OGH 7Ob291/99s

OGH7Ob291/99s22.12.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Christopher L*****, geboren am 29. August 1992, vertreten durch den Unterhaltssachwalter Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie 19. Bezirk, über den Revisionsrekurs des Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 9. August 1999, GZ 43 R 575/99y-77, womit über Rekurs des Minderjährigen der Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 28. Mai 1999, GZ 2 P 75/99d-68, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden ersatzlos aufgehoben.

Text

Begründung

Nach der Scheidung der Ehe der Eltern des Minderjährigen blieb dieser zunächst in Pflege und Erziehung bei seiner Mutter. Sein Vater wurde verpflichtet, für ihn monatlich Unterhalt von S 2.000,-- zu bezahlen. Mit Beschlüssen des (damals zuständigen) Bezirksgerichts Floridsdorf vom 2. 4. 1996 (ON 31) und vom 15. 4. 1999 (ON 57) wurden ihm Unterhaltsvorschüsse in Titelhöhe für die Zeit vom 1. 3. 1996 bis 28. 2. 1999 gewährt bzw vom 1. 3. 1999 bis 28. 2. 2002 weitergewährt.

Seit September 1995 befindet sich der Minderjährige mit Zustimmung seiner Mutter, die sich zu monatlichen Unterhaltszahlungen von S 1.700,-- verpflichtete, in Pflege und Erziehung seiner in 1160 Wien wohnhaften Tante Andrea S*****. Die Pflegschaftssache wurde daher dem Bezirksgericht Hernals übertragen.

Mit Schreiben vom 10. 5. 1999 (ON 66) teilte der Unterhaltssachwalter dem Bezirksgericht Hernals als Pflegschaftsgericht mit, dass für den Minderjährigen gemäß § 27 Abs 6 Wiener Jugendwohlfahrtsgesetz (WrJWG) Pflegegeld in monatlicher Höhe von S 900,-- gewährt werde.

Daraufhin stellte das Erstgericht mit Beschluss vom 28. 5. 1999 die Unterhaltsvorschüsse gemäß § 2 Abs 2 Z 2 UVG mit Ablauf des Monats August 1998 rückwirkend ein.

Das Rekursgericht gab - wie schon das Erstgericht den Erwägungen der Entscheidung 7 Ob 5/99g (= ÖA 1999, 171) folgend - dem dagegen vom Minderjährigen erhobenen Rechtsmittel keine Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Vertretbar erscheine nämlich auch die Argumentation, dass nach dem Wortlaut des § 27 Abs 6 WrJWG kein Rechtsanspruch auf Pflegegeld bestehe, das somit vom Land Wien auch als Träger von Privatrechten im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung gewährt werden könnte.

Der Revisionsrekurs ist iSd § 14 Abs 1 AußStrG zulässig und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat ist in seiner Entscheidung vom 23. 11. 1990, 7 Ob 224/99p von seiner in 7 Ob 5/99g vertretenen Rechtsansicht mit ausführlicher Begründung abgegangen und hat ausgesprochen, dass der Gewährung von Pflegegeld, die auf Grund von "Kann-Bestimmungen" in den Jugendwohlfahrtsgesetzen der Länder und damit ohne Rechtsanspruch erfolge, kein bescheidmäßiger Zuweisungsakt zugrundeliege. Insoweit könne die in 7 Ob 5/99g vertretene Auffassung bezüglich des WrJWG nicht aufrechterhalten und als tragendes Argument für die Einstellung von Unterhaltsvorschüssen auf Grund einer Pflegegeldgewährung nach § 27 Abs 6 leg cit herangezogen werden. Der von den Vorinstanzen angenommene Einstellungsgrund nach § 20 Abs 1 Z 4 lit a UVG iVm § 2 Abs 2 Z 2 UVG liege somit tatsächlich nicht vor.

Diese Rechtsmeinung wurde inzwischen nicht nur vom erkennenden Senat auch zu 7 Ob 315/99w und 7 Ob 316/99t vertreten, sondern auch von allen anderen seither mit diesem Problem befassten Senaten des Obersten Gerichtshofes geteilt (1 Ob 243/99p; 1 Ob 270/99h; 1 Ob 319/99i; 2 Ob 273/99g; 2 Ob 274/99d; 3 Ob 292/99h; 4 Ob 289/99z; 6 Ob 237/99t; 6 Ob 243/99z ua).

Dass die Gewährung eines Verwandtenpflegegeldzuschusses gemäß § 27 Abs 6 WrJWG keinen Einstellungsgrund nach § 2 Abs 2 Z 2 UVG darstellt, entspricht also einhelliger oberstgerichtlicher Rechtsprechung, weshalb es genügt, im einzelnen auf die Begründung der zitierten Vorentscheidungen zu verweisen.

In Stattgebung des Revisionsrekurses waren die Entscheidungen der Vorinstanzen daher ersatzlos aufzuheben.

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