OGH 7Ob225/10d

OGH7Ob225/10d24.11.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** S*****, vertreten durch Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei Dr. M***** B*****, wegen 87.545,70 EUR sA, aufgrund der Befangenheitsanzeigen mehrerer Richter betreffend den zu 1 Cg 49/10v des Landesgerichts Ried im Innkreis Beklagten, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Klägers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 27. September 2010, GZ 1 R 170/10s-5, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Aufgrund von Befangenheitsanzeigen mehrerer Richter wies das Erstgericht die Rechtssache 1 Cg 49/10v des Landesgerichts Ried im Innkreis (betreffend die vom Kläger gegen den Beklagten erhobene, auf Schadenersatz wegen unzureichender anwaltlicher Vertretung gerichtete Klage) mit Beschluss vom 13. 7. 2010, GZ 6 Nc 15/10x-2 einem anderen Richter zur weiteren Erledigung zu.

Gegen diese Zuweisung erhob der Kläger mit der Begründung Rekurs, dass auch dieser Richter befangen sei.

Das Rekursgericht wies den Rekurs ohne meritorische Prüfung als unzulässig im Sinn des § 24 Abs 2 JN zurück und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil die Entscheidung im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung stehe.

In seinem dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs macht der Kläger geltend, § 24 Abs 2 JN erfasse nur Fälle des Rechtsmittelausschlusses, wenn ein Ablehnungsantrag gestellt worden sei oder eine richterliche Befangenheit „von sich aus erklärt wurde“, sodass fraglich bleibe, ob außerhalb des Anwendungsbereichs der zitierten Bestimmung - also wenn weder die Partei den Richter ablehnte, noch der Richter selbst sich für befangen erklärte - es beim Grundsatz zu bleiben habe, dass Beschlüsse mit Rekurs anfechtbar seien. Eine über den Anwendungsbereich des § 24 Abs 2 JN hinausgehende Analogie verbiete sich „aufgrund rechtsstaatlicher Überlegungen“. Im Zweifel sei vielmehr - in verfassungskonformer Interpretation - zugunsten des Rechtsschutzes zu entscheiden.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist zur Zulässigkeit des außerordentlichen Rechtsmittels festzuhalten, dass ein Rechtsmittelzug gegen Entscheidungen der zweiten Instanz nach § 24 Abs 2 JN in Ablehnungssachen zwar grundsätzlich ausgeschlossen ist (RIS-Justiz RS0098751); eine Ausnahme von diesem Grundsatz hat der Oberste Gerichtshof jedoch für einen solchen Beschluss anerkannt, in dem das Rekursgericht eine meritorische Behandlung des gegen die erstgerichtliche Sachentscheidung gerichteten Rekurses - wie hier - aus verfahrensrechtlichen Gründen ablehnte (RIS-Justiz RS0044509; RS0046065).

Im vorliegenden Fall stünde der Rechtszug an den Obersten Gerichtshof daher ausnahmsweise offen, wenn die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO gegeben wären, also eine im Sinn dieser Gesetzesstelle erhebliche Rechtsfrage vorläge (RIS-Justiz RS0044509 [T6 und T7]; 10 ObS 83/10v; 6 Ob 305/06f); eine solche vermag der Revisionsrekurs jedoch nicht aufzuzeigen.

Nach § 24 Abs 2 JN findet gegen die Stattgebung der Ablehnung kein Rechtsmittel und nur gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsantrags der Rekurs an das zunächst übergeordnete Gericht statt. Gegen Entscheidungen, die dem Ablehnungsantrag stattgeben, ist daher jedes Rechtsmittel ausgeschlossen. Die zitierte Bestimmung stellt eine Sonderregelung im Ablehnungsverfahren dar, die jede allgemeine Regelung über die Anfechtbarkeit von Beschlüssen in den einzelnen Verfahren verdrängt (stRsp; RIS-Justiz RS0002548; RS0002586; RS0007183; RS0016522; RS0044203 [T1]; RS0046000; RS0046010; Ballon in Fasching I² § 24 JN Rz 1 Abs 3 mwN). Nach völlig einhelliger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0046065 [T4, T8, T11, T12]) sind die Regelungen des § 24 Abs 2 JN über die Zulässigkeit von Rechtsmitteln im Ablehnungsverfahren somit als abschließend aufzufassen (7 Ob 11/05a; 3 Ob 297/05f).

Demgemäß kann gegen die Bejahung der Befangenheit weder die Gegenpartei noch der Richter (ebenso wenig eine Partei bei Selbstanzeige des Richters) ein Rechtsmittel ergreifen (7 Ob 11/05a; idS auch: 3 Ob 297/05f mwN; vgl auch 8 Ob 165/09m = RIS-Justiz RS0046065 [T18] und Ballon aaO § 24 JN Rz 4).

In der Entscheidung 7 Ob 11/05a wurde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass selbst der Beschluss, mit dem eine Rechtssache wegen Befangenheit von Richtern, die sich selbst für befangen erklärten, einem anderen Gericht übertragen wird, unanfechtbar ist (stRsp; RIS-Justiz RS0046013), aber auch darauf, dass nur derjenige rechtsmittellegitimiert ist, der die Ablehnung geltend gemacht hat; gegen die Entscheidung über eine vom Richter selbst angezeigte Befangenheit können die Prozessparteien daher nicht Rekurs erheben (stRsp; RIS-Justiz RS0045958; Ballon aaO § 24 JN Rz 6).

Nach diesen Grundsätzen stand dem Kläger gegen die Entscheidung des Erstgerichts über die von den Richtern selbst angezeigte Befangenheit also kein Rekurs offen (Ballon aaO § 24 JN Rz 6 aE; 7 Ob 11/05a; 3 Ob 297/05f; 6 Ob 305/06f; 7 Ob 204/08p). Dass sein absolut unzulässiges Rechtsmittel gemäß § 24 Abs 2 JN (ohne inhaltliche Prüfung) zurückgewiesen wurde, liegt im Rahmen der dargestellten ständigen Rechtsprechung.

Da sich der angefochtene Beschluss auf den (im Rekurs des Klägers hilfsweise gestellten) Ablehnungsantrag gegen den Richter, dem die Rechtssache zur Erledigung zugewiesen wurde, gar nicht bezieht, sind die diesbezüglichen Ausführungen im Revisionsrekurs unbeachtlich.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist daher mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte