OGH 8Ob119/04i

OGH8Ob119/04i28.4.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Verlassenschaftssache der am 22. März 2003 verstorbenen Elisabeth M*****, über den Revisionsrekurs der Tochter Sieglinde K*****, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 19. August 2004, GZ 1 R 263/04k-40, womit infolge Rekurses der erbserklärten Tochter Karin P*****, vertreten durch Dr. Herbert Schachter, Rechtsanwalt in Wien, der Beschluss des Bezirksgerichtes Voitsberg vom 15. Juni 2004, GZ 15 A 180/03h-36, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Nachdem im Verlassenschaftsverfahren der am 22. 3. 2003 verstorbenen Erblasserin vorweg mit Beschluss des Erstgerichtes vom 21. 7. 2003 ausgesprochen wurde, dass eine Verlassenschaftsabhandlung gemäß § 72 Abs 2 AußStrG mangels Nachlassaktiva nur über Antrag erfolgt, wurde nach einem entsprechenden Antrag einer der beiden erbserklärten Töchter weitere Verlassenschaftsbestandteile vorgefunden. In dem Verlassenschaftsverfahren haben diese beiden Töchter eine bedingte Erbserklärung abgegeben. In weiterer Folge hat die eine Tochter ua beantragt, das Verlassenschaftsgericht möge sie ermächtigen, in Vertretung der Verlassenschaft und für diese ua das in den Nachlass gehörende Recht auf Anfechtung eines Übergabevertrages betreffend eine Liegenschaft und die Herausgabe von Barwerten gegen eine Enkelin der Erblasserin im Prozessweg geltend zu machen. Die Antragstellerin stützt sich vor allem darauf, dass die Erblasserin im Zeitpunkt des Übergabevertrages nicht mehr geschäftsfähig gewesen sei. Das Erstgericht genehmigte die beabsichtigte Klagsführung für die Verlassenschaft durch die erbserklärte Tochter. Es stützte sich zusammengefasst darauf, dass sich zwar die andere Tochter gegen die Klagsführung ausgesprochen habe, aber auf Grund eines vorgelegten Attestes der Verdacht bestehe, dass die Verstorbene bereits im Jahre 2002 auf Grund ihres gesundheitlichen Zustandes nicht mehr geschäftsfähig gewesen sei. Vor der Einantwortung könne jeder erbserklärte Erbe zum Nachlass gehörende Ansprüche selbständig geltend machen. Weiters wurde auch die ebenfalls beantragte Bewilligung einer Klage auf Herausgabe eines Geldbetrages von EUR 16.661,87 an Zahlungen einer Bestattungskostenversicherung genehmigt. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der anderen erbserklärten Tochter Folge und wies den Antrag ab. Es folgerte rechtlich zusammengefasst, dass dann, wenn sich ein Anfechtungsanspruch ergebe, das Verlassenschaftsgericht einen Kurator zu bestellen oder die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses an die Erben zur Geltendmachung dieses Anspruches zu überlassen habe. Die Überlassung an die Erben könne jedoch nur gemeinsam erfolgen. Eine Überlassung an einen Miterben alleine sei nur mit Zustimmung der übrigen möglich. Sei in Einzelfragen der Verwaltung des Nachlasses ein Einverständnis der mitverwaltenden Erben nicht herzustellen, so bedürfe es einer gerichtlichen Entscheidung, gegebenenfalls der Bestellung eines Handlungskurators. Mangels Einigkeit der beiden Miterben sei keiner von beiden zur Vertretung des Nachlasses befugt, sondern ein Kurator zu bestellen.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht im Hinblick auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu 8 Ob 168/63, wonach ein erbserklärter Erbe mit abhandlungsgerichtlicher Genehmigung im Namen der Verlassenschaft Rechte gegenüber Dritten oder Miterben geltend machen könne, als zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs der Antragstellerin ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grunde zulässig, aber nicht berechtigt. Voranzustellen ist, dass die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 20. 10. 2004 zu 7 Ob 236/04p, der Antragstellerin im Zeitpunkt der Abfassung ihres Rechtsmittels noch nicht bekannt sein konnte.

