OGH 8Ob88/23h

OGH8Ob88/23h19.10.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn und die Hofräte Dr. Stefula und Dr. Thunhart in der Rechtssache der klagenden Partei R* AG, *, vertreten durch Mag. Markus Miedl, LL.M., Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. M*, und 2. M* GmbH, *, beide vertreten durch die Emberger Molzbichler Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 291.660 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz vom 20. Juli 2023, GZ 2 R 103/23i‑27, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0080OB00088.23H.1019.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Der Erstbeklagte ist Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der Zweitbeklagten. Mit der im gerichtlichen Vergleich vom 4. 5. 2017 enthaltenen „Besserungsvereinbarung“ verpflichteten sich die Beklagten gegenüber der Klägerin unter anderem zurZahlung von 60 % allfälliger unentgeltlicher Vermögenszuwendungen, die ihr bis zur vollständigen Erfüllung des Vergleichs zufließen.

Der Zweitbeklagte war auch Geschäftsführer der A* GmbH. Mit Kauf‑ und Abtretungsvertrag vom 1. 7. 2018 übertrug die dem Bruder des Erstbeklagten gehörige K* GmbH ihreGeschäftsanteile an der A* GmbH zum Kaufpreis von 12 Mio EUR an die den Söhnen des Erstbeklagten gehörige aV* GmbH und letztlich die R* GmbH des Geschäftsführers. Die dem Geschäftsabschluss vorausgehenden Verhandlungen hatten im April 2018 begonnen. Obwohl bereits Ende Juni 2018 Einigkeit über den Kaufpreis erzielt worden war, verpflichtete sich die K* GmbH noch am 28. 6. 2018, der Zweitbeklagten eine Provision von 500.000 EUR für die „Vermittlung“ des Kauf‑ und Abtretungsvertrags zu bezahlen. Nach Erhalt dieses Betrags entrichtete die Zweitbeklagte eine Körperschaftssteuer von 13.900 EUR.

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen verpflichteten die Beklagten zur Zahlung von 291.660 EUR sA an die Klägerin, weil es sich bei der als Provision titulierten Zahlung mangels Verdienstlichkeit der Beklagten um eine unentgeltliche Vermögenszuwendung im Sinne der „Besserungsvereinbarung“ handle.

1. Mit ihrer außerordentlichen Revision richten sich die Beklagten gegen die Rechtsansicht der Vorinstanzen, wonach die Provisionsvereinbarung ohne Gegenleistung erfolgt sei. Eine Gegenleistung, die der Qualifikation als unentgeltlich entgegensteht, muss keine geldwerte Leistung sein, sondern es genügt, wenn auf der Seite des Leistenden ein Interesse an einem bestimmten Verhalten des Empfängers der Leistung besteht (RIS‑Justiz RS0018846; RS0018852). Das Vorbringen der Beklagten, wonach die Zahlung – entgegen dem Wortlaut der getroffenen Vereinbarung – geleistet worden sei, damit der Erstbeklagte das in Aussicht gestellte Geschäft nicht „platzen“ lässt, wurde erstmals im Revisionsverfahren erstattet und verstößt demnach gegen das Neuerungsverbot. So haben die Beklagten in der Berufung ausdrücklich bestritten, dass der Erstbeklagte den Abtretungsvertrag damals noch zum Scheitern bringen hätte können.

2. Der Provisionsanspruch setzt im Allgemeinen eine Verdienstlichkeit voraus, die darin besteht, dass für den Geschäftsherrn Vertragspartner aufgefunden beziehungsweise diese zum Vertragsabschluss bewegt werden (RS0062747). Soweit die Beklagten sich darauf berufen, dass der Geschäftsabschluss nur durch die Vermittlung des Erstbeklagten zustande gekommen sei, ist ihnen entgegenzuhalten, dass eine noch so verdienstliche Tätigkeit, die zum Abschluss eines Kaufvertrags führt, keinen Provisionsanspruch begründet, wenn diese Tätigkeit nicht aufgrund eines ausdrücklich oder konkludent erteilten Auftrags entwickelt wurde (RS0063026). Da die Parteien des Kauf‑ und Abtretungsvertrags bereits zueinander gefunden und sich sogar schon über den Kaufpreis geeinigt hatten, konnte der Erstbeklagte im Zeitpunkt der Provisionszusage keine Gegenleistung mehr erbringen.

3. Eine Schenkung liegt nicht schon dann vor, wenn der Empfänger des Vermögenswerts mangels Erbringung einer Gegenleistung objektiv in seinem Vermögen bereichert ist, sondern es muss vielmehr auch ein Einverständnis der Vertragspartner über die Unentgeltlichkeit der Vermögensverschiebung vorhanden sein, welches ausdrücklich oder schlüssig erklärt werden kann (RS0018795; RS0019217; RS0019293). Nach ständiger Rechtsprechung reicht es deshalb aus, wenn der Schenkungswille aus den Umständen erschlossen werden kann (RS0018795 [T5, T8]; RS0019217 [T3], RS0019293 [T5]; RS0019356 [T1]). Vor allem wenn schutzwürdige Interessen Dritter berührt werden, wie dies auch im vorliegenden Fall zutrifft, sieht der Oberste Gerichtshof im krassen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer Schenkungsabsicht (RS0111389). Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die eine unentgeltliche Vermögenszuwendung im Sinne der „Besserungsvereinbarung“ angenommen haben, weil im Zeitpunkt der Provisionszusage keine Gegenleistung mehr erbracht werden konnte, ist damit – auch wenn keine ausdrücklichen Feststellungen zur Schenkungsabsicht getroffen wurden – unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung jedenfalls gut vertretbar.

5. Die außerordentliche Revision war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.

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