European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00011.850.0619.000
Spruch:
Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 16.627,05 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 1511,55, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die am 28. 1. 1964 geborene unter verlängerter Minderjährigkeit stehende Klägerin wurde am 29. 7. 1969 bei einem vom Erstbeklagten verschuldeten Verkehrsunfall schwer verletzt.
Sie machte bereits zu 15 Cg 397/71 des LG Klagenfurt Schadenersatzansprüche aus diesem Verkehrsunfall gegen die Beklagten geltend. In diesem Rechtsstreit wurde der Klägerin unter Berücksichtigung bereits geleisteter Zahlungen aus dem Titel des Schmerzengeldes von S 20.000.‑ ein weiteres Schmerzengeld von S 90.000.‑ zugesprochen; ferner wurde rechtskräftig festgestellt, daß die Beklagten der Klägerin zur ungeteilten Hand für alle künftigen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 29. 7. 1969 schadenersatzpflichtig sind.
Bei der Bemessung des Schmerzengeldes in diesem Vorprozeß wurde im wesentlichen von folgendem Sachverhalt ausgegangen:
Die Klägerin erlitt bei dem Verkehrsunfall vom 29. 7. 1969 einen offenen Schädelbruch im Bereich der linken Schläfengegend und im Stirnbereich mit Hirnquetschungen, einen offenen Jochbeinbruch und zahlreiche Rißquetschwunden am Kopf und im Gesicht. Etwa zwei Stunden nach der an der Klägerin im Krankenhaus durchgeführten Schädeloperation traten Krämpfe an der linken Körperseite auf. Bis zum 4. 8. 1969 war die Klägerin nicht ansprechbar; dann stellte sich heraus, daß ihr Sprachvermögen gestört ist. Die weiteren Untersuchungen ergaben eine Lähmung des rechten Armes, einen Spasmus der Muskulatur und Paresen am rechten Bein. In der Folge zeigte sich, daß durch die Hirnverletzungen eine Halbseitenlähmung rechts und eine zentrale Sprachstörung verursacht wurde, daß dadurch bedingt die rechte Hand nur sehr wenig gebrauchsfähig ist (Hilfshand) und daß deutliche Gangstörungen ausgelöst wurden. Die unmittelbaren Unfallsfolgen haben sich im Verlauf der Zeit etwas zurückgebildet, doch ist bei der Klägerin eine beträchtliche organische Demenz eingetreten. Es besteht bei ihr auch unfallsbedingt eine symptomatische Epilepsie, die sich zwar noch nicht in größeren Anfällen zeigt, aber in Absencen äußert, die kurzzeitige Bewußtseinsunterbrechungen mit sich bringen. Dieser Zustand ist trotz intensiver antiepileptischer Behandlung nicht zu beeinflussen. Es besteht die Tendenz zur Verschlechterung der organischen Demenz.
Die Knochenbrüche und körperlichen Verletzungen sind verheilt. Geblieben ist eine Halbseitenparese rechts, eine posttraumatische Epilepsie, eine beträchtliche organische Demenz und eine Rest‑Aphasie (Sprachstörung) sowie eine geringe Augenmuskelstörung rechts. Dabei handelt es sich um Dauerfolgen, bei denen eine wesentlichen Besserung in der Zukunft nicht anzunehmen ist. Die Klägerin kann infolge ihrer organischen Demenz keine Volksschule besuchen; sie muß in eine Sonderschule gehen, wo sie nur mit größter Mühe den notwendigsten Lernerfolg erreicht. Sie kann keinen Beruf erlernen.
Bis 29. 3. 1972 (Zeitpunkt der Untersuchung durch den Gerichtssachverständigen) hatte die Klägerin 10 Tage starke Schmerzen, 21 Tage mittelstarke Schmerzen und ca. 4 Monate leichte Schmerzen zu erdulden. Es ist mit einer Zunahme der bestehenden organischen Demenz zu rechnen. Die epileptischen Anfälle treten seither einmal täglich auf und können auch täglich mehrmals vorkommen. Nach großen epileptischen Anfällen, die bisher noch nicht aufgetreten sind, ist mit starken Kopfschmerzen in der Dauer von 1 bis 2 Stunden zu rechnen. Die allgemeine Kopfschmerzneigung kann erst in einigen Jahren abgeschätzt werden.
Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung wurde ausgeführt, daß im Hinblick auf die festgestellten Verletzungsfolgen ein Schmerzengeld von insgesamt S 110.000.‑ angemessen erscheine. Bei der Ausmessung des Schmerzengeldes seien die körperlichen Schmerzen der Klägerin bis zum Untersuchungstag (29. 3. 1972) berücksichtigt worden und es sei dabei von der Prognose des ärztlichen Sachverständigen ausgegangen worden. Sollte in Zukunft eine unerwartete und außergewöhnliche Verschlechterung der Unfallsfolgen eintreten und sollte es dabei noch zu weiteren Schmerzen kommen, bleibe es der Klägerin unbenommen, allfällige weitere Ansprüche geltend zu machen.
