European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0070OB00040.23T.0322.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Versicherungsvertragsrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass sie einschließlich der bereits in Rechtskraft erwachsenen Stattgebung eines Teils des Rechnungslegungsbegehrens als Teilurteil lautet:
„1. Die beklagte Partei ist binnen 14 Tagen schuldig, der klagenden Partei über sämtliche Provisionseingänge aus Versicherungsverträgen mit den Kunden/Versicherungsnehmern Ing. E* GMBH, S* Gesellschaft m.b.H und H* E* in den Jahren 2011 und 2013 bis einschließlich 2021 und hinsichtlich K* O* in den Jahren 2011 und 2013 bis einschließlich 2016, jeweils zum 31. 12. eines jeden Jahres, Rechnung zu legen, wobei diese durch Dokumentkopien zu belegen ist.
2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei auch über Provisionseingänge aus Versicherungsverträgen mit den Kunden/Versicherungsnehmern Ing. E* GMBH, S* Gesellschaft m.b.H und H* E* ab dem 1. 1. 2022 Rechnung zu legen, wird abgewiesen.
3. Im Umfang der Abweisung des Mehrbegehrens wird auch das sich aus der Rechnungslegung ergebende Leistungsbegehren, dessen ziffernmäßige Festsetzung bis zur erfolgten Rechnungslegung vorbehalten wurde, abgewiesen.
4. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 16.706,64 EUR (darin enthalten 2.654,77 EUR USt und 778 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.398,76 EUR (darin enthalten 566,46 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 2.937,20 EUR (darin enthalten 235,20 EUR USt und 1.526 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Der Kläger ist unselbständiger Mitarbeiter eines Versicherers und nebenberuflich selbständiger Versicherungsmakler. Die beklagte GmbH ist ebenfalls Versicherungsmaklerin. Beide verfügen über eine Gewerbeberechtigung für die „Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“.
[2] Jene Versicherungsmakler (wie der Vater des Klägers), die sich der Beklagten zunächst als Bürodienstleister bedient hatten, begannen in weiterer Folge, Versicherungsverträge, die sie als unselbständige Mitarbeiter eines Versicherers aus finanziellen Gründen entweder nicht bei diesem Versicherer abschließen konnten „oder aufgrund von Kundenwünschen über einen Makler günstiger abschließen sollten,“ über die Beklagte abzuschließen. Die Beklagte trat dabei gegenüber diesem Versicherer sowie auch gegenüber anderen Versicherern im Außenverhältnis als Versicherungsmaklerin auf. Im Innenverhältnis war zwischen den einzelnen Versicherungsmaklern und der Beklagten vereinbart, dass grundsätzlich von den von der Beklagten „vereinbarten“ (gemeint wohl: vereinnahmten) Maklerprovisionen an den Makler, der diesen Vertrag zur Beklagten gebracht hatte, 75 % weiterüberwiesen werden, 25 % sollten von der Beklagten für ihre Dienstleistungen einbehalten werden.
[3] Als der Vater des Klägers in Pension gegangen war, übertrug er die Versicherungsverträge hinsichtlich der Kunden Ing. E* GMBH, S* Gesellschaft m.b.H, H* E* und K* O* (kurz: Er*, S*, E* und O*) vorerst intern innerhalb des Versicherers an den Kläger, der bereits damals unselbständiger Mitarbeiter dieses Versicherers war. Der Kläger arbeitete zum damaligen Zeitpunkt auch bereits im Rahmen der Beklagten.
[4] Im Zuge der „Übergabe der Verträge“ vom Vater auf den Kläger besprachen die beiden gemeinsam mit dem früheren Geschäftsführer der Beklagten, wie die Betreuung weitergehen sollte. Die drei vereinbarten, dass die Kunden S*, E* und Er* in weiterer Folge vom Kläger in die Beklagte eingebracht und de facto vom früheren Geschäftsführer der Beklagten betreut werden sollten. Der Kläger selbst sollte den Kunden O* weiter betreuen.
[5] Der Kläger brachte in etwa 2006 die Verträge der vier genannten Kunden in die Beklagte ein. Gegenüber dem Versicherer schien ab diesem Zeitpunkt die Beklagte als Maklerin auf, sämtliche Provisionen wurden an die Beklagte ausbezahlt.
[6] Die Aufteilung der Provisionen wurde so gehandhabt, dass die Beklagte den Versicherungsmaklern den zustehenden (75%igen) Anteil nach dem jeweiligen Prozentschlüssel direkt auszahlte.
