Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Dem Betroffenen, der an seniler Demenz vom Typ Alzheimer litt, wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Hietzing vom 14. 1. 2000 Dr. Eva Maria B***** zum Sachwalter bestellt. Das Sachwalterschaftsverfahren wurde bis zum Tode des Betroffenen am 6. 2. 2001 fortgesetzt. Zuletzt war seit 10. 12. 2000 Dr. Susanne S***** anstelle von Dr. B***** zur Sachwalterin bestellt.
Mit Schriftsatz vom 12. 4. 2001 beantragte Herta P***** (im Folgenden Antragstellerin genannt) beim Erstgericht die sachwalterschaftsgerichtliche Bewilligung des zwischen der Sachwalterin Dr. B***** für den Betroffenen als Annehmenden und ihr als Adoptivkind geschlossenen Adoptionsvertrages vom 15. 5. 2000 und legte dazu den mit Notariatsakt errichteten Adoptionsvertrag vor. Das Erstgericht wies den Antrag mit der wesentlichen Begründung zurück, der Antragstellerin fehle im Sachwalterschaftsverfahren die Antragslegitimation; die (nunmehrige) Sachwalterin Dr. S***** habe sich gegen den Antrag ausgesprochen. Der Adoptionsvertrag sei nicht rechtswirksam zustandegekommen und stelle ein juristisches Nullum dar.
Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Ausführungen des Rekursgerichtes können wie folgt zusammengefasst werden: Die Annahme an Kindes statt komme durch den Abschluss eines schriftlichen (Adoptions-)Vertrages und durch die gerichtliche Bewilligung der Annahme an Kindes statt zustande. Während das Verfahren zur gerichtlichen Bewilligung der Adoption iSd § 179a Abs 1 ABGB zu 13 P 77/01t beim Bezirksgericht Mödling anhängig sei, gehe es im Sachwalterschaftsverfahren um die Frage der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung des Adoptionsvertrages. Diese komme aber nicht in Betracht, da eine Rechtsgrundlage, die den Sachwalter zur Vertretung des Betroffenen beim Abschluss eines Adoptionsvertrages berechtigen würde, nicht ersichtlich sei. Der von der Sachwalterin Dr. B***** ohne entsprechende Spezialvollmacht abgeschlossene Vertrag sei nicht rechtswirksam zustandegekommen. Da also kein genehmigungsfähiger Vertrag vorliege, habe das Erstgericht den Genehmigungsantrag zu Recht zurückgewiesen. Mangels Eigenberechtigung des Betroffenen fehle dem zur Genehmigung vorgelegten Adoptionsvertrag im Übrigen auch eine materielle Adoptionsvoraussetzung.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei unzulässig, weil Rechtsfragen iSd § 14 Abs 1 AußStrG nicht zu beantworten gewesen seien.
Rechtliche Beurteilung
Mit ihrem gegen den Ausspruch der Unzulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses gerichteten "Abänderungsantrag" dahin, den ordentlichen Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 1 ZPO (gemeint wohl § 14 Abs 1 AußStrG) für zulässig zu erklären, verbindet die Antragstellerin das Rechtsmittel des (ordentlichen) Revisionsrekurses. Sie macht als Revisionsgrund unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt, die Beschlüsse der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass dem Adoptionsvertrag die sachwalterschaftsgerichtliche Genehmigung erteilt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der (erkennbar auf § 14a Abs 1 AußStrG gestützte) Abänderungsantrag verfehlt ist, weil in Außerstreitsachen mit nicht rein vermögensrechtlichem Entscheidungsgegenstand dann, wenn das Rekursgericht ausgesprochen hat, dass der ordentliche Revisionsrekurs nach § 14 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei, ein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben werden kann (§ 14 Abs 5 AußStrG), ohne dass es einer Abänderung des Ausspruches über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses durch das Rekursgericht bedarf. Die Begründung des Antrages auf nachträgliche Zulassung des ordentlichen Revisionsrekurses gemäß § 14a Abs 1 AußStrG hat sich inhaltlich mit der Zulassungsbeschwerde eines außerordentlichen Revisionsrekurses zu decken. Der (ordentliche) Revisionsrekurs der Antragstellerin war daher in einen außerordentlichen Revisionsrekurs gemäß § 14a Abs 5 AußStrG umzudeuten (vgl RIS-Justiz RS0110049).
Entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (EFSlg 79.648; ÖA 1997, 136 = EFSlg
82.824 mwN ua), sind die Voraussetzungen für eine Zulassung auch gegeben, weil, wie von der Revisionsrekurswerberin zutreffend geltend gemacht wird, oberstgerichtliche Judikatur zur über den vorliegenden Fall hinaus bedeutsamen Frage, ob ein Sachwalter zum Abschluss eines Adoptionsvertrages für den Betroffenen als Annehmender berechtigt ist (bzw berechtigt sein kann), fehlt. Das demnach zulässige Rechtsmittel der Antragstellerin ist aber nicht berechtigt.
Für das Zustandekommen einer Adoption sind zwei Akte erforderlich, die streng auseinanderzuhalten sind, nämlich der Abschluss eines schriftlichen Vertrages iSv § 886 ABGB zwischen Annehmendem und Wahlkind und die gerichtliche Bewilligung der Annahme (SZ 38/130 = EvBl 1966, 35/23; NZ 1974, 57; RIS-Justiz RS0048726). Der Abschluss des Adoptionsvertrages durch einen gewillkürten Vertreter wird von der Lehre als zulässig angesehen. Es ist jedoch eine auf die konkrete Adoption lautende Spezialvollmacht erforderlich (V. Steininger, JBl 1963, 516; Schwimann, FamRZ 1973, 350; ders in Schwimann ABGB2 § 179a Rz 2; Stabentheiner in Rummel3 § 179a ABGB Rz 22). Gemäß § 179a Abs 1 ABGB zweiter Satz wird die Adoption im Fall ihrer gerichtlichen Bewilligung mit dem Zeitpunkt der vertraglichen Willenseinigung wirksam. Der Tod des Annehmenden nach diesem Zeitpunkt hindert die Bewilligung nicht (§ 179a Abs 1 ABGB dritter Satz). Verfahrensbeteiligt sind gemäß § 257 AußStrG neben einem allfälligen gesetzlichen Vertreter des Wahlkindes und jeweiligen Zustimmungs- und Anhörungsberechtigten gemäß §§ 181, 181a ABGB (vgl Schwimann in Schwimann, ABGB2 I § 179a Rz 1) insbesondere die Vertragsteile. Die Meinung des Erstgerichtes, der Antragstellerin mangle es schon an der Antragslegitimation, ist daher unzutreffend.
Hingegen hat das Rekursgericht zutreffend erkannt, dass eine Bevollmächtigung des Sachwalters zum Abschluss eines Adoptionsvertrages für den Betroffenen als Annehmenden (grundsätzlich) nicht in Betracht kommt: Gemäß § 179 Abs 1 ABGB können nur eigenberechtigte Personen, die den ehelosen Stand nicht feierlich angelobt haben, an Kindes statt annehmen. Daraus folgt e contrario, dass nicht eigenberechtigte Personen nicht adoptieren können. Eigenberechtigung bedeutet nach Lehre (Simotta, Zweifelfragen der "Eigenberechtigung" in ÖJZ 1990, 661; Schwimann aaO § 179 Rz 2; Stabentheiner aaO § 179 ABGB Rz 1) und Rechtsprechung (2 Ob 560/90, EvBl 1990, 814/173 = ÖA 1991, 21 = EFSlg 62.966; 4 Ob 167/01i, RIS-Justiz RS0048843) volle Geschäftsfähigkeit. Jede Person, der für irgendeine Angelegenheit ein Sachwalter nach § 273 ABGB bestellt wurde, ist als nicht eigenberechtigt anzusehen und kommt daher - auch schon nach den Gesetzesmaterialien (107 BlgNR IX. GP 12) - als Annehmende(r) nicht in Betracht (Simotta aaO ). Der Abschluss eines Adoptionsvertrages zählt daher nicht zu den Angelegenheiten, zu denen ein Sachwalter, auch wenn er - wie im vorliegenden Fall - gemäß § 273 Abs 3 Z 3 ABGB mit der Besorgung "aller Angelegenheiten" der behinderten Person betraut wurde, bevollmächtigt worden ist bzw sein kann.
Mangels einer solchen Bevollmächtigung hat das Rekursgericht daher dem wirksamen Abschluss des Adoptionsvertrages zwischen der Sachwalterin Dr. B***** und der Antragstellerin zutreffend verneint und die Zurückweisung des Antrages, den Vertrag sachwalterschaftsgerichtlich zu genehmigen, durch das Erstgericht ohne Rechtsirrtum bestätigt. Der Revisionsrekurs der Antragstellerin muss daher erfolglos bleiben.
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