OGH 8Ob52/04m

OGH8Ob52/04m11.11.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Rohrer, Dr. Kuras und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria K*****, vertreten durch Dr. Thomas Ebner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Gerhard H*****, wegen Aufhebung des Miteigentums an Liegenschaften (Streitwert EUR 10.537,56), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 4. März 2004, GZ 16 R 277/03b-5, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten vom 12. November 2003, GZ 1 Cg 181/03a-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Zurückweisungsbeschluss des Erstgerichtes ersatzlos behoben wird. Dem Erstgericht wird die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über die Klage unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Mit ihrer am 11. 11. 2003 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Miteigentumsgemeinschaft der Streitteile an bestimmt bezeichneten Liegenschaften durch Naturalteilung aufzuheben und den Beklagten schuldig zu erkennen, der Einverleibung des Eigentumsrechts für die Klägerin an den Hälfteanteilen bestimmter Liegenschaften zuzustimmen, wobei die Zustimmung mit Rechtskraft des Urteils als ersetzt zu gelten habe. Die Ehe der Streitteile sei Anfang des Jahres 2002 geschieden worden. Bis dahin haben die Parteien gemeinsam einen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet, dessen Liegenschaften ihnen teils von den Eltern der Klägerin, teils von den Eltern des Beklagten ins jeweilige Hälfteeigentum übergeben worden seien. Ein nach der Scheidung eingebrachter Antrag der Klägerin, diesen gemeinsamen landwirtschaftlichen Besitz gemäß §§ 81 ff EheG aufzuteilen, sei mit der Begründung zurückgewiesen worden, dass das außerstreitige Verfahren für die Unternehmensaufteilung unzulässig sei. Es werde daher nunmehr die Naturalteilung begehrt, welche naheliegenderweise dadurch durchgeführt werden könne, dass der Klägerin die von ihren Eltern stammende Landwirtschaft ins Alleineigentum übertragen werde und sie als Wertausgleich entweder eine Zahlung von EUR 500.000 oder Teile des von den Eltern des Beklagten stammenden Besitzes übertragen erhalte.

Das Erstgericht wies die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts zurück. Gemäß § 49 Abs 2 Z 2c JN gehörten ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes die aus dem gegenseitigen Verhältnis der Ehegatten oder aus dem Verhältnis zwischen Eltern und Kindern entspringenden Streitigkeiten vor die Bezirksgerichte. Zwar seien grundsätzlich Teilungsklagen auch ohne familienrechtliches Verhältnis der Streitteile möglich und denkbar, doch stelle in der hier konkret zu beurteilenden Fallkonstellation das familienrechtliche Verhältnis die Grundlage des Streites dar. Das Gericht zweiter Instanz gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Klägerin nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 4.000, nicht aber EUR 20.000 übersteige und dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Zweck der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung sei es, Streitigkeiten im Zusammenhang mit einem Scheidungsverfahren beim Bezirksgericht zu konzentrieren. Im hier zu beurteilenden Fall sei der landwirtschaftliche Betrieb von den Ehegatten in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt worden. Es werde nicht übersehen, dass auch nicht verheiratete Personen gemeinsam eine Landwirtschaft führen, diese Gemeinschaft auflösen und danach die Naturalteilung begehren könnten. Dennoch lasse sich die gemeinsame Führung des Betriebes durch die Ehegatten und ihr aus dem Eheverhältnis abgeleitetes Verhalten nicht trennen. Zwar unterliegen nach § 82 Abs 1 Z 3 und 4 EheG Unternehmen nicht der Aufteilung gemäß §§ 81 ff EheG, doch sei andererseits gemäß § 91 Abs 2 und 3 EheG unter gewissen Voraussetzungen der Wert des ins Unternehmen eingebrachten ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse in die Aufteilung einzubeziehen. Das zeige die Notwendigkeit, alle Streitigkeiten im Zusammenhang mit einem Scheidungsverfahren beim Bezirksgericht zu konzentrieren. Damit könnten nicht nur Doppelgleisigkeiten, sondern vor allem widersprüchliche Ergebnisse aufgrund eines außerstreitigen Aufteilungsverfahrens und eines Teilungsprozesses am ehesten vermieden werden.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig (§ 528 Abs 2 Z 2 ZPO); es kommt ihm auch Berechtigung zu.