[7] Die Provisionsabrechnungen, die die Beklagte an die Makler übersendete, enthielten neben den zusammengefassten monatlichen Zahlungen eine Aufstellung der einzelnen den Maklern zugeordneten Versicherungsverträgen samt Polizzennummern und Sparte sowie den als Provision überwiesenen Betrag. Nicht enthalten war jedoch der Betrag, den die Beklagte vom Versicherer als Provision erhielt.
[8] Die Beklagte traf ab etwa 2003 mit jenen Maklern, die viel Umsatz erbrachten, eine sogenannte „Vereinbarung Bestandsgarantie“. Diese Vereinbarung regelt unter anderem die Aufteilung der Provisionsansprüche zwischen der Beklagten und diesen Mitarbeitern. Danach wird jeder von einem Mitarbeiter an die Beklagte herangetragene Versicherungsvertrag diesem Mitarbeiter zugeordnet und die daraus resultierende Provision für die Betreuungszeit durch die Beklagte garantiert (Punkt II.). Von den von den Versicherern an die Beklagte aufgrund der Courtagevereinbarungen ausbezahlten Provisionen verbleiben der Beklagten 25 %, der Mitarbeiter erhält 75 % der zur Auszahlung gelangenden Provision (Punkt III.).
[9] Der Kläger unterschrieb diese Vereinbarung im zeitlichen Zusammenhang mit der Pensionierung seines Vaters nicht, sondern erst kurz vor Prozessbeginn. Der Inhalt dieser Vereinbarung wurde jedoch tatsächlich so gelebt, dass die grundsätzliche Aufteilung, die in Punkt III. enthalten ist (25 % an die Beklagte, 75 % an den Mitarbeiter) vorgenommen wurde.
[10] Im Jahr 2011 flossen aus den Versicherungsverhältnissen von Er*, S* und E* keine Beträge an den Kläger. Die Beklagte behielt hinsichtlich dieser Kunden bis 2015 (mit einer möglichen Ausnahme) sämtliche Provisionen ein.
[11] Der Kunde O* kündigte seine Verträge im Jahr 2016, sodass seit dieser Zeit keine Verträge mehr bei der Beklagten verblieben.
[12] Mit Stufenklage vom 22. 3. 2021 begehrte der Kläger von der Beklagten (zusammengefasst) die Rechnungslegung über sämtliche Provisionseingänge aus Versicherungsverträgen mit den Kunden Er*, S*, und E* in den Jahren 2011 und 2013 bis dato und hinsichtlich des Kunden O* in den Jahren 2011 und 2013 bis 2016, jeweils zum 31. 12. eines jeden Jahres, wobei die Rechnungslegung durch Dokumentkopien zu belegen sei. Ferner begehrte er die Zahlung der sich aus dieser Rechnungslegung ergebenden Beträge, deren ziffernmäßige Festsetzung vorerst vorbehalten bleibe.
[13] Zusammengefasst brachte er vor, es bestehe zwischen ihm und der Beklagten eine Zusammenarbeit aufgrund einer „Vereinbarung Bestandsgarantie“. Diese Vereinbarung diene der Aufteilung der Provisionen, die die Beklagte von den Versicherern erhalte, auf die „Mitarbeiter“ der Beklagten. Nach dieser Vereinbarung liege die Tätigkeit der „Mitarbeiter“ in der Vermittlung und Betreuung der Kunden; diese seien als selbständige Unternehmer tätig. Die Beklagte trete nur im Außenverhältnis zu den Versicherern als Versicherungsmaklerin auf; im Innenverhältnis betreibe sie kein Eigengeschäft. Sie erbringe für die einzelnen Makler Bürodienstleistungen und vereinnahme die Provisionen. Jeder von einem Mitarbeiter an die Beklagte herangetragene Versicherungsvertrag mit einem Kunden sei diesem Mitarbeiter zugeordnet und die daraus resultierende Provision für die Betreuungszeit durch die Beklagte garantiert („Bestandsgarantie“). Von den Provisionen erhalte die Beklagte vereinbarungsgemäß einen Regieanteil von 25 %, der Mitarbeiter erhalte 75 %. Das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien sei aufrecht. Er habe vor kurzem Unregelmäßigkeiten bei der Gebarung der Provision durch die Beklagte festgestellt und keine oder nur unzureichende Auskünfte erhalten; er habe Anspruch auf Vorlage einer Abrechnung in Form der Mitteilung eines Buchauszugs. Zu seinem Kundenstamm gehörten auch die vier im Klagebegehren genannten Kunden. Aus Versicherungsverträgen dieser Kunden habe ihm die Beklagte für die Jahre 2011 sowie 2013 bis dato keine Provisionsanteile zugeleitet. Der Kunde O* werde nicht mehr über die Beklagte geführt, sodass das Begehren mit Ende 2016 begrenzt sei. Es komme nicht die kurze Verjährungsfrist zur Anwendung, sondern die lange 30‑jährige Verjährungszeit, weil sein Herausgabeanspruch – der inhaltlich ein Erfüllungsanspruch sei – nach dem Innenverhältnis zur Beklagten zu beurteilen sei, dem eine Treuhandfunktion zukomme.
