einer OHG wurde. Da diese - wie dargestellt - in die Rechte und Pflichten der GesbR eingetreten ist und in Anbetracht der Unternehmensbezogenheit des Kredits von einer von der GesbR losgelösten privaten Haftungsübernahme keine Rede sein kann, kommt ihm das Haftungsprivileg des § 164 Abs 2 KO zugute. Danach wird die Haftung des Gesellschafters der Offenen Handelsgesellschaft abweichend von sonstigen Mitschuldnern der Gesellschaftsschuld (§ 18 AO) durch Erfüllung des Zwangsausgleichs der Gesellschaft überhaupt aufgehoben. Wird die Forderung des Gesellschaftsgläubigers durch rechtzeitige Erfüllung der Ausgleichsverbindlichkeit der Gesellschaft getilgt, bleibt ihm keine Möglichkeit, auf § 128 HGB zurückzugreifen und für seinen Forderungsausfall den Gesellschafter heranzuziehen. Diese Rechtswirkungen des Gesellschaftsausgleichs kommen auch dem Gesellschafter zustatten, über dessen Privatvermögen gleichzeitig ein Insolvenzverfahren anhängig ist. Nach § 165 Abs 2 KO werden bei gleichzeitiger Anhängigkeit des Konkurses über das Gesellschaftsvermögen und des Konkurses oder Ausgleiches über das Privatvermögen des persönlich haftenden Gesellschafters durch den Gesellschafterausgleich die Forderungen der Gesellschaftsgläubiger nur insoweit getroffen, als sie in diesem Konkurs nach § 57 KO oder in diesem Ausgleichsverfahren nach § 27 AO überhaupt zu berücksichtigen sind. Gemäß § 27 AO sind Gläubiger einer Handelsgesellschaft im Ausgleichsverfahren gegen einen persönlich haftenden Gesellschafter nur mit dem Betrag zu berücksichtigen, der durch die anderweitige Geltendmachung nicht befriedigt wird, wobei auf die Begünstigungen, die dem Gesellschafter aufgrund eines Zwangsausgleichs oder Ausgleichs der Gesellschaft zustatten kommen, Bedacht zu nehmen ist. Es kann daher bei gleichzeitiger Anhängigkeit von Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft und des Gesellschafters in Letzterem dann, wenn im Gesellschaftskonkurs ein Zwangsausgleich abgeschlossen und bestätigt wurde, nur der Ausgleichsausfall verfolgt werden, also jener Betrag, den die Gesellschaft nach den Bedingungen ihres Ausgleichs zu zahlen hatte, jedoch nicht bezahlte (SZ 54/139; 3 Ob 167/02h).

Dem Revisionsrekurs ist ein Erfolg zu versagen.

Nach ständiger Rechtsprechung ist das insolvenzrechtliche Rechtsmittelverfahren - ausgenommen das Konkurseröffnungsverfahren - einseitig (RIS-Justiz RS0116129; 8 Ob 129/98y). Ob hier in Anbetracht der Besonderheit des Verfahrens ein Bedürfnis und Erfordernis bestehen könnte, dem Rechtsmittelgegner die Möglichkeit der Äußerung einzuräumen, muss nicht abschließend geprüft werden, weil die Rechtsmittelbeantwortung jedenfalls verspätet ist. Gemäß § 176 Abs 1 KO beträgt die Rekursfrist 14 Tage. Gemäß § 171 KO sind auf das Verfahren die Jurisdiktionsnorm und die Zivilprozessordnung und ihre Einführungsgesetze nur so weit sinngemäß anzuwenden, als in der Konkursordnung nichts anderes angeordnet ist. Der Hinweis in der Revisionsrekursbeantwortung auf § 521a ZPO muss versagen, weil keiner der dort genannten Fälle vorliegt und zudem auch diese Gesetzesstelle nunmehr im Fall des § 521a Abs 1 Z 4 ZPO eine bloß 14-tägige Rekursfrist vorsieht. Selbst eine Analogie zu § 402 Abs 1 EO, nach dem in Verfahren auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung § 521a ZPO sinngemäß anzuwenden ist, könnte nicht zur Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels führen, weil nach dem Abs 3 dieser Gesetzesstelle die Frist für den Rekurs und dessen Beantwortung ebenfalls 14 Tage beträgt.

Die am letzten Tag einer angenommenen vierwöchigen Frist zur Post gegebene Revisionsrekursbeantwortung ist daher als verspätet zurückzuweisen.

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