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte die Klägerin mit ihrer am 9. 3. 1982 eingebrachten Klage aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus dem Verkehrsunfall vom 29. 7. 1969 die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 400.000.‑ s.A. und zur Leistung einer monatlichen Rente von S 6000.‑ ab 5. 1. 1982. Die Klägerin habe nach dem 29. 3. 1972 schwerste epileptische Anfälle erlitten und habe oftmals in stationärer Spitalsbehandlung aufgenommen werden müssen; es gebühre ihr ein weiteres angemessenes Schmerzengeld von S 200.000.‑. Sie sei durch die beim Unfall erlittenen Verletzungen verunstaltet und hochgradig in ihrem besseren Fortkommen behindert; es sei auch ein völliger Verlust ihrer Heiratsaussichten eingetreten. Es gebühre ihr daher im Sinne des § 1326 ABGB eine Verunstaltungsentschädigung von S 200.000.‑. Ohne die Unfallsfolgen hätte die Klägerin eine Handelsschule oder Handelsakademie besucht und wäre dann in ein Büro eingetreten; vielleicht hätte sie auch die Matura gemacht und wäre Lehrerin geworden. In jedem Fall hätte sie als Büroangestellte ab 1. 1. 1982 monatlich S 6000.‑ netto verdient. Sie erleide einen Verdienstentgang in dieser Höhe, weil sie unfallsbedingt einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen könne.
Die Beklagten und der Nebenintervenient auf Seiten der Beklagten wendeten im wesentlichen ein, daß Schmerzengeldforderungen der Klägerin für die Zeit vor dem 9. 3. 1979 (3 Jahre vor Klagseinbringung) verjährt seien. Die voraussehbaren Schmerzen der Klägerin seien durch den Schmerzengeldzuspruch im Vorprozeß abgegolten worden; darüber hinausgehende Schmerzen habe die Klägerin nicht erlitten. Der geltend gemachte Anspruch auf Verunstaltungsentschädigung sei gleichfalls verjährt, weil er schon im Vorprozeß geltend gemacht hätte werden müssen. Seine Höhe werde bestritten. Auch der Anspruch der Klägerin auf Ersatz des Verdienstentganges sei verjährt, weil auch dieser Anspruch bereits im Vorprozeß geltend zu machen gewesen sei. Die Annahme, daß die Klägerin ohne die Unfallsfolgen ab 1. 1. 1982 ein Einkommen erzielt hätte, sei hypothetisch. Sie hätte keinesfalls ein Anfangsnettogehalt von monatlich S 6000.‑ erzielen können und es könne auf Grund der heutigen Arbeitsmarktsituation überhaupt nicht mit Sicherheit gesagt werden, daß sie ohne Unfall eine Beschäftigung gefunden hätte. Es wäre der Klägerin zuzumuten, eine Arbeit aufzunehmen, um ein eigenes Einkommen zu erzielen, das sie sich auf ihren Verdienstentgangsanspruch anrechnen lassen müsse. Die Klägerin müsse sich auch jenen Aufwand anrechnen lassen, den anderen Rechtsträger für ihren Unterhalt leisteten. Wäre die Klägerin berufstätig geworden, hätte sie auch die mit der Berufsausübung verbundenen Unkosten tragen müssen. Der Nebenintervenient auf Seiten der Beklagten habe für die Klägerin netto S 694.125,70 aufgewendet. Bei dem von der Klägerin geltend gemachten Verdienstentgang von S 6000.‑ monatlich sei davon auszugehen, daß ihr gesamtes Einkommen zur Deckung ihrer lebensnotwendigen Bedürfnisse aufgewendet worden wäre. Da diese aber ohnehin vom Nebenintervenienten getragen würden, habe die Klägerin aus dem Titel des Verdienstentganges nichts zu fordern.
Das Erstgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von S 325.000.‑ s.A. und zur Leistung einer monatlichen Rente von S 5500.‑ ab 5. 1. 1982 bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres der Klägerin und wies das Mehrbegehren der Klägerin auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 75.000.‑ s.A. und weiterer Rentenbeträge von monatlich S 500.‑ ab.
Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Die Klägerin leidet etwa seit dem Jahr 1971 an epileptischen Anfällen. Diese dauern jeweils mehrere Sekunden und haben zur Folge, daß die Klägerin bewußtlos zusammenfällt und sich dadurch vorwiegend am Kopf verletzt. Im Durchschnitt tritt täglich ein Anfall auf. Um Verletzungen am Hinterkopf hintanzuhalten, trägt die Klägerin, sobald sie das Bett verläßt, einen Schutzhelm. Sie wird nunmehr in der therapeutischen Anstalt in ***** betreut. Die Klägerin webt, aus therapeutischen Gründen auf einem kleinen Webstuhl. Damit kann sie jedoch keineswegs eine mit Lohnerwerb verbundene Tätigkeit ausüben.
