OGH 8Ob119/03p

OGH8Ob119/03p18.12.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christine Z*****, vertreten durch Univ. Prof. Dr. Hanns Hügel, Rechtsanwalt in Mödling, als Verfahrenshelfer, wider die beklagte Partei Eugen Z*****, vertreten durch Mag. Gerald Gerstacker, Rechtsanwalt in Mödling, wegen Unterhalt (Streitwert 6.540,55 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 30. April 2003, GZ 16 R 39/03d-44, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 2. Februar 2001, GZ 7 C 132/99h-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 449,39 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 83,23 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Nach Eheschließung mit dem Beklagten war die Klägerin bis zur Geburt des ehelichen Kindes Gerald im Jahr 1975 als Sekretärin tätig. Für vier Jahre widmete sie sich ausschließlich der Haushaltsführung und Kinderbetreuung. Ab 1979/1980 bis 1983/84 war sie halbtags beschäftigt. Das Dienstverhältnis wurde vom Dienstgeber aufgekündigt. Wegen ihres schlechten psychischen Zustandes war die Klägerin nach Aufkündigung des Dienstverhältnisses nicht in der Lage, Haushalt oder Kind ordnungsgemäß zu versorgen. Gerald wurde daher 1985/1986 halbintern in einer Privatschule untergebracht. Ab 1987 hat sich der Zustand der Klägerin soweit stabilisiert, dass sie sich als Tagesmutter ausbilden ließ und ca drei Jahre hindurch ein bis drei Tageskinder und ihren Sohn Gerald betreute.

Am 5. 6. 1990 fuhr die Klägerin auf Erholungsurlaub zu ihrer Mutter nach P***** und kehrte nicht mehr in die Ehewohnung zurück. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 25. 2. 1991 wurde die Ehe der Streitteile aus dem überwiegenden Verschulden des Beklagten rechtskräftig geschieden.

Ihren Unterhalt ab Auszug aus der Ehewohnung finanzierte die Klägerin aus während der Ehe geschaffenen Ersparnissen von rund S 40.000 und einer Erbschaft von rund S 30.000. Ihr Lebensaufwand war geringfügig. Sie musste ihrer Mutter für Kost und Quartier lediglich S 1.000 monatlich bezahlen. Ab Herbst 1990 bewarb sich die Klägerin erfolglos als Bürobedienstete. Ab Frühjahr 1992 war sie beim Arbeitsamt als arbeitsuchend gemeldet. Am 18. 5. 1992 nahm sie eine Arbeitstätigkeit beim BFI an, die nach dem AMFG vom Arbeitsamt K***** mit monatlich S 6.500 entlohnt wurde. Danach bezog die Klägerin kein Einkommen. Ihre Postensuche - nunmehr auch über das Arbeitsamt - blieb weiterhin erfolglos. Im Mai 1993 trat sie neuerlich eine nach dem AMFG vom Arbeitsamt mit monatlich S 6 255 honorierte Stelle an. Dieses Ausbildungsverhältnis endete im November 1993. Anschließend bezog die Klägerin Arbeitslosengeld von S 3.594 monatlich; danach Notstandshilfe in Höhe von S 3.414 monatlich. Seit Jänner 1997 bezieht die Klägerin eine vorläufig befristete Berufsunfähigkeitspension (1997 S 6.348,90 netto monatlich; 1998 S 6.433,13 netto monatlich; 1999 S 6.529,90 netto monatlich; 2000 S 6.627,90 netto monatlich, jeweils 14mal jährlich).

Der Beklagte verdiente zum Zeitpunkt der Ehescheidung monatlich durchschnittlich S 28.000. Nach einer Aufkündigung seines Dienstverhältnisses bezog er ab April 1993 Arbeitslosengeld von S 13.113 monatlich; im Anschluss Notstandshilfe von S 12.117. Seit 13. 1. 1997 ist der Beklagte bei der österreichischen P***** AG beschäftigt. Er verdiente 1997 durchschnittlich monatlich netto (inklusive Sonderzahlungen) S 20.250; 1998 S 23.700; 1999 S 22.400 und 2000 S 20.040.