Weiters ist einleitend klarzustellen, dass die Bestimmungen des Außerstreitgesetzes 2005 hier noch nicht zur Anwendung gelangen (vgl § 203 Abs 7 und § 205 AußStrG 2005). Trotzdem soll vorweg auf die Bestimmung des neuen § 173 AußStrG verwiesen werden. In dessen Abs 1 hat der Gesetzgeber nunmehr festgelegt, dass dann, wenn sich Personen, denen gemeinschaftlich die Rechte nach § 810 ABGB zukommen, über die Art der Vertretung oder einzelne Vertretungshandlungen nicht einigen, das Verlassenschaftsgericht erforderlichenfalls einen Verlassenschaftskurator zu bestellen hat. In den Erläuterungen findet sich dabei der Hinweis, dass die geltende Rechtslage, wonach bei Unstimmigkeiten zwischen Personen, denen gemeinschaftlich die Rechte nach § 810 ABGB zukommt, unbefriedigend ist, weil sie zu eigenen Verwaltungsprozessen führt (vgl Fucik/Kloiber, AußStrG, 499). Der vorliegende Fall ist nun dadurch gekennzeichnet, dass das Erstgericht weder die Erbserklärungen angenommen oder den Erbrechtsausweis für erbracht angesehen hat noch den beiden Töchtern die Verwaltung des Nachlasses ausdrücklich überlassen hat. Wenngleich nun teilweise strittig ist, inwieweit ein konstitutiver Beschluss für die Überlassung der Verwaltung und Besorgung hinsichtlich der Verlassenschaft erforderlich ist, betrifft dies doch im wesentlich nur Fälle, in denen zumindest bereits die Erbserklärung angenommen und der Erbsrechtsausweis als erbracht angesehen wurde (vgl dazu SZ 49/149). Für Fälle, in denen selbst das noch nicht erfolgte, kann noch nicht von einer Übertragung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses ausgegangen werden (vgl dazu Welser in Rummel ABGB3 § 810 Rz 5, RIS-Justiz RS0114888 = OGH 6 Ob 8/01x).

Im Ergebnis kann daher das Begehren der Antragstellerin nur als Antrag auf Überlassung der Verwaltung an sie hinsichtlich der behaupteten Ansprüche auf Anfechtung des Übertragungsvertrages bzw Erstattung der Versicherungssumme gesehen werden.

Ungeachtet von der Frage der Beschränkung auf einzelne Forderungsrechte ist dazu jedenfalls auf die allgemeine Judikatur zu verweisen, wonach abgesehen von Ausnahmefällen es gegen den Willen der anderen Miterben nicht zulässig ist, bloß einem Miterben die Besorgung und Verwaltung eines Nachlasses zu übertragen (vgl OGH 7 Ob 236/03p mwN; Eccher in Schwimann ABGB2 § 810 Rz 4, Welser in Rummel ABGB3 § 810 Rz 22). Davon müsste aber hier ausgegangen werden. Dass die Geltendmachung von Ansprüchen gegen Dritte keinen „Ausnahmefall" in diesem Sinne darstellt, hat der Oberste Gerichtshof in der bereits genannten Entscheidung vom 20. 10. 2004 zu 7 Ob 236/04p dargestellt. In dieser Entscheidung hat er auch ausführlich dargelegt, dass die Vorentscheidung zu 8 Ob 574/88 sich im Wesentlichen auf Fälle beschränkt hat, in denen es um die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber Miterben ging. Im Übrigen wurde wurde bereits wiederholt ausgesprochen, dass zur Anfechtung des von einem handlungsunfähigen Erblasser abgeschlossenen Vertrages nach dessen Tod nur seine Verlassenschaft, vertreten durch einen Kurator, allenfalls bei Überlassung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses an die Erben gemäß § 145 AußStrG diese, keinesfalls aber einer von mehreren Miterben ohne ausdrückliche Zustimmung der übrigen legitimiert ist (vgl RIS-Justiz RS0008114 mzwN etwa NZ 1971, 45, EvBl 1975/111 und zuletzt OGH 7 Ob 236/04p). Auch die Entscheidung zu 8 Ob 168/63 (= EvBl 1963/463) befasste sich im Wesentlichen mit der Frage der Geltendmachung von Ansprüchen gegen Miterben. Sie bietet dabei keinen Anlass von den dargestellten Grundsätzen abzugehen. Auch ist darauf hinzuweisen, dass durch die Geltendmachung der Ansprüche im Rechtsweg nicht nur Verfahrenskosten entstehen können, die die gesamte Verlassenschaft und damit im Ergebnis alle Erben treffen, sondern auch Dispositionen getroffen werden können, die alle Interessen berühren (vgl im Übrigen zur Kuratorenbestellung bei verschiedenen Ansichten der Erben über die Anfechtung eines Kaufvertrages für den Fall, dass der Anspruch später nicht mehr durchgesetzt werden kann (OGH 5. 8. 2004, 2 Ob 39/03d).

Dem Revisionsrekurs war dementsprechend nicht Folge zu geben.

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