Vom 29. 7. bis 26. 8. 1975 war die Klägerin in der neurochirurgischen Abteilung des Landeskrankenhauses Klagenfurt in stationärer Behandlung. Es wurde eine Operation zur Auslösung der Narbe aus dem Gehirn durchgeführt. Nach einem neuerlichen Sturz auf den Kopf wurde eine Frakturlinie links occipital sowie ein zarter Randsaum festgestellt. Im Zuge eines neuerlichen epileptischen Anfalles erlitt die Klägerin eine Rißquetschwunde am Kinn; diese wurde im Krankenhaus St. Veit versorgt. Am 23. 1. 1981 wurde die Klägerin in die psychiatrische Abteilung des Landeskrankenhauses Klagenfurt überwiesen und dort bis 8. 3. 1981 medikamentös behandelt. Vom 3. 2. bis 25. 2. 1982 befand sie sich zum Zweck der operativen Entfernung eines lebensbedrohenden subduralen Hämatoms, das sie sich im Zuge eines epileptischen Anfalles zugezogen hatte, wiederum auf der neurochirurgischen Abteilung des Landeskrankenhauses Klagenfurt. Dort wurde eine Notoperation vorgenommen. Bis zur Überstellung an die heilpädagogische Abteilung am 25. 2. 1982 erlitt die Klägerin mehrfach große Anfälle. Als Folge eines neuerlichen epileptischen Anfalles zog sich die Klägerin weitere Verletzungen zu, und zwar eine 2 cm lange Rißquetschwunde an der Unterlippe und eine Luxation der oberen Schneidezähne, wobei der rechte Schneidezahn frakturiert war. Sie befand sich vom 12. 4. 1983 bis 27. 4. 1983 auf der kieferchirurgischen Abteilung, wo ihr eine Oberkieferplatte eingebunden wurde.
Die am 9. 8. 1982 durchgeführte Kontrolluntersuchung der Klägerin ergab weiterhin die Zeichen eines schweren Schädel‑Hirntraumas, wobei im Vergleich zum Befund vom 29. 3. 1972 die durch das Hirntrauma hervorgerufene Halbseitenparese rechts zugenommen hat. Die Zunahme der Halbseitensymptomatik stellt zwar eine Verschlechterung der Funktion dar, ist aber nicht mit Schmerzsensationen verbunden. Die Anfallsfrequenz hat sich nicht wesentlich verändert, wohl aber der Anfallsverlauf. Die vorwiegend am Hinterkopf erlittenen Verletzungen im Anfall lassen den Verdacht auf eine anfallsartig auftretende Enthirnungsstarre zu.
Die Anfälle der Klägerin an sich sind nicht mit einem Schmerzengeschehen verbunden, wohl aber die durch die Anfälle entstehenden Verletzungen. Allerdings muß nicht jeder Anfall mit einer Verletzung verbunden sein. Bei den häufigen Anfällen sind kurzdauernde mittelstarke Schmerzen anzunehmen, wobei aber in Betracht zu ziehen ist, daß durch die weitgehende Stirnhirnschädigung, die durch den Unfall und die operative Narbenexcision erfolgte, ein Leukotomie‑Effekt gesetzt wurde, der die bewußte Erfassung äußerer und innerer Eindrücke wesentlich herabsetzt, sodaß angenommen werden muß, daß die Schmerzempfindungen der Klägerin durch diesen Effekt wesentlich herabgemindert sind.
Bei einer so schweren Hirnverletzung sind die daraus entstehende Epilepsie und die Beeinträchtigung der geistigen Funktionen ein durchaus zu erwartender Verlauf.
Für den Zeitraum vom 29. 3. 1972 bis 9. 8. 1982 sind 11 Tage starke, 5 Wochen mittelstarke und 8 Wochen leichte Schmerzen anzunehmen. Es handelt sich dabei ausschließlich um körperliche Schmerzen.
Die Klägerin weist mehrfache reaktionslose Operationsnarben an der linken Schädelseite und weitere Operationsnarben an der linken Gesichtshälfte und an der Kinnspitze auf. Die Lidspalte links ist enger als rechts. Die Berührungsempfindung an der ganzen rechten Kopfseite ist herabgesetzt. Das Gaumensegel rechts ist etwas geringer innerviert bei Phonation als links. Die Sprache ist gering dysarchisch. Die Zunge weicht gering nach rechts ab. Die Klägerin ist halbseitig gelähmt, und zwar am Arm fast vollkommen, während am Beim die Lähmung geringer ist. Eine Gehbehinderung ist vorhanden. Die Hemipares existiert seit dem Unfall. Sie hat sich hinsichtlich der Funktion seit der zweiten Operation im Jahr 1982 verschlechtert. Die Klägerin ist außerstande, einen Haushalt zu führen.
Mit einer Besserung des neurologischen Befundes und mit einer Besserung des psychischen Zustandsbildes kann nicht gerechnet werden.
Die Heiratsaussichten der Klägerin sind praktisch auf Null gesunken.
Die psychiatrische Untersuchung der Klägerin am 9. 8. 1982 ergab ein hochgradiges psychoorganisches Syndrom mit weitgehender Herabminderung des Intellektes mit Antriebsverlust, Stumpfheit und Initiativlosigkeit; insgesamt ergab sich das Bild einer Imbezillität. Das Spontangebaren der Klägerin ist naiv‑kindlich, das Altgedächtnis deutlich gestört. Das Frischgedächtnis und das Aufassungsvermögen sind deutlich herabgesetzt. Die Konzentrationsfähigkeit ist rasch nachlassend. Rechenaufgaben werden nur bis etwa 20 gelöst.
Die Klägerin wird nicht in der Lage sein, einen Beruf zu erlernen; sie wird auch einfachste handwerkliche Tätigkeiten nicht ausführen können.
