European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E119188
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten die mit 720,12 EUR (darin enthalten 120,02 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Die Vorinstanzen bejahten eine Ersitzung der Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens hinsichtlich des über die Liegenschaft der Beklagten führenden Weges durch die Rechtsvorgänger der Klägerin. Gegenüber der Klägerin hätten die Beklagten sich aber der Ausübung dieses Rechts widersetzt und die Klägerin habe sich dem gefügt, indem sie über einen Zeitraum von 15 Jahren jährlich um ein Wegbenutzungsrecht angesucht habe und ihr dieses Recht jeweils befristet auf ein Jahr gewährt wurde. Die Dienstbarkeit sei daher nach § 1488 ABGB als erloschen anzusehen, weshalb das auf Feststellung und Zustimmung zur Einverleibung dieses Rechts gerichtete Klagebegehren abzuweisen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 iVm § 500 Abs 2 Z 3 ZPO) – nachträglichen Ausspruch des Berufungsgerichts gemäß § 508 Abs 3 ZPO nicht zulässig.
1. Die Revision macht eine grobe Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen geltend, diese hätten sich nicht mit ihrem Vorbringen auseinandergesetzt, der Erstbeklagte habe sie listig unter dem Vorwand, die jährlichen Ansuchen nur zur Abwehr gegen Dritte zu benötigen, zur Unterfertigung der Gesuche veranlasst.
Allerdings liegen die in diesem Zusammenhang geltend gemachten sekundären Verfahrensmängel nicht vor. Das Erstgericht hat konkrete Feststellungen zum Ablauf der Ereignisse getroffen, unter anderem, dass der Erstbeklagte der Klägerin mitteilte, ihr die Nutzung „bis auf Widerruf“ zu gestatten, auf das jährliche Ansuchen bestand, anderenfalls er ihr androhte, „den Weg zu einem Acker zu machen“ bzw abzusperren und als sie einmal auf das Ansuchen vergaß, tatsächlich den Weg mit einer Kette versperrte.
Das Erstgericht hat daher Feststellungen zu einem allfälligen listigen Vorgehen der Beklagten nicht unterlassen, sondern ist von einem anderen als von der Klägerin gewünschten Sachverhalt ausgegangen. Ein sekundärer Verfahrensmangel liegt aber nur dann vor, wenn das Gericht aufgrund unrichtiger Rechtsansicht Feststellungen nicht getroffen hat, nicht wenn diese Feststellungen nicht den von einer Partei gewünschten entsprechen (vgl RIS-Justiz RS0053317).
Soweit die Revision daher List geltend macht, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus und ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt.
2. Die Anfechtung eines Vertrags wegen Furcht setzt voraus, dass die diesen Anfechtungsanspruch begründende Drohung ursächlich war, dass sie also Ursache, zumindest Mitursache für die Willenserklärung des Bedrohten war, dass es sich um eine ungerechte Drohung gehandelt hat und dass die dadurch veranlasste Furcht des Bedrohten begründet war (RIS-Justiz RS0014840). Furcht ist begründet, wenn das Übel, das die bedrohte Person unmittelbar treffen soll, so bedeutsam ist, dass seine Abwendung durch die Abgabe der verlangten Willenserklärung als vernünftig und zweckmäßig bezeichnet werden kann.
Wenn die Klägerin sich zu den jährlichen Ansuchen aufgrund des unleidlichen Verhaltens des Erstbeklagten und um den nachbarlichen Frieden zu erhalten entschloss, ist dies zwar gut nachvollziehbar, begründet aber keine die Willensfreiheit in relevantem Ausmaß einschränkende Zwangslage. Dem Vorfall mit der Harke kommt insofern keine Bedeutung zu, als er sich erst 2015 ereignete.
3. Auf eine Hemmung der Verjährung durch Vergleichsgespräche hat sich die Klägerin in erster Instanz nicht berufen. Die Ausführungen in der Revision dazu stellen eine unzulässige Neuerung dar. Auch im Rahmen der Überprüfung der rechtlichen Beurteilung nach allen Richtungen ist das Rechtsmittelgericht an den von den Parteien vorgetragenen Sachverhalt gebunden und hat sich auf den sich aus dem Parteivorbringen ergebenden Streitgegenstand zu beschränken (RIS-Justiz RS0043338 [T7]).
Im Übrigen ergeben sich aus dem Sachverhalt auch keine Anhaltspunkte für Vergleichsverhandlungen, aus denen auf eine Hemmung der Verjährung von Ansprüche geschlossen hätte werden können. Für die Annahme von Vergleichsverhandlungen reicht es aus, dass der Gläubiger seine Ansprüche anmeldet und der Schuldner eine Stellungnahme abgibt, in der er den Anspruch nicht vollständig ablehnt (RIS-Justiz RS0034518 [T5]). Im vorliegenden Fall haben die Beklagten im Jahr 2000 der Klägerin erklärt, ihr die Durchfahrt nur gegen Widerruf und nur nach jeweiligem Ansuchen für ein Jahr zu gestatten. Dem hat die Klägerin durch das jeweilige Stellen dieser Ersuchen entsprochen. Darin liegt entgegen der Revision aber kein Verhandeln über ein strittiges Recht.
4. Die außerordentliche Revision ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagten haben auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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