Am 1. 4. 1992 brachte die Klägerin einen Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse beim Erstgericht ein. In der Karwoche 1992 kam es in P***** zu einer Besprechung der Streitteile. Von vornherein stand fest, dass die Ehewohnung (eine Eigentumswohnung) dem Beklagten verbleiben sollte, weil die Klägerin die monatlichen Belastungen von S 6.000 nicht finanzieren konnte und der gemeinsame Sohn in seiner bisherigen Umgebung bleiben wollte. Die Klägerin teilte dem Beklagten den Wert der Wohnung - über den sie zuvor Erkundigungen eingeholt hatte - mit S 1,5 Mio mit.

Von den in der Ehewohnung befindlichen Einrichtungsgegenständen beanspruchte die Klägerin nur zwei Bilder, ein Speiseservice, Weingläser und einen Teil des Kochgeschirrs. Der PKW BMW 518 Bj 1985, die Lebensversicherung und eheliche Sparguthaben von rund 100.000 S bis 150.000 S sollten dem Beklagten verbleiben. Die Anschaffungskosten der Einrichtungsgegenstände der Ehewohnung von insgesamt zumindest 110.000 S kannten die Streitteile. Bei der Besprechung in der Karwoche 1992 bot der Beklagte der Klägerin eine Ausgleichszahlung von S 700.000 und die Übernahme der Darlehensrückzahlungsverpflichtung der Klägerin gegenüber seiner Mutter in Höhe von S 125.000 an. Dieses Darlehen war für die Ehewohnung zur Verfügung gestellt worden. Die Streitteilen hatten je zur Hälfte die Rückzahlungsverpflichtung übernommen. Außerdem verpflichtete sich der Beklagte, einen Kredit bei der Raiffeisenbausparkasse (ca 270.000 S) zurückzubezahlen. Die Klägerin war mit dem Vergleichsanbot einverstanden. Die Unterhaltsfrage wurde nicht näher erörtert. Die Klägerin beabsichtigte im Hinblick auf die ihr bekannte Einstellung des Beklagten, keinesfalls für sie Unterhalt zu leisten, keinen Ehegattenunterhalt zu begehren. Der Beklagte beabsichtigte seinerseits, für das in seinem Haushalt verbleibende Kind - für das ihm auch die Obsorge übertragen wurde - keinen Unterhalt zu beanspruchen. Unmittelbar nach dieser Besprechung sandte die Klägerin ein mit 18. 4. 1992 datiertes Schreiben an das Bezirksgericht Mödling, worin die Punkte des Vergleichs festgehalten wurden. Als letzter Punkt scheint auf: "Auf beiderseitigen Unterhalt wird verzichtet".

In der für 6. 5. 1992 anberaumten Tagsatzung schlossen die Parteien einen der Vereinbarung entsprechenden Vergleich, in dem die einzelnen Punkte des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse angeführt wurden. Der Unterhaltsverzicht wurde weder erörtert noch scheint er im Vergleich auf.

Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin Hälfteeigentümerin einer Liegenschaft in P*****, deren Wert ca 200.000 S betrug.

Bis 1994 wohnte die Klägerin bei ihrer Mutter. Danach übersiedelte sie in ein kleines, nur teilweise fertiggestelltes Einfamilienhaus, das auf der in ihrem Hälfteeigentum stehenden Liegenschaft errichtet ist. Die Klägerin investierte die Ausgleichszahlung in den Hausbau. Sie nahm überdies ein Landeswohnbaudarlehen in Höhe von S 90.000 in Anspruch. Die Klägerin hat Schulden in Höhe von S 100.000 bei einem Baumeister, die sie unregelmäßig abzahlt. Einmal jährlich bezahlt die Klägerin S 1.024,60 (74,46 EUR) Versicherungsprämie für das Haus. Zweimal jährlich entrichtet sie S 2.727,23 (198,20 EUR) für das Wohnbaudarlehen. An Betriebskosten bezahlt die Klägerin ca S 500 (36,34 EUR) monatlich. Sie fertigt regelmäßig Bastelarbeiten an, die sie bei Oster- und Weihnachtsmärkten verkauft. Die daraus erzielten geringfügigen Einnahmen verwendet sie für den Ankauf neuen Bastelmaterials bzw für Geschenke für ihren Sohn.

