OGH 7Ob11/05a

OGH7Ob11/05a30.3.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der beim Bezirksgericht Linz zu AZ 6 C 100/03k Rechtssache der klagenden Partei Elisabeth J*****, vertreten durch Dr. Thomas Langer, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Dr. Wilhelm J*****, vertreten durch Saxinger Chalupsky Weber & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen Unterhalt (Streitwert: EUR 2.550), hier: wegen der zu AZ 30 Nc 2/04w des Landesgerichtes Linz angezeigten Befangenheit sämtlicher Richter dieses Gerichtes betreffend den Beklagten, über dessen Rekurs gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 29. November 2004, GZ 12 Nc 52/04w-2, womit die Befangenheit des Präsidenten, des Vizepräsidenten und sämtlicher Richter des Landesgerichtes Linz ausgesprochen und zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag des Beklagten gegen die Richterin des Bezirksgerichtes Linz und dessen Vorsteher (AZ 34 Nc 1/04k des Bezirksgerichtes Linz) das Landesgericht St. Pölten bestimmt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Beklagte lehnte die Prozessrichterin im anhängigen Unterhaltsprozess und den für die Ablehnungssache zuständigen Gerichtsvorsteher des Bezirksgerichts Linz ab (34 Nc 1/04k des Bezirksgerichts Linz). Der Ablehnungswerber ist Senatspräsident des Oberlandesgerichts Linz. Über die Ablehnung hätte das Landesgericht Linz zu entscheiden gehabt. Sämtliche Richter dieses Gerichts erklärten sich jedoch für befangen (30 Nc 2/04w des Landesgerichts Linz). In der Folge erklärten sich auch alle Richter des Oberlandesgerichts Linz für befangen (5 Nc 35/04z des Oberlandesgerichts Linz). Der Oberste Gerichtshof sprach aus, dass die Richter des Oberlandesgerichts Linz befangen seien und zur Entscheidung über die von den Richtern des Landesgerichts Linz angezeigte Befangenheit das Oberlandesgericht Wien bestimmt werde (6 Nc 14/04t).

Mit dem angefochtenen Beschluss sprach das Oberlandesgericht Wien aus, dass der Präsident, der Vizepräsident und sämtliche weiterer Richter/Innen des Landesgerichtes Linz befangen seien und zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag gegen die Richterin des Bezirksgerichtes Linz und dessen Vorsteher (34 Nc 1/04k des Bezirksgerichtes Linz) das Landesgericht St. Pölten bestimmt werde. Dagegen richtet sich der Rekurs des Ablehnungswerbers, der sich dagegen wendet, dass zur Entscheidung über seinen Ablehnungsantrag das Landesgericht St. Pölten bestimmt wurde. Das Oberlandesgericht Wien sei an Stelle des Oberlandesgerichtes Linz eingeschritten und hätte daher nur einen Gerichtshof im Sprengel dieses Oberlandesgerichtes bestimmen dürfen, weil Delegierungen von einem Oberlandesgerichtssprengel in einen anderen dem Obersten Gerichtshof vorbehalten seien. Die Beschlussfähigkeit der vier übrigen Gerichtshöfe in Oberösterreich und Salzburg, bei denen es genügend unbefangene Richter gäbe, habe das Oberlandesgericht Wien gar nicht geprüft.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist unzulässig.

§ 24 Abs 2 JN stellt - wie vom Ablehnungswerber gar nicht in Zweifel gezogen wird - eine Sonderregelung im Ablehnungsverfahren dar, die jede allgemeine Regelung über die Anfechtbarkeit von Beschlüssen in den einzelnen Verfahren verdrängt (stRsp: RIS-Justiz RS0002548;

RS0002586; RS0007183; RS0016522; RS0044203 [T1]; RS0046000;

RS0046010; Ballon in Fasching² I § 24 JN Rz 1 Abs 3 mwN; vgl zuletzt:

7 Ob 24/03k). Nach völlig einhelliger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0046065 [T4, T8, T11, T12]) sind die Regelungen des § 24 Abs 2 JN über die Zulässigkeit von Rechtsmitteln im Ablehnungsverfahren somit als abschließend aufzufassen.

Demnach ist gegen Entscheidungen, die dem Ablehnungsantrag stattgeben, jedes Rechtsmittel ausgeschlossen. Gegen die Bejahung der Befangenheit kann weder die Gegenpartei noch der Richter (ebenso wenig eine Partei bei Selbstanzeige des Richters) ein Rechtsmittel ergreifen; ein solcher Rekurs ist bereits von der ersten Instanz (in der vorliegenden Befangenheitssache das Oberlandesgericht Wien [vgl 7 Ob 234/02s mwN]) wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen (Ballon aaO § 24 JN Rz 4 mit Hinweis auf EvBl 1977/173; RZ 1981/23). Unanfechtbar ist in diesem Zusammenhang auch der Beschluss, mit dem - wie hier - eine Rechtssache wegen Befangenheit von Richtern, die sich selbst für befangen erklärten, einem anderen Gericht übertragen wurde (stRsp; RIS-Justiz RS0046013; 3 Ob 85/56; 3 Ob 50/70; 3 Ob 13/81). Außerdem ist nur rechtsmittellegitimiert, wer die Ablehnung geltend gemacht hat; gegen die Entscheidung über einen vom Richter gestellten "Selbstablehnungsantrag" (Befangenheitsanzeige) können die Prozessparteien daher nicht Rekurs erheben (stRsp; RIS-Justiz RS004595; 6 Ob 128/98a mwN; Ballon aaO § 24 JN Rz 6). Der Rekurswerber kann gegen eine (selbst gegen eine nicht stattgebende) Entscheidung über Befangenheitsanzeigen somit keinen Rekurs erheben; dies auch dann nicht, wenn - wie im vorliegenden Fall - anlässlich dieser Entscheidung die Rechtssache an ein anderes Gericht übertragen wurde (Ballon aaO § 24 JN Rz 6 aE).

Der dagegen erhobene, absolut unzulässige Rekurs war daher gemäß § 24 Abs 2 JN - ohne Inhaltliche Prüfung - zurückzuweisen.

Stichworte