Gemäß § 49 Abs 2 Z 2c JN ist die Eigenzuständigkeit des Bezirksgerichtes auch für andere als in den vorstehenden Ziffern aufgezählte Streitigkeiten gegeben, wenn diese aus dem gegenseitigen Verhältnis der Ehegatten oder aus dem Verhältnis zwischen Eltern und Kindern entspringen. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (RIS-Justiz RS0110918; RS0044093) sind mit Streitigkeiten aus dem gegenseitigen Verhältnis der Ehegatten nur solche gemeint, die im Familienrecht wurzeln und ohne Berücksichtigung der den Ehegatten kraft Gesetzes auferlegten besonderen Rechte und Pflichten nicht zu lösen sind (in diesem Sinne auch Mayr in Rechberger ZPO² § 49 JN Rz 7). Die Streitigkeit darf ohne das Eheverhältnis gar nicht denkbar sein. Kann der geltend gemachte Anspruch auch zwischen Personen bestehen, die nicht miteinander verheiratet sind bzw verheiratet waren, liegt keine Streitigkeit aus dem Eheverhältnis vor. Hätte der Gesetzgeber nämlich jede Streitigkeit zwischen Ehegatten den Bezirksgerichten zuteilen wollen, dann hätte es genügt, in der zitierten Gesetzesstelle lediglich auf Streitigkeiten zwischen Ehegatten abzustellen (Simotta in Fasching, Zivilprozessgesetze² § 49 JN Rz 38). Diesen engen Bezug zum Verhältnis der Ehegatten sah der Oberste Gerichtshof etwa in seiner Entscheidung 2 Ob 561/95 nicht, in der es um den Anspruch auf anteiligen Aufwandsersatz für die im Miteigentum der Parteien stehende ehemalige Ehewohnung ging. In der Entscheidung 4 Ob 512/95 wertete der Oberste Gerichtshof die Tatsache, dass die Streitteile bei Abschluss einer Vereinbarung über die Übertragung des Eigentums an einer Liegenschaft verheiratet gewesen seien, als nicht bedeutsam und stellte klar, dass die (Wert-)Zuständigkeit des angerufenen Gerichtshofes und die Zulässigkeit des streitigen Rechtsweges auch nicht dadurch aufgehoben werde, dass zwischen den Streitteilen ein Aufteilungsverfahren anhängig sei. In der Entscheidung 1 Ob 287/99h schließlich wurde der Streit um die ungestörte Benützung von Geschäftsräumlichkeiten einer bürgerlich rechtlichen Erwerbsgesellschaft, die von den geschiedenen Ehegatten auch nach der Ehescheidung weitergeführt worden war, nicht als ein solcher im Sinn des § 49 Abs 2 Z 2c JN qualifiziert, weil die zwischen den Parteien bestehende Rechtsgemeinschaft das Eheband nicht voraussetze. Diese bloß beispielsweise Aufzählung oberstgerichtlicher Entscheidungen zeigt (ebenso wie die bei Simotta aaO Rz 43 ff wiedergegebene Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz, nach der unter anderem Teilungsklagen als nicht in die Eigenzuständigkeit des Bezirksgerichtes fallend qualifiziert wurden [Rz 44]), dass der hier vorliegende Rechtsstreit nicht unter § 49 Abs 2 Z 2c JN subsumiert werden kann, weil - wie dies auch das Rekursgericht einräumt - auf das Miteigentum gestützte Klagen auch zwischen familienfremden Personen möglich sind. Dass im konkreten Fall die in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbundenen Miteigentümer Ehegatten waren, vermag die Zuständigkeitsverschiebung zum Bezirksgericht nicht zu begründen, ist doch der Umstand, dass die Parteien einmal verheiratet waren, für das Verfahren ohne rechtliche Bedeutung. Dem Revisionsrekurs ist Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt gründet auf § 52 Abs 1 ZPO.

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