Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidung wird aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der klagende Kleingartenverein hat eine Gemeinschaftswasserleitung hergestellt, an die auch die Liegenschaft der Beklagten als frühere Unterpächterin und nunmehr Eigentümerin einer Parzelle in der Kleingartenanlage angeschlossen ist. Die von der Beklagten über die Gemeinschaftswasserleitung bezogenen Wassermengen werden mittels eines Subzählers registriert, der sich früher außerhalb des Kleingartenhauses in unmittelbarer Nähe der Grundstücksgrenze befand. Im Zuge des Neubaues des Kleingartenhauses verlegte die Beklagte den Subwasserzähler in den Keller ihres Hauses, wobei sie auch die Wasserleitung frostsicher verlegte. Bis zu dem Punkt, an dem sich der Subzähler befand, war die Leitung von der Klägerin errichtet und auch frostsicher erhalten worden. Durch die Verlängerung der Leitung bis zum Subzähler hat sich auch das Risiko der Klägerin hinsichtlich allfälliger Wasserverluste erhöht. Eine Zustimmung des Obmannes des Vereins zu der Verlegung konnte nicht festgestellt werden. Eine Rückverlegung an die Grundstücksgrenze ist durchaus möglich.
Der klagende Verein begehrte einerseits die Feststellung, dass er nicht verpflichtet sei, die Liegenschaft der Beklagten mit Wasser aus der Gemeinschaftswasserleitung zu versorgen, und in eventu die Beklagte schuldig zu erkennen, den vorigen Zustand wiederherzustellen. Er stützte dies zusammengefasst darauf, dass die Beklagte Mitglied des klagenden Vereins sei. Durch die Veränderungen sei es den Organen und Hilfskräften des Vereins nicht mehr möglich, die verbrauchten Wassermengen genau zu erfassen. Das Risiko eines allfälligen Wasserverlusts habe sich erhöht.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete zusammengefasst ein, dass der alte Wasserschacht nicht frostsicher gewesen und ihr auch vom Wasserwerk empfohlen worden sei, den Subzähler ins Haus zu verlegen. Es bestehe weder aufgrund der Statuten des klagenden Kleingartenvereins noch aufgrund des Kleingartengesetzes oder der Vereinsordnung eine Verpflichtung, den Subzähler an einem bestimmten Ort zu positionieren. Die Wasserleitung sei aber die einzige Wasserbezugsmöglichkeit für die Beklagte.
Das Erstgericht wies das Hauptbegehren rechtskräftig ab, gab aber dem Eventualbegehren auf Wiederherstellung Folge. Es ging dabei rechtlich davon aus, dass eine konkludente Vereinbarung hinsichtlich des Wasserbezugs zustandegekommen sei, die sich auf die ursprüngliche Übergabestelle bezogen habe. Die Verlegung habe die Gefahr für den klagenden Verein hinsichtlich eines allfälligen Wasserverlusts unzulässig vergrößert.
Gegen diesen klagsstattgebenden Teil des erstgerichtlichen Urteils erhob die Beklagte Berufung, in der sie auch die Nichtigkeit des Urteils geltend machte. Die Schlichtungseinrichtung nach § 8 Abs 1 VerG sei nicht angerufen worden.
In ihrer Berufungsbeantwortung führte die Klägerin aus, dass sie die Beklagte mit Schreiben vom 23. 1. 2007 selbst von der Nominierung zweier ordentlicher Vereinsmitglieder als Schiedsrichter informiert und die Beklagte aufgefordert habe, ebenfalls zwei Vereinsmitglieder für das Schiedsgericht bekannt zu geben.
Das Berufungsgericht gab der Berufung wegen Nichtigkeit Folge, hob das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Teil samt dem dazu ergangenen Verfahren als nichtig auf und wies die Klage in diesem Umfang zurück. Weiters ordnete es an, dass die Kosten des Verfahrens gegenseitig aufgehoben werden.
Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, dass nach § 8 Abs 1 VerG Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis vor den Schlichtungseinrichtungen auszutragen seien. Sofern das Verfahren vor der Schlichtungseinrichtung nicht früher beendet sei, stehe der ordentliche Rechtsweg erst nach Ablauf von sechs Monaten seit Anrufung der Schlichtungseinrichtung offen. Dies solle eine Entlastung der Gerichte bewirken und die Vereinsmitglieder zur außergerichtlichen Streitbeilegung anhalten. Dabei seien als Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis solche zu verstehen, die ihre Wurzel in einer Vereinsmitgliedschaft haben. Die Nichtbeachtung der Bestimmung des § 8 Abs 1 VerG stelle nach neuerer Rechtsprechung das in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmende Prozesshindernis der Unzulässigkeit des Rechtswegs dar. Auch hier liege eine Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis vor, weshalb die Klägerin zunächst die vereinsinterne Schlichtungsstelle hätte anrufen müssen. Das Vorbringen in der Berufungsbeantwortung verstoße gegen das Neuerungsverbot.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, die Entscheidung dahin abzuändern, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt.
1. Für den Fall, dass das Berufungsgericht unter Nichtigerklärung des erstinstanzlichen Verfahrens und des Urteils die Klage zurückweist, ist sein Beschluss nach § 519 Abs 1 ZPO jedenfalls, also unabhängig vom Streitwert und vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage, anfechtbar (RIS-Justiz RS0043886; RS0043861 jeweils mwN; Kodek in Rechberger ZPO3 § 519 Rz 8).
2. § 8 Abs 1 VerG normiert, dass die Statuten eines Vereins für die Austragung von Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis eine Schlichtungseinrichtung vorzusehen haben. Sofern es zu keiner früheren Beendigung des Schlichtungsverfahrens kommt, steht der „ordentliche Rechtsweg" sechs Monate ab Anrufung der Schlichtungseinrichtung offen.
3. Zu klären ist daher vorweg, ob die vorliegende Streitigkeit überhaupt eine solche ist, die von § 8 VerG erfasst wird. Der Oberste Gerichtshof hat dazu bereits mehrfach ausgeführt, dass der Gesetzgeber (gestützt auf die Gesetzesmaterialien) die Neuregelung im Sinn einer umfassenden Zuständigkeit verstanden hat, die für grundsätzlich alle privatrechtlichen Streitigkeiten zwischen Vereinsmitgliedern und dem Verein oder Vereinsmitgliedern untereinander gilt, sofern diese mit dem Vereinsverhältnis im Zusammenhang stehen (5 Ob 60/05t; 6 Ob 179/08d; zuletzt 6 Ob 280/08g). Dies trifft hier für den von der Klägerin auf die Mitgliedschaft der Beklagten gestützten (und allein noch strittigen) Beseitigungs- bzw Wiederherstellungsanspruch zu (vgl hiezu auch jüngst Mayr, Vereinsstreitigkeiten zwischen Schlichtungseinrichtung, Gericht und Schiedsgericht, ÖJZ 2009, 539 [540 ff]).
4. Damit stellt sich als weitere Frage, ob eine fehlende - oder nicht ausreichende - Befassung der Schlichtungseinrichtung auch noch im Rechtsmittelverfahren mit Erfolg releviert werden kann. Dies hängt davon ab, ob man sie als Frage der materiellen Anspruchsvoraussetzungen im Rahmen der Willensbildung des Vereins qualifiziert, auf die das Neuerungsverbot (§ 482 ZPO) zur Anwendung gelangt (vgl etwa 6 Ob 219/04f), oder als formelle Prozessvoraussetzung der Zulässigkeit des Rechtswegs, die von den Gerichten - allerdings regelmäßig in Abgrenzung zu einem sonst zulässigen anderen Rechtsweg - ohnedies amtswegig zu prüfen ist, sodass insoweit ein Neuerungsverbot nicht besteht (Kodek, aaO § 482 Rz 3).
4.1. Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung 8 Ob 78/06p (SZ 2006/136) die frühere Rechtsprechung zu § 4 Abs 2 lit g VerG 1951 unter Bezugnahme auch auf das einschlägige Schrifttum (Brändle/Claus, Das österreichische Vereinsrecht, 106; Krejci/S. Bydlinski/Rauscher/Weber-Schallauer, VerG 2002 § 8 Rz 2 und 6) im Sinne der Beurteilung als materielle Anspruchsvoraussetzung fortgeschrieben. Dies wurde davor schon in den Entscheidungen 6 Ob 219/04f und 5 Ob 60/05t zugrundegelegt und auch in den nachfolgenden Entscheidungen 7 Ob 139/07b und 6 Ob 174/07t aufrechterhalten.
4.2. Mayr hat in seiner Entscheidungsbesprechung zu 8 Ob 78/06p (JBl 2007, 324 ff) diese Position kritisch hinterfragt und sich einerseits auf den Wortlaut des Gesetzes („ordentlicher Rechtsweg offen") berufen, aber vor allem darauf, dass nicht nachvollziehbar sei, warum die Klage zwar vorerst als zulässig akzeptiert, dann aber mangels Berechtigung abgewiesen werden sollte, fehle es doch für die materiell-rechtliche Unklagbarkeit an einem „Verzicht" auf den Anspruch. Die „Unklagbarkeit" sei hier vielmehr darauf zurückzuführen, dass das Gesetz anstelle der gerichtlichen Geltendmachung vorweg eine andere Form der Rechtsdurchsetzung vorsehe. Auch würde die Absicht des Gesetzgebers, die Gerichte zu entlasten, nicht gefördert, wenn man die Wahrnehmung des Mangels der Befassung der Schlichtungsstelle von der Erhebung einer Einrede abhängig mache. Es sei daher von einer „temporären" Unzulässigkeit des Rechtswegs auszugehen, die zu einer amtswegigen Zurückweisung der Klage mit Beschluss zu führen habe (so auch ders, Vereinsstreitigkeiten zwischen Schlichtungseinrichtung, Gericht und Schiedsgericht, ÖJZ 2009, 539 [540, 542 ff]).
4.3. In seiner Entscheidung vom 4. 9. 2007, 4 Ob 146/07k (JBl 2008, 51 = EvBl 2008/13) ist der 4. Senat dieser (als „überzeugend" bezeichneten) Rechtsansicht gefolgt und hat dies im Wesentlichen mit dem vom Gesetzgeber angestrebten Zweck der Gerichtsentlastung, die nicht von der Erhebung einer Einrede durch eine Prozesspartei abhängig gemacht werden könne, begründet. Er ist von einem „befristeten" Prozesshindernis der Unzulässigkeit des Rechtswegs ausgegangen, wenn die Klage früher als sechs Monate seit Anrufung der vereinsinternen Schlichtungseinrichtung eingebracht wurde, außer das Schlichtungsverfahren wäre bereits vor der Klagseinbringung beendet worden. Diese Rechtsansicht wurde in der Entscheidung desselben Senats zu 4 Ob 168/07w (EvBl 2008/96) weiter aufrechterhalten und es sind ihr inzwischen auch der 7. Senat zu 7 Ob 52/08k (AnwBl 2008, 366 [Mayr]) sowie der 6. Senat in den Entscheidungen zu 6 Ob 179/08d, 6 Ob 189/08z und 6 Ob 280/08g gefolgt (RIS-Justiz RS0122426).
4.4. Rauscher hat in seiner Besprechung der Entscheidung 4 Ob 146/07k (Zak 2007, 367) diese Änderung der Rechtsprechung begrüßt und die noch als Mitautor im Kommentar vertretene Meinung verworfen. Auch Ballon, Einführung in das österreichische Zivilprozessrecht, Streitiges Verfahren12 (2009) Rz 49/1 und 484 folgt dieser Auffassung.
4.5. Betrachtet man nun die wesentlichsten praktischen Unterschiede zwischen der Einordnung als materielle Anspruchsvoraussetzung (alte Rechtsprechung) oder als prozessuale Frage der Rechtswegzulässigkeit (neuere Rechtsprechung), so fällt vor allem ins Gewicht, dass die Frage der Rechtswegzulässigkeit von Amts wegen zu prüfen und darüber mit Beschluss zu entscheiden ist (allgemein etwa Rechberger/Simotta Zivilprozessrecht7 Rz 512 ff). Daraus ergibt sich weiters, dass sowohl inhaltlich (Tatfragen - grundsätzlich keine Überprüfung der Beweiswürdigung im Rekursverfahren) als auch formell (etwa grundsätzlich keine Bekämpfbarkeit einer die Zulässigkeit bestätigenden Entscheidung - 6 Ob 189/08z) bloß eingeschränkte Anfechtungsmöglichkeiten bestehen. Im Rahmen der Rekursverfahren besteht grundsätzlich auch keine Möglichkeit einer mündlichen Verhandlung zur Erörterung strittiger Fragen (RIS-Justiz RS0044000). Inwieweit dann, wenn diese Frage erstmals im Berufungsverfahren bei der Prüfung der Prozessvoraussetzungen auftritt, das Berufungsgericht regelmäßig (§ 473 Abs 2 ZPO) und der Oberste Gerichtshof bei der Behandlung der Revision immer (§ 509 Abs 3 ZPO; vgl zum rechtlichen Gehör etwa auch RIS-Justiz RS0041857 mwN) auf Erhebungen durch einen ersuchten Richter verwiesen sein werden (fehlende Unmittelbarkeit), bedarf hier keiner weiteren Erörterung, weil im vorliegenden Fall der Oberste Gerichtshof als Rekursgericht entscheidet. Dass der Gesetzgeber diese besondere Konstellation bei den allgemeinen verfahrensrechtlichen Regelungen zur Überprüfung der Zulässigkeit des Rechtswegs offenbar nicht bedacht hat, erklärt sich schon daraus, dass ja sonst diese Frage (etwa Abgrenzung zur Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden etc) regelmäßig allein aufgrund der gestellten Begehren und des Vorbringens geklärt werden kann (vgl allgemein Ballon in Fasching2 § 1 JN Rz 72 ff mwN).
