Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die slowakische Staatsbürgerin Daniela C***** (im Folgenden Einschreiterin genannt) und die beiden Beklagten, ebenfalls slowakische Staatsangehörige, sind Geschwister. Ihre am 29. 11. 1997 verstorbene Mutter (im Folgenden auch als Erblasserin bezeichnet) war Eigentümerin der bebauten Liegenschaft EZ ***** GB ***** M***** (Grundstücksadresse *****), die sie mit Schenkungsvertrag vom 26. 4. 1996 den beiden Beklagten schenkte, die nun je zur Hälfte deren bücherliche Eigentümer sind.
Beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien behängt zu AZ 5 A 16/04k ein die Erblasserin betreffendes Verlassenschaftsverfahren, nachdem die Einschreiterin mit Schriftsatz vom 13. 1. 2001 deren Tod mitgeteilt und folgendes Vorbringen erstattet hatte: Sie habe in der Slowakei ein ihre Brüder begünstigendes Testament ihrer Mutter wegen deren Geschäftsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Errichtung erfolgreich angefochten und sei daher nach slowakischem Recht neben den beiden Söhnen und dem noch lebenden Ehemann der Erblasserin zu einem Viertel zur gesetzlichen Erbin berufen. Da auch der Schenkungsvertrag, mit dem die Erblasserin die Liegenschaft W*****, ihren Söhnen geschenkt habe, wegen Geschäftsunfähigkeit der Erblasserin nichtig sei, werde sie namens der Verlassenschaft gegen ihre Brüder die Löschungsklage einbringen. Der Nachlass bestehe zunächst nur aus dem durch diese Klage geltend zu machenden Wiederherstellungsanspruch der Verlassenschaft.
In der Folge gab die Einschreiterin als erbl Tochter auf Grund des slowakischen Erbrechtes hinsichtlich des in Österreich gelegenen Nachlassvermögens die bedingte Erbserklärung zu einem Viertel ab. Ihre Brüder gaben unter Vorlage des sie begünstigenden Testamentes je zur Hälfte eine bedingte Erbserklärung ab.
Mit der Behauptung, die Erblasserin sei bei Unterfertigung des Schenkungsvertrages am 26. 4. 1996 infolge einer paranoiden Psychose geschäftsunfähig gewesen und die Beklagten hätten die Liegenschaft daher auf Grund eines ungültigen Titels erworben, begehrte die Einschreiterin mit ihrer am 14. 1. 2001 beim Erstgericht eingebrachten Klage namens der Klägerin die Feststellungen, der erwähnte Schenkungsvertrag sei auf Grund der Geschäftsunfähigkeit der Erblasserin zum Zeitpunkt des Abschlusses nichtig und die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Beklagten an der betreffenden Liegenschaft ungültig. Die betreffenden Grundbuchseintragungen seien daher zu löschen und der frühere Grundbuchsstand wieder herzustellen.
Zu ihrer Legitimation brachte die Einschreiterin vor, da die Durchsetzung eines Anspruches der Verlassenschaft gegen Miterben ohne unnötige Erschwernis erfolgen können solle, sei jeder Miterbe selbständig zur Geltendmachung eines zum Nachlass gehörigen Anspruches berechtigt. Deshalb sei auch keine abhandlungsbehördliche Genehmigung der Klage erforderlich.
Unter einem beantragte die Einschreiterin namens der Klägerin die bücherliche Streitanmerkung.
Das Erstgericht bewilligte die Anmerkung der Klage.
Das Rekursgericht änderte die Entscheidung der ersten Instanz dahin ab, dass es den Antrag auf Streitanmerkung abwies, wobei es aussprach, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000,-- übersteige und der (ordentliche) Revisionsrekurs zulässig sei. Es führte im Wesentlichen aus:
Es treffe zu, dass ein von einem Erben behaupteter Anspruch auf Anfechtung eines vom Erblasser abgeschlossenen Vertrages einen in den Nachlass fallenden Vermögenswert darstelle. Gemäß § 22 AußStrG seien die österreichischen Gerichte für die innerhalb Österreichs liegenden unbeweglichen Güter eines verstorbenen Ausländers, wenn nicht durch Staatsverträge ein anderes Übereinkommen getroffen worden sei, zur Verlassenschaftsabhandlung berufen. § 107 JN normiere hiefür den Gerichtsstand der Lage des unbeweglichen Gutes. Das Erbrecht einschließlich des Testamentsrechtes sei vom sachlichen Anwendungsbereich der EuGVVO ausdrücklich ausgenommen. Der Nachlass, worüber in Österreich ein Verlassenschaftsverfahren zu führen sei, bestehe derzeit nur aus einem Anfechtungs-(Wiederherstellungs-)anspruch der Verlassenschaft gegen die Beklagten, bei dessen Durchsetzung die betreffende Liegenschaft als Nachlass abzuhandeln sei. Für dieses in Österreich zu führende Verlassenschaftsverfahren gelte nach den Grundsätzen der lex fori österreichisches