OGH 7Ob272/06k

OGH7Ob272/06k31.1.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der - nach Berichtigung - klagenden Partei Eigentümergemeinschaft *****, W*****gasse ***** (bisher: 1. Dr. Mag. Romana E*****, 2. Dr. Heinz J*****, 3. Ing. Hagen Olaf J*****, 4. Erna J***** für die Verlassenschaft nach DI Eberhard J*****, alle: W*****gasse *****) vertreten durch Graff Nestl Baurecht Zorn Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei G***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert: EUR 40.000), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 29. September 2006, GZ 4 R 48/06t-13, womit die Bezeichnung der Klägerin richtiggestellt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen. Die Rekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit der vorliegenden Deckungsklage wurde die Beklagte nach einem Hagelschaden auf der Liegeschaft W*****gasse *****, zunächst von den dortigen (im Kopf als bisherige Kläger bezeichneten) Liegenschafts- und Wohnungseigentümern aufgrund des zwischen den Parteien zur Polizzennummer ***** am 1. November 2002 für das Bestandobjekt abgeschlossenen Versicherungsvertrages auf Feststellung (der Zahlungspflicht der Beklagten für alle zur Wiederherstellung des beschädigten Gebäudes zum Neuwert entstehenden Kosten, die den bereits anerkannten Betrag von EUR 95.151,60 übersteigen, „insbesondere ....") in Anspruch genommen.

Die Beklagte beantragte Klageabweisung und wendete unter anderem mangelnde Aktivlegitimation der Kläger ein. Beim versicherten Objekt handle es sich um eine Wohnungseigentumsanlage. Im Jahr 2001 sei Wohnungseigentum begründet worden. Auch wenn im Versicherungsvertrag oder auch in der Polizze die Qualifikation des versicherten Objektes als „Wohnungseigentum" nicht ausdrücklich angeführt sei, seien nicht die einzelnen Miteigentümer des Objekts Versicherungsnehmer; es sei vielmehr die Wohnungseigentümergemeinschaft (nunmehr Eigentümergemeinschaft), die auch die Schadensanzeige erstattet habe, Versicherungsnehmerin der „klagsgegenständlich zitierten" gebündelten Versicherungsverträge geworden (vgl 7 Ob 318/04x).

Die Kläger führten demgegenüber zur Aktivlegitimation aus, dass es sich um vertragliche Ansprüche der Eigentümer und Vertragspartner handle und die Beklagte zutreffend festhalte, dass das versicherte Objekt im vorliegenden Vertrag nicht als „Wohnungseigentum" bezeichnet sei. Die Aktivlegitimation der Kläger sei gegeben; sollte das angerufene Gericht jedoch zu einer anderen Ansicht gelangen, werde „bereits an dieser Stelle" unter Hinweis darauf, dass eine Parteienberichtigung aufgrund von Abgrenzungsschwierigkeiten in der Praxis grundsätzlich zuzulassen sei, „eventualiter" der Antrag gestellt, die Berichtigung der Parteien auf die „Eigentümergemeinschaft Dr. Mag. Romana E*****, Dr. Heinz J*****, Ing. Hagen Olaf J*****, Erna J***** für die Verlassenschaft nach DI Eberhard J*****" zuzulassen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte die Miteigentumsverhältnisse, die Bestellung von Erna J***** zur Verlassenschaftskuratorin für die Verlassenschaft nach DI Eberhard J***** und die verlassenschaftsgerichtliche Genehmigung der Klageführung fest. Die Frage, ob die Kläger selbst (als Eigentümer) oder die Eigentümergemeinschaft aktiv legitimiert seien, ließ es jedoch unbeantwortet. Da das Feststellungsbegehren - im Hinblick auf ein mögliches Leistungsbegehren - schon mangels Feststellungsinteresses abgewiesen werde, könne dies dahingestellt bleiben.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Bezeichnung der Klägerin auf „Eigentümergemeinschaft *****, W*****gasse *****", berichtigt werde, verwarf die Berufung wegen Nichtigkeit, hob das Ersturteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Der Oberste Gerichtshof habe seit dem 3. WÄG bereits mehrfach Richtigstellungen der Bezeichnung der klagenden Partei von den Miteigentümern auf die Eigentümergemeinschaft zugelassen. Dass die - auch von Amts wegen mögliche - Richtigstellung der Parteienbezeichnung gemäß § 235 Abs 5 ZPO von den Liegenschaftseigentümern nur „eventualiter" beantragt worden sei, stehe dem nicht entgegen. Nur eine ausdrückliche Berufung auf das Recht, die Beklagte namens der einzelnen Miteigentümer in Anspruch zu nehmen, würde die amtswegige Berichtigung der Parteibezeichnung ausschließen (vgl 8 ObA 4/98s in Bezug auf die Passivlegitimation).

Rechtliche Beurteilung

Der nur gegen den Berichtigungsbeschluss erhobene - einseitige (RIS-Justiz RS0118432) - Rekurs ist ungeachtet des § 519 ZPO (und zwar analog § 519 Abs 1 Z 1 ZPO [weil die durch die Berichtigung verursachte Abschneidung des Verfahrens gegen die Altparteien einer Verweigerung des Rechtsschutzes für die Beklagte gleichkommt; wird ihr doch die Möglichkeit, ihnen gegenüber eine Klageabweisung zu erlangen, entzogen: Zechner in Fasching/Konecny² § 519 ZPO Rz 102]) zulässig (RIS-Justiz RS0039377 [T15]; RS0039608; jüngst: 9 Ob 49/06f und 4 Ob 125/06w mwN), aber nicht berechtigt.

