Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der Kläger ist seit seiner Geburt am 1. 1. 1987 aufgrund von ärztlichen Behandlungsfehlern, für die die Beklagte zu haften hat, schwerst behindert. Mit Teilurteil bestätigte das Berufungsgericht die erstinstanzliche Entscheidung, ihm für die Zeit vom 1. 7. 2006 bis 31. 12. 2007 einen Verdienstentgang von 30.798,52 EUR samt 4 % Zinsen ab 5. 4. 2008 zuzusprechen. Mit der außerordentlichen Revision strebt die Beklagte die gänzliche Abweisung des betreffenden Klagebegehrens an. Sie hält ihr außerordentliches Rechtsmittel entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts für zulässig, weil oberstgerichtliche Judikatur dazu fehle, ob in einem Fall wie dem vorliegenden ein Vorteilsausgleich vorzunehmen sei, der den gesamten Verdienstentgang, der dem Kläger an sich unstrittig gebühre, kompensiere. Dazu wird von der Revisionswerberin im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne nur durch Sonden ernährt werden. Die Kosten der Sondennahrung werde zum Großteil von der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse und der Beklagten getragen. Hinsichtlich der Kleidung habe der Kläger stark herabgesetzte Ansprüche. Da er bei den ihn betreuenden Eltern (die Pflegegeld der Stufe 7 beziehen) gratis wohnen könne, erspare er sich auch die Kosten einer Mietwohnung. Der Umstand, dass sich der Kläger die Kosten für Nahrung, Kleidung und Wohnung demnach erspare, sei im Wege der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen.
Rechtliche Beurteilung
Mit diesen Ausführungen zeigt die Revisionswerberin keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf; vielmehr steht die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, das eine „Vorteilsausgleichung" abgelehnt hat, mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs im Einklang:
Im Meinungsstreit um die sogenannte Vorteilsausgleichung bei Zuwendungen von dritter Seite hat sich als herrschende Auffassung eine teleologische Betrachtungsweise durchgesetzt. Die Anrechnung eines Vorteils muss dem Zweck des Schadenersatzes entsprechen und soll nicht zu einer unbilligen Entlastung des Schädigers führen. Es ist also nicht schlechthin jeder Vorteil anzurechnen, der dem Geschädigten aus dem vom Schädiger verursachten Ereignis zufließt, sondern es kommt auf die ganz besondere Art des erlangten Vorteils und den Zweck der Leistung des Dritten an (RIS-Justiz RS0023600). Insbesondere ist in Fällen von Sozialleistungen, die im Hinblick auf eine bestimmte, durch das schädigende Ereignis ausgelöste, soziale Situation gewährt werden, grundsätzlich davon auszugehen, dass der Dritte seine Leistungen dem Geschädigten unabhängig vom Ausmaß seines Schadenersatzanspruchs und zusätzlich zu diesem zuwenden will, sie aber nicht in der Absicht erbringt, den Schädiger zu entlasten (8 Ob 11/85; 8 Ob 27/09t, RIS-Justiz RS0023600 [T4]). Wiederholt hat der Oberste Gerichtshof auch schon ausgesprochen, dass sich ein ersatzpflichtiger Schädiger gegenüber dem Geschädigten auch nicht auf die Unterhalts- oder Sorgepflicht eines Dritten berufen kann, da durch das schädigende Ereignis entstehende Unterhaltsansprüche gegenüber dem Schadenersatzanspruch nachrangig sind, wie dies übrigens § 843 Abs 4 BGB für den deutschen Rechtsbereich ausdrücklich formuliert (2 Ob 215, 216/79 SZ 53/58 mwN ua).
Mit diesen Grundsätzen steht die Ansicht des Berufungsgerichts, die unter anderem einen Sonderbedarf des Klägers an Nahrung deckenden Sozialleistungen sowie die von den Eltern erbrachten Leistungen, darunter die Deckung des Wohnbedarfs des Klägers, seien im Zusammenhang mit dem dem Kläger gebührenden Verdienstentgang nicht zu berücksichtigen, im Einklang. Dass oberstgerichtliche Judikatur etwa zur Sozialleistung der Bereitstellung von Sondennahrung fehlt, bedeutet keineswegs schon, dass eine Rechtsfrage von der im § 502 Abs 1 ZPO umschriebenen erheblichen Bedeutung vorläge (RIS-Justiz RS0110702).
Da mangels Berechtigung einer Vorteilsausgleichung auch die Höhe einer solchen keiner Erörterung mehr bedarf, liegt ein Verfahrensmangel, der von der Revisionswerberin dahin erblickt wird, dass von ihr beantragte Beweise zur Höhe nicht aufgenommen wurden, nicht vor. Dies hat bereits das Berufungsgericht erkannt und eine diesbezügliche Mangelhaftigkeit verneint.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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