Verfahrensrecht. Danach fehle der Einschreiterin jedoch die Befugnis, die Verlassenschaft zu vertreten, weil dies einen konstitutiven Beschluss (des Verlassenschaftsgerichtes) erfordert hätte; die Einschreiterin sei aber im Verlassenschaftsverfahren nicht mit der Verwaltung des Nachlasses betraut worden. Zwar habe die Entscheidung 8 Ob 574/88 die Legitimation zur Vertretung des Nachlasses bejaht, wenn Miterben einen gegen einen anderen Miterben bestehenden Anspruch der Verlassenschaft für diese geltend machten. Die Problematik einer Vertretungsbefugnis der Verlassenschaft durch einen Miterben werde jedoch bei einer möglichen Disposition des Miterben über den verfolgten Anspruch im Prozess, zB durch Verzicht oder Vergleich, sichtbar; dies umso mehr, wenn - wie hier, da der Vater der Streitteile und gesetzliche Erbe nicht Prozesspartei sei - nicht sämtliche Miterben am Prozess beteiligt seien. Insofern unterscheide sich der vorliegende Sachverhalt auch von jenem in der Entscheidung 8 Ob 574/88. Der Antrag auf Streitanmerkung sei daher wegen fehlender Vertretungsbefugnis der Einschreiterin abzuweisen, zumal ein Verbesserungsverfahren bzw eine Aufhebung des angefochtenen Beschlusses im Grundbuchsverfahren nur in - hier nicht vorliegenden - Ausnahmefällen möglich sei.
Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil die oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Legitimation einzelner Miterben zur Vertretung des Nachlasses gegen einen anderen Miterben zur Durchsetzung eines Anspruches der Verlassenschaft nicht einheitlich sei.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der von der Einschreiterin vertretenen klagenden Partei, die Rechtsrüge erhebt und beantragt, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass der Beschluss des Erstgerichtes wiederhergestellt werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Vorausgeschickt sei, dass ein Antrag auf grundbücherliche Streitanmerkung nach den Verfahrensvorschriften des Grundbuchsrechtes zu behandeln ist, auch wenn er beim Prozessgericht gestellt wird (RIS-Justiz RS0060701 und RS0060516, jeweils mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen). Das Rechtsmittelverfahren ist demnach einseitig (SZ 67/44 uva; zuletzt 5 Ob 163/02k und 5 Ob 233/02d).
Zutreffend gehen alle Beteiligten davon aus, dass ein von der Verlassenschaft gegen die Beklagten erwirktes Urteil, das die Geschäftsunfähigkeit der Erblasserin im Zeitpunkt des Abschlusses des Schenkungsvertrages feststellte, dazu führen würde, dass die gegenständliche Liegenschaft in den Nachlass fällt. Ist ein österreichisches Verlassenschaftsgericht zur Durchführung des Abhandlungsverfahrens zuständig, so sind die nach dem Erblasser berufenen Personen vor Durchführung des Verfahrens für das österreichische Recht nicht als Universalsukzessoren des Erblassers anzusehen. Sie können daher auch nicht einen allenfalls dem Erblasser zugestandenen Anspruch auf Unwirksamkeitserklärung und Löschung einer bücherlichen Eintragung im eigenen Namen geltend machen (NZ 1984, 195). Zur Anfechtung eines von einem handlungsunfähigen Erblasser abgeschlossenen Vertrages ist nach seinem Tod vielmehr nur seine Verlassenschaft legitimiert (NZ 1971, 45; 4 Ob 501/92; RIS-Justiz RS0008114).
Dies wird auch von der Revisionsrekurswerberin erkannt, die die vorliegende Löschungsklage sowie den gegenständlichen Antrag auf Streitanmerkung namens der Verlassenschaft erhoben hat und weiterhin an der Ansicht festhält, als erbserklärte Erbin auch ohne formellen Beschluss des Verlassenschaftsgerichtes zum Einschreiten für die Verlassenschaft berechtigt, also im vorliegenden Verfahren vertretungsbefugt zu sein. Sie beruft sich dazu auf die Entscheidungen EvBl 1963/463 und insbesondere 8 Ob 574/88, NZ 1991, 9, in der ausgesprochen wurde, dass ein gemeinsames Einschreiten aller erbserklärten Erben bzw zumindest deren Zustimmung zu einem solchen Einschreiten jedenfalls dann nicht zu fordern sei, "wenn Miterben - nicht Noterben wie im Falle der Entscheidung EvBl 1962/227 - einen gegen einen anderen Miterben bestehenden Anspruch der Verlassenschaft für diese geltend machen." Auf diese Weise könne die Durchsetzung des Anspruches des Nachlasses gegen einen Miterben ohne unnötige Erschwernis erfolgen. Die Revisionsrekurswerberin meint, dies gelte auch im vorliegenden Fall, der mit der zu 8 Ob 574/88 entschiedenen Causa ganz vergleichbar sei.