[14] Die Beklagte wendete zusammengefasst ein, eine derartige „Vereinbarung Bestandsgarantie“ sei zwischen den Parteien nicht abgeschlossen worden; die vorgelegte Vereinbarung sei weder datiert noch allseitig unterschrieben. Sämtliche Provisionen seien ordnungsgemäß abgerechnet und ausbezahlt worden. Der Kläger habe hinsichtlich der genannten Kunden keine Vermittlungsleistungen erbracht; alle Arbeiten für diese Kunden hätten zwei andere Personen vorgenommen. Allfällige Provisionsansprüche des Klägers seien zudem verjährt; er habe bis 2020 die monatlichen Abrechnungen und Auszahlungen nie beanstandet.
[15] Das Erstgericht gab mit Teilurteil dem (modifizierten) Rechnungslegungsbegehren der Stufenklage statt. Zwischen den Parteien bestehe ein einer treuhändigen Abwicklung ähnliches Rechtsverhältnis sui generis zur Abrechnung der Provisionen. Demnach habe der Kläger, wie auch andere Versicherungsmakler, Anspruch auf 75 % jener Provisionszahlungen, die die Beklagte von den Versicherern erhalte. Die Beklagte habe der internen Vereinbarung zufolge die Provisionen der Versicherer einkassieren und nach Einbehalt eines eigenen Anteils von 25 % an die Versicherungsmakler weiterleiten sollen. Bei den weitergeleiteten Beträgen handle es sich nicht um Werklohn oder Entgelt. Der Herausgabeanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten für Zeiten, in denen diese die Provisionsanteile noch nicht weitergeleitet habe, gleiche einem solchen aus einem treuhändigen Verhältnis. Es handle sich um keinen der in § 1486 ABGB aufgezählten Fälle der kurzen Verjährungszeit, sodass entsprechende Zahlungsansprüche erst nach 30 Jahren verjährten. Das zwischen den Streitteilen bestehende Vertragsverhältnis müsse es dem Kläger ermöglichen, die Beträge, die die Beklagteweiterleite, nachzuvollziehen. Dies begründe seinen Rechnungslegungsanspruch hinsichtlich der von der Beklagten zu konkreten Verträgen vereinnahmten Provisionen, zumal diese eine entsprechende Abrechnung unterlassen habe.
[16] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge. Es bestätigte mit Teilurteil die Stattgebung des Rechnungslegungsbegehrens des Klägers hinsichtlich der Versicherungsverträge mit den Kunden/Versicherungsnehmern Er*, S* und E* für die Jahre 2018 bis inklusive 2021. Dieser Teil des Rechnungslegungsbegehrens blieb von der Beklagten unbekämpft und ist daher in Rechtskraft erwachsen. Das Mehrbegehren des Klägers auf Rechnungslegung auch über Provisionseingänge aus Versicherungsverträgen mit den Kunden Er*, S* und E* in den Jahren 2011 und 2013 bis inklusive 2017 und ab 1. 1. 2022 sowie hinsichtlich des Kunden O* in den Jahren 2011 und 2013 bis einschließlich 2016 wies es ebenso ab wie das darauf bezogene Zahlungsbegehren.
[17] Rechtlich führte es – soweit für das Revisionsverfahren von Relevanz – aus, dass Ansprüche aus einer vertraglichen Aufteilungsvereinbarung zwischen Versicherungsmaklern in Bezug auf von Versicherern ausbezahlte Versicherungsprovisionen für vermittelte Versicherungsverträge, die von einem von ihnen vereinbarungsgemäß vereinnahmt worden seien, der kurzen Verjährungsfrist des analog anzuwendenden § 11 MaklerG bzw § 1486 Z 1 ABGB zu unterstellen seien.