Der Vater der Klägerin ist Postamtsleiter des Postamtes *****; die Mutter ist geprüfte Schneidermeisterin und übte diesen Beruf bis zum Unfall der Klägerin aus. Die Eltern der Klägerin hatten die Absicht, diese nach der Volksschule die Hauptschule oder das Gymnasium, nach der Hauptschule allenfalls die Handelsakademie besuchen zu lassen. Der Schulbesuch sollte in Spittal an der Drau erfolgen. Es ist nicht auszuschließen, daß die Klägerin den Lehrerberuf (Volksschullehrerin) ergriffen hätte. Nach Abschluß der Schulausbildung hätte die Klägerin ab 1. 1. 1982 im Raum Oberkärnten einen Arbeitsplatz zumindest als Büroangestellte erlangt und ein eigenes Einkommen erzielt. Sie wäre von ihren Eltern, die in ***** ein Einfamilienhaus besitzen, kostenlos untergebracht und verpflegt worden. Nach Abzug der Lohnsteuer und unter der Annahme, daß kein Alleinverdienerabsetzbetrag in Anrechnung gebracht wird, ergibt sich für die Klägerin ab 1. 1. 1982 ein theoretisches durchschnittliches Nettomonatseinkommen von S 5295,40, ab 1. 1. 1983 ein solches von S 5629,60 und ab 1. 1. 1984 ein solches von S 6000,60.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß die Einbringung einer erfolgreichen Feststellungsklage die Verjährung aller zukünftigen Ansprüche des Klägers aus dem betreffenden Rechtsverhältnis unterbreche; der Verjährungseinwand der Beklagten sei daher verfehlt. Der Klägerin sei im Vorprozeß für den Zeitraum bis zum 29. 3. 1972 ein Schmerzengeld von S 110.000.‑ zugesprochen worden. Für die seither aufgetretenen Verletzungsfolgen sei ihr ein weiteres Schmerzengeld von S 125000.‑ zuzusprechen; ihr Mehrbegehren auf Zuspruch eines weiteren Schmerzengeldes von S 75.000.‑ sei abzuweisen.
Durch die festgestellte Verunstaltung der Klägerin seien ihre Heiratsaussichten praktisch auf ein Minimum gesunken. Im Hinblick darauf gebühre ihr eine Verunstaltungsentschädigung von S 200.000.‑.
Da eine exakte Berechnung der Höhe des Verdienstentganges der Klägerin nicht möglich sei, sei gemäß § 273 ZPO ihr monatlicher Verdienstentgang mit S 5500.‑ netto auszumessen. Die aus dem Titel des Verdienstentganges zugesprochene Rente sei mit der Vollendung des 60. Lebensjahres der Klägerin zeitlich zu begrenzen.
Dieses Urteil wurde von der Klägerin, den beiden Beklagten und dem Nebenintervenienten auf Seiten der Beklagten mit Berufung bekämpft.
Das Berufungsgericht gab mit dem angefochtenen Urteil keiner der Berufungen Folge.
Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte rechtlich im wesentlichen aus, für die Bemessung des Schmerzengeldes sei das Gesamtbild der Verletzungsfolgen maßgebend. Es müßten dabei auch künftige nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartende körperliche und seelische Schmerzen einbezogen werde. Ausgenommen von der globalen Bemessung blieben nur solche künftige Schmerzen, deren Eintritt noch nicht voraussehbar sei oder deren Ausmaß nicht so weit abgeschätzt werden könne, daß eine globale Beurteilung möglich sei. Jedoch dürfe auch in solchen Fällen eine ergänzende Schmerzengeldbemessung nicht dazu führen, daß der Verletzte insgesamt mehr zugesprochen bekomme als bei einer globalen Bemessung. Träten nach Bemessung des Schmerzengeldes für einen bestimmten Zeitraum in der Folge weitere, zunächst nicht vorhersehbare Schmerzperioden auf, hervorgerufen durch neuerliche, auf die Verletzungsfolgen zurückzuführenden Verletzungen, so müsse der Verletzte diese Ansprüche innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1489 ABGB erheben. Zwar könne der Verjährung des Ersatzanspruches für künftige voraussehbare Schäden durch die Feststellungsklage begegnet werden. Die Verjährungsfrist des § 1489 ABGB beginne erst dann zu laufen, wenn dem Geschädigten die für den Bestand seines Anspruches maßgebenden Umstände objektiv bekannt seien. Müsse er bestimmte Unfallsfolgen nicht als wahrscheinlich betrachten, so beginne für die dadurch bedingten Schäden eine neue dreijährige Frist erst mit deren Kenntnis zu laufen. Die Feststellungsklage diene nur der Prozeßökonomie, um Streitigkeiten über den Grund des Anspruches auch für die künftigen nicht vorhersehbaren Unfallsfolgen zu vermeiden. Das Feststellungsurteil hemme aber keinesfalls generell die Verjährung der einzelnen erst in Zukunft geltend zu machenden Ansprüche; für diese hätten die gleichen Grundsätze zu gelten wie für den zuerst geltend gemachten Anspruch.
Die Klägerin habe im Vorprozeß einen Betrag von S 160.000.‑ als Schmerzengeld begehrt; das Erstgericht habe damals unter Berücksichtigung der bis 29. 3. 1972 ermittelten körperlichen Schmerzen, des damals für die Zukunft nicht mit großer Wahrscheinlichkeit abzusehenden Verlaufes der Unfallsfolgen und unter Berücksichtigung der Zerstörung der Psyche der Klägerin und ihrer Auswirkungen ‑ der Schwerpunkt des Leidenszustandes sei sicher nicht bei den körperlichen Schmerzen gelegen ‑ einen Betrag von S 110.000.‑ als angemessen erachtet; gleichzeitig habe es der Klägerin aber die Geltendmachung weiterer Schmerzengeldansprüche für unerwartete und außergewöhnliche Verschlechterungen der Unfallsfolgen offen gelassen.