Der Beklagte finanzierte die Ausgleichszahlung an die Klägerin einerseits durch einen Kredit von 300.000 S, andererseits durch eine Schenkung seiner Mutter. 1997 erhielt der Beklagte den Erlös der ihm verbliebenen Lebensversicherung in Höhe von S 220.000. Damit finanzierte er den Ankauf eines Motorrades und die Renovierung seiner Wohnung. 1998 erbte der Beklagte von seiner Mutter - der er bis zu ihrem Tod monatlich ungefähr S 1.000 an Rückzahlungen für das gewährte Darlehen gezahlt hatte -1,600.000 S. Von dieser Erbschaft kaufte er seinem Sohn eine Eigentumswohnung um S 790.000. Er bezahlte auch die Renovierung und Einrichtung des Hauses. 1999 kaufte der Beklagte überdies ein neues Auto um 280.000 S. Das restliche Geld ist auf einem Sparkonto angelegt. Seit zumindest 1996 ist Gerald Z***** selbsterhaltungsfähig. Es ist nicht feststellbar, dass die Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses im Aufteilungsverfahren erwerbsunfähig war.

Eine Unterhaltsklage der Klägerin vom 26. 4. 1994 gerichtet auf Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von S 1.000 beginnend ab 26. 4. 1994 wurde mit Urteil des Erstgerichtes vom 12. 4. 1995 zu 1 C 49/94a rechtskräftig abgewiesen.

Mit der am 6. 12. 1999 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die Klägerin, den Beklagten rückwirkend ab 1. 5. 1997 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 2.500 und ab 1. 1. 2000 zu S 3.350 monatlich zu verpflichten. Die Abweisung des Unterhaltsbegehrens der Klägerin im Vorverfahren sei wegen des wirksamen Unterhaltsverzichtes erfolgt. Die Voraussetzungen für ein Abgehen von diesem Unterhaltsverzicht seien zum Zeitpunkt der Klageabweisung mangels geänderter Verhältnisse nicht gegeben gewesen. Nunmehr hätten sich die Vermögensverhältnisse der Streitteile jedoch entscheidend verändert. Die Klägerin sei an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit angelangt. Die finanzielle Situation des Beklagten habe sich gegenüber 1995 entscheidend verbessert. Seine Mutter sei verstorben. Der Beklagte habe den Hälfteanteil am Haus seiner Mutter geerbt. Überdies sei der gemeinsame Sohn nun selbsterhaltungsfähig. Ferner stehe der Beklagte seit 1. 5. 1997 in einem aufrechten Dienstverhältnis und habe im Jahr 1997 durchschnittlich monatlich S 20.501 brutto verdient. Der im Vorverfahren rechtskräftig festgestellte Unterhaltsverzicht der Klägerin komme wegen geänderter Umstände nicht mehr zum Tragen. Die Klägerin habe für den Fall ihrer Erwerbsunfähigkeit nicht auf Unterhalt verzichtet. Wäre sie im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses erwerbsunfähig gewesen, wäre der Vergleich jedenfalls sittenwidrig.