[18] Auf den anteiligen Herausgabeanspruch des Maklers gegen die Beklagte betreffend „seinen Provisionsanteil“, also den Erfüllungsanspruch aus der internen Aufteilungsvereinbarung, sei § 11 MaklerG jedenfalls nicht direkt anwendbar. Für diesen Herausgabeanspruch sollte jedoch dieselbe Verjährungsfrist gelten, wie für den Provisionsanspruch der Beklagten gegenüber dem Versicherer, zumal dieser aus demselben Maklerverhältnis resultiere. Charakteristisch erscheine nicht die treuhändige Verwahrung der Gelder durch die Beklagte, sondern der Provisionscharakter der Gelder, die von der Beklagten vereinbarungsgemäß bloß anteilig weitergeleitet werden sollen. Der Leistungscharakter, den die Provisionen im Außenverhältnis hätten, schlage auf die Verjährungsfrist im Innenverhältnis durch, sodass die kurze Verjährungsfrist des § 11 MaklerG analog zur Anwendung gelange.
[19] Auf den Herausgabeanspruch sei auch die kurze Verjährungsfrist nach § 1486 Z 1 ABGB anwendbar. Zu den „sonstigen Leistungen“ im Sinn dieser Bestimmung zählten auch die Geschäftsbesorgung und die Ausführung von Aufträgen sowie Auslagenersätze. Wenn die Beklagte über viele Jahre gemäß einer Vereinbarung mit Versicherungsmaklern im geschäftlichen Verkehr den Versicherern gegenüber im Außenverhältnis als Maklerin auftrete und dafür die Versicherungsprovisionen einkassiere und diese in der Folge im Innenverhältnis vereinbarungsgemäß anteilig (75 %) auszahle, liege ein Fall einer Geschäftsbesorgung „in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichem Betriebe“ vor. Damit erscheine auch die kurze dreijährige Verjährungsfrist des § 1486 Z 1 ABGB auf die Herausgabeansprüche des Klägers anwendbar.
[20] Die Beklagte habe während des gesamten klagegegenständlichen Zeitraums eine Abrechnung an den Kläger als Versicherungsmakler unterlassen, woraus die ihr von den Versicherern ausbezahlten Provisionsbeträge ersichtlich wären. Das Fehlen einer entsprechenden Abrechnung ändere an der Kenntnis des Klägers vom Zahlungseingang „seiner“ Provision und daher auch an der Kenntnis von der Fälligkeit seiner Provisionsanteile nichts. Daher komme es auch bei analoger Anwendung von § 11 MaklerG nicht zu einer Verjährungshemmung.
[21] Nach dem Vorbringen beider Parteien sei trotz Fehlens einer ausdrücklichen Feststellung über die Fälligkeit der Herausgabeansprüche „vom Eintritt der Fälligkeit auszugehen“. Unter Zugrundelegung einer dreijährigen Verjährungsfrist seien die Herausgabeansprüche des Klägers aus Provisionseingängen der Beklagten bis inklusive 2017 zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage im März 2021 bereits verjährt und daher könne auch der diesbezügliche Anspruch auf Rechnungslegung (jeweils zum 31. 12. dieser Jahre) nicht mehr geltend gemacht werden.
[22] Da die Stufenklage einen materiell-rechtlichen Anspruch voraussetze, könne in ihrem Rahmen für zukünftige Abrechnungsperioden, also für Ansprüche, deren Fälligkeit zum maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung noch nicht gegeben gewesen sei, eine Rechnungslegung nicht zugesprochen werden. Soweit sich das Rechnungslegungsbegehren daher auf erst künftig fällige Provisionseingänge (ab 1. 1. 2022) erstrecke, müsse es abgewiesen werden. Die Rechnungslegungspflicht für Provisionseingänge des Jahres 2022 bestehe erst am 31. 12. 2022.
[23] Im Umfang der Abweisung des Rechnungslegungsbegehrens einer Stufenklage könne das noch unbestimmte Leistungsbegehren nicht allein bestehen und sei daher ebenfalls abzuweisen.
[24] Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige, und erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zur Frage, ob auf einen Herausgabeanspruch eines Maklers gegenüber einem anderen Makler auf einen Anteil der vereinbarungsgemäß einkassierten Maklerprovisionen die lange (30‑jährige) oder die kurze (dreijährige) Verjährungsfrist anzuwenden sei, noch nicht Stellung genommen habe.