Der erkennende Senat hat dazu erwogen:
Nach stRsp steht Miterben das Recht auf Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft grundsätzlich nur zur ungeteilten Hand, also gemeinsam zu (RIS-Justiz RS0008124). Die Überlassung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses hat bei einer Mehrheit von Erben also an sämtliche Erben stattzufinden und kann die Bestellung eines von mehreren Erben zum Nachlassverwalter nur mit Zustimmung sämtlicher übriger Erben erfolgen (RIS-Justiz RS0008120). Einigen sich die Erben nicht, muss zur Vertretung des Nachlasses, sei es für laufende Verwaltungsgeschäfte oder für Prozesse, ein Verlassenschaftskurator bestellt werden, weil noch nicht feststeht, wer letzten Endes berechtigt ist, den Nachlass zu vertreten (4 Ob 501/92; RIS-Justiz RS0007761). Es ist daher grundsätzlich nicht zulässig, gegen den Willen eines oder mehrerer Erben die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft einem einzelnen Miterben zu übertragen. Ausnahmen werden nur dann gemacht werden können, wenn besondere Gründe (etwa wenn ein Miterbe bereits zum Anerben bestimmt worden wäre) dies rechtfertigen (RZ 1973, 15/8 = NZ 1974, 25; EvBl 1977, 391/167 = SZ 49/148; RIS-Justiz RS0008124).
In der erwähnten Entscheidung 8 Ob 574/88 wurde nun ein derartiger Ausnahmefall dann erblickt, wenn Miterben einen gegen einen anderen Miterben bestehenden Anspruch der Verlassenschaft für diese geltend machen. In einem solchen Fall wurde die Prozessführungsbefugnis der für den Nachlass einschreitenden Miterben aus Zweckmäßigkeitsgründen grundsätzlich ohne weiteres bejaht. Dazu wurde aber, insofern den Einklang mit den eben dargestellten Grundsätzen betonend, noch hervorgehoben, dass sich der betreffende Fall von der Entscheidung NZ 1971, 45 dadurch unterscheide, dass dort nicht nur der Beklagte allfälliger Miterbe, sondern eben noch ein anderer, am Prozess aber nicht beteiligter Miterbe vorhanden gewesen sei.
Da auch im vorliegenden Fall - wie die Revisionswerberin selbst erwähnt - ein weiterer präsumtiver Miterbe, nämlich der Ehemann der Erblasserin vorhanden ist, ist die gegenständliche Causa nicht mit dem zu 8 Ob 574/88 entschiedenen Fall, sondern eher mit der davor genannten Entscheidung vergleichbar. Dort hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass zur Anfechtung eines von einem handlungsunfähigen Erblasser abgeschlossenen Vertrages nach dessen Tod nur seine Verlassenschaft, vertreten durch einen Kurator legitimiert sei, allenfalls bei Überlassung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses an die Erben gemäß § 145 AußStrG diese, keinesfalls aber einer von mehreren Miterben ohne ausdrückliche Zustimmung der übrigen. Auch in der Entscheidung EvBl 1962/227 (mit der sich die Entscheidung 8 Ob 574/88, die sie ja zitiert, keineswegs in Widerspruch sieht bzw stellen will) wurde - mwN - ausgesprochen, dass zur Anfechtung der Gültigkeit eines zwischen dem Erblasser und dem Beklagten geschlossenen Vertrages (wegen Handlungsunfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses) nur die Verlassenschaft, vertreten durch einen Kurator, oder die Erben im Falle des § 145 AußStrG legitimiert seien, keinesfalls aber die Noterben im eigenen Namen oder als Vertreter der Verlassenschaft.
Der erkennende Senat teilt diese Rechtsansicht und billigt daher die - insbesondere der Rechtssicherheit Rechnung tragende - Auffassung des Rekursgerichtes, wonach es bei der gegebenen Konstellation der Einschreiterin an der Vertretungsbefugnis für die Verlassenschaft fehlt. Ob eine wirksame Vertretung durch die Einschreiterin auch schon deshalb verneint werden muss, weil dazu ein konstitutiver Beschluss des Verlassenschaftsgerichtes erforderlich wäre, kann im vorliegenden Fall daher dahingestellt bleiben. Die in Judikatur und Schrifttum unterschiedlich beantwortete Frage, ob eine Übertragung der Verwaltung (und damit auch eine Prozessvertretung) des Nachlasses durch einen Erben eines konstitutiven Beschlusses des Verlassenschaftsgerichtes bedarf (NZ 1992, 11; Welser in Rummel ABGB3 Rz 5 zu § 810), oder auch ohne formellen Beschluss möglich ist (SZ 49/149; Weiß in Klang2 III, 162), muss also hier ebenso nicht weiter erörtert werden, wie die Frage, ob die gegenständliche Löschungsklage einen Akt der außerordentlichen Verwaltung darstellt und daher jedenfalls der Genehmigung durch das Verlassenschaftsgericht bedurft hätte.
Dem Revisionsrekurs war somit ein Erfolg zu versagen.
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