Der Beklagte wendet ein, die finanzielle Situation der Klägerin habe sich seit Vergleichsabschluss nicht verschlechtert, sondern sogar verbessert. Der Beklagte seinerseits habe ein deutlich niedrigeres Einkommen als zum Zeitpunkt der Abgabe des Unterhaltsverzichtes. Der Unterhaltsverzicht habe jedenfalls den nun gegebenen Fall der Erzielung eines Einkommens aus einer Berufsunfähigkeitspension, das höher als die Notstandshilfe sei, umfasst. Die Klägerin habe ihre Vermögenslage schuldhaft dadurch verschlechtert, dass sie die Ausgleichszahlung in voller Höhe für die Errichtung eines Hauses verwendet habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der 1992 vereinbarte Unterhaltsverzicht sei nicht sittenwidrig, weil nicht habe festgestellt werden können, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt erwerbsunfähig gewesen sei. Sie habe sich bereits bei Vergleichsabschluss in einer ähnlichen finanziellen Situation wie heute befunden. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse (die ein Abgehen vom Unterhaltsverzicht ermöglichen würde) sei zu verneinen.

Über Berufung der Klägerin bestätigte das Berufungsgericht das Ersturteil, wobei es zunächst die ordentliche Revision für nicht zulässig erklärte. Das Berufungsgericht ging rechtlich davon aus, dass sich die Einkommenssituation der Klägerin seit Vergleichsabschluss nicht verschlechtert, sondern verbessert habe. Nur eine Veränderung zum Schlechteren könne ein Abgehen vom wirksam vereinbarten Unterhaltsverzicht rechtfertigen. Die Klägerin habe auch beim Vergleichsabschluss nicht davon ausgehen können, dass es ihr ohne weiteres möglich sein werde, einer eigenen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Weder der Verzicht noch das Beharren auf dem Verzicht sei daher sittenwidrig.

Über Antrag der Klägerin erklärte das Berufungsgericht nachträglich die ordentliche Revision mit der Begründung für zulässig, dass keine höchstgerichtliche Judikatur dazu vorliege, ob unter besonderen Umständen das Beharren auf einem Unterhaltsverzicht auch ohne Umstandsänderung sittenwidrig sein könne.

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Klägerin ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs des Berufungsgerichtes mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Revision bezweifelt nicht, dass die Klägerin im Zusammenhang mit dem im Aufteilungsverfahren geschlossenen gerichtlichen Vergleich auf ihren auf § 66 EheG beruhenden Unterhaltsanspruch verzichtete. Dass der Verzicht weder im gerichtlichen Vergleich enthalten noch schriftlich beurkundet wurde, schadet nicht, weil der Verzicht auch formfrei erklärt werden kann (Stabentheiner in Rummel³ § 66 EheG Rz 7 mwN).

2. Unterhaltsvergleichen wohnt als eine im redlichen Verkehr geltende Gewohnheit die Umstandsklausel inne; der Unterhaltsanspruch ist daher bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse neu zu bestimmen (RIS-Justiz RS0018984; SZ 66/114; Stabentheiner aaO § 94 ABGB Rz 24; Schwimann in Schwimann ABGB² I § 94 Rz 6 und 8; Zankl/Schwimann aaO § 66 EheG Rz 42). Damit ist allerdings für die Klägerin nichts gewonnen, weil hier eine nachträgliche Sachverhaltsänderung, die ein Abgehen vom Unterhaltsverzicht und die Zuerkennung eines Unterhaltsanspruches rechtfertigen könnte, nicht vorliegt: Die Einkommensverhältnisse der Klägerin haben sich bezogen auf den Zeitpunkt der Erklärung des Unterhaltsverzichtes (Frühjahr 1992) nicht relevant verschlechtert; jene des Beklagten haben sich bezogen auf seine Verdienstsituation nicht nur nicht verbessert, sondern sogar verschlechtert. Die Rechtsprechung, dass das Beharren des von einem Verzicht auf die Umstandsklausel in einem Unterhaltsvergleich Begünstigten auf diesen Verzicht sittenwidrig sein kann, wenn dadurch der verzichtende Ehegatte der Existenzbedrohung ausgesetzt wäre (JBl 2000, 513 [Bydlinski] = ecolex 2000/173 [abl Spunda] ist daher hier jedenfalls unanwendbar, wobei überdies hier ohnedies kein Verzicht auf die Umstandsklausel vorliegt. Auch auf Erwartungen der Klägerin, die sie zum Zeitpunkt der Abgabe des Unterhaltsverzichtes in Bezug auf ihre zukünftige Einkommenssituation gehegt habe und die in der Folge nicht eingetroffen seien, kann sie sich nicht berufen, weil bereits das Erstgericht zutreffend darauf verwies, dass die Klägerin, der die Schwierigkeiten der Erlangung eines Arbeitsplatzes bekannt sein mussten, nicht davon habe ausgehen können, dass es ihr ohne weiteres möglich sein werde, einer eigenen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Dass sich konkrete Erwartungen der Klägerin, die sie zum Zeitpunkt der Abgabe des Unterhaltsverzichtes hatte, in Beziehung auf einen in Zukunft von ihr zu erzielenden Verdienst aus einer Arbeitstätigkeit nicht erfüllten, steht hier gerade nicht fest.