[25] Gegen den klagsabweisenden Teil des Teilurteils des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, dem Rechnungslegungsbegehren über die Provisionseingänge aus den Versicherungsverträgen mit den Kunden/Versicherungsnehmern Er*, S* und E* in den Jahren 2011 und 2013 bis inklusive 2017 und ab 1. 1. 2022 und hinsichtlich des Kunden O* in den Jahren 2011 und 2013 inklusive 2016 stattzugeben.
[26] Die Beklagte erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise dieser nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[27] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und auch teilweise berechtigt.
[28] 1. Der Kläger bekämpft zwar formal die Abweisung des Rechnungslegungsbegehrens betreffend Provisionseingänge aus den Versicherungsverträgen mit den Kunden Er*, S* und E* auch für die Zeit „ab dem 1. 1. 2022“. Die Revision enthält dazu jedoch keine Argumente. Der Kläger nimmt nicht zur rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts Stellung, dass die Rechnungslegungspflicht für Provisionseingänge des Jahres 2022 erst mit Ablauf des 31. 12. 2022 bestehe. Da sich ein Rechnungslegungsbegehren schon begrifflich nur auf bereits erfolgte/erhaltene Zahlungen beziehen kann und nicht auch auf künftige Ansprüche, hat das Berufungsgericht diesen Teil des Rechnungslegungsbegehrens, soweit er sich auf künftige Ansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten bezieht, zu Recht abgewiesen (vgl 3 Ob 59/18z [Punkt 2.4.]).
2. Zum Rechnungslegungsbegehren
[29] 2.1. Wer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ein Vermögen anzugeben verpflichtet ist, oder wer von der Verweigerung oder Verheimlichung eines Vermögens vermutlich Kenntnis hat, ist nach Art XLII Abs 1 EGZPO zu beeideten Angaben des Vermögens oder der Schulden verpflichtet. Für beide Fälle fordert Art XLII Abs 2 EGZPO ein privatrechtliches Interesse des Klägers.
[30] 2.2. In Betracht kommt hier der erste Fall des Art XLII Abs 1 EGZPO. Dieser schafft keine eigene zivilrechtliche Verpflichtung, sondern setzt eine solche neben dem privatrechtlichen Interesse an der Ermittlung des Vermögens für die Befugnis zur Klage voraus (RS0034986). Der Anspruch steht dem zu, der gegen einen ihm aus materiell‑rechtlichen Gründen zur Auskunftserteilung Verpflichteten ein bestimmtes Klagebegehren auf Leistung nur mit erheblichen Schwierigkeiten, die durch eine solche Abrechnung beseitigt werden können, zu erheben vermag, wenn dem Verpflichteten die Auskunftserteilung nach redlicher Verkehrsausübung zumutbar ist (RS0106851).
[31] 2.3. Die Auskunftspflicht soll es dem Anspruchsberechtigten, dem es an den für eine Prozessführung erforderlichen Informationen fehlt, ermöglichen, sein Recht – auch gerichtlich – durchzusetzen. Das ist etwa der Fall, wenn der berechtigte Vertragspartner sonst seine Rechte nicht oder nicht ohne große Schwierigkeiten ausüben könnte oder über Art und Umfang seiner Rechte oder Pflichten im Unklaren bliebe (RS0035050 [T2]). So kann etwa der Anspruch auf Rechnungslegung zur Nachprüfung des Betrags einer zustehenden Provision von einem selbständigen Handelsvertreter oder einem provisionsberechtigten Angestellten im Wege einer Stufenklage geltend gemacht werden (RS0035140).
[32] 2.4. Nach den Feststellungen hatte die Beklagte aus den vom Kläger vermittelten Versicherungsverträgen in den streitgegenständlichen Zeiträumen Provisionseingänge, wovon ihm vereinbarungsgemäß ein Anteil weiterzuleiten gewesen wäre, dessen Höhe ihm aber mangels einer entsprechenden Abrechnung unbekannt ist. Der Beklagten ist die begehrte Abrechnung über ihre Provisionseinnahmen auch zumutbar. Der Kläger ist in diesem Zusammenhang als Machtgeber anzusehen und hat einen Rechnungslegungsanspruch entsprechend § 1012 ABGB.
[33] Das grundsätzliche Bestehen des Rechnungslegungsanspruchs ist im Revisionsverfahren auch nicht strittig.
[34] 3. Der Anspruch auf Rechnungslegung verjährt als bloßer Nebenanspruch mit dem Hauptanspruch (RS0028102; RS0028134). Dementsprechend kann eine an sich bestehende Rechnungslegungspflicht in Bezug auf bereits verjährte (Haupt‑)Leistungen nicht mehr durchgesetzt werden (RS0034930).
[35] Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts und der Beklagten sind die klagsgegenständlichen Leistungsansprüche des Klägers, die er aus der vertraglichen Vereinbarung mit ihr ableitet, nicht verjährt, sodass ihm der Rechnungslegungsanspruch zusteht.
[36] 4. Nach der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung tritt die Beklagte im Außenverhältnis gegenüber den Versicherern als Versicherungsmaklerin auf. Im Innenverhältnis vereinbarten die Parteien, dass grundsätzlich 75 % der von der Beklagten vereinnahmten Provisionen an ihn überwiesen werden sollen, wenn er den Versicherungsvertrag zur Beklagten gebracht hat, und 25 % sollen von der Beklagten für ihre Dienstleistungen einbehalten werden.
[37] Das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien ist hinsichtlich der Abrechnung und Weiterleitung der Provisionen einer treuhändigen Abwicklung ähnlich. Die Beklagte hält die von ihr vereinnahmten Provisionen – jedenfalls zu einem gewissen Anteil – treuhändig für den Kläger und ist aufgrund der getroffenen Vereinbarung verpflichtet, den vereinbarten Anteil dem Kläger zukommen zu lassen (vgl RS0010432; RS0010444). Als Gewalthaberin des mit dem Kläger begründeten Rechtsverhältnisses ist die Beklagte grundsätzlich zur Herausgabe seines Anteils an der Provision – dem aus dem Abschluss des Versicherungsvertrags erhaltenen Vorteil – an den Machtgeber verpflichtet (§ 1009 ABGB). Der Herausgabeanspruch nach § 1009 ABGB ist kein Schadenersatz‑, sondern ein Erfüllungsanspruch des Geschäftsherrn aus dem Vertragsverhältnis. Er steht in keinem synallagmatischen Zusammenhang mit dem Entlohnungsanspruch des Beauftragten (hier 25 % der Provision; RS0019312 [T4]). Nach der Rechtsprechung verjährt der Herausgabeanspruch nach § 1009 ABGB in der allgemeinen Verjährungsfrist von 30 Jahren (RS0019397; vgl 7 Ob 107/62 = EvBl 1962/414; 2 Ob 217/09i [Herausgabe der Gewinnbeteiligung im Rahmen eines Automatenaufstellungsvertrags unterliegt 30‑jähriger Verjährung]; 9 Ob 2/17k = SZ 2017/28 [Anspruch des Mandanten auf Herausgabe der beim beauftragten Rechtsanwalt eingegangene Barschaft unterliegt der 30‑jährigen Verjährungsfrist]; Mader/Janisch in Schwimann/Kodek 4 § 1486 ABGB Rz 9 mwN [30‑jährige Verjährungsfrist für einen Anspruch des Machtgebers auf Herausgabe von Erlös und Gewinn und § 1009 ABGB und den darauf gegründeten Rechnungslegungsanspruch als Nebenanspruch]; P. Bydlinski in KBB6 § 1009 ABGB Rz 4).
[38] 5. Keine (analoge) Anwendung der dreijährigen Verjährungsfrist des § 11 MaklerG sowie des § 1486 Z 1 ABGB.
[39] 5.1. Ein Makler vermittelt für einen „Auftraggeber“ Geschäfte mit einem Dritten, ohne ständig damit betraut zu sein (§ 1 MaklerG). Nach § 11 Satz 1 MaklerG verjähren Ansprüche aus dem Maklervertragsverhältnis in drei Jahren ab Fälligkeit. § 31 MaklerG knüpft die Fälligkeit der Provisionsansprüche des (Versicherungs‑)Maklers an deren Abrechnung durch den Versicherer, die längstens einen Monat nach deren Entstehung (§ 30 Abs 2 MaklerG) zu erfolgen hat. Mit der Abrechnung oder in dem Zeitpunkt, in dem sie längstens hätte erfolgen müssen, beginnt die dreijährige Verjährungsfrist des § 11 MaklerG zu laufen (Knotzer in Straube/Ratka/Rauter, UGB I4 § 31 MaklerG Rz 2; Koban/Jabornegg in Fenyves/Perner/Riedler, VersVG [10. Lfg., März 2022] Anhang zu §§ 43–48 VersVG Rz 236 f). Diese verjährungsrechtliche Sonderbestimmung wurde geschaffen, weil nicht nur die Forderungen gewerblich tätiger Makler, sondern auch die Provisionsansprüche der Gelegenheitsmakler in drei Jahren verjähren sollen (ErläutRV 2 BlgNR 20. GP 23; R. Madl in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.07 § 1486 Rz 4).