Gerade Fälle wie der vorliegende zeigen, dass sich mangels einer einheitlichen Ausgestaltung des „Schlichtungsverfahrens" sowie der Überlassung dieses Verfahrens und der Ausgestaltung der Schlichtungsstellen in den vereinsautonomen Bereich bei der Prüfung dieser „Prozessvoraussetzung" verschiedenste schwierig zu beurteilende Sachverhalts- und Beweisfragen stellen (können). Die Zuordnung als Prozessvoraussetzung kann im Hinblick auf die einschränkende Ausgestaltung des Verfahrens zur Prüfung von Prozessvoraussetzungen also auch zu Erschwerungen führen. Das Argument, dass es nicht von einem Einwand der Parteien abhängen könne, ob sie die Schlichtungsstelle befassen, ist praktisch gesehen insoweit nur bedingt tragfähig, weil eine (wie sonst bei Prozessvoraussetzungen übliche und typische) amtswegige Prüfung gerade hier schwer möglich ist und außerdem den Parteien wohl meist ohnedies die Möglichkeit offen steht, einvernehmlich das Schlichtungsverfahren (mit daran anknüpfender Rechtswegzulässigkeit) zu beenden.
4.6. Letztlich ist aber einzuräumen, dass - Mayr und Rauscher (aaO) folgend - der Gesetzeswortlaut deutlich für die neuere Rechtsprechungslinie spricht, weil § 8 Abs 1 zweiter Satz VerG klar anordnet: „Sofern das Verfahren vor der Schlichtungseinrichtung nicht früher beendet ist, steht für Rechtsstreitigkeiten nach Ablauf von sechs Monaten ab Anrufung der Schlichtungseinrichtung der ordentliche Rechtsweg offen." Der Bezug auf den „ordentlichen Rechtsweg" legt es nach dem Wortlaut doch nahe, dass der Gesetzgeber dies als Prozessvoraussetzung iS des § 1 JN behandelt haben wollte. Im Hinblick darauf schließt sich auch der erkennende Senat somit der neuen (oben zu 4.3. referierten) Rechtsprechungslinie an.
4.7. Daraus folgt, dass das Berufungsgericht zutreffend auch ohne entsprechenden Einwand bereits im erstgerichtlichen Verfahren diese „Prozessvoraussetzung" geprüft und deren (allfälligen) Mangel aufgegriffen hat.
5. Es stellt sich damit die weitere Frage, wie das Vorliegen der Voraussetzungen für diese „Prozessvoraussetzung" zu ermitteln ist und wie inhaltlich die Anforderungen des § 8 Abs 1 VerG zu beurteilen sind (Beginn des Fristenlaufs, „Beendigung" des Verfahrens vor der Schlichtungseinrichtung, Entscheidungszeitpunkt).
5.1. Als wesentliches praktisches Problem zeigt sich zunächst, dass § 8 Abs 1 VerG auf verschiedenste Umstände abstellt, die dem Gericht gar nicht bekannt sein können, trotzdem aber im Rahmen einer amtswegig vorzunehmenden Prüfung der Rechtswegzulässigkeit geprüft werden müssen. So sind den Gerichten regelmäßig weder die gerade gültigen Statuten bekannt, noch wie sich die Parteien allenfalls im Rahmen der darin häufig vorgesehenen Verfahren zur Errichtung der Schlichtungsstellen verhalten haben. Im vorliegenden Verfahren wurde etwa die Frage, inwieweit und welche Bestimmungen die Statuten über eine Schlichtungseinrichtung enthalten, überhaupt noch nicht geklärt.