Die Rekurswerberin vertritt den Standpunkt, dass es keine (zulässige) Berichtigung der Parteienbezeichnung, sondern „immer" eine (unzulässige) Parteiänderung darstelle, wenn ein existierendes Rechtssubjekt gegen ein anderes ausgetauscht werde. Es reiche nicht aus, dem Gericht die Beurteilung zu überlassen, wer als Vertragspartner in Anspruch genommen werden solle, weil jeder Kläger denjenigen in den Rechtsstreit ziehen wolle, der tatsächlich sachlegitimiert sei. Wollte man dies hinreichen lassen, wäre die Parteienbezeichnung bloßer „Platzhalter" und es müsste jeweils der vom Gericht als sachlegitimiert Angesehene „zur Partei erhoben" werden. Dies würde das Prozess-(kosten-)risiko einseitig auf jene Partei verlagern, die vom Gegner „nur undeutlich" bezeichnet werde. Nichts anderes könne für den umgekehrten Fall gelten, dass sich die klagende Partei selbst „als Vertragspartner" unrichtig bezeichne. Zwar ist richtig, dass die Änderung der Parteibezeichnung nicht dazu führen darf, den Mangel der Sachlegitimation des vom Kläger mit seiner Klage in Anspruch genommenen Rechtssubjekts zu sanieren. Eine (unzulässige) Klageänderung liegt aber nach ständiger Rechtsprechung selbst im Falle der Einbeziehung eines anderen Rechtssubjekts dann nicht vor, wenn sich aus der Klageerzählung (etwa durch Bezugnahme auf ein bestimmtes Arbeitsverhältnis oder einen Versicherungsvertrag) eindeutig ergibt, wer die beklagte Partei sein sollte, sodass die in Anspruch genommene beklagte Partei wissen musste, wen die Klage betraf (9 ObA 101/05a mwN).

Von diesen Grundsätzen ausgehend begegnet die amtswegige Richtigstellung der Parteienbezeichnung der Klägerin durch das Berufungsgericht schon angesichts der aus dem eigenen Vorbringen der Beklagten hervorgehenden Kenntnis des Umstandes, wer nach dem Klagevorbringen die Klägerin sein sollte, keinen Bedenken. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass sich der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 7 Ob 318/04x, die in der Klagebeantwortung zitiert wurde, mit der Frage der Legitimation der so genannten „Eigentümergemeinschaft" zur klageweisen Geltendmachung einer Versicherungsleistung bereits eingehend beschäftigt und dazu Folgendes (mit Nachweisen aus Rechtsprechung und Lehre) ausgesprochen hat:

„Seit Inkrafttreten des § 13c WEG 1975 (nunmehr § 18 WEG 2002) durch das 3. WÄG (BGBl 1993/800) bilden alle Wohnungs- und sonstigen Miteigentümer einer Liegenschaft zu deren Verwaltung die „Wohnungseigentümergemeinschaft", durch das WEG 2002 (§ 18) kürzer nur mehr als 'Eigentümergemeinschaft' bezeichnet, ansonsten jedoch mit der (früheren) Rechtsfigur der 'Wohnungseigentümergemeinschaft' identisch. Sie kann als solche in Angelegenheiten der Liegenschaftsverwaltung - nicht auch außerhalb dieses Geschäftskreises - Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen oder geklagt werden, besitzt also in diesem Rahmen und in diesem Umfang Parteifähigkeit. Diese Wohnungseigentümergemeinschaft entstand mit der Einverleibung des Wohnungseigentums auf der im Miteigentum stehenden Liegenschaft. Dass der Abschluss eines die Liegenschaft betreffenden Versicherungsvertrages zur ordentlichen Verwaltung derselben zählt, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend erkannt. Während vor dem

3. WÄG die Miteigentümer in Angelegenheiten der Liegenschaftsverwaltung selbst Rechtssubjekt waren, ist dies seither die (Wohnungs-)Eigentümergemeinschaft. In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof auch bereits mehrfach Richtigstellungen der Bezeichnung der klagenden Partei gemäß § 235 Abs 5 ZPO zugelassen. Im vorliegenden Fall kann daher kein Zweifel daran bestehen, dass die klagende Partei allein aus dem Versicherungsvertrag forderungs- und damit auch klageberechtigt ist. In die Kompetenz der (Wohnungs-)Eigentümergemeinschaft fällt die ordentliche Verwaltung der Liegenschaft und damit der Abschluss des Versicherungsvertrages zur gegenständlichen Leitungswasserschadenversicherung. Damit ist die klagende Partei auch Vertragspartner der beklagten Partei und als solcher auch zur gerichtlichen Durchsetzung der Versicherungsleistung legitimiert."

Aber auch zu der in den weiteren Rekursausführungen angesprochenen Frage, wann eine Richtigstellung der Parteienbezeichnung im Rechtsmittelverfahren nicht (mehr) in Betracht kommt, besteht eine gesicherte Rechtsprechung, von der das Berufungsgericht nicht abgewichen ist:

Demnach trifft es zwar zu, dass von der Möglichkeit einer Berichtigung der Parteibezeichnung kein Gebrauch gemacht werden kann, wenn die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft nach einer Erörterung des Problems [also bewusst] darauf beharrt, zur Geltendmachung des streitgegenständlichen Anspruchs aktiv legitimiert zu sein (RIS-Justiz RS0107428 [T3] = 5 Ob 165/03f mwN). Davon kann jedoch keine Rede sein, wenn die betroffene Partei - wie hier - unmittelbar nachdem ihre aktive Sachlegitimation vom Gegner in Zweifel gezogen wurde, ohnehin den Antrag gestellt hat, die Berichtigung der Parteienbezeichnung auf die „Eigentümergemeinschaft"

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