[40] Nach der Rechtslage vor dem Inkrafttreten des MaklerG war die Verjährung des Provisionsanspruchs eines Maklers nach § 1486 Z 1 ABGB zu beurteilen (9 Ob 51/03w), wodurch sich am Ergebnis einer dreijährigen Verjährungsfrist nichts ändern würde.
[41] 5.2. Die von § 11 MaklerG erfassten „Ansprüche“ sind solche, die aus dem Maklervertrag resultieren, sohin Provisionsforderungen nach § 6 MaklerG und Aufwandersatz im Sinn des § 9 MaklerG (Humpel/Michtner in Illedits/Reich‑Rohrwig, Wohnrecht4 § 11 MaklerG Rz 2; Kothbauer in GeKo Wohnrecht II § 11 MaklerG Rz 5 [Stand 15. 10. 2018, rdb.at]). Der Kläger macht aber gegenüber der Beklagten keinen „Anspruch aus dem Maklervertragsverhältnis“ geltend, besteht doch im Innenverhältnis der Parteien kein Maklervertrag. Vielmehr ist die Beklagte als Gewalthaberin verpflichtet, die von ihr vereinnahmte Provision in einem bestimmten Verhältnis an den Kläger für den von ihm vermittelten Versicherungsvertrag zu zahlen.
[42] Ein Analogieschluss – wie ihn das Berufungsgericht vornimmt – setzt eine Gesetzeslücke voraus, also eine Situation, dass der Rechtsfall nach dem Gesetz nicht beurteilt werden kann, jedoch von Rechts wegen einer Beurteilung bedarf. Es muss also eine „planwidrige Unvollständigkeit“, eine nicht gewollte Lücke vorliegen (RS0098756). Eine solche Lücke besteht nicht, gilt doch die allgemeine Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 1478 ABGB. Der Anspruch des Klägers hat auch keinen „Provisionscharakter“, sondern ist dadurch geprägt, dass die Beklagte für ihn treuhändig Versicherungsprovisionen einhebt und diese ihm gegenüber abzurechnen hat. Ein Sachverhalt, der es rechtfertigen könnte, die dreijährige Verjährungsfrist des § 11 MaklerG analog auf das Vertragsverhältnis der Parteien anzuwenden, liegt hier nicht vor.
[43] 5.3. Nach § 1486 Z 1 ABGB verjähren Forderungen für Lieferung von Sachen oder Ausführung von Arbeiten oder sonstigen Leistungen in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichen Betrieb in drei Jahren. Nach dieser Bestimmung verjähren die Forderungen für Leistungen, nicht aber die Forderung auf solche Leistungen. Der Anspruch eines Auftraggebers auf Herausgabe des Erlöses oder Gewinns nach § 1009 ABGB betrifft nicht eine Gegenleistung für eine erbrachte Leistung, sondern ist der Anspruch auf Leistung aus dem Vertrag selbst. Der kurzen, dreijährigen Verjährung unterliegen beim Bevollmächtigungsvertrag nur der Anspruch des Gewalthabers auf Provision und Auslagenersatz, nicht aber der Anspruch des Machtgebers auf Herausgabe von Erlös und Gewinn sowie der darauf gegründete Rechnungslegungsanspruch (7 Ob 107/62 = EvBl 1962/414; Mader/Janisch aaO).
[44] Der Kläger vermittelt Versicherungsverträge an Kunden. Dieser Versicherungsvertrag ist im Rahmen der Abrechnung über die Beklagte ihm zugeordnet und diese garantiert ihm gegenüber daraus einen entsprechenden Anteil an den vom Versicherer vereinnahmten Provisionen. Der Kläger erbringt daher keine „sonstigen Leistungen“ im Sinn des § 1486 Z 1 ABGB gegenüber der Beklagten, sodass sein Anspruch auf anteilige Provision seine Grundlage auch nicht in einer Leistung an die Beklagte (arg: „Forderung für ...“) hat. Der Anspruch des Klägers auf Herausgabe seines Anteils an der Provision ist ein vertraglicher Anspruch aus der Erfüllung des Mandatsverhältnisses mit der Beklagten, der in keinem synallagmatischen Zusammenhang mit dem Entlohnungsanspruch der Beauftragten (25 % der Provision) steht. Gegenständlich sind keine Ansprüche zu beurteilen, denen zugrunde liegt, dass der Kläger an oder für die Beklagte Leistungen erbracht hätte. Eine (auch analoge) Anwendung des § 1486 Z 1 ABGB scheidet daher aus.