3. Die vom Berufungsgericht und der Revision als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, ob unter den gegebenen Umständen der ursprünglich abgegebene Unterhaltsverzicht (wegen der bereits damals bestehenden schlechten Einkommenssituation der Klägerin) als unwirksam anzusehen sei, bedarf hier keiner Beantwortung: Nach der zu § 94 Abs 2 ABGB ergangenen Rechtsprechung ist für die Zukunft ein Verzicht bezüglich einzelner Unterhaltsleistungen und von Teilen von Unterhaltsleistungen möglich (RIS-Justiz RS0009703; SZ 50/128). In der Entscheidung 3 Ob 74/02g (JBl 2003, 322 = EvBl 2003/37) wurde unter Bezugnahme auf Rabl (Die Zulässigkeit eines Unterhaltsverzichts während aufrechter Ehe, ÖJZ 2001, 591 ff) ausgesprochen, dass ein Unterhaltsverzicht aufgrund (oder wie hier nach) einer Scheidung nur soweit als unwirksam anzusehen ist, als ein Ehegatte für die Zukunft auch den notwendigen Unterhalt aufgibt. Ob diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall zutreffen, kann aber im Hinblick auf die rechtskräftige Abweisung der von der Klägerin 1994 eingebrachten Unterhaltsklage nicht geprüft werden: Die Klägerin selbst bezog sich in ihrem Vorbringen ausdrücklich darauf, dass in diesem Vorverfahren ihre Unterhaltsklage deshalb abgewiesen worden sei, weil das Gericht einen wirksamen Unterhaltsverzicht angenommen und die Voraussetzungen für ein Abgehen von diesem Unterhaltsverzicht mangels geänderter Verhältnisse verneint habe. Damit steht aber einer inhaltlichen Prüfung der Wirksamkeit des von der Klägerin abgegebenen Unterhaltsverzichtes die Bindungswirkung der Vorentscheidung - die auch die Abweisung eines Unterhaltsbegehrens für die Zukunft umfasste - entgegen. In Ansehung dieses Unterhaltsverzichtes ist die für eine neuerliche Beurteilung notwendige nachträgliche Änderung der Verhältnisse (vgl dazu Reischauer, Unterhalt für die Vergangenheit und materielle Rechtskraft, JBl 2000, 421; vgl auch 1 Ob 218/00s) nicht denkbar. Die Zulässigkeit des Unterhaltsverzichtes kann daher in diesem Verfahren nicht mehr aufgerollt werden.

Da somit die in der Revision aufgeworfene und vom Berufungsgericht als erhebliche bezeichnete Rechtsfrage der Wirksamkeit des ursprünglich abgegebenen Unterhaltsverzichtes zur Lösung des konkreten Falles nicht erforderlich ist, war die Revision ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruches des Berufungsgerichtes zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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