Nähere Regelungen zur Behandlung dieser Art der „Rechtswegunzulässigkeit" hat der Gesetzgeber - wie bereits ausgeführt - unterlassen. Es ist jedoch im Sinne der neueren Rechtsprechung davon auszugehen, dass es sich um eine solche im Sinne des § 42 Abs 1 JN handelt (RIS-Justiz RS0122426). Eine Regelung dazu, inwieweit der Kläger in seiner Klage Angaben zu dieser Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs zu machen hat, findet sich nicht. Da diese Umstände - so wie etwa sonst Fragen, die die sachliche oder örtliche Zuständigkeit betreffen, soweit diese vom allgemeinen Gerichtsstand abweicht - regelmäßig (wie oben dargestellt) dem Gericht nicht bekannt sein werden, bietet es sich an, § 41 Abs 2 JN heranzuziehen. Danach prüft das Gericht die „Zuständigkeit" vorweg aufgrund der „Angaben" des Klägers. Dies wird dahin verstanden, dass der Kläger ausdrücklich und konkret schon in der Klage jene Tatsachen zu behaupten hat, die einen besonderen Gerichtsstand begründen (Mayr in Rechberger ZPO3 § 41 JN Rz 2). Für die Frage der „Zulässigkeit des Rechtswegs" in Vereinssachen im Sinne des § 8 VerG ist dies nun dahin zu verstehen, dass der Kläger konkrete Tatsachen zu behaupten hat, aus denen sich ergibt, dass der „Rechtsweg" in dieser Streitsache bereits offen ist (vgl auch zur Prüfung aufgrund des Klagebegehrens, aber auch des behaupteten Sachverhalts Ballon in Fasching2 § 1 JN Rz 72). Fehlen in einer unter § 8 VerG fallenden Streitigkeiten diese Angaben, so ist unklar, ob überhaupt der „Rechtsweg" zulässig ist. Dann ist dem Kläger die Möglichkeit zur Verbesserung zu bieten (vgl Mayr aaO zum Fall unklarer Zuständigkeitsangaben bei einer Abweichung vom allgemeinen Gerichtsstand).
Hier wurde diese Frage überhaupt erst im Berufungsverfahren aufgeworfen. Dann aber ist sie vorweg jedenfalls (schon zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung iS des § 182a ZPO: RIS-Justiz RS0037300) mit den Parteien zu erörtern und dem Kläger die Möglichkeit zu einer Verbesserung zu bieten. Insoweit verstoßen die Ausführungen des Klägers daher auch nicht gegen das Neuerungsverbot (Kodek in Rechberger, ZPO3 § 482 Rz 3).
5.2. Damit stellt sich die weitere Frage der inhaltlichen Beurteilung der von den Parteien in den vorliegenden Rechtsmitteln und Rechtsmittelbeantwortungen dazu aufgestellten Behauptungen. Nach dem Vorbringen der Parteien im gegenständlichen Rechtsmittelverfahren (wie wohl auch in vielen anderen Fällen) ist hier möglicherweise keine „Schlichtungseinrichtung" fix „eingerichtet", sondern wird nur ein Verfahren vorgesehen, wie diese eingerichtet werden kann. Im Rekurs wird hiezu von der Klägerin aufrecht erhalten, dass sie die Beklagte ohnehin mit Schreiben vom 23. 1. 2007 zur Namhaftmachung von zwei Schiedsrichtern aufgefordert, die Beklagte aber darauf nicht reagiert habe. Die Beklagte repliziert in ihrer Rekursbeantwortung darauf, dass ihr das Schreiben an eine falsche Adresse zugestellt worden und erst später zugegangen sei. Dann sei aber die Klägerin gar nicht mehr bereit gewesen, das Schlichtungsverfahren durchzuführen. All dies blieb freilich bisher sowohl unerörtert als auch ungeprüft.
5.2.1. Bei der Prüfung dieser „Prozessvoraussetzung" stellt sich weiters die Frage, inwieweit ein Verhalten der Parteien bei „Konstituierung" der Schlichtungseinrichtung bereits als „Anrufung" der Schlichtungseinrichtung, das die Sechsmonatsfrist auslöst, oder etwa „als Beendigung" - wohl gemeint nach den Statuten: als „rechtmäßige" Beendigung des Verfahrens vor der Schlichtungseinrichtung - zu qualifizieren ist.