[45] 5.4. Bei gemischten Verträgen ist für die Beurteilung jeder einzelnen Leistungspflicht die sachlich am meisten befriedigende Vorschrift heranzuziehen (RS0013941), das ist nach der sogenannten Kombinationstheorie die Vorschrift jenes Vertragstyps, dem die einzelne Pflicht entstammt (2 Ob 217/09i [Punkt 4.] mwN). War die Beklagte zur Ausfolgung des dem Kläger gebührenden Provisionsanteils verpflichtet und ist dessen Anspruch als Herausgabeanspruch im Sinn des § 1009 ABGB zu qualifizieren, so entspricht es der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass dieser Anspruch der 30‑jährigen Verjährung unterliegt (vgl RS0019397).
[46] 6. Der Anspruch des Klägers auf Rechnungslegung betreffend die im Revisionsverfahren strittigen Zeiträume ab 2011 ist daher nicht verjährt.
[47] Der Revision ist daher teilweise Folge zu geben und dem Rechnungslegungsanspruch des Klägers auch für die Zeiträume 2011 bis einschließlich 2017 stattzugeben.
[48] 7.1. Im Teilurteil über das Rechnungslegungsbegehren ist grundsätzlich über die bisherigen Verfahrenskosten auf Basis der Bewertung des Rechnungslegungsbegehrens zu entscheiden (Obermaier, Kostenhandbuch3 Rz 1.200; Konecny in Fasching/Konecny 3 II/1 Art XLII EGZPO Rz 129; M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 II/1 § 52 ZPO Rz 5, jeweils mwN).
[49] 7.2. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 43 Abs 2 1. Fall ZPO iVm § 50 ZPO. Das Rechnungslegungsbegehren, das vom Kläger mit 35.000 EUR bewertet wurde, beinhaltete mehrere Zeitabschnitte („Rechnungslegungsjahre“) und mehrere Kunden. Im Zweifel ist von der Gleichwertigkeit der Einzelbegehren auszugehen (vgl Obermaier aaO Rz 2.38). Die Ermittlung des Prozesserfolgs, also der Erfolgsquote, erfolgt nach der aliquoten Anzahl der Begehren, mit denen der Kläger durchgedrungen ist. Hier umfasste das Rechnungslegungsbegehren des Klägers zu drei Kunden jeweils elf Rechnungslegungsperioden (Jahre 2011 und 2013 bis inklusive 2022) und zu einem Kunden (O*) fünf Jahre (2011 und 2013 bis 2016). Im Hinblick auf die Kosten konnte außer Betracht bleiben, dass der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren sein Rechnungslegungsbegehren hinsichtlich des Kunden O* auf den Zeitraum bis 2016 einschränkte, weil es sich um einen verhältnismäßig geringfügigen Teil seines Anspruchs handelte, dessen Geltendmachung zudem besondere Kosten nicht veranlasste (vgl § 43 Abs 2 ZPO). Diese Einschränkung wirkte sich weder auf die Bemessungsgrundlage, noch auf den Streitwert bzw das Rechtsmittelinteresse aus.
[50] 7.3. Der Kläger ist mit seinem Begehren nur zu drei Kunden hinsichtlich einer Periode („ab 1. 1. 2022“) nicht durchgedrungen (geringfügiges Unterliegen mit rund 7 %), sodass ihm im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren voller Kostenzuspruch gemäß § 43 Abs 2 erster Fall ZPO auf Basis des Streitwerts der erfolgreichen Ansprüche von 32.236,84 EUR (35/38 x 35.000 EUR) zusteht (RS0116722).
[51] 7.4. Entsprechend den Einwendungen der Beklagten (§ 54 Abs 1a ZPO) sind die Schriftsätze des Klägers vom 24. 6. 2021 und vom 5. 7. 2021 nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich gewesen und daher nicht zu honorieren.
[52] 7.5. Grundsätzlich ist Bemessungsgrundlage für das Revisionsverfahren im Hinblick darauf, dass nur mehr 26 Rechnungslegungsperioden von ursprünglich 38 strittig sind, ein Streitwert von 23.947,37 EUR (26/38 x 35.000 EUR). Im Hinblick auf das geringfügige Unterliegen des Klägers (rund 10 %) sind ihm die Revisionskosten auf der Bemessungsgrundlage von 21.552,63 EUR zuzusprechen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)