OGH 4Ob512/95

OGH4Ob512/957.3.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elfriede P*****, vertreten durch Dr.Gunther Gahleithner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Leopold P*****, vertreten durch Dr.Reinhart Kolarz, Rechtsanwalt in Stockerau, wegen Abgabe einer Zustimmungserklärung (Streitwert S 350.000,--), infolge Revisionsrekurses des Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 29. November 1994, GZ 15 R 182/94-13, womit der Beschluß des Landesgerichtes Korneuburg vom 4.Juli 1994, GZ 16 Cg 6/94z-7, "aufgehoben" wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 16.020,-- bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin S 2.670,-- USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, einer Ausfolgung der mit den Beschlüssen des Bezirksgerichtes Stockerau vom 14.1., 10.2., 9.3., 14.4., 17.5., 29.6., 12.7., 16.8., 8.9., 11.10., 10.11. und 10.12.1993 zu GZ 1 Nc 1001/92 gem § 1425 ABGB zu Gericht angenommenen monatlichen Erläge in Höhe von je S 29.339,20 der B***** AG, Filiale *****, welche unter I HMB 15/93 von der Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Wien in Verwahrung genommen wurden, zuzustimmen.

Die zwischen den Streitteilen am 11.11.1961 geschlossene Ehe sei mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Stockerau vom 31.3.1992, 1 C 415/91, ohne Verschuldensausspruch geschieden worden. Die Streitteile hätten am 4.6.1973 die Liegenschaft EZ ***** je zur Hälfte erworben und schon bei Errichtung des Kaufvertrages vereinbart, daß die Liegenschaft in das Eigentum der Klägerin übertragen werden solle. 1975 sei die häusliche Gemeinschaft der Streitteile aufgehoben worden. Die Streitteile hätten vereinbart, daß das Elektroinstallationsunternehmen allein dem Beklagten, das Objekt S*****, hingegen allein der Klägerin gehören sollte. Die Klägerin habe sich verpflichtet, den für die Anschaffung aufgenommenen Kredit von rund S 600.000,-- zurückzuzahlen und alle Instandhaltungs- und Renovierungskosten zu tragen; sie habe diese Verpflichtung auch erfüllt. In der Folge habe die Klägerin das Gassenlokal an die B*****AG vermietet; sämtliche Mietzinse seien auf das Konto der Klägerin eingezahlt worden.

Im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen zwischen den Streitteilen habe der Beklagte erreicht, daß die B*****AG seit 1.1.1993 die Mietzinse nicht mehr der Klägerin überweise, sondern bei Gericht erlege. Der Beklagte sei aufgrund der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung verpflichtet, der Ausfolgung an die Klägerin zuzustimmen.

Der Beklagte wandte ein, daß das angerufene Gericht sachlich unzuständig sei.

Beim Bezirksgericht Stockerau sei zu F 5/93 zwischen den Streitteilen ein Aufteilungsverfahren anhängig. Gegenstand dieses Verfahrens sei (unter anderem) das Haus S*****. Bei der Entscheidung über die Zuweisung des Hauses werde auch über die Erträgnisse abzusprechen sein. Für das vorliegenden Verfahren sei daher das Bezirksgericht Stockerau zuständig und der streitige Rechtsweg überhaupt unzulässig. Zumindest sei aber das Aufteilungsverfahren für die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit präjudiziell.

Das Bezirksgericht Stockerau sei auch deshalb zuständig, weil es sich um eine Streitigkeit aus dem Mietrechtsverhältnis handle. Darüber hinaus sei das Bezirksgericht Stockerau als Erlagsgericht zuständig.

Die von der Klägerin behauptete Vereinbarung sei nie getroffen worden. Die Liegenschaft sei aus Mitteln erworben worden, die aus dem gemeinschaftlichen ehelichen Vermögen gestammt hätten. Für die Instandhaltungs- und Renovierungskosten sei der Beklagte aufgekommen, während die Klägerin über die Einnahmen verfügt habe.

Das Erstgericht sprach aus, daß es sachlich und örtlich unzuständig sei. Es wies jedoch die Klage weder zurück noch sprach es die Überweisung an ein anderes Gericht aus. Erst nach Abschluß des Aufteilungsverfahrens werde feststehen, wem das Haus für die Zukunft zugewiesen werde. Erst dann werde auch geklärt werden können, wem die Erträgnisse des Hauses zustehen. Es sei daher zunächst das Erlagsgericht örtlich und sachlich zuständig. Das Bezirksgericht Stockerau sei gemäß § 49 Abs 2 Z 2 c JN als Familiengericht auch für die Aufteilung der Erträgnisse des ehelichen Gebrauchsvermögens zuständig. Die Klägerin versuche offensichtlich, die Mieteinnahmen aus dem Aufteilungsverfahren "herauszubekommen" und den Beklagten vor vollendete Tatsachen zu stellen.

Das Rekursgericht hob den Beschluß des Erstgerichtes auf und trug diesem die Fortsetzung des gesetzlichen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf.

Die Zuständigkeit nach § 49 Abs 2 Z 2 c JN sei nur für Streitigkeiten gegeben, die im Familienrecht wurzelten und familienrechtlichen Charakter hätten. Das Eheverhältnis müsse für den anspruchsbegründenden Sachverhalt zumindest mitbestimmend sein. Aus einem nur zufällig zwischen Ehegatten zustandegekommenen Rechtsverhältnis entstünden keine Streitigkeiten, die für das gegenseitige Verhältnis von Ehegatten typisch seien. Die Klägerin mache Ansprüche aus einer Vereinbarung geltend, die auch unter Personen denkbar sei, die nicht Ehegatten seien.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs des Beklagten ist unzulässig. Gegenstand des Rekursverfahrens war kein Beschluß, mit dem die Unzuständigkeit bei der amtswegigen Zuständigkeitsprüfung festgestellt und die Klage a limine zurückgewiesen worden wäre. Das Rekursgericht hätte daher den erstgerichtlichen Beschluß dahin abändern müssen, daß die Einrede der Unzuständigkeit abgewiesen wird (s Fasching, LB2 Rz 229). Da die Klage auf Zustimmung zur Ausfolgung eines erlegten Geldbetrages gerichtet ist, besteht wohl der Streitgegenstand in einem Geldbetrag (§ 500 Abs 2 Z 1 ZPO; Fasching ErgBd 66; SZ 15/102), doch hätte das Rekursgericht aussprechen müssen, ob der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist (§ 526 Abs 3, § 500 Abs 2 Z 3 ZPO).

Es erübrigt sich aber, die Rechtssache dem Rekursgericht zur Ergänzung seine Entscheidung zurückzustellen:

Das Rekursgericht darf den ordentlichen Revisionsrekurs nur zulassen, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist (§ 528 Abs 1 ZPO). Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, so ist der Revisionsrekurs auch dann unzulässig, wenn der Wert des Entscheidungsgegenstandes - wie hier - über S 50.000,-- liegt.

Im vorliegenden Fall liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor, weil das Rekursgericht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung entschieden hat:

Unter den Zuständigkeitstatbestand des § 49 Abs 2 Z 2 c JN fallen nur Streitigkeiten, die ohne das Ehe- oder Eltern-Kind-Verhältnis gar nicht denkbar wären. Das ist nur dann der Fall, wenn (zB) das Eheverhältnis für den anspruchsbegründenden Sachverhalt mindestens (mit)bestimmend ist (EFSlg 66.861; EvBl 1994/36 mwN; s auch Mayr in Rechberger, ZPO § 49 JN Rz 7). Für die von der Klägerin behauptete Vereinbarung ist die Tatsache, daß die Streitteile bei ihrem Abschluß miteinander verheiratet waren, ohne Bedeutung. Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes und die Zulässigkeit des streitigen Rechtsweges werden auch nicht dadurch aufgehoben, daß zwischen den Streitteilen ein Aufteilungsverfahren anhängig ist. Ansprüche auf Zuhaltung zulässigerweise geschlossener Vereinbarungen über eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse sind im Klageweg geltend zu machen (SZ 53/150; SZ 53/153; SZ 54/126; EvBl 1990/153 ua). Das Gesetz sieht die gerichtliche Aufteilung im Außerstreitverfahren nur vor, soweit sich die Ehegatten über die Aufteilung nicht einigen (§ 85 EheG). Ansprüche auf Durchsetzung oder Anfechtung zulässigerweise getroffener Vereinbarungen gehören in das streitige Verfahren (SZ 53/150).

Das Rekursgericht hat die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes daher in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung zu Recht bejaht. Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage war der Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50, 52 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat in der Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels des Beklagten hingewiesen.

Stichworte