Daß bei der damaligen Globalbemessung nicht alle künftigen Schmerzzustände berücksichtigt werden konnten, liege auf der Hand. Es sei offenkundig, daß die durch den Ablauf der täglich auftretenden epileptischen Anfälle entstehenden neuen Beschwerden keinesfalls bei der ersten Globalbemessung berücksichtigt werden konnten, da die daraus resultierenden Verletzungen nicht vorhersehbar gewesen seien. Die Klägerin habe insbesondere in den letzten drei Jahren vor der Klagserhebung schwere Sekundärverletzungen erlitten, die auf das epileptische Anfallsgeschehen zurückzuführen seien und die in einem Fall nahezu zum Tod geführt hätten. Daraus folge, daß der Klägerin ein weiterer Schmerzengeldanspruch zustehe, der, da diese Verletzungen erst innerhalb von drei Jahren vor der Klagserhebung aufgetreten seien, nicht verjährt sein könne.
Gehe man weiter davon aus, daß der Klägerin für die künftigen seelischen Schmerzen bereits ein ‑ wenn auch möglicherweise zu geringer ‑ Betrag zuerkannt worden sei, somit ein Teil der derzeitigen seelischen Belastung bereits durch die erste Globalbemessung abgegolten erscheine, könne im Zuspruch eines weiteren Betrages von S 125.000.‑ kein Rechtsirrtum erblickt werden. Der Zuspruch eines höheren Betrages komme nicht in Betracht.
Es sei zwar richtig, daß bereits im Urteil des Vorprozesses Umstände festgestellt worden seien, die einen Schaden der Klägerin aus der Verhinderung des besseren Fortkommens erkennen ließen. Die Verhinderung des besseren Fortkommens durch den Verlust jeder Heiratsmöglichkeit könne aber bei einem Mädchen nicht bereits im Alter von 5 oder 8 Jahren, sondern erst dann mit der erforderlichen Korrektheit beurteilt werden, wenn es das heiratsfähige Alter erreicht habe. Die Klägerin habe diesen Anspruch mit Erreichung des 18. Lebensjahres, somit in einem Zeitpunkt erhoben, in dem darüber an Hand der zwischenzeitig eingetretenen Besserungen, aber auch der Verschlimmerungen der Unfallsfolgen verläßlicher abgesprochen werden könne. Dieser Anspruch sei daher nicht verjährt.
Da der Klägerin jede Heiratschance genommen sei, erscheine der dafür beanspruchte Ersatzbetrag nicht überhöht.
Mit ihren Einwendungen gegen das Verdienstentgangsbegehren versuchten die Beklagten und der Nebenintervenient, eine dem Träger der Sozialversicherung eingeräumte Möglichkeit der Legalzession im Sinne des § 332 ASVG geltend zu machen, was dem Wesen des Kärntner Sozialhilfegesetzes 1981 widerspreche. Danach bestehe zwar ein Rechtsanspruch auf Sozialhilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes für denjenigen, der den Lebensbedarf für sich nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen könne und ihn auch nicht oder nicht ausreichend von anderen Personen oder Einrichtungen erhalte. Das Gesetz räume dem Sozialhilfeträger aber nur ein Kostenersatzrecht gegenüber dem Empfänger der Sozialhilfe oder gegenüber Dritten im Rahmen von Unterhaltsverpflichtungen ohne Möglichkeit einer Legalzession im Sinne des § 332 ASVG ein. Bei Bestehen einer Legalzession gingen die Ansprüche, die der Sozialversicherungsträger dem Geschädigten gegenüber befriedige, insoweit auf ihn über, als er nach dem Gesetz kongruente Leistungen zu erbringen habe. Das Kärntner Sozialhilfegesetz 1981 sehe im § 38 Abs. 2 aber nur vor, daß durch eine schriftliche Anzeige an den Dritten bewirkt werden könne, daß der Anspruch bis zur Höhe der Aufwendungen auf den Sozialhilfeträger übergehe, wenn der Hilfeempfänger für die Zeit der Hilfeleistung Rechtsansprüche zur Deckung des Lebensbedarfes gegen einen Dritten habe. Dieser mittels Anzeige fakultativ geltend zu machende Forderungsübergang könne den Ersatzanspruch der Klägerin auf Verdienstentgang gegenüber dem Schädiger schon deshalb nicht zunichte machen, weil die Natur ihres Ersatzanspruches (Verdienstentgang) nicht mit einem auf Deckung der Lebensbedürfnisse gerichteten Unterhaltsanspruch ident sei. Es sei dabei nicht relevant, ob die Klägerin aus ihrem Arbeitseinkommen ihre Lebensbedürfnisse bestreiten müsse oder ob sie diese unentgeltlich und freiwillig von den Eltern weiter erhalten hätte. Damit bestünde aber für den Sozialhilfeträger keine Möglichkeit, im Rahmen eines allfälligen Deckungsfonds einen Anspruchsübergang im Sinne des § 38 Abs. 2 des Kärntner Sozialhilfegesetzes 1981 zu beanspruchen. Das Gesetz räume dem Sozialhilfeträger die Möglichkeit ein, ein etwaiges regelmäßiges Einkommen des Hilfeempfängers (dem sei der Zuspruch einer monatlichen Rente aus dem Titel des Verdienstentganges gleichzusetzen) bei Weitergewährung der Sozialhilfe entsprechend zu berücksichtigen; darauf könne aber im Rahmen des Schadenersatzprozesses nicht eingegangen werden.