5.2.2. Grundsätzlich steht die Rechtsansicht, die eine temporäre Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs annimmt - ein anderer wird hier gar nicht eingeräumt - auch in einem Spannungsverhältnis zum Grundsatz des Art 6 EMRK, wonach ein Rechtsanspruch besteht, Streitigkeiten über „civil rights" vor die Gerichte zu bringen. Eine Verfassungswidrigkeit wäre nur dann zu sehen, wenn zwischen dem eingesetzten Mittel („temporäre Rechtswegunzulässigkeit") und dem angestrebten Ziel (Gerichtsentlastung) der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt wäre (etwa Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3, 336 Rz 50, 51 mwN). Hier handelt es sich aber bloß um ein „temporäres" Prozesshindernis und die Möglichkeit eines vorläufigen Rechtsschutzes im Sinne einstweiliger Verfügungen wurde bereits bejaht (10 Ob 50/06k = SZ 2006/129 idS wohl auch 4 Ob 168/07w). Allerdings ist bei der Auslegung des § 8 VerG im Sinne des Grundsatzes der verfassungskonformen Interpretation (RIS-Justiz RS0008793) auch anzustreben, dass für die Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen („civil rights") keine unzumutbaren Verzögerungen oder Erschwerungen entstehen dürfen (vgl idS auch die RV, abgedruckt in Krejci/S. Bydlinski/Rauscher/Weber-Schallauer, VerG 2002 [2002], 176 f). Es ist daher - auch unter Berücksichtigung der eingeschränkten Prüfungsmöglichkeiten in dieser Art von Verfahren, insbesondere in Fällen, in denen diese Frage erst im Rahmen eines Berufungs- oder Revisionsverfahrens auftritt - davon auszugehen, dass eine möglichst klare und einfach zu handhabende prozessuale Lösung anzustreben ist.
5.2.3. Daher ist als „Anrufung der Schlichtungseinrichtung" iSd § 8 VerG schon der nach den Statuten erste Antrag, etwa auch auf Konstituierung einer Schlichtungseinrichtung oder Namhaftmachung von Schiedsrichtern, zu werten. Ab diesem Zeitpunkt (vgl hiezu auch 8 Ob 78/06p) läuft die Sechsmonatsfrist. Weitere Überprüfungen des Verhaltens der Streitteile sind im Rahmen der Prüfung der „Zulässigkeit des Rechtswegs" nicht vorzunehmen, es sei denn, es läge schon vor Ablauf der Sechsmonatsfrist eine „Beendigung" des „Verfahrens" vor.
5.3. Zur Frage, auf welchen Zeitpunkt das Gericht bei der Prüfung der „Zulässigkeit des Rechtswegs" abzustellen hat, bietet es sich an, auf die Rechtsprechung zum ASGG zurückzugreifen, bei dem in Sozialrechtssachen vorweg die Sozialversicherungsträger zur Entscheidung zuständig sind und erst nach Ablauf gewisser Fristen nach Einbringung des Antrags beim Sozialversicherungsträger die Klage bei Gericht erhoben werden kann, wenn der Sozialversicherungsträger nicht innerhalb dieser Fristen entschieden hat (§ 67 ASGG).
Dazu hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung abzustellen ist (RIS-Justiz RS0085636 mwN, insbesondere 10 ObS 307/00w; anders im Übrigen zu den materiell-rechtlich wirkenden Schlichtungsklauseln außerhalb des VerG, bei denen die Parteien in effektiver Form die Einhaltung des Schlichtungsverfahrens bewirken wollen und dies zu einer materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzung machen: 8 ObA 28/08p - auch zur Überprüfung dieser vertraglichen Regelungen mzwN). Bis zu diesem Zeitpunkt - hier der 18. 1. 2008 (das Datum „2007" in ON 17 ist ein offensichtlicher Schreibfehler) - legen die Parteien im Wesentlichen durch ihre Anträge auch den Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens fest.
6. Die fehlende Beachtung der Ausführungen der Parteien zur Frage der Einhaltung des § 8 Abs 1 VerG samt Unterlassung deren Erörterung sowie von Feststellungen dazu macht das Verfahren des Berufungsgerichts damit jedenfalls ergänzungsbedürftig. Schon deshalb war dem Rekurs Folge zu geben und dem Berufungsgericht eine Ergänzung des Verfahrens aufzutragen.
Im fortgesetzten Verfahren wird das Berufungsgericht vorweg die Frage der anzuwendenden Statutenbestimmungen und des Verhaltens der Streitteile bei der Anrufung und Konstituierung der Schlichtungseinrichtung zu erörtern, gegebenenfalls die erforderlichen Feststellungen (aufgrund eigener Erhebungen oder allenfalls im Wege eines ersuchten Richters nach § 473 ZPO) zu treffen und auf dieser Grundlage (in Beachtung der vorstehenden rechtlichen Vorgaben) neu zu entscheiden haben.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)