Die Höhe des monatlichen Verdienstentganges stehe mit S 5500.‑ unbedenklich fest.
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Beklagten und des Nebenintervenienten. Sie bekämpfen es in seinem klagsstattgebenden Teil aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der vollinhaltlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellen sie Aufhebungsanträge.
Die Klägerin hat drei Revisionsbeantwortungen mit dem Antrag erstattet, den Revisionen keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionen sind nicht berechtigt.
Zum Schmerzengeldanspruch der Klägerin machen die Beklagten und der Nebenintervenient in ihren Rechtsmitteln im wesentlichen geltend, daß das im vorliegenden Verfahren begehrte Schmerzengeld schon im Vorprozeß global abgegolten worden sei. Soweit sich das nunmehrige Schmerzengeldbegehren der Klägerin auf Unfallsfolgen stütze, die länger als drei Jahre vor Klagseinbringung eingetreten seien, sei es verjährt. Die seit 9. 3. 1979 aufgetretenen weiteren Unfallfolgen rechtfertigten nicht den Zuspruch eines weiteren Schmerzengeldes.
Dem ist zu entgegnen, daß das Berufungsgericht die in der Rechtsprechung entwickelten Grundstücke über die globale Bemessung des Schmerzengeldes durchaus zutreffend wiedergegeben hat. Demnach stellt das Schmerzengeld grundsätzlich eine Globalabfindung für alle eingetretenen und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen durch die Unfallsfolgen dar. Für seine Bemessung ist das Gesamtbild der Verletzungsfolgen maßgebend. Hiebei müssen auch künftige, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartende körperliche und seelische Schmerzen einbezogen werden. Ausgenommen von der Globalbemessung bleiben nur solche künftige Schmerzen, deren Eintritt noch nicht vorhersehbar ist oder deren Ausmaß auch nicht so weit abgeschätzt werden kann, daß eine globale Beurteilung möglich ist. Jedoch darf auch in solchen Fällen eine ergänzende Schmerzgeldbemessung nicht dazu führen, daß der Verletzte insgesamt mehr zugesprochen bekommt als bei einer einmaligen Globalbemessung (ZVR 1970/77; 8 Ob 34/79; 8 Ob 221/80; 8 Ob 140/83 ua.).
Davon ausgehend ergibt sich im vorliegenden Fall, daß anläßlich der Schmerzengeldbemessung im Vorprozeß die künftigen Unfallfolgen der Klägerin durchaus nicht mit Sicherheit überschaubar waren. Insbesondere war damals zwar voraussehbar, daß die Klägerin in Zukunft an epileptischen Anfällen leiden werde, nicht aber, ob und in welchem Ausmaß sie im Verlauf derartiger Anfälle weitere Körperverletzungen davontragen werde. Die aus derartigen Körperverletzungen resultierenden Folgen waren daher von der Schmerzengeldbemessung im Vorprozeß keinesfalls erfaßt.
Nun ergibt sich aus den Feststellungen der Vorinstanzen, daß die Klägerin im Jänner 1981 im Zuge eines epileptischen Anfalles eine Rißquetschwunde am Kinn erlitt, die einen längerdauernden stationären Krankenhausaufenthalt erforderte. Im Februar 1982 erlitt die Klägerin im Verlauf eines epileptischen Anfalles ein lebensbedrohendes subdurales Hämatom, das in einer Notoperation entfernt werden mußte und wiederum zu einem längerdauernden Krankenhausaufenthalt führte. Im April 1983 zog sich die Klägerin wiederum bei einem epileptischen Anfall eine Rißquetschwunde an der Unterlippe und eine Luxation der oberen Schneidezähne bzw. den Bruch eines Schneidezahns zu. Auch hier war wieder ein stationärer Krankenhausaufenthalt erforderlich, der für die Klägerin mit besonderen Unannehmlichkeiten (Einbindung einer Oberkieferplatte) verbunden war.
Allein diese anläßlich der Schmerzengeldbemessung im Vorprozeß keinesfalls vorhersehbaren Verletzungsfolgen rechtfertigen den von den Vorinstanzen vorgenommenen Schmerzengeldzuspruch. Wenn sich auch aus den Feststellungen der Vorinstanzen nicht entnehmen läßt, in welchem Ausmaß die festgestellten körperlichen Schmerzen der Klägerin diesen neuerlichen Verletzungen zuzuordnen sind, erscheint doch entscheidend, daß diese Verletzungen ein solches Ausmaß erreichten (insbesonders die lebensbedrohende Verletzung im Februar 1982) und mit solchem Ungemach für die Klägerin verbunden waren (langdauernde stationäre Spitalsaufenthalte, Notwendigkeit einer gefährlichen Kopfoperation, notwendiges Tragen einer Oberkieferplatte), daß im Zuspruch eines weiteren Schmerzengeldes von S 125.000.‑ an die Klägerin ein Rechtsirrtum zum Nachteil der Beklagten nicht erkannt werden kann.
Daß durch diese neuerliche Schmerzengeldbemessung die Klägerin mehr zugesprochen erhielte als im Fall einer einmaligen Globalbemessung, kann im Hinblick auf die äußerst schweren Folgen der der Klägerin beim Unfall zugefügten Verletzungen auch unter Bedachtnahme auf die seit dem Schmerzengeldzuspruch im Vorprozeß eingetretene Geldwertverdünnung nicht gesagt werden.
Da alle oben aufgezählten Verletzungen der Klägerin innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren vor Klagseinbringung bzw. nach Klagseinbringung erfolgten, kann von einer Verjährung des daraus resultierenden Schmerzengeldanspruches keine Rede sein.
Zum Anspruch auf Verunstaltungsentschädigung bringen die Beklagten und der Nebenintervenient in ihren Rechtsmitteln im wesentlichen vor, daß der Schaden der Klägerin aus dem Titel des § 1326 ABGB bereits im Vorprozeß mit Leistungsklage geltend gemacht hätte werden können, weil bereits damals alle Voraussetzungen für den Zuspruch einer Verunstaltungsentschädigung gegeben gewesen seien. Das im Vorprozeß ergangene Feststellungsurteil beziehe sich daher auf diesen Anspruch der Klägerin nicht und dieser Anspruch sei verjährt. Der Zuspruch eines Betrages von S 200.000.‑ für den Verlust der Heiratschancen sei überhöht.
Dem ist zu entgegnen, daß der Zuspruch einer Verunstaltungsentschädigung im Sinne des § 1326 ABGB eine Verunstaltung des Geschädigten und die Möglichkeit der Verhinderung seines besseren Fortkommens voraussetzt. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen in der Person der Klägerin ist nicht zweifelhaft. Daß ihr in Anbetracht der von den Vorinstanzen festgestellten verletzungsbedingten nachteiligen Veränderung ihres äußeren Erscheinungsbildes praktisch jede Heiratsaussicht genommen ist, bedarf keiner weiteren Erörterung.
Es trifft sicher zu, daß bereits im Vorprozeß das Vorliegen der Voraussetzungen für den Zuspruch einer Verunstaltungsentschädigung an die Klägerin festgestellt werden konnte; allein die Höhe einer derartigen Verunstaltungsentschädigung war damals nicht eindeutig zu beurteilen. Maßgebend dafür ist insbesondere das Ausmaß der Entstellung und die Größe der Wahrscheinlichkeit der dadurch bedingten Behinderung des besseren Fortkommens und der Minderung der Heiratschancen (8 Ob 535/76; 8 Ob 264/82; 8 Ob 200/83 uva.). All dies war im Vorprozeß im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz noch nicht erschöpfend zu beurteilen. Die Klägerin war damals 8 Jahre alt und es war nicht abzusehen, ob und in welchem Ausmaß sich ihre Entstellung bis zum Erreichen des heiratsfähigen Alters allenfalls ändern und ihre allfälligen Heiratschancen beeinträchtigen würde. Gerade in Fällen aber, in denen ein Schaden eingetreten ist, der seiner Höhe nach noch nicht (abschließend) beurteilt werden kann, ist eine Feststellungsklage erforderlich, um den Ablauf der Verjährungsfrist zu verhindern (siehe dazu Koziol Haftpflichtrecht 2 I 317 und die dort angeführte Judikatur). Das stattgebende Urteil hat dann die Wirkung, daß es die Einrede der Verjährung (abgesehen von wiederkehrenden Leistungen) für die Dauer von 30 Jahren grundsätzlich ausschaltet (siehe dazu Klang in Klang 2 VI 638; SZ 45/8 ua.). Damit im Einklang steht der in der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz, daß die Wirkung eines stattgebenden Feststellungsurteiles auch den Anspruch auf Verunstaltungsentschädigung umfaßt (ZVR 1962/196; 2 Ob 125/63; 2 Ob 364/64).
Aus all dem ergibt sich daß im vorliegenden Fall im Hinblick auf das im Vorprozeß ergangene rechtskräftige Feststellungsurteil dem Begehren der Klägerin auf Zuspruch einer Verunstaltungsentschädigung im Sinne des § 1326 ABGB der Einwand der Verjährung nicht mit Erfolg entgegengesetzt werden kann.
Die Höhe der der Klägerin von den Vorinstanzen zugesprochenen Verunstaltungsentschädigung ist im Hinblick auf den schwere der Entstellung der Klägerin und den Umstand, daß durch diese Entstellung ihre Heiratschancen praktisch ausgeschlossen sind, unbedenklich.
Zum Verdienstentgangsanspruch der Klägerin führen die Beklagten und der Nebenintervenient im wesentlichen aus, die Klägerin müsse sich auf ihren festgestellten Verdienstentgang all das anrechnen lassen, was sie aufwenden hätte müssen, um ein Arbeitseinkommen zu erzielen, ferner ab dem mutmaßlichen Zeitpunkt ihrer Eheschließung alle von ihr nach dem Gesetz zur Deckung der gemeinsamen Bedürfnisse der Ehegatten beizutragenden Aufwendungen. Auch die Leistungen des Nebenintervenienten im Rahmen der Behindertenhilfe müsse sich die Klägerin auf ihren Verdienstentgangsanspruch anrechnen lassen.
Dazu ist auszuführen, daß konkrete Behauptungen darüber, daß die Klägerin bestimmte Beträge aufwenden hätte müssen, um das festgestellte (hypothetische) Arbeitseinkommen zu erzielen (etwa Fahrtkosten oder dgl.), im Verfahren erster Instanz nicht aufgestellt wurden; derartiges wurde auch von den Vorinstanzen nicht festgestellt. Der Umfang allfälliger Unterhalts‑ oder Beistandspflichten der Klägerin im Falle einer (gleichfalls hypothetischen) Eheschließung ist für den Umfang ihres Anspruches auf Ersatz von Verdienstentgang gegen die Beklagten im Sinne des § 1325 ABGB ohne Belang.
Aber auch die Leistungen des Nebenintervenienten an die Klägerin im Rahmen der Sozialhilfe im Sinne des Kärntner Sozialhilfegesetzes (LGBl. 1981/30) haben auf den Ersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagten aus dem Titel des Verdienstentganges keinen Einfluß. Gemäß § 38 Abs. 2 dieses Gesetzes kann die Behörde, wenn ein Hilfeempfänger für die Zeit, für die Hilfe gewährt wird, Rechtsansprüche zur Deckung des Lebensbedarfes gegen einen Dritten hat, durch schriftliche Anzeige an den Dritten bewirken, daß der Anspruch bis zur Höhe der Aufwendungen auf das Land übergeht. Ob unter den „Rechtsansprüchen zur Deckung des Lebensbedarfes gegen einen Dritten“ im Sinne dieser Gesetzesstelle auch Schadenersatzansprüche zu verstehen sind, kann unerörtert bleiben, weil weder behauptet noch festgestellt wurde, daß der Nebenintervenient durch schriftliche Anzeige an die Beklagten den Eintritt der in dieser Gesetzesstelle vorgesehenen Legalzession herbeigeführt hätte. Im übrigen setzt gerade eine Legalzession voraus, daß der Anspruch des Geschädigten gegen den Schädiger trotz der Drittleistung weiterbesteht, was nur möglich ist, wenn die Drittleistung auf den Schaden nicht angerechnet wird und damit die Grundlage für einen Schadenersatzanspruch erhalten bleibt ( Koziol Haftpflichtrecht 2 I 208).
Zu beurteilen bleibt, ob Leistungen des Nebeninterventienten im Rahmen der Sozialhilfe aus dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung den Verdienstentgangsanspruch der Klägerin mindern können. Dies ist zu verneinen. Bei Beurteilung der Vorteilsausgleichung bei Zuwendungen von dritter Seite hat sich als herrschende Auffassung eine teleologische Betrachtungsweise durchgesetzt. Die Anrechnung eines Vorteiles muß dem Zweck des Schadenersatzes entsprechen und soll nicht zu einer unbilligen Entlastung des Schädigers führen. Es ist also nicht schlechthin jeder Vorteil anzurechnen, der dem Geschädigten aus dem vom Schädiger verursachten Ereignis zufließt, sondern es kommt immer auf die ganz besondere Art des erlangten Vorteiles und den Zweck der Leistung des Dritten an. Insbesondere ist in Fällen von Sozialleistungen, die im Hinblick auf eine bestimmte durch das schädigende Ereignis ausgelöste soziale Situation gewährt werden, grundsätzlich davon auszugehen, daß der Dritte seine Leistungen dem Geschädigten unabhängig vom Ausmaß seines Schadenersatzanspruches und zusätzlich zu diesem zuwenden will, sie aber nicht in der Absicht erbringt, den Schädiger zu entlasten (siehe dazu Koziol aaO 207 ff; SZ 53/58; ZVR 1982/29; 8 Ob 36/81; 8 Ob 51/84 ua.).
Unter diesen Gesichtspunkten kommt eine Anwendung der vom Nebenintervenienten an die Klägerin im Rahmen der Sozialhilfe erbrachten Leistungen auf den Schadenersatzanspruch der Klägerin aus dem Titel des Verdienstentganges im Wege der Vorteilsausgleichung nicht in Betracht, weil diese Leistungen in Erfüllung einer gesetzlichen Verbindlichkeit des Nebenintervenienten, Hilfe zur Führung eines menschenwürdigen Lebens für diejenigen zu leisten, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen (§ 1 Abs. 1 Kärntner Sozialhilfegesetz) erfolgen, keinesfalls aber ihrem Zweck nach dazu bestimmt sind, den Schädiger (hier die Beklagten) zu entlasten.
Die Entscheidung des Berufungsgerichtes entspricht somit durchaus der Sach‑ und Rechtslage, sodaß den Revisionen der Beklagten und des Nebenintervenienten ein Erfolg versagt bleiben muß.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Der Klägerin waren nur die Kosten eines Schriftsatzes zur Revisionsbeantwortung zuzusprechen, weil die Revisionsbeantwortung in drei getrennten Schriftsätzen nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war. Eine Kostenersatzpflicht des Nebenintervenienten auf Seiten der Beklagten kommt nicht in Betracht ( Fasching Zivilprozeßrecht